Lade Inhalt...

Die Funktionsklasse der «segnali discorsivi» des Italienischen

Mit einer korpusgestützten Analyse von «praticamente» und «comunque»

von Riccardo Imperiale (Autor:in)
©2017 Dissertation 146 Seiten

Zusammenfassung

Diese Studie thematisiert die «segnali discorsivi» (dt. «Diskursmarker», «Diskurspartikeln») des Italienischen. Der Autor diskutiert zunächst verschiedene Klassifizierungsansätze und geht zentralen Forschungsfragen wie der kategoriellen Abgrenzung nach. In einer korpusbasierten Detailanalyse veranschaulicht er schließlich das breite Funktionsspektrum der «segnali discorsivi» am Beispiel von «praticamente» und «comunque»: Die Untersuchung von 100 Audio-Aufnahmen zeigt, dass die Partikeln zahlreiche Funktionen auf allen Ebenen des Diskurses (metatextuell, interaktional, kognitiv) übernehmen können. Hierbei untersucht der Autor auch, ob sie abtönend fungieren. Da es sich um auditives Korpusmaterial handelt, kann er zentrale Faktoren wie die Kontextsensitivität und die Prosodie berücksichtigen.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autoren-/Herausgeberangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Vorwort und Dank
  • Inhaltsverzeichnis
  • 0 Einleitung
  • 1 Die segnali discorsivi – Definition und Klassifizierung
  • 1.1 Terminologischer Überblick
  • 1.2 Begriffsbestimmung
  • 1.2.1 Eigenschaften und Merkmale
  • 1.2.2 Definitionsansätze
  • 1.3 Funktionskategorien
  • 1.3.1 Gliederungssignale
  • 1.3.2 Turn taking-Signale
  • 1.3.3 Kontaktsignale
  • 1.3.4 Überbrückungsphänomene
  • 1.3.5 Korrektursignale
  • 1.3.6 Meccanismi di modulazione
  • 1.3.7 Zur Abgrenzung der segnali discorsivi als eigene Funktionsklasse
  • 1.3.7.1 Interjektionen
  • 1.3.7.2 Abtönungspartikeln
  • 1.3.7.3 Diskursmarker mit prozeduraler Bedeutung
  • 2 Nicht-pragmatischer und pragmatischer Gebrauch von praticamente und comunque
  • 2.1 Praticamente
  • 2.1.1 Der Gebrauch als Adverb
  • 2.1.2 Der Gebrauch als segnale discorsivo
  • 2.1.2.1 Metatextuelle Ebene
  • 2.1.2.2 Interaktionale Ebene
  • 2.1.2.3 Kognitive Ebene (im weiten Sinn)
  • 2.1.2.3.1 Ungenauigkeitssignal
  • 2.1.2.3.2 Intercalare
  • 2.1.2.3.3 Abtönungspartikel
  • 2.2 Comunque
  • 2.2.1 Der Gebrauch als Konjunktion und als Adverb
  • 2.2.2 Der Gebrauch als segnale discorsivo
  • 2.2.2.1 Metatextuelle Ebene
  • 2.2.2.2 Interaktionale Ebene
  • 2.2.2.3 Kognitive Ebene (im weiten Sinn)
  • 3 Funktionsanalyse
  • 3.1 Praticamente
  • 3.1.1 Metatextuelle Ebene
  • 3.1.1.1 Anfangssignal und Gliederungssignal innerhalb eines Redebeitrags
  • 3.1.1.2 Indicatore di riformulazione
  • 3.1.1.3 Focalizzatore
  • 3.1.1.4 Segnale di chiusura
  • 3.1.1.5 Überbrückungssignal
  • 3.1.1.6 Diskursmarker mit prozeduraler Bedeutung
  • 3.1.2 Interaktionale Ebene
  • 3.1.2.1 Turn taking-Signal
  • 3.1.2.2 Turn maintaining-Signal
  • 3.1.3 Kognitive Ebene (im weiten Sinn)
  • 3.1.3.1 Ungenauigkeitssignal mit engem Skopus
  • 3.1.3.2 Ungenauigkeitssignal mit weitem Skopus
  • 3.1.3.3 Intercalare
  • 3.1.3.4 Abtönungspartikel
  • 3.1.3.5 Die semantisch-pragmatische Nuance ‚Präzisierung/inhaltliche Klarstellung‘
  • 3.2 Comunque
  • 3.2.1 Metatextuelle Ebene
  • 3.2.1.1 Themenwechselsignal
  • 3.2.1.2 Segnale di inizio/fine digressione
  • 3.2.1.3 Anfangssignal und Gliederungssignal innerhalb eines Redebeitrags
  • 3.2.1.4 Segnale di chiusura
  • 3.2.1.5 Valore di aggiunta (Typ ‚e comunque‘)
  • 3.2.1.6 Überbrückungssignal
  • 3.2.1.7 Diskursmarker mit prozeduraler Bedeutung
  • 3.2.2 Interaktionale Ebene
  • 3.2.2.1 Turn taking-Signal
  • 3.2.2.2 Turn maintaining-Signal
  • 3.2.3 Kognitive Ebene (im weiten Sinn)
  • 3.2.3.1 Diskursmarker mit prozeduraler Bedeutung
  • 3.2.3.2 Intercalare
  • 3.2.3.3 Abtönungspartikel
  • 3.2.3.3.1 Abtönungspartikel im weiten Sinn
  • 3.2.3.3.1.1 Der satzfinale Gebrauch
  • 3.2.3.3.1.2 Der satzinitiale Gebrauch
  • 3.2.3.3.2 Abtönungspartikel im engen Sinn
  • 3.2.3.3.3 Der Gebrauchstyp ‚o comunque‘
  • 4 Fazit und tabellarische Übersicht der belegten Mikrofunktionen
  • 5 Bibliographie
  • 5.1 Korpora
  • 5.2 Wörterbücher
  • 5.3 Linguistische Literatur
  • 6 Anhang: SD-Klassifikation nach Bazzanella (2008)
  • 7 Glossar
  • 8 Resümee / Sintesi / Summary
  • 8.1 Resümee
  • 8.2 Sintesi
  • 8.3 Summary

