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Risiken von Social Media und User Generated Content

Social Media Stalking und Mobbing sowie datenschutzrechtliche Fragestellungen

von Sonja Geiring (Autor:in)
©2017 Dissertation 290 Seiten
Open Access

Zusammenfassung

Die Themen der internetbasierten Kriminalität im Kontext von Social Media sowie das Thema Datenschutz sind derzeit nicht nur rechtspolitisch höchst brisant, sondern haben darüber hinaus eine erhebliche praktische Relevanz. Die Autorin nimmt zum einen die dogmatischen Aspekte einer strafrechtlichen Einordnung des Social Media Stalkings und Mobbings in den Blick. Zum anderen widmet sie sich den datenschutzrechtlichen Anforderungen bei der Erstellung von Nutzerprofilen und unterzieht die aktuelle Rechtslage einer kritischen Betrachtung. Im Ergebnis fehlt es im Datenschutzrecht, im Gegensatz zum nationalen Strafrecht, bisher an praktikablen und durchsetzbaren Regelungen, um die kollidierenden Interessen der Internetnutzer mit denen der Social Media Anbieter in Einklang zu bringen.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Vorwort
  • Inhalt
  • Inhaltsverzeichnis
  • Abkürzungsverzeichnis
  • Einführung
  • A. Prüfungsgegenstand
  • B. Gang der Untersuchung
  • Teil 1: Social Media und User Generated Content
  • A. Die Entwicklung des Social Web
  • B. Social Media – Begriffsbestimmung und Charakteristika
  • C. User Generated Content
  • D. Aktuelle Ausprägungen von Social Media Plattformen
  • I. Soziale Netzwerke
  • II. Multimediaplattformen
  • III. Weblogs bzw. Microblogs
  • E. Funktionen von Social Media Anwendungen
  • I. Registrierung und Profilbildung
  • II. Pinnwand/ „Wall“
  • III. Private Nachrichten und Interessengruppen
  • IV. „Gefällt mir“/ „Like“-Funktion
  • V. „Teilen“/ „Share“-Funktion
  • VI. Neuigkeiten/ „News Feed“
  • F. Entwicklung von Social Media und Ausblick
  • Teil 2: Social Media Stalking und Social Media Mobbing
  • A. Rechtstatsächlicher Hintergrund
  • I. Social Media Stalking
  • 1. Begriffsbestimmung von Stalking, Cyberstalking und Social Media Stalking
  • 2. Erscheinungsformen des Social Media Stalkings
  • II. Social Media Mobbing
  • 1. Begriffsbestimmung von Mobbing, Cybermobbing und Social Media Mobbing
  • 2. Erscheinungsformen des Social Media Mobbings
  • III. Folgen und Auswirkungen von Social Media Stalking und Mobbing
  • IV. Abgrenzung der Phänomene
  • V. Zwischenergebnis
  • B. Anwendbarkeit deutschen Strafrechts bei Internetstraftaten
  • I. Grundlagen des Strafanwendungsrechts
  • II. Begehungsorte bei Straftaten im Internet
  • 1. Abstrakte Gefährdungsdelikte
  • 2. Multiterritoriale Delikte
  • III. Zwischenergebnis
  • C. Strafrechtliche Einordung des Social Media Stalkings
  • I. Strafbarkeit des Social Media Stalkings nach § 238 StGB
  • 1. Voraussetzungen des § 238 Abs. 1 StGB
  • a) Nachstellungshandlungen des § 238 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 StGB
  • (1) § 238 Abs. 1 Nr. 1 StGB: Aufsuchen der räumlichen Nähe des Opfers
  • (2) § 238 Abs. 1 Nr. 2 StGB: Versuchte Kontaktaufnahme mit Telekommunikationsmitteln
  • (3) § 238 Abs. 1 Nr. 3 StGB: Missbräuchliche Verwendung der personenbezogen Daten des Opfers
  • (4) § 238 Abs. 1 Nr. 4 StGB: Bedrohung des Opfers oder einer ihm nahe stehenden Person
  • (5) § 238 Abs. 1 Nr. 5 StGB: Vornahme einer anderen vergleichbaren Handlung
  • b) Beharrliches Nachstellen
  • c) Unbefugtes Nachstellen
  • d) Taterfolg der schwerwiegenden Beeinträchtigung der Lebensgestaltung
  • 2. Qualifikationstatbestände des § 238 Abs. 2 und Abs. 3 StGB
  • 3. Strafprozessuale Besonderheiten
  • 4. Kritische Betrachtung des § 238 StGB und Reformvorschläge
  • 5. Anmerkung – Regierungsentwurf vom 13. Juli 2016
  • II. Strafbarkeit des Social Media Stalkings nach den Computerdelikten der §§ 202a ff., 303a f. StGB
  • 1. Strafbarkeit wegen Ausspähens von Daten nach § 202a StGB
  • a) Tatgegenstand der nicht für den Täter bestimmten Daten
  • b) Besondere Zugangssicherung
  • (1) Besondere Zugangssicherung bei Sozialen Netzwerken im Internet
  • (2) Besondere Zugangssicherung bei privaten Computern
  • c) Tathandlung des Zugangsverschaffens
  • 2. Strafbarkeit wegen Abfangens von Daten nach § 202b StGB
  • 3. Strafbarkeit wegen Datenunterdrückung nach § 303a StGB
  • 4. Strafbarkeit wegen Computersabotage nach § 303b StGB
  • 5. Strafbarkeit von Vorbereitungshandlungen nach § 202c StGB
  • 6. Zwischenergebnis
  • III. Zusammenfassendes Ergebnis zur Strafbarkeit des Social Media Stalkings
  • D. Strafrechtliche Einordung des Social Media Mobbings
  • I. Internetbeleidigung durch Einstellen von Texten auf Social Media Plattformen
  • 1. Der Ehrschutz im Internet
  • 2. Strafbarkeit wegen Beleidigung nach § 185 StGB
  • a) Äußerungsinhalt – Äußerung einer Miss- oder Nichtachtung
  • b) Tathandlung der Kundgabe
  • c) Beleidigungsfreie Sphäre im Internet
  • d) Beleidigung unter einer Kollektivbezeichnung
  • 3. Strafbarkeit wegen übler Nachrede oder Verleumdung nach den §§ 186 und 187 StGB
  • a) Tathandlung des Behauptens oder Verbreitens von Tatsachen nach §§ 186 Var. 1 bzw. 187 Var. 1 StGB
  • b) Qualifikation durch öffentliche Äußerung oder durch Verbreiten von Schriften nach §§ 186 Var. 2 bzw. 187 Var. 2 StGB
  • 4. Beleidigung trotz Wahrheitsbeweises nach § 192 StGB
  • 5. Subjektiver Tatbestand der §§ 185 ff. StGB
  • 6. Rechtfertigung nach § 193 StGB: Wahrnehmung berechtigter Interessen
  • 7. Wechselseitig begangene Beleidigungen nach § 199 StGB
  • 8. Zwischenergebnis
  • II. Einstellen von Bildern und Videos auf Sozialen Medien – Verletzung des persönlichen Lebens- und Geheimbereichs
  • 1. Strafbarkeit wegen Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen nach § 201a StGB n.F.
  • a) § 201a Abs. 1 Nr. 1 StGB n.F.: Herstellen oder Übertragen einer Bildaufnahme im geschützten Raum
  • b) § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB n.F.: Bildaufnahmen einer Person in hilfloser Lage
  • c) § 201a Abs. 1 Nr. 3 StGB n.F.: Gebrauchen bzw. Zugänglichmachen einer Bildaufnahme
  • d) § 201a Abs. 1 Nr. 4 StGB n.F.: Zugänglichmachen einer befugt hergestellten Bildaufnahme
  • e) § 201a Abs. 2 StGB n.F.: Bildaufnahmen mit der Eignung, dem Ansehen einer Person erheblich zu schaden
  • f) § 201a Abs. 3 StGB n.F.: Bildaufnahmen unbekleideter Kinder und Jugendlicher
  • g) Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs
  • h) Wahrnehmung überwiegender Interessen nach § 201a Abs. 4 StGB n.F.
  • i) Rechtfertigung durch (mutmaßliche) Einwilligung des Abgebildeten
  • 2. Strafbarkeit wegen Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes nach § 201 StGB
  • a) Aufnehmen, Gebrauchen oder einem Dritten Zugänglichmachen nach § 201 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2
  • b) Öffentliches Mitteilen nach § 201 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2
  • 3. Strafbarkeit wegen Verletzung des Rechts am eigenen Bild nach § 33 KUG
  • 4. Strafbarkeit wegen Beleidigung nach § 185 i.V.m. § 192 StGB
  • 5. Zwischenergebnis
  • 6. Sonderfälle: Videomontagen, Pornografischen Darstellungen und Gewaltvideos
  • III. Strafbarkeit Dritter am Beispiel des Facebook Like- und Share-Buttons
  • 1. Liken einer Beleidigung
  • a) Technische Funktionsweise und objektiver Aussagegehalt des Like-Buttons
  • b) Liken als Tathandlung nach §§ 185, 25 StGB
  • c) Liken als Beihilfehandlung nach §§ 185, 27 StGB
  • d) Fazit
  • 2. Sharen einer Beleidigung
  • 3. Liken bzw. Sharen einer unwahren oder nicht erweislich wahren Tatsache
  • 4. Liken bzw. Sharen von Bildern und Videos
  • 5. Zwischenergebnis
  • IV. Unrechtsbewusstsein im Internet
  • 1. Anforderungen an das Unrechtsbewusstsein
  • 2. Folgen des fehlenden Unrechtsbewusstseins
  • 3. (Vermeidbare) Verbotsirrtümer bei der Internetkommunikation
  • 4. Unrechtsbewusstsein bei grenzüberschreitenden Straftaten im Internet
  • 5. Zwischenergebnis
  • V. Zusammenfassendes Ergebnis zur Strafbarkeit des Social Media Mobbings
  • E. Strafrechtliche Verantwortlichkeit der Internetprovider
  • I. Die Haftungsregelungen des TMG
  • 1. Verhältnis der allgemeinen strafrechtlichen Haftungsgrundsätze zu den Haftungsbegrenzungsregelungen der §§ 7 ff. TMG
  • 2. Überblick über die Haftungsregelungen der TMG
  • a) Verantwortlichkeit des Content Providers
  • b) Verantwortlichkeit des Host Providers
  • (1) Strafbarkeit des Host Provider wegen Unterlassens der Löschung rechtswidriger Inhalte
  • (2) Positive Kenntnis des Host Providers von rechtswidrigen Inhalten und Zumutbarkeit der Löschung
  • c) Verantwortlichkeit des Network und Access Providers
  • d) Verantwortlichkeit des Cache Providers
  • II. Zwischenergebnis
  • F. Social Media und Strafverfolgung
  • I. Zugriff auf Telekommunikationsdaten in Sozialen Medien
  • 1. Zugriff auf öffentliche Daten
  • 2. Zugriff auf Daten innerhalb bestimmter Nutzergruppen
  • 3. Zugriff auf vertrauliche, nicht öffentliche Nachrichten
  • 4. Zwischenergebnis
  • II. Fahndung 2.0 – Öffentlichkeitsfahndung über Soziale Medien
  • 1. Veröffentlichung von Fahndungsfotos im Internet
  • 2. „Virtueller Pranger“ durch Diskussionsbeiträge anderer Nutzer
  • III. Zusammenfassung und Ausblick
  • G. Rechtsschutzmöglichkeiten im Zivil- und öffentlichen Recht
  • I. Zivilrechtliche Interventionsmöglichkeiten
  • II. Exkurs 1: Verstöße gegen das Gewaltschutzgesetz durch (Cyber-) Stalkinghandlungen
  • III. Exkurs 2: (Cyber-)Mobbing in der arbeitsrechtlichen Praxis
  • 1. Kündigungsrechtliche Fragestellungen
  • 2. Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche
  • 3. Social Media Guidelines im Unternehmen
  • IV. Abwehrmaßnahmen im Öffentlichen Recht
  • 1. Polizeirechtliche Abwehrmaßnahmen
  • 2. Schulrechtliche Maßnahmen gegen Cybermobbing
  • H. Zusammenfassendes Ergebnis und Ausblick
  • Teil 3: Datenschutz und Social Media
  • A. Rechtsvorschriften des deutschen Datenschutzrechts
  • I. Bundesdatenschutzgesetz (BDSG)
  • II. Telemediengesetz (TMG) als Sonderbestimmung für den Online-Bereich
  • B. Adressaten des BDSG und des TMG
  • I. Verantwortliche Stelle nach dem BDSG
  • II. Anbieter von Telemedien nach dem TMG
  • C. Der Begriff der personenbezogenen Daten
  • D. Anwendbarkeit des deutschen Datenschutzrechts
  • I. Sitz der verantwortlichen Stelle innerhalb der EU
  • II. Sitz der verantwortlichen Stelle außerhalb der EU
  • III. Anwendbarkeit deutscher Datenschutzgesetze auf US-Unternehmen
  • E. Zulässigkeit der Datenerhebung, -Verarbeitung und -Nutzung am Beispiel von Social Plugins
  • I. Funktionsweise und technischer Hintergrund von Social Plugins
  • II. Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten am Beispiel des Facebook-Like-Buttons
  • 1. Verantwortliche Stelle
  • 2. Personenbezogene Daten
  • 3. Begriffsbestimmung der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten
  • III. Grundprinzipien des deutschen Datenschutzrechts
  • IV. Gesetzliche Erlaubnistatbestände
  • 1. Erhebung und Verwendung von Bestands- und Nutzungsdaten nach dem TMG
  • a) Zulässigkeit der Erhebung und Verwendung von Bestandsdaten nach § 14 TMG
  • b) Zulässigkeit der Erhebung und Verwendung von Nutzungsdaten nach § 15 Abs. 1 TMG
  • c) Zulässigkeit der Erstellung pseudonymisierter Nutzungsprofile nach § 15 Abs. 3 TMG
  • 2. Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von Inhaltsdaten nach dem BDSG
  • a) Zulässigkeit der Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von Inhaltsdaten nach § 28 BDSG
  • (1) Zulässigkeit nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BDSG
  • (2) Zulässigkeit nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BDSG
  • b) Zulässigkeit der der Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von Inhaltsdaten nach § 29 BDSG
  • V. Einwilligung des Nutzers
  • 1. Elektronische Einwilligung bei Social Media Plattformen
  • a) Einwilligung durch Opt-In
  • b) Einwilligung durch Opt-Out
  • 2. Freiwillige und informierte Einwilligung durch Transparenz
  • a) Kopplungsverbot
  • b) Transparenzgebot
  • 3. Einwilligung in die Datenerhebung und -Verwendung durch Social Plugins
  • F. Zusammenfassendes Ergebnis und kritische Betrachtung der datenschutzrechtlichen Anforderungen de lege lata
  • G. Ausblick – Europäische Datenschutzreform
  • I. Einwilligung nach dem DS-GVO-E
  • II. Recht auf Datenportabilität nach dem DS-GVO-E
  • III. Das Recht auf Vergessenwerden nach dem DS-GVO-E
  • IV. Fazit
  • V. Anmerkung
  • Endergebnis und Ausblick
  • Literaturverzeichnis
  • Reihenübersicht

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Abkürzungsverzeichnis

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Einführung

“From the dawn of civilization until 2003,
humankind generated five exabytes of data.
Now we produce five exabytes every two days…
and the pace is accelerating.”

Eric Schmidt, Google’s executive chairman1

An nur einem Tag erstellen 1,23 Milliarden aktive Facebook Nutzer auf der Online-Plattform 4,7 Milliarden Beiträge, geben 1,6 Milliarden Klicks auf den „Gefällt mir“-Button ab und versenden 10 Milliarden Facebook-Nachrichten.2 Zur gleichen Zeit versendet in den USA ein Internetnutzer auf Twitter einen von rund 500 Millionen Tweets, der am anderen Ende der Welt nahezu in Echtzeit auf einem Smartphone abgerufen und mit anderen Online-Kontakten innerhalb von Sekunden geteilt werden wird. Bei Google wird der Name einer Person als einer von über zwei Billionen jährlichen Suchanfragen eingegeben, den die größte Suchmaschine der Welt aus unzähligen Websites und Dokumenten in kürzester Zeit herausfiltert.3 Bereits morgen dürften diese Zahlen überholt sein.

Weltweit verfügbare und technisch unbegrenzte Informations- und Kommunikationsmöglichkeiten führen seit über zehn Jahren zu einem grundlegenden Wandel des Nutzerverhaltens im World Wide Web und verändern dabei maßgeblich unsere Gesellschaft. Als unersetzlicher Bestandteil des Alltags für Privatpersonen sind Soziale Medien im Internet ebenso wertvoll für Politik, Forschung und Wirtschaft4: Staatsoberhäupter wie Barack Obama oder Angela Merkel nutzen Soziale Netzwerke ← 23 | 24 → wie Facebook für politische Wahlkampagnen; Unternehmen betreiben Werbemaßnahmen präferiert durch die Verbreitung der Inhalte über Multimediaplattformen wie YouTube.5 Sie verwenden, wie auch beispielsweise die sozioökonomische Forschung, digitale Analysewerkzeuge zur tiefgreifenden Erfolgsbewertung der jeweiligen Maßnahme. Die Internetwirtschaft der G-20-Staaten wird laut Boston Consulting Group im Jahr 2016 4,2 Billionen US Dollar umsetzen.6 Dabei dienen die von den Nutzern bereitgestellten Daten der sog. User Generated Content als Grundlage und Kernbestandteil der heutigen und zukünftigen Nutzung des Internets.

A.  Prüfungsgegenstand

Dass die Interaktion auf Social Media Plattformen und User Generated Content von Millionen Internetnutzern nicht nur Vorteile bringen, liegt auf der Hand. Zwischen Selbstinszenierung und Meinungsaustausch bieten interaktive Online-Plattformen auch Raum für Missbrauch vielfältigster Art. Jeder Aspekt des analogen Lebens findet dabei sein Pendant in der virtuellen Welt des Internets: Neben einem guten Ruf im realen Leben gilt es im heutigen Internetzeitalter für viele auch eine Online-Reputation zu wahren. Der sorglose Umgang mit den eigenen privaten Daten im Internet und die Rücksichtslosigkeit im Umgang mit Daten Dritter ruft potentielle Täter auf den Plan, die diese Informationen für ihre eigenen, kriminellen Zwecke nutzen. In einem attraktiven, nützlichen, und einfachen digitalem Alltag stellt sich den Nutzern selten die Frage, wie sich die Anbieter der kostenlosen Social Media Dienste wie Facebook oder Google eigentlich finanzieren. Der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, der persönlichen Freiheit und Ehre einer Person steht mit den Social Media Angeboten im Internet vor einer neuen und großen Herausforderung.

Das Thema „Datenschutz im Internet“ ist wie kein anderes Thema im Fokus der öffentlichen Diskussion. Im Gegensatz dazu ist das Bewusstsein der Nutzer, in Sozialen Medien im Internet Opfer oder sogar Täter von Stalking oder Mobbing zu werden, weniger präsent. Die vorliegende Arbeit soll einen Betrag dazu liefern, beide aktuellen Themengebiete zu konkretisieren und stellt den Versuch dar, die rechtlichen Fragestellungen, die sich hierzu ergeben, zu beantworten. Dabei nimmt die Untersuchung die Phänomene des Social Media Mobbing und Stalking in den Blick. Die rechtliche Bewertung dreht sich um die Fragestellung, wie das missbräuchliche Generieren Ausnutzen der Informationsvielfalt in Sozialen Medien im Internet durch deren Nutzer strafrechtlich zu bewerten ist. Diesbezüglich existiert ← 24 | 25 → bisher wenig Rechtsprechung und juristische Literatur. Auch aufgrund der Ähnlichkeit beider Internetdelikte bietet sich eine Gegenüberstellung und gemeinsame Prüfung an.

Den Risiken, die sich durch strafbares Nutzerverhalten für andere Social Media Nutzer ergeben, stehen die Risiken gegenüber, die der Umgang der Anbieter der erfolgreichen Internetplattformen mit den personenbezogenen Daten ihrer Nutzer mit sich bringt. Den Gefahren für das Recht auf informationelle Selbstbestimmung durch das Sammeln und Auswerten der Nutzerdaten für Persönlichkeitsprofile durch Social Media Anbieter ist der zweite Schwerpunkt der Prüfung gewidmet.

B.  Gang der Untersuchung

Die Untersuchung gliedert sich in drei Teile. Im ersten Teil erläutert die Arbeit die Phänomene Social Media und User Generated Content zunächst in tatsächlicher Hinsicht. Hierzu wird ein Überblick über die Entstehung des sog. Social Web sowie dessen aktuelle Ausprägungen gegeben. Die Ausführungen dienen insbesondere dazu, den Untersuchungsgegenstand des breit gefächerten und schnelllebigen Themas Social Media festzulegen und näher einzugrenzen. Für die anschließende rechtliche Untersuchung wird außerdem die Funktionsweise der gängigen Social Media Anwendungen näher dargestellt. Die gewonnenen Erkenntnisse bilden die Grundlage für die darauffolgende rechtliche Beurteilung in Teil zwei und drei.

Der zweite Teil der Untersuchung widmet sich der Problematik des Social Media Stalkings und Mobbings. Die Untersuchung beginnt mit der Darstellung und Abgrenzung der Phänomene insbesondere hinsichtlich deren Begrifflichkeiten, Erscheinungsformen, Folgen und Auswirkungen. Anschließend wird in rechtlicher Hinsicht zunächst der Frage nach der Anwendbarkeit deutschen Strafrechts bei Straftaten über das Internet nachgegangen. Schwerpunkt der Untersuchung ist sodann die Einordung des Social Media Stalking und Social Media Mobbing unter die Straftatbestände des StGB. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, wann das Verhalten der Internetnutzer die Schwelle von sozialadäquat zur Strafbarkeit übersteigt und ob die aktuelle Gesetzeslage die besondere Qualität der im Internet begangenen Straftaten erfasst. Dabei ergeben sich für Internetstraftaten im Hinblick auf Soziale Medien auch juristische Nebenschauplätze wie die strafrechtliche Haftung der Internetprovider und die Ahndung von Internetstraftaten durch die Strafverfolgungsbehörden. Schließlich wird auch ein Überblick dazu gegeben, welche zivil- und öffentlich-rechtlichen Rechtsschutzmöglichkeiten den Betroffenen neben den strafrechtlichen Sanktionen zur Verfügung stehen.

Der dritte Teil der Untersuchung beschäftigt sich mit dem Thema Datenschutz und Social Media. Während Social Media Stalking und Mobbing das Verhältnis zwischen den Nutzern betrifft, bewegt sich das Thema Datenschutz im Spannungsfeld von Nutzer- und Anbieterinteressen. Angebote wie Facebook oder Google sind derzeit laufend wegen Datenschutzverstößen in den Medien. