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Rechtsstaatliches Defizit oder zulässige Rechtsfortbildung?

Die Haftung der Konzernmutter für Kartellrechtsverstöße ihrer (nahezu) 100%igen Tochtergesellschaft im europäischen Kartellrecht

von Arne Karsten (Autor:in)
©2017 Dissertation XV, 255 Seiten

Zusammenfassung

Das Europäische Kartellrecht verwendet seit langem den Begriff des Unternehmens, respektive der wirtschaftlichen Einheit, um «Zurechnungsfragen» in Konzernen zu lösen und Muttergesellschaften für Kartellrechtsverstöße ihrer Tochtergesellschaften in Anspruch zu nehmen. Dies hat nicht nur zu immer neuen Rekordgeldbußen geführt, sondern hat auch dogmatische sowie verfassungsrechtliche Bedenken (gerade aus deutscher Sicht) verstärkt aufkommen lassen. Diesen Bedenken geht der Autor nach und zeigt im Ergebnis auf, dass die aktuelle Praxis im Widerspruch zum geltenden Unionsrecht steht.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Inhaltsübersicht
  • Inhaltsverzeichnis
  • 1. Kapitel: Einleitung
  • 2. Kapitel: Die Haftung der Konzernmutter auf Grundlage von Art. 23 Abs. 2 VO 1/2003
  • A. Art. 23 Abs. 2 VO 1/2003 als Rechtsgrundlage der Bußgeldhaftung
  • B. Anknüpfungspunkt: Der Unternehmensbegriff im Sinne des Art. 23 Abs. 2 S. 1, 2 VO 1/2003
  • I. Unternehmensbegriff im Unionsrecht
  • 1. Institutionelle und funktionale Unternehmensdefinition
  • 2. Unternehmenssubjekte und Sanktionsadressaten
  • 3. Kein „bußgeldrechtlicher“ Unternehmensbegriff in einer einheitlichen Rechtsordnung
  • a) Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung
  • b) Kollision eines „bußgeldrechtlichen“ Unternehmensbegriffs mit dem Grundsatz der Rechtssicherheit
  • aa) „Täterschaftlicher“ und „bußgeldrechtlicher“ Unternehmensbegriff in systematisch unterschiedlichen Zusammenhängen
  • (1) Tatbestand und Rechtsfolge
  • (2) Art. 23 Abs. 2 VO 1/2003 als Blankettnorm
  • (3) Normenhierarchie
  • bb) Ergebnis
  • 4. Stellungnahme
  • II. Täter und Sanktionsadressat der Geldbuße in Konzernsachverhalten
  • 1. Eigenständige Rechtsfigur der wirtschaftlichen Einheit
  • 2. Rechtsfolge der wirtschaftlichen Einheit
  • a) Wirtschaftliche Einheit als Unternehmen
  • b) Wirtschaftliche Einheit als Zurechnungsmodell
  • c) Stellungnahme
  • d) Ergebnis
  • 3. Voraussetzungen der wirtschaftlichen Einheit
  • a) Voraussetzung: fehlende Autonomie
  • aa) Höhe der Beteiligung
  • bb) Zwischenergebnis
  • b) Stellungnahme
  • 4. Ergebnis
  • III. Endergebnis
  • 3. Kapitel: Dogmatische Begründungsansätze für die Inanspruchnahme der Konzernmutter
  • A. (Extensive) Auslegungs- oder Zurechnungslösung?
  • I. Zurechnung
  • 1. Voraussetzungen der Zurechnung
  • a) Zurechnung zwischen zwei rechtlich selbstständigen Subjekten
  • b) Wirtschaftliche Einheit als „Zurechnungsnorm“?
  • aa) Kein legislativer Akt
  • bb) Zweckentfremdung der wirtschaftlichen Einheit in der Rechtsfolge
  • c) Schuldgrundsatz
  • 2. Ergebnis
  • II. (Extensive) Auslegung
  • 1. Grundsatz
  • 2. Systematisch-teleologische Auslegung
  • a) Systematik
  • b) Teleologie
  • 3. Wortlautgrenze
  • III. Stellungnahme
  • IV. (Teleologische) Rechtsfortbildung
  • 1. Teleologische Extension
  • 2. Sinn und Zweck
  • 3. Teleologische Lücke
  • a) Zweckdienlichkeitserfordernis
  • aa) Geeignetheit zur Wahrung materieller Grundsätze
  • bb) Geeignetheit zur Durchsetzung materieller Grundsätze
  • (1) Art. 299 AEUV
  • (2) Fehlende Rechtsfähigkeit als Vollstreckungsvoraussetzung
  • cc) Zwischenergebnis
  • b) Stellungnahme
  • 4. Zwischenergebnis
  • 5. Abkehr vom wirtschaftlichen Unternehmensbegriff
  • a) Keine abschreckenden Bußgelder
  • b) Missbrauchseinwand
  • c) Stellungnahme
  • 6. Berücksichtigung des europäischen effet utile Grundsatzes
  • a) Grundsatz praktischer Wirksamkeit
  • b) Effet utile und Rechtsfortbildung
  • c) Effektivste Geltung unionsrechtlicher Grundsätze und Ziele
  • d) Zwischenergebnis
  • 7. Anknüpfungspunkt der teleologischen Auslegung/Rechtsfortbildung
  • V. Endergebnis
  • B. Grenzen der Rechtsfortbildung
  • I. Grundsatz
  • II. Keine Rechtsfortbildung contra legem
  • III. Objektivierbare Grundsätze im Sinne von Art. 19 EUV
  • 1. Recht im Sinne des Art. 19 EUV
  • 2. Allgemeine Rechtsgrundsätze
  • 3. Strafrechtliche Fundamentalgarantien
  • 4. Kompetenzen
  • a) Horizontale Kompetenzverteilung
  • b) Vertikale Kompetenzverteilung
  • 5. Stellungnahme
  • IV. Ergebnis
  • C. Zusammenfassung
  • 4. Kapitel: (Un-)Zulässigkeit der Rechtsfortbildung
  • A. Verstoß gegen das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung, Art. 5 Abs. 2 EUV
  • I. Rechtsnatur der „Geldbuße“ im Kartellverfahrensrecht
  • 1. Wortlaut des Art. 23 VO 1/2003 als Anknüpfungspunkt zur Bestimmung der Rechtsnatur
  • a) Geldbuße
  • b) Auffassungen der Generalanwälte und Generalanwältinnen
  • c) Art. 23 Abs. 5 VO 1/2003
  • d) Stellungnahme
  • e) Ergebnis
  • 2. Unionsautonome Bestimmung der Rechtsnatur einer Kartellsanktion
  • a) Rechtsprechung des EGMR als Auslegungshilfe für das Unionsrecht
  • b) Legislatorische Klarstellung
  • c) Rechtsnatur der Sanktion
  • d) Schwere Grat
  • e) Abwägung der „Engel-Kriterien“ im Hinblick auf die Kartellsanktion
  • 3. Vergleich mit den nach Sec. 1 Sherman Act verhängten Strafen
  • 4. Stellungnahme
  • 5. „Harter Kern“ eines Zweiklassenstrafrechts?
  • a) Kein Zweiklassenstrafrecht
  • b) Kriminalstrafrechtlicher Charakter des „Bußgeldes“
  • aa) Sozial-ethischer Unwertgehalt des Kartellrechtsverstoßes
  • (1) Erhalt der Wettbewerbsordnung als elementares Gemeinschaftsrechtsgut