| 11 →

0 Einleitung

Abstract: The subjects of this study are the theoretical discussion of the spoken language phenomenon of discourse particles, the delimitation of this functional class from similar classes like the modal particles and a detailed empirical analysis of the Italian discourse particles praticamente and comunque.

A: ecco ma eh lei faccia una letterina alla al servizio $ della direzione e voi dite signori la situazione dei nostri veicoli turistici e’ questa va bene * # o se no via mi faccia un promemoria a me

B: * mh * si’

A: poi ci penso io via perche’ bisogna presentarla questa situazione

B: mh mh

(BADIP1; Hervorhebung von mir2)

Dieser authentische Beleg konzeptionell mündlicher Sprache3 enthält, wie die Hervorhebungen zeigen, eine ganze Reihe unscheinbarer „Wörtchen“, die in der alltäglichen Nähesprache des Italienischen in einer beeindruckend hohen Frequenz und in großer Variation gebraucht werden. Man könnte jedoch meinen, dass diese hohe Gebrauchsfrequenz im Gegensatz zur scheinbar geringen Bedeutung steht, die diese Wörtchen letzten Endes für den Inhalt der Konversation haben. So würde etwa der erste Redebeitrag des Sprechers A nicht unvollständig oder unverständlich werden, wenn man die Sequenz ecco ma eh striche; entfernte man hingegen das Verb faccia aus dem Satz lei faccia una letterina, so wäre dieser sehr wohl als unvollständig und „sinnlos“ zu bezeichnen. Doch handelt es sich deshalb bei Elementen wie ecco, ma, eh um weitgehend überflüssige Formen sprachlichen Ausdrucks?

Dass diese Frage keineswegs mit ja zu beantworten ist und dass den hervorgehobenen sprachlichen Ausdrücken – im Italienischen meist segnali discorsivi genannt – eine ganz elementare Rolle bei der Produktion und Rezeption gesprochener Sprache zukommt, hat die linguistische Pragmatik-Forschung ← 11 | 12 → der letzten Jahrzehnte übereinstimmend gezeigt. So ist es etwa äußerst unwahrscheinlich, dass die Aufforderung lei faccia una letterina im obigen Beispiel ohne den Gebrauch des einleitenden ecco ma sowie des überbrückenden eh eine angemessene Äußerung darstellen würde; wobei ‚angemessen‘ hier meint: funktional im Hinblick auf sämtliche kommunikative Faktoren des gegenwärtigen Diskursstands. Ebenso könnte der Sprecher ohne die Bestätigung des Hörers durch Elemente wie mh sì wohl nicht ohne Weiteres zum nächsten Redebeitrag übergehen. Und wie würde er diesen wiederum beginnen und in Beziehung zum zuvor Gesagten setzen, wenn ihm nicht das hierfür geeignete poi zur Verfügung stünde?

Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, zunächst einen groben Überblick über die komplexe Funktionsklasse der segnali discorsivi (= SD) zu geben und im Anschluss daran zwei in der gegenwärtigen italienischen Nähesprache häufig und vielseitig gebrauchte Formen genauer zu untersuchen. Hierbei handelt es sich um praticamente und comunque, deren kommunikative Funktionen durch eine detaillierte Korpusanalyse bestimmt werden sollen.

Im theoretischen Teil der Arbeit gilt es zunächst, einen Überblick über die divergierende Terminologie zu geben, die diesen Forschungsbereich traditionell auszeichnet (1.1). Sodann sollen die distinktiven Merkmale und Eigenschaften der SD herausgestellt und verschiedene theoretische Ansätze für eine Begriffsbestimmung vorgestellt werden (1.2). In Kapitel 1.3 wird ein differenzierter Überblick über die verschiedenen Funktionskategorien der SD geboten, wofür vor allem auf die Modelle von Koch/Oesterreicher (2011) und Carla Bazzanella (1995, 2005, 2008) zurückgegriffen wird. Diese sollen miteinander verglichen werden, da anzunehmen ist, dass sie sich in vielen Punkten ergänzen und somit in der Funktionsanalyse komplementär angewandt werden können. Hierbei wird zugleich eine grobe Übersicht über die einzelnen Formen gegeben, die die umfangreiche Funktionsklasse der SD bilden. Zudem wird nicht zuletzt die funktionale Abgrenzung von anderen Klassen, wie den Abtönungspartikeln und den Interjektionen, zu diskutieren sein.

Die zweite Hälfte des theoretischen Teils befasst sich mit den näher zu untersuchenden Formen praticamente und comunque. Zunächst gilt es, deren nicht-pragmatische Bedeutungen und Funktionen herauszustellen. Hierfür werden sämtliche einschlägige Wörterbücher des Italienischen herangezogen (2.1.1, 2.2.1). Die Bestimmung der nicht-pragmatischen Gebrauchsweisen ist unabdingbar für die anschließende Bestimmung der ← 12 | 13 → pragmatischen Gebrauchsweisen. In den Kapiteln 2.1.2 und 2.2.2 sollen schließlich, aufbauend auf dem Erarbeiteten, Vermutungen darüber angestellt werden, welche pragmatischen Funktionen praticamente und comunque in Nähediskursen ausüben können.

Im angewandten Teil der Arbeit werden die Ergebnisse der korpusgestützten Funktionsanalyse von praticamente und comunque vorgestellt. Es wird zu zeigen sein, inwieweit die in 2.1.2 und 2.2.2 angestellten Vermutungen zu bestätigen, zu widerlegen oder gar durch den Nachweis zuvor nicht vermuteter Funktionstypen zu ergänzen sein werden. In die Funktionsanalyse wird auch der pragmatische Gebrauch der Präpositionalphrase in pratica miteinbezogen, die funktional eine weitgehend äquivalente Alternative zu praticamente darzustellen scheint; auch diese Annahme wird zu überprüfen sein. Die Funktionsanalyse stützt sich auf das 2004 von der Universität Neapel veröffentlichte CLIPS-Korpus (Corpora e Lessici di Italiano Parlato e Scritto) (vgl. 3). Dank des umfassenden Audio-Materials dieses Korpus können die SD praticamente und comunque einer eingehenden Analyse unterzogen werden, die zahlreichen Faktoren des jeweiligen Gebrauchskontextes Rechnung trägt und vor allem das so wichtige Kriterium der Prosodie bzw. Intonation miteinbezieht.


1 Vgl. badip.uni-graz.at.

2 Sofern ich im Folgenden Hervorhebungen innerhalb der Zitate nicht als meine kenntlich mache, stammen diese stets aus dem Originaltext.

Details

Seiten
146
Jahr
2017
ISBN (PDF)
9783631720639
ISBN (ePUB)
9783631720646
ISBN (MOBI)
9783631720653
ISBN (Hardcover)
9783631717516
DOI
10.3726/b10990
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2017 (März)
Schlagworte
Diskurspartikeln Diskursmarker Gesprächswörter Abtönungspartikeln Mündlichkeit Gesprochene Sprache
Erschienen
Frankfurt am Main, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2017. 146 S., 1 s/w Tab.

Biographische Angaben

Riccardo Imperiale (Autor:in)

Riccardo Imperiale studierte Italianistik und Germanistik an den Universitäten Bonn, Florenz, Düsseldorf und Turin. Er ist als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Romanistik der Universität Düsseldorf tätig.

Zurück

Titel: Die Funktionsklasse der «segnali discorsivi» des Italienischen
book preview page numper 1
book preview page numper 2
book preview page numper 3
book preview page numper 4
book preview page numper 5
book preview page numper 6
book preview page numper 7
book preview page numper 8
book preview page numper 9
book preview page numper 10
book preview page numper 11
book preview page numper 12
book preview page numper 13
book preview page numper 14
book preview page numper 15
book preview page numper 16
book preview page numper 17
book preview page numper 18
book preview page numper 19
book preview page numper 20
book preview page numper 21
book preview page numper 22
book preview page numper 23
book preview page numper 24
book preview page numper 25
book preview page numper 26
book preview page numper 27
book preview page numper 28
book preview page numper 29
146 Seiten