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Deutsche Romantik

Transformationen und Transgressionen

von Katerina Karakassi (Band-Herausgeber:in) Stefan Lindinger (Band-Herausgeber:in) Mark Michalski (Band-Herausgeber:in)
©2015 Sammelband 265 Seiten
Reihe: Hellenogermanica, Band 4

Zusammenfassung

Dieser Band vereinigt Beiträge zur Deutschen Romantik, zu ihren vielfältigen Transformationen und transgressiven Adaptionen. Auf der einen Seite werden einzelne Aspekte der Philosophie und der Literatur der Früh- und Spätromantik beleuchtet, auf der anderen Seite wird anhand von Fallstudien der andauernden Wirkkraft der Romantik im 20. Jahrhundert bis heute nachgespürt. Dabei kommen auch einige bisher weniger beachtete deutsch-griechische Interaktionen im Rahmen der romantischen Bewegung zur Sprache. Unter anderem werden Werke von Schleiermacher, den Brüdern Schlegel, Novalis, Varnhagen, Brentano, Eichendorff, Uhland, Goethe, Jean Paul, E.T.A. Hoffmann, Klingemann, Heine, Broch, Krausser, Seiler, Solomos, Kavafis und Marschner behandelt.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Inhaltsverzeichnis
  • Vorwort
  • Das philosophische Profil der Frühromantik
  • Literaturverzeichnis
  • Transzendentalpoesie. Novalis’ und Friedrich Schlegels frühromantische Poetik
  • Poetisierung der Philosophie: das universalpoetische Romantisieren
  • Poetologische Grundzüge: Kritik, Ironie und geschichtliche Bildung
  • Literaturverzeichnis
  • Reflexionen und Widerspiegelungen. Von der Früh- zur Spätromantik
  • Literaturverzeichnis
  • Democritus Junior Junior. Bonaventuras Nachtwächter und das Erbe Robert Burtons
  • Einleitung
  • Democritus Junior an den Leser
  • Bonaventuras Nachtwachen
  • „Infizierte“ Rhetorik
  • Zum Lachen des Democritus
  • Literaturverzeichnis
  • Die Loreley, ein romantischer Mythos
  • Literaturverzeichnis
  • „Nein, kein Ende! Kein Ende!“ Die Zeit der romantischen Liebe im Faust I
  • Literaturverzeichnis
  • Körperlichkeit in Friedrich Schlegels Lucinde
  • Lucinde
  • Bisheriger Forschungsstand
  • Körper und Sprache
  • Körperlichkeit und Liebe
  • Sexualität und Begierde
  • Soziale und politische Dimension der Körperlichkeit
  • Schluss
  • Literaturverzeichnis
  • Variationen der Verführung. Am Beispiel ausgewählter Erzählungen der deutschen Romantik
  • Literaturverzeichnis
  • Der Bergmann. Brentanos Frühlingsschrei eines Knechtes aus der Tiefe im Kontext von Bergbaugedichten aus der Romantik
  • Des ersten Bergmanns ewige Jugend und Der ist der Herr der Erde
  • Frühlingsschrei eines Knechtes aus der Tiefe
  • Rückblick
  • Literaturverzeichnis
  • Anhang
  • „Und wenn sie nicht gestorben sind …“ Uhland zum Beispiel
  • I.
  • II.
  • III.
  • IV.
  • Literaturverzeichnis
  • Hermann Broch oder die Romantik
  • I.
  • II.
  • III.
  • IV.
  • Literaturverzeichnis
  • „Kokettieren mit pur romantischer Geistesverwirrung“. Der Fall Krausser
  • Literaturverzeichnis
  • „Ihrrweiss niehrrt, wahs sohlbe deute…“. Lutz Seilers schwarzromantische Erzählung Turksib
  • Literaturverzeichnis
  • Zwei Anthologien aus Zakynthos. Briefe und Gedanken von Rahel Varnhagen
  • Literaturverzeichnis
  • Anhang
  • Notizen zur Rezeption der deutschen Romantik in griechischen Zeitschriften des 19. Jahrhunderts. Der Fall Heine
  • Die europäische Romantik – der Begriff Genie
  • Die griechische periodische Presse in der Romantik und im Neoklassizismus (1830–1880)
  • Die Zeitschrift Chrysallis
  • Schlussfolgerung
  • Literaturverzeichnis
  • Das Phantom von Alexandria. Konstantinos Kavafis und die deutsche Romantik
  • I.
  • II.
  • III.
  • Literaturverzeichnis
  • Eine bedeutende romantische Oper: Der Vampyr von Heinrich Marschner
  • Literaturverzeichnis
  • Namenregister