  • (2) Sittlich-ethische Missbilligung durch ein Unternehmen
  • (3) Höhe als quantitatives Abgrenzungsmerkmal
  • (4) Stellungnahme
  • bb) Wertungsprärogative des Gesetzgebers über die sozial-ethische Verwerflichkeit
  • cc) Stellungnahme
  • c) Ermessensreduktion auf „Null“
  • d) Akzessorietät zwischen Wertungsprärogative und Strafsetzungskompetenz
  • e) Ergebnis
  • 6. Zusammenfassung
  • II. Strafsetzungskompetenz im Unionsrecht
  • 1. Art. 103 AEUV als bereichsspezifische Ausnahme
  • a) Wortlaut „Geldbuße“
  • b) Systematischer Zusammenhang mit Art. 23 Abs. 5 VO 1/2003
  • c) Erst-Recht-Schluss aus Art. 325 Abs. 4 AEUV
  • d) Bewusste Entscheidung des Gemeinschaftsgesetzgebers gegen Strafen bei Verabschiedung der VO 17/62
  • e) Strafrechtliche Richtlinienkompetenz der Union
  • f) Stellungnahme
  • 2. Ergebnis
  • III. Endergebnis
  • B. Analogieverbot
  • I. Grundsatz
  • 1. Analogieschluss zu Lasten des Kartellanten
  • 2. Analogieverbot zu Lasten des Täters auch bei „nur“ extensiver Auslegung
  • II. Ergebnis
  • C. Wesentlichkeitsgrundsatz
  • I. Wesentlichkeitsgrundsatz als Kompetenzbeschränkung der Judikative
  • II. Haftung der Konzernmutter als wesentliche Materie
  • 1. Unternehmensbegriff als originärer Anknüpfungspunkt der Haftung
  • 2. Stellungnahme
  • III. Ergebnis
  • D. Bestimmtheitsgrundsatz
  • I. Bestimmtheit der Norm
  • II. Gleichlauf der Bestimmtheitsgrundsätze bei strafrechtsähnlichen Sanktionen
  • III. Relativierung des Bestimmtheitsgrundsatzes als Widerspruch zur Rechtsprechung des EuGH
  • 1. Restriktion durch Auslegung
  • 2. Restriktion des strafrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatzes bei strafrechtsähnlichen Sanktionen
  • 3. Stellungnahme
  • IV. Absolute Grenze des Bestimmtheitsgrundsatzes
  • V. Bestimmtheitsgrundsatz als Grenze der Rechtsfortbildung
  • VI. Vereinbarkeit des Bestimmtheitsgrundsatzes mit der Aufspaltung des Unternehmensbegriffs
  • 1. Unbestimmtheit der Norm
  • a) Vorbringen von Kartellanten und Literatur
  • b) Vorbringen der Unionsgerichte
  • aa) Individuelle (absolute) Obergrenze
  • bb) Leitlinien der Kommission
  • cc) Uneingeschränktes Nachprüfungsrecht
  • c) Stellungnahme
  • d) Ergebnis
  • 2. Unbestimmtheit der Unternehmensaufspaltung
  • a) Unbestimmtheit per definitionem
  • b) Fehlende Vorhersehbarkeit für den Kartellanten
  • aa) Haftung der Konzernmutter als Rechtsprechungswandel
  • bb) Fehlen objektiver Kriterien
  • c) Unbestimmtheit durch Verstoß gegen das Analogiever bot zu Lasten des Täters
  • d) Stellungnahme
  • e) Ergebnis
  • 3. Endergebnis
  • E. Konzernrechtlicher Trennungsgrundsatz
  • I. Durchbrechung des Trennungsgrundsatzes durch die Unionspraxis
  • II. Selbstständigkeit des Rechtsträgers als ungeschriebener allgemeiner Rechtsgrundsatz
  • III. Gesellschaftsrechtlicher Trennungsgrundsatz als unionsrechtlicher Grundsatz
  • 1. Rs. Idryma Typou
  • 2. „Europäisches Gesellschaftsrecht“ als Spiegelbild nationaler Grundsätze
  • 3. Keine unbeschränkte Außenhaftung der SE
  • 4. Rs. Tomkins und Schindler
  • 5. EWIV-VO
  • 6. Stellungnahme
  • 7. Ergebnis
  • IV. Erstreckung des unionsrechtlichen Trennungsgrundsatzes auf das Kartellrecht
  • 1. Einheit der Rechtsordnung
  • 2. Unionsrechtlicher Trennungsgrundsatz als Bestandteil des „Rechts“ im Sinne von Art. 19 EUV
  • 3. Konzern als Bestandteil der „wirtschaftlichen Realität“
  • V. „Piercing the corporate veil“ – Durchbrechung des unionsrechtlichen Trennungsgrundsatzes im Kartellrecht
  • 1. Deutschland
  • a) Grundsatz
  • b) Durchgriffslehren
  • aa) Missbrauchslehre
  • bb) Normzwecklehre
  • c) Anerkannte Fallgruppen
  • d) Stellungnahme
  • 2. Großbritannien
  • a) Status quo ante
  • b) Status quo
  • 3. Frankreich
  • 4. Italien
  • 5. USA
  • a) Grundsatz
  • b) Alter ego Doktrin
  • c) Moderne Abgrenzungskriterien
  • d) Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp
  • 6. Stellungnahme
  • VI. Ergebnis
  • F. Verhältnismäßigkeitsgrundsatz
  • I. Anforderungen an eine verhältnismäßige Sanktion
  • II. Verhältnismäßigkeit der Unionspraxis
  • 1. Verhältnismäßigkeit der Höhe nach
  • 2. Verhältnismäßigkeit und Schuldprinzip
  • III. Ergebnis
  • G. Schuldgrundsatz
  • I. Keine Strafe ohne Schuld (nulla poena sine culpa)
  • II. Wirtschaftliche Einheit als schuldiges Unternehmen
  • III. Individueller Schuldvorwurf der Konzernmutter
  • 1. 100%ige Anteilsinhaberschaft als kartellrechtswidriges Verhalten
  • 2. Stellungnahme
  • 3. Ausüben eines bestimmenden Einflusses
  • a) Ausüben irgendeines Einflusses
  • b) Ausüben eines wettbewerbsrelevanten bestimmenden Einflusses
  • c) Rs. T-384/09 – SKW/Kommission
  • 4. Ergebnis
  • IV. Unschuldsvermutung
  • 1. Grundsatz
  • 2. Beweislastverteilung im Kartellbußgeldverfahren
  • 3. Beweislastumkehr contra reum
  • 4. Stellungnahme
  • 5. Zwischenergebnis
  • V. Grundrecht der Unschuldsvermutung: ein relatives Recht
  • 1. Art. 52 Abs. 1, Abs. 3 GRCh
  • 2. Rechtsprechung des EGMR
  • 3. Angemessene Einschränkung der Unschuldsvermutung
  • 4. Unwiderlegbarkeit der Vermutung
  • a) Spanischer Rohtabak und Gosselin Group
  • b) Fehlende Exkulpationsmöglichkeit
  • c) Formale Unmöglichkeit der Widerlegung
  • d) Stellungnahme
  • 5. Zwischenergebnis
  • 6. Sekundäre Darlegungslast
  • VI. Ergebnis
  • H. Zusammenfassung
  • 5. Kapitel: Gesamtergebnis, Ausblick und Zusammenfassung der Ergebnisse in Thesen
  • A. Gesamtergebnis
  • B. Ausblick
  • C. Zusammenfassung aller Ergebnisse in Thesen
  • Literaturverzeichnis

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1.   Kapitel: Einleitung

Ob Bier, Gummibärchen, Internetbrowser, Leitzinssätze, Fernseher, Autoglas, Vitamine oder Zucker: Kein Bereich des täglichen Lebens scheint frei von wettbewerbswidrigem Verhalten zu sein.1 Es verwundert daher nicht, dass die Europäische Kommission als zuständige Behörde mit Kartellrechtssündern hart ins Gericht geht: „Companies must learn the hard way“2, hieß es unlängst in einer Pressemitteilung der Europäischen Kommission. Dass die Kommission es auch so meint, zeigt ihre Bußgeldpraxis, mit der sie ihrer Stellungnahme Taten folgen lässt. Auf Grundlage von Art. 23 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln vom 16.12.20023 (im Folgenden: VO 1/2003) und mit tatkräftiger Unterstützung der Unionsgerichte verhängt sie ein „Rekordbußgeld“4 nach dem anderen.5

Während sich das erste am 16.7.1969 verhängte Bußgeld gegen sechs beteiligte Unternehmen eines internationalen Chininkartells6 auf insgesamt 500.000 Rechnungseinheiten7 (RE) belief, wobei das höchste einzeln verhängte Bußgeld ← 1 | 2 → RE 210.000 betrug, hat die Kommission bis heute die „Milliardenschallmauer“ bereits mehrfach durchbrochen. Nach der als „Röhrenkartell“ betitelten Entscheidung Cathode Ray Tubes – CRT, in der die Kommission die bislang höchste kollektive Sanktion gegen sechs der sieben beteiligten Unternehmen in Höhe von € 1,47 Milliarden verhängte,8 erließ sie im LIBOR-EURIBOR-Skandal Strafen von insgesamt € 1,71 Milliarden und setzte damit eine neues Rekordhoch.9 Die Deutsche Bank muss davon ca. € 725 Millionen zahlen.10 Mehr musste bisher nur Saint-Gobain, insgesamt € 896 Millionen11, zahlen. Der Intel-Konzern wurde sogar mit € 1,06 Milliarden12 für das Ausnutzen seiner marktbeherrschenden Stellung sanktioniert.

Diese Entwicklung „from parking tickets to blockbuster levels“13 hat dazu geführt, dass die verhängten Sanktionen als Instrumente der Wettbewerbspolitik14 im europäischen Kartellrecht heute mit Adjektiven wie „astronomisch“15, „exorbitant“16 oder „drakonisch“17 beschrieben werden, die die Problematik auf den Punkt bringen: Today, companies do learn it the hard way. Der extreme Anstieg der Geldbußen lässt sich nicht leugnen. Das gilt auch dann, wenn nur wenige Autoren im Rahmen ihrer Ausführungen zur Bußgeldentwicklung die Auswirkungen der Inflation berücksichtigen.18 Denn auch inflationsbereinigt kann der Anstieg der Bußgelder nicht negiert werden.19 Tatsächlich gibt es kaum einen anderen Bereich, in dem vergleichbare Sanktionen verhängt werden: Die unionsrechtliche Kartellsanktion ← 2 | 3 → sucht bis dato ihres Gleichen.20 Das entspricht auch dem Credo der Kommission, die sich fest vorgenommen hat, stärker als bisher üblich den zulässigen Rahmen der Bußgeldhöhen auszuschöpfen.21

Ursachen für den Anstieg gibt es viele: ökonomische, globalisierende und rechtliche. Unweigerlich gehört dazu auch die Praxis der Kommission und Unionsgerichte. Denn diese stellen für die Berechnung der Geldbußen nicht auf den Umsatz des eigentlichen Täters ab, sondern auf den des weltweit agierenden Konzerns.22 Denn nur dieser spiegelt die Wirtschaftskraft des Unternehmens wirklich wider.23 Art. 23 Abs. 2 und 3 VO 1/2003 schreiben zwar nicht vor, dass sich die Höhe des Bußgelds am Umsatz des sich unmittelbar beteiligenden Unternehmens bemessen muss. Der Umsatz des sanktionierten Unternehmens ist aber entgegen dem Wortlaut der Norm häufig Hauptkriterium für die Bußgeldbemessung.24 Art. 23 Abs. 2 S. 2 VO 1/2003 definiert darüber hinaus die Kappungsgrenze25 einer Sanktion mit max. 10% des ← 3 | 4 → jeweiligen Umsatzes des gegen das Wettbewerbsrecht zuwiderhandelnden Unternehmens. Auch wenn die Kommission diesen Bußgeldrahmen selten ausschöpft,26 liegt die Grenze eines noch zulässigen Bußgeldes bei dieser Praxis weitaus höher, als wenn nur auf den Umsatz der Tochter oder Mutter abgestellt würde.27 Bei der Firma Bosch beliefe sich das max. zulässige Bußgeld momentan bspw. auf € 5 Milliarden.28 Ohne die Möglichkeit, auf den Konzernumsatz als Obergrenze abzustellen, würde das Erreichen der 10%igen Höchstgrenze heute wohl eher die Regel als die Ausnahme darstellen.29 Genauso wenig, wie es im Rahmen der Bußgeldberechnung folglich auf den Umsatz des unmittelbaren Täters ankommt, spielt es für die zuständigen Unionsorgane eine Rolle, wer tatsächlicher Täter des Kartellrechtsverstoßes ist. Nach gefestigter Praxis30 kann die Kommission auch die nicht am Kartellrechtsverstoß unmittelbar beteiligte Konzernmuttergesellschaft für den durch ihre Tochtergesellschaft begangenen Wettbewerbsverstoß, mit einer am Umsatz des Konzerns bemessenen Geldbuße, in Anspruch nehmen. Diese Methode dürfte deshalb ebenfalls maßgeblich für die beschriebene Entwicklung der Kartellbußen sein.31 Damit reagieren die Unionsorgane auf die wirtschaftliche Realität, die sich heute in der Tat als eine von multinationalen Konzernen beherrschte darstellt,32 die als Täter der zu sanktionierenden (Wirtschaftsstraft-)taten in Erscheinung treten33.

An der Praxis ist deshalb im Grundsatz auch nichts auszusetzen, solange sich die Muttergesellschaft an der Zuwiderhandlung ihrer Tochter beteiligt hat. Geldbußen müssen, wie der EuGH schon 1983 in der Pioneer-Entscheidung (Musique Diffusion française) betonte, zur Not angehoben werden, um eine ausreichend abschreckende ← 4 | 5 → Wirkung zu entfalten.34 Die Realität der Unionspraxis sieht indessen anders aus.35 Dort haften Mutter- und Tochtergesellschaft als Gesamtschuldnerinnen nebeneinander, unabhängig von einem eigenen Tatbeitrag der Konzernmutter oder deren Kenntnis von einem wettbewerbswidrigen Verhalten der Tochtergesellschaft.36 Die Folgen für die Muttergesellschaft sind weitreichend. Neben der Tatsache, dass sie für eine am weltweiten Umsatz bemessene Sanktion haftet, die ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nicht mehr widerspiegelt, dürfte sie de facto alleine für den Verstoß ihrer Tochtergesellschaft(en) einzustehen haben.37 Es liegt in der Natur der Sache, dass sich die Kommission, um die Durchsetzung der Sanktion zu gewährleisten, zunächst an die solventere Mutter hält.38 Da die am Konzernumsatz bemesse Geldbuße für den wahren Täter in der Regel aber existenzbedrohende Ausmaße haben dürfte39 und die Konzernmutter ihre Tochter kaum in die Insolvenz stürzen will, wird sie sie wohl nur selten auf Regress verklagen. Die „gesamtschuldnerische Haftung“ ist daher nicht mehr als Makulatur und ändert an der alleinigen Haftung der Konzernmutter nichts.

Diese Vorgehensweise ist wie gesagt nicht neu. Die Unionsgerichte rechtfertigen sie denn auch, indem sie an das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit die Möglichkeit knüpfen, der Muttergesellschaft das Verhalten ihrer Tochter „zuzurechnen“. Zum ersten Mal äußerte sich der EuGH in seinem Stora-Urteil40 zu der Frage, ob das kartellrechtswidrige Verhalten einer Tochtergesellschaft ihrer Mutter zugerechnet werden könne.41 Diesbezüglich führte das Gericht in Anlehnung an seine ICI-Rechtsprechung aus, dass das Verhalten der Tochtergesellschaft „der Muttergesellschaft zugerechnet werden kann; dies gilt insbesondere dann, wenn die Tochtergesellschaft ihr Verhalten nicht autonom bestimmt, sondern im Wesentlichen Weisungen der ← 5 | 6 → Muttergesellschaft befolgt“42. Denn „in einem solchen Fall [sind] die Muttergesellschaft und ihre Tochtergesellschaft Teil ein und derselben wirtschaftlichen Einheit und damit ein Unternehmen […]“43, wie der EuGH, seine Rechtsprechung weiterentwickelnd, insbesondere im berühmten Akzo Nobel-Urteil ausführte. Daneben etablierte er durch das Urteil eine „widerlegliche“44 Vermutung für das Vorliegen dieser wirtschaftlichen Einheit in dem Fall, dass die Muttergesellschaft nahezu 100%45 der Anteile an der Tochter hält. Denn in einem solchen Fall wäre nicht nur davon auszugehen, dass die Mutter einen bestimmten Einfluss auf ihre Tochter ausüben kann, sondern dies auch tatsächlich tut.46 Um die kartellrechtliche Verantwortlichkeit der Muttergesellschaft zu begründen, genügt deshalb der Nachweis, „dass die Muttergesellschaft das gesamte Kapital der Tochtergesellschaft hält, […] sofern die vom Mutterunternehmen […] vorgelegten Beweise nicht für den Nachweis ausreichen, dass [das] Tochterunternehmen auf dem Markt eigenständig auftritt“47. Ohne dies explizit zu sagen, beherrscht erstere ihre Tochter in einem solchen Fall, so dass es letzterer an Autonomie fehlt und beide folglich eine wirtschaftliche Einheit bilden. Das gilt selbst dann, wenn die Muttergesellschaft alles in ihrer Macht Stehende getan hat, um ein wettbewerbswidriges Verhalten ihrer Tochtergesellschaft zu verhindern.48 Diese Rechtsprechung hat der Europäische Gerichtshof seitdem einige Male wiederholt,49 so dass auch insoweit bereits von einer gefestigten Rechtsprechung gesprochen werden kann.50 ← 6 | 7 →

Danach haftet die Konzernmutter also für Kartellrechtsverstöße ihrer Töchter mit einer Geldbuße bemessen am Konzernumsatz, obwohl sie an der Zuwiderhandlung weder beteiligt war, noch davon Kenntnis hatte, allein aus dem Grund, dass sie (nahezu) 100% der Anteile besitzt.

Dass diese Praxis Kritik vor allem von Seiten der Unternehmen hervorgerufen hat, überrascht wenig. Im Vordergrund standen dabei auch Verstöße gegen das gesellschaftsrechtliche Trennungsprinzip,51 da das europäische Kartellrecht mehr oder weniger „blind“ dafür sei,52 vor allem aber auch andere allgemeine Rechtsgrundsätze des Unionsrechts wie der Wesentlichkeitsvorbehalt, das Schuldprinzip, der Bestimmtheitsgrundsatz oder der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.53 Es werden also auch Geschütze aufgefahren, die auf die Vereinbarkeit der unionsrechtlichen Arbeitsweise mit rechtsstaatlichen Grundprinzipien abzielen und Zweifel an ihrer Rechtsstaatlichkeit aufkommen lassen.54

Als Reaktion darauf stützen der EuGH und seine Generalanwälte die Kommission, indem sie die aufkeimende Besorgnis allen Zweifeln zum Trotz praktisch im Keim zu ersticken versuchen. Erst im Jahr 2013 hat die Generalanwältin Kokott in ihren Schlussanträgen zur Rechtssache Schindler 55 beinahe lehrbuchartig zu dieser Problematik Stellung genommen und sämtliche Bedenken des betroffenen Unternehmens als unbegründet abgetan. Die momentane Bußgeldpraxis sei erforderlich, ← 7 | 8 → um dem Missbrauch nicht „Tür und Tor“56 zu öffnen, lautet das Argument immer wieder.57 Auch in der Literatur finden sich mittlerweile Befürworter der Unionspraxis.58 Nichtsdestotrotz dürfen deshalb die Interessen der Unternehmen nicht vollständig missachtet oder in den Hintergrund gedrängt werden: Dieser Aussage liegt die Tatsache zu Grunde, dass das Kartellrecht in einem ständigen Konflikt mit den betroffenen Unternehmensinteressen steht. Einerseits erfordert es die Sicherstellung eines effektiven Wettbewerbs, andererseits dürfen die dadurch tangierten Interessen der Wettbewerbsteilnehmer, die insbesondere in der Wahrung rechtsstaatlich garantierter Rechte bestehen, nicht vollständig verdrängt werden. Der bestehende Konflikt darf nicht einseitig zu Gunsten eines mutmaßlichen Missbrauchspotentials entschieden werden. Erforderlich ist also immer ein interessengerechter Ausgleich. Die Aufgabe, diesen Konflikt widerstreitender Interessen im Sinne einer praktischen Konkordanz zu lösen, ist aufgrund der sich aus der Globalisierung ergebenden wirtschaftlichen Realität alles andere als einfach. Immer zu berücksichtigen ist aber, dass die Union auf dem Fundament der Rechtsstaatlichkeit beruht, Art. 2 EUV. Auch die VO 1/2003 erklärt in ihren Erwägungsgründen Nr. 12, 37 und 38 noch einmal die Verbindlichkeit allgemeiner Rechtsgrundsätze, wie die des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und des Prinzips der Rechtssicherheit sowie der Bindung an die Charta der Grundrechte der Europäischen Union. Der EuGH und das EuG haben dies auch für die Kommission entschieden59 und sind aufgrund des in Art. 19 EUV zum Ausdruck kommenden Rechtsschutzauftrages selbst an diese Grundsätze gebunden.60 Die Unionsorgane sind daher auch in Wettbewerbssachen verpflichtet, die Rechtsstaatlichkeit mit größtmöglicher Sorgfalt zu wahren. Die Kartellrechtsdurchsetzung ← 8 | 9 → darf nicht dazu führen, dass die betroffenen Unternehmen in ihren garantierten Rechten verletzt werden.61 Diese stellen folglich die Schranken des kartellrechtlichen Gestaltungsspielraumes dar.62 Ähnlich63 wie im deutschen Strafprozessrecht konkretisiert auch das Kartell(verfahrens)recht rechtsstaatliche Grundsätze, die dazu führen, dass es eine effektive Kartellrechtsdurchsetzung um jeden Preis nicht geben kann. Wie immer gilt: Der Zweck heiligt nicht jedes Mittel.64

Auch wenn Kokott in der Rs. Schindler/Kommission daher zu Gunsten des Wettbewerbs die Verfahrensweisen der Kommission und Unionsgerichte verteidigt, um so dem potentiellen Missbrauch entgegenzuwirken, und so sehr die Kommission die Bedeutung der Wettbewerbspolitik für den Binnenmarkt auch betont65, folgt daraus nicht automatisch die Antwort auf die Frage, ob die Praxis, die Konzernmutter für Kartellrechtsverstöße ihrer Töchter, an denen sie nicht beteiligt war, haften zu lassen, zulässig ist. Viel eher sollten die vorgebrachten Bedenken Anlass dazu geben, die Modalitäten der Unionsorgane einmal objektiv und kritisch zu hinterfragen. Denn letztlich stehen diese sowie andere Entscheidungen exemplarisch für die bestehende Skepsis, inwieweit die Inanspruchnahme der Konzernmutter mit dem geltenden Recht vereinbar ist. Obwohl die Unionsrechtsprechung sich auch nach dem Akzo Nobel Urteil davon nicht hat beirren lassen, ist die Rechtmäßigkeit, ja sogar die Rechtsstaatlichkeit, dieser Praxis höchst fraglich. Dabei kratzen die geltend gemachten Einwände noch an der Oberfläche. Nicht nur das aktuell vor dem EGMR anhängige Verfahren, indem das dem Unionsrecht nachgebildete niederländische Kartellrecht auf dem Prüfstand steht geben Anlass die Rechtmäßigkeit der Vorgehensweise zu hinterfragen.66 Bereits ein Blick auf den Wortlaut des Art. 23 Abs. 2 VO 1/2003 wirft die noch viel grundlegendere Frage auf, wie die Kommission und auch die Unionsgerichte ihre Praxis überhaupt darauf stützen wollen. Das gilt in erster Linie im Hinblick auf den Unternehmensbegriff, der im Folgenden zunächst Gegenstand der Untersuchung sein soll. Denn wie kann es dogmatisch begründet werden, ein Bußgeld gegen die Muttergesellschaft zu verhängen, wenn dies dem Wortlaut nach eindeutig gegen das Unternehmen geschehen muss, das gegen die Artt. 101, 102 AEUV verstoßen hat? Was versteht das europäische Kartellrecht unter dem Unternehmen? Kann die Haftung der Konzernmutter auf den Unternehmensbegriff als Dreh- und Angelpunkt des europäischen Kartell(bußgeld)rechts gestützt werden, oder ist ihr Ausgangspunkt eine Verhaltenszurechnung? Auf welche Normen könnte diese dann gestützt werden, oder liegt es gar in der Macht des Gerichts, ← 9 | 10 → „Zurechnungsnormen“ zu etablieren, auf deren Grundlage entsprechend intensive Eingriffe gestützt werden könnten, die dann aber im Spannungsverhältnis zu verschiedenen allgemeinen Rechtsgrundsätzen des Unionsrechts stünden? Und wie erklärt sich das Gericht, dass das sanktionierte Unternehmen gemäß dem Wortlaut vorsätzlich oder fahrlässig, in jedem Fall also schuldhaft, gegen das Kartellrecht verstoßen haben muss, wenn es sich selbst doch gar nicht an dem Verstoß beteiligt hat? Besonders brisant wird dieser Aspekt aufgrund des durchaus fragwürdigen Charakters der Kartellsanktion als Strafe. Nicht nur die damit verbundene Anwendbarkeit strafrechtlicher Fundamentalgarantien könnte ein anderes Licht auf die Zulässigkeit der Unionspraxis werfen, sondern auch die Frage, ob überhaupt eine entsprechende Kompetenz zum Erlass vergleichbarer Sanktionen besteht. Auf den Punkt gebracht: Existiert überhaupt eine Rechtsgrundlage, auf die die Kommission ihre Praktiken stützen kann, oder handelt es sich um Richterrecht, das aufgrund der Unvereinbarkeit mit fundamentalen Grundsätzen des Unionsrechts unzulässig ist?


1 S. auch Europäische Kommission, XXXI. Bericht über die Wettbewerbspolitik 2001, S. 4; vgl. Bünder, FAZ v. 25.1.2014, Nr. 21, S. 14.

2 Pressemitteilung der Europäischen Kommission v. 11.11.2009, IP-09-1695. S. auch Soltész, EuZW 2011, 121.

3 Abgedruckt in ABl. 2003 Nr. L 1/1. Gemäß Art. 45 S. 1 VO 1/2003 trat die Verordnung am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften in Kraft. Nach S. 2 galt sie ab dem 1.5.2004.

4 „Milliarden-Rekordstrafe“ oder „Neues Rekordbußgeld“ titelte bspw. die FAZ bezüglich des Kommissionsverfahrens gegen ein Autoglas-Kartell, abrufbar unter: http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/illegale-preisabsprachen-milliarden-rekordstrafe-gegen-autoglas-kartell-1610191.html, oder gegen den Softwarekonzern Microsoft, abrufbar unter: http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/eu-ahndet-wettbewerbsverstoss-neues-rekordbussgeld-gegen-microsoft-1512387.html, beide zuletzt abgerufen am 21.3.2014. Erst kürzlich (Ausgabe Nr. 235 vom 05.12.2013) fand man im Handelsblatt auf S. 1: „Der Bankenschreck, harte Zeiten für Geldhäuser: Die EU verhängt im Libor-Skandal Rekordstrafen.“

5 Schneider/Engelsing, in: MüKo-EuWettbR, Art. 23 VO 1/2003, Rn. 16f.

6 KOMM v. 16.7.1969, IV/26.623, ABl. 1969 Nr. L 192/5 – Internationales Chininkartell. Dies überrascht, zumal der erste Kartellrechtsverstoß bereits in der KOMM v. 23.9.1964, IV/A-00004-03344, ABl. 1964 Nr. P 161/2545 – Grundig-Consten festgestellt wurde. S. auch van Themaat, in: FS Deringer, 398 (405).

7 Bis zur KOMM v. 25.11.1980, IV/29.702, ABl. 1980 Nr. L 377/16 – Johnson & Johnson wurde die Höhe der verhängten Geldbuße in Rechnungseinheiten (units of account) angegeben. Gemäß Artikel 18 der Verordnung Nr. 17 in Verbindung mit Artikel 17 Absatz 1 der Haushaltsordnung der Gemeinschaften vom 30.7.1968 (ABl. 1968 Nr. L 199/1) betrug der Wert einer Rechnungseinheit 0,88867088 Gramm Feingold, was 1968 einem Gegenwert von 4 DM entsprach. In der Entscheidung KOMM v. 4.11.1982, IV/29.995, ABl. 1982 Nr. L 325/20 – Navewa/Anseau wurde die Sanktion erstmals in der 1979 eingeführten ECU (European Currency Unit) beziffert, dem Nachfolger der Rechnungseinheit. Die ECU wurde schließlich 1999 durch den Euro abgelöst.

8 Pressemitteilung der Europäischen Kommission v. 5.12.2012, IP-12-1317, s. auch EuZW 2013, 4.

9 In KOMM v. 12.11.2008, COMP/39.125, ABl. 2009 Nr. C 173/13 – Automobilglas erließ die Kommission Strafen in Höhe von insgesamt € 1,354 Milliarden.

10 Pressemitteilung der Europäischen Kommission v. 4.12.2013, IP -13/1208; auch abgedruckt in EuZW 2014, 5f. S. auch FAZ v. 5.12.2013, Nr. 283 S. 1, Handelsblatt v. 5.12.2013, Nr. 235 S. 1, 24.

11 KOMM v. 12.11.2008, COMP/39.125, ABl. 2009 Nr. C 173/16 – Automobilglas. Die Geldbuße wurde später auf € 880 Millionen reduziert.

12 KOMM v. 13.5.2009, COMP/C-3/37.990, ABl. 2009 Nr. C 227/17 – Intel.

13 Joshua, ECLR 2002, 231 (245).

14 Dannecker/Biermann, in: Immenga/Mestmäcker, WettbR-EU, Band 1/Teil 2, Vor. Art. 23 VO 1/2003, Rn. 23; Nowak, in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff/Kersting/Meyer-Lindemann, Kartellrecht, Art. 23 VerfVO, Rn. 7; Schneider/Engelsing, in: MüKo-EuWettbR, Art. 23 VO 1/2003, Rn. 20.

15 Wagner-von Papp, WuW 2010, 268 (270); Soltész, WuW 2012, 141.

16 Möschel, DB 2010, 2377 (2378); Möschel, ECLR 2011, 369; Bechtold, NZKart 2015, 161 (162).

17 Van Vormizeele, NZKart 2013, 386 (387); Soltész, EuZW 2011, 121.

18 Das kritisiert zu Recht Wils, The Optimal Enforcement of EC Antitrust Law, S. 11.

19 S. dazu Carree/Günster/Schinkel, Review of Industrial Organization 2010, 97 (122f.). Überhaupt scheint die Inflation nicht das Entscheidende zu sein. Aussagekräftiger wäre es, danach zu fragen, welche Kaufkraft bspw. der 1969 verhängte Geldbetrag heute hätte. Zu einem anderen Ergebnis kommt offenbar Wils, a.a.O., S. 11.

20 So auch Möhlenkamp, in: Schwarze, Instrumente zur Durchsetzung des europäischen Wettbewerbsrechts, 121 (122). Allerdings einigte sich „die amerikanische Großbank JP Morgan Chase […] mit dem amerikanischen Justizministerium und anderen Behörden wegen unlauterer Hypothekengeschäfte […] auf einen Rekordvergleich von 13 Milliarden Dollar.“ Davon sind aber „nur“ 2 Milliarden als Strafe deklariert, FAZ v. 20.11.2013, Nr. 270, S. 17.

21 Europäische Kommission, XXXI. Bericht über die Wettbewerbspolitik 2001, S. 4, 164 Rn. 517 sowie Europäische Kommission, XXXII. Bericht über die Wettbewerbspolitik 2002, S. 4; Schwarze/Weitbrecht, Grundzüge des europäischen Kartellverfahrensrechts, § 7 Rn. 2; Sünner, EuZW 2007, 8 (13). Die Befugnis hierzu erteilte der EuGH der Kommission in der Entscheidung v. 7.6.1983 – verb. Rs. C-100/80, Slg. 1983, 1825, Rz. 108f. – Musique Diffusion française/Kommission.

22 EuG v. 15.3.2000 – verb. Rs. T-25/95, Slg. 2000, II-491, Rz. 5040 – Cimenteries CBR/Kommission. S. dazu auch EuG v. 12.12.2007 – Rs. T-112/05, Slg. 2007, II-5049, Rz. 17 – Akzo Nobel/Kommission; EuG v. 27.3.2014 – Rs. T-56/09 und T-73/09, Rz. 450 – Saint-Gobain; Klusmann, WuW 2001, 820 (824); Möhlenkamp, in: Schwarze, Instrumente zur Durchsetzung des europäischen Wettbewerbsrechts, S. 121 (127); Bauer/Anweiler, ÖZK 2011, 71 (76); Möschel, ECLR 2011, 369 (370). Ebenfalls BGH, Beschluss v. 3.6.2014 − KRB 46/13 – Silostellgebühren II = NZKart 2014, 513 (514).

23 EuG v. 20.3.2002 – Rs. T-9/99, Slg. 2002, II-1487, Rz. 528f. – HFB/Kommission; EuG v. 5.4.2006 – Rs. T-279/02, Slg. 2006, II-897, Rz. 96 – Degussa/Kommission; EuG v.12.12.2007 – Rs. T-112/05, Slg. 2007, II-5049, Rz. 90 – Akzo Nobel/Kommission; EuG vom 8.7.2008 – Rs. T-52/03, Slg. 2008, II-115, Rz. 353, 432 – Knauf Gips/Kommission; EuG v. 27.3.2014 – Rs. T-56/09 und T-73/09, Rz. 450 – Saint-Gobain; Dannecker/Fischer-Fritsch, Das EG-Kartellrecht in der Bußgeldpraxis, S. 270; Koch, ZHR 171 (2007), 554 (558); Bauer/Anweiler, ÖZK 2011, 71 (76).

24 Wegner, WuW 2001, 469 (471).

25 Dannecker/Biermann, in: Immenga/Mestmäcker, WettbR-EU, Band 1/Teil 2, Art. 23 VO 1/2003, Rn. 115; Schneider/Engelsing, in: MüKo-EuWettbR, Art. 23 VO 1/2003, Rn. 192f. Auch „Haftungshöchstgrenze“, Kindhäuser/Meyer, in: FK-Kartellrecht, 77. Lfg. (2012), Art. 23 VO 1/2003, Rn. 134. Anders BGH, Beschluss vom 26. 2. 2013 – KRB 20/12 – Grauzementkartell = NJW 2013, 1972 (1973); BGH, Beschluss v. 3.6.2014 − KRB 46/13 – Silostellgebühren II = NZKart 2014, 513 (513f.).

Details

Seiten
XV, 255
Jahr
2017
ISBN (PDF)
9783631736937
ISBN (ePUB)
9783631736944
ISBN (MOBI)
9783631736951
ISBN (Paperback)
9783631735244
DOI
10.3726/b12111
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2018 (Oktober)
Schlagworte
Europäischer Unternehmensbegriff Wirtschaftliche Einheit Bußgelder Rechtsstaatlichkeit Haftungszurechnung
Erschienen
Frankfurt am Main, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2017. XV, 255 S.

Biographische Angaben

Arne Karsten (Autor:in)

Arne Karsten studierte Rechtswissenschaften an der Universität Passau und der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Nach Ablegung des ersten Staatsexamens arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Internationales Wirtschaftsrecht der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster. Das Referendariat absolvierte er am OLG Hamm. Er ist als Rechtsanwalt im Bereich Kartellrecht tätig.

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Titel: Rechtsstaatliches Defizit oder zulässige Rechtsfortbildung?
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