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Vorwort

Der vorliegende Sammelband geht auf eine Tagung zurück, die vom 14. bis zum 16. Dezember 2012 in der Alten Universität Athen stattgefunden hat. Die internationale Tagung unter dem Titel „Deutsche Romantik: Transformationen und Transgressionen“ veranstaltete der Fachbereich Deutsche Sprache und Literatur der Universität Athen anlässlich der Feier seines 35-jährigen Bestehens. Ziel war es, die deutsche Romantik und deren Transformationen bzw. ihre transgressiven Adaptionen in ihrer Vielfalt vorzustellen und somit einen Beitrag zur wissenschaftlichen Diskussion über die nachhaltige Wirkkraft der Romantik zu leisten. Dabei sollten auch die bisher weniger erforschten, aber facettenreichen Interaktionen zwischen der griechischen und der deutschen Romantik beleuchtet werden. Die „Transformationen und Transgressionen“ im Titel der Tagung beziehen sich insofern sowohl auf die deutsche Literatur als auch auf die griechische Literatur.

Der thematische Rahmen ergab sich sowohl aus der Brisanz, die der Romantik in der Literaturwissenschaft und in den Geisteswissenschaften allgemein immer noch eignet, als auch aus der Rolle des Fachbereichs als eines Mediators zwischen der deutschen und der griechischen Literatur, zwischen der deutschen und der griechischen Kultur. Absicht war es deshalb einerseits, das Projekt „deutsche Romantik“ in seiner Komplexität dem interessierten Publikum, das zwar Zugang zu einzelnen Werken hat, aber über das Gesamtbild weniger orientiert ist, zu präsentieren. Dabei sollte nicht nur die romantische, sondern auch die postromantische Ära berücksichtigt werden und vor allem die Art und Weise, wie die Romantik im deutschsprachigen Raum rezipiert wurde und weiterhin rezipiert wird. Andererseits sollte auf die deutsch-griechischen Literaturbeziehungen, die ja im Grunde mit der Romantik überhaupt ansetzen, fokussiert und somit dem deutsch-griechischen Literatur- und Kulturdialog ein neuer Impuls gegeben werden.

Dass die Romantik für die Literaturbeziehungen zwischen den beiden Ländern eine essentielle Bedeutung hatte, heißt allerdings nicht, dass es sich um parallel laufende Projekte handelte. Während in Deutschland die Spätromantik auf dem Vormarsch war, fing die Romantik in Griechenland erst an. 1831 – so die Literaturhistoriker –, ein Jahr also, nachdem der griechische Staat seine völkerrechtliche Realität gewonnen hatte, begann mit der Romantik das erste Kapitel der neugriechischen Literaturgeschichte. Doch sowohl in Deutschland als auch in Griechenland war und ist nach der Romantik jeder ein Romantiker oder eigentlich ein Post-Romantiker. Die Literatur nach der Romantik führt ← 7 | 8 → nämlich einen fortdauernden, teils expliziten, teils impliziten Dialog mit der Romantik, indem sie sie kritisiert und angreift oder aber sie kreativ weiter führt und verwandelt.

Das Gelingen der zweisprachigen Tagung mit ihren regen, fruchtbaren Diskussionen nach den Vorträgen ist all den Teilnehmern zu verdanken: Minas I. Alexiadis (Universität Athen), Andreas Arndt (Humboldt Universität zu Berlin), Sofia Avgerinou (Universität Athen), Wilhelm Benning (Universität Athen), Heinrich Bosse (Albert-Ludwigs-Universität Freiburg), Maria Brunner (Pädagogische Hochschule Schwäbisch-Gmünd), Anastasia Chournazidi (Universität Athen), Tania Daskaroli (Universität Athen), Marco Hillemann (Freie Universität Berlin), Konstantinos Ioannidis (Kunsthochschule Athen), Dimitris Karydas (Humboldt Universität zu Berlin), Konstantinos Kotsiaros (Ionische Universität Korfu), Olga Laskaridou (Universität Athen), Michail Leivadiotis (Freie Universität Berlin), Ioannis Pangalos (Aristoteles Universität Thessaloniki), Alexandra Rassidakis (Aristoteles Universität Thessaloniki), Ursula Renner Henke (Universität Duisburg-Essen), Georgios Sagriotis (Johann Wolfgang Goethe Universität Frankfurt a.M.; Universität Athen), Christina Serafim (Aristoteles Universität Thessaloniki; Johann Wolfgang Goethe Universität Frankfurt a.M.), Joachim Theisen (Universität Athen), Evangelia Tsiavou (Griechische Fernuniversität Patras), Michael Weitz (Universität Athen) und Georg Xiropaidis (Kunsthochschule Athen).

Es freut uns besonders, mit diesem Band die deutschsprachigen Beiträge dieses wissenschaftlichen Treffens der Öffentlichkeit vorstellen zu können. Sie umfassen Texte zur Philosophie, zur Beziehung zwischen Literatur und Philosophie, Texte zur Literatur der Romantik und der Postromantik im deutschsprachigen Raum, zum deutsch-griechischen Literaturtransfer und zur Musik. Die griechischsprachigen Beiträge werden gesondert publiziert.

Der Band beginnt mit einem Beitrag von Andreas Arndt, mit dem auch die Tagung eröffnet wurde. Arndt widmet sich in seinem Beitrag der insgesamt noch zu sehr vernachlässigten Frage nach dem Verhältnis der deutschen Frühromantik zur Klassischen Deutschen Philosophie von Kant bis Hegel. Anders als Manfred Frank sieht er die Frühromantik und den sogenannten „Deutschen Idealismus“ nicht als strenge Alternativen an, sondern als integrale Bestandteile der Klassischen Deutschen Philosophie, deren besondere Profile tiefgehende Gemeinsamkeiten voraussetzen. Zu diesen gehören die gemeinsamen Tendenzen zur Überwindung des Gegensatzes von Idealismus und Realismus und zur Suche nach einem Einheitspunkt jenseits des Gegensatzes von Subjektivität und Objektivität, wo der „Sonderweg“ Fichtes von den Romantikern gerade nicht beschritten wird. Das besondere Profil der Frühromantik umschreibt Arndt ← 8 | 9 → durch den begriffslosen Bezug auf das Unbedingte, den begrifflichen Bezug auf die als System gefasste Ganzheit des Empirischen und die systematische Verschränkung von Universal- und Vernunftgeschichte.

Der zweite Beitrag ist der sogennanten progressiven Universalpoesie gewidmet. Dimitris Karydas untersucht das Projekt einer solchen Poesie, so wie es bei Friedrich Schlegel und Novalis in Auseinandersetzung mit Kant und Fichte seine Konturen erhielt. Karydas unterstreicht die dynamische Verklammerung von Willkür und Notwendigkeit, Subjektivität und Objektivität, Bedingtem und Unbedingtem als Rahmenbedingung der romantischen Universalpoesie. Er erklärt diese Dynamik am Beispiel der Wilhelm-Meister-Romane Goethes als Resultat der „chaotischen Form“ einer ironischen, unendlichen Annäherung an die Wahrheit.

Georgios Sagriotis untersucht die Entwicklung des Motivs der Reflexion von der Früh- zur Spätromantik. Wird die Reflexion von Kant als dasjenige erfasst, was dem Ich seine eigene Einheit gegenüber der Mannigfaltigkeit der empirischen Inhalte verbürgt, so hat Fichtes Radikalisierung der Reflexion zur Selbstsetzung des Ich eine Verdoppelungslogik zur Folge, die von Friedrich Schlegel und Novalis in die Theorie und Praxis der Poesie eingeführt wird. Sagriotis zeigt auf, wie in der Entwicklung von dort über Jean Paul zu E.T.A. Hoffmann die Spiegelbilder bzw. Doppelgänger des Ich zunehmend unheimliche Züge annehmen, die das Ich mit dem Verlust seiner Identität bedrohen.

Alexandra Rassidakis nähert sich den Nachtwachen August Klingemanns aus dem Kontext der für die Romantik wichtigen Tradition des Melancholiebegriffs und berücksichtigt dabei insbesondere die zuerst 1621 erschienene Anatomie der Melancholie Robert Burtons. In der Vorrede zu diesem Werk, in der sich Burton als Nachfolger des antiken griechischen Philosophen Demokrit präsentiert, wird Melancholie als die Haltung des Außenseiters exponiert, der sich aufgrund seines Leidens an der Welt aus dieser zurückzieht, sie als Schauplatz des Wahnsinns überschaut und gerade dadurch in noch tiefere Verzweiflung gestürzt wird. Eben diese Haltung und die für sie charakteristische Rhetorik entdeckt Rassidakis auch an Klingemanns Nachtwächter Kreuzgang, der somit als weiterer Nachfolger Demokrits erscheint.

Der nächste Beitrag ist einem genuin romantischen Motiv gewidmet. Heinrich Bosse setzt sich nämlich mit der Geschichte von der Loreley auseinander, die für die deutsche Kultur einen geradezu identitätsstiftenden Charakter angenommen hat. Er zeigt, wie die verschiedenen Fassungen dieses Mythos schließlich im kanonisch gewordenen Gedicht von Heinrich Heine konsolidiert worden sind, indem er die Genealogie der Loreley-Varianten aufrollt und kritisch beleuchtet. Dabei situiert er die Loreley im dynamischen Spannungsfeld zwischen der Offenheit des Mythos und der Geschlossenheit der Texte. ← 9 | 10 →

Es folgt der Beitrag von Wilhelm Benning , dem es um ein zentrales romantisches Element in Goethes Faust I geht, nämlich um den Augenblick zwischen Zeitlichkeit und Ewigkeit. Dies manifestiert sich in der Wette zwischen Faust und Mephisto. Dabei erweist sich die im erotischen Erleben subjektiv wahrgenommene Empfindung einer Ewigkeit als trügerisch: Faust wird letztlich eben doch auf sein Verhaftetsein in der Zeitlichkeit zurückverwiesen. Benning untersucht dabei die Anschauungsformen der Zeit in Verbindung mit der Liebesgeschichte zwischen Faust und Margarete und konzentriert sich insbesondere auf die säkularisierte Form des ewigen Augenblicks, um Gretchens Tragödie als das Drama der verkannten Zeit zu enthüllen.

Evangelia Tsiavou interpretiert vom Standpunkt der feministischen Literaturtheorie Friedrich Schlegels Lucinde im Hinblick auf die in diesem Werk sich manifestierende Leiblichkeit und Geschlechtlichkeit der Frau. Der darin markierten Geschlechterrolle wird eine soziale und politische Dimension zugeschrieben, die es nach Tsiavou erlaubt, Schlegel als einen Vorboten der Frauenemanzipation zu bezeichnen.

Christina Serafim beleuchtet in ihrem Beitrag das in der Spätromantik besonders stark bearbeitete Motiv der Verführung, indem sie die Novellen Der goldne Topf und Das öde Haus von E.T.A. Hoffmann und Das Marmorbild von Joseph von Eichendorff einer vergleichenden Analyse unterzieht. Die von Hoffmann und Eichendorff geschilderten Verführungen durch weibliche Reize werden als Geschehen gedeutet, das sich vor allem im Kopf der jungen Männer abspielt, die narzisstisch Projektionsflächen für eigene Wünsche und Sehnsüchte nach einer anderen Welt suchen und damit im Grunde den romantischen Dichter abbilden.

Stefan Lindinger beschäftigt sich mit zwei Gedichten von Novalis und Achim von Arnim und insbesondere einem längeren lyrischen Text Clemens Brentanos, dem Frühlingsschrei eines Knechtes aus der Tiefe. Dazu nimmt er eine literaturgeschichtliche Verortung des genuin romantischen Stoffes vom Erdinneren als Gegenwelt vor und untersucht einzelne Motive des Gedichtes, um die Idee der Ortlosigkeit als die wichtigste Folie für die oft als naiv verstandene religiöse Wendung der Romantik herauszuarbeiten.

Ludwig Uhland, einem heute eher vergessenen Autor, widmet sich der nächste Beitrag von Joachim Theisen . Uhland, der Zeit seines Lebens der beliebteste Dichter der Deutschen war, ist heutzutage, obwohl er in jeder Literaturgeschichte vorkommt, kaum von Interesse für die Literaturwissenschaft. Theisen untersucht die Gründe sowohl seines damaligen Erfolges als auch die Gründe, weshalb die Literaturwissenschaftler es vorziehen ihn zu ignorieren, um seine Bedeutung für ein tieferes Verständnis der deutschen Romantik aufzuzeigen. ← 10 | 11 →

Die Thematisierung der Transformationen und Transgressionen des romantischen Erbes beginnt mit dem Beitrag von Katerina Karakassi . Die Interaktion zwischen Romantik und literarischer Moderne zeigt sich in einem hohen Maß bei Hermann Broch. Karakassi untersucht das poetologische und essayistische Opus von Broch, indem sie die kritische Auseinandersetzung Brochs mit der Romantik hervorhebt. Sie stellt dabei einerseits seine ambivalente Haltung gegenüber der Romantik, die zwischen Anlehnung und Abgrenzung oszilliert, fest, und eruiert andererseits die Transformationen und Transgressionen des romantischen Erbes in seiner Romantrilogie Die Schlafwandler (1931–1932), insbesondere im ersten Teil des Werkes, der den Titel 1888 Pasenow oder die Romantik trägt. Sie bringt dabei den Roman in Verbindung mit Brochs Kitsch-Begriff

Ursula Renner-Henke analysiert die schwarzromantische Erzählung Turksib von Lutz Seiler, die von der nächtlichen Zugfahrt des Schriftstellers durch das ferne Kasachstan handelt. Sie zeigt, wie selbst dort das Kulturgut der deutschen Romantik – etwa in der Gestalt der Loreley-Gedichtes von Heinrich Heine – seine Spuren hinterlassen hat, und untersucht, wie die aus dieser Epoche vertrauten Motive in einem zeitgenössischen Text transformiert werden. Renner-Henke weist dabei auf die besondere Rolle hin, die ein Geigerzähler spielt, der entsprechend einem aus der Romantik vertrauten Modell zum ordnenden Symbol der Erzählung wird. Sie zeigt dabei, dass es sich bei ihm um das metonymisch verbindende Element zwischen der Umwelt und dem Herzen des Erzählers handelt. Somit wird er zu einem ‚sprechenden Ding’ und, in einem Wortspiel des Textes, zum Er-zähler selbst.

Maria Brunner interpretiert durch close reading Helmut Kraussers Roman Thanatos, einen Text, der, wie die Verfasserin zeigt, transgressiv mit der Romantik umgeht. Der Protagonist, der von Krausser als ein Literaturwissenschaftler, besessen von Romantik, vorgestellt wird, inkorporiert in sich die abgründigen Schattenseiten der Epoche. Diese ins Monströse erweitert dargestellten „Nebenwirkungen“ der Romantik werden im Beitrag detailliert besprochen. Brunner fokussiert dabei vor allem auf das Epigonale aller Literatur nach der Romantik.

Mit dem Beitrag von Michail Leivadiotis zu zwei Anthologien mit Briefen und Gedanken von Rahel Varnhagen, die in italienischer Übersetzung in der Bibliothek von Dionysios Solomos zu finden sind und denen bis heute nicht die gebührende Beachtung geschenkt worden ist, beginnt der Teil des Bandes, der den deutsch-griechischen Beziehungen gewidmet ist. Leivadiotis untersucht dabei die Rezeption dieser wichtigen Vertreterin der deutschen Romantik und geht den Transformationen ihrer Gedanken im romantischen Kontext der ionischen Inseln nach, indem er auf die Vermittlungsfunktion von Nikolaos Lountzis, des Übersetzers von Rahel Varnhagens Gedanken und Briefen, fokussiert. ← 11 | 12 →

Einen wichtigen Aspekt der Romantik, nämlich die Idealisierung der Kunst und demnach die Verklärung des künstlerischen Subjekts, die mit der Diskussion um das „Genie“ untrennbar verbunden ist, untersucht Chryssanthi Gasteratou am Beispiel der begeisterten Rezeption von Heinrich Heine in der griechischen Presse des 19. Jahrhunderts. Heinrich Heine wird in den Artikeln, die Gasteratou als Korpus dienen, als der geniale Künstler par excellence inszeniert und trägt somit – wenn auch unwillentlich – maßgeblich zum Aufbau einer romantischen Mythologie im neugegründeten Griechenland bei, die den Künstler und das Künstlertum auratisiert.

Der unromantische Umgang mit romantischen Motiven wie Traum und Wirklichkeit, Tag und Nacht, Wahnsinn, Krankheit, Doppelgängern und übernatürlichen Gestalten in der Erzählung von Konstantinos Kavafis Bei Tageslicht ist der Gegenstand des Beitrags von Olga Laskaridou . Die Erzählung, die vor dem Hintergrund der Theorie des Phantastischen von Tzvetan Todorov beleuchtet wird, scheint aus dieser Sichtweise das „Ende“ der Romantik und den Übergang zu einer Welt anzukündigen, in der auch das Übernatürliche nach den Gesetzen zweckrationalen Vernunftdenkens funktioniert.

Details

Seiten
265
Jahr
2015
ISBN (PDF)
9783653049800
ISBN (ePUB)
9783653973747
ISBN (MOBI)
9783653973730
ISBN (Hardcover)
9783631656662
DOI
10.3726/978-3-653-04980-0
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2014 (Oktober)
Schlagworte
Griechische Romantik Philosophie der Romantik Rezeption der Romantik Früh- und Spätromantik
Erschienen
Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien, 2014. 265 S.

Biographische Angaben

Katerina Karakassi (Band-Herausgeber:in) Stefan Lindinger (Band-Herausgeber:in) Mark Michalski (Band-Herausgeber:in)

Die Herausgeber sind an der Universität Athen tätig. Katerina Karakassi ist Assistenzprofessorin für Deutsche Literatur und Komparatistik. Stefan Lindinger arbeitet als Lektor für Deutsche Literatur. Mark Michalski ist Assistenzprofessor für Geschichte der deutschen Philosophie.

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Titel: Deutsche Romantik
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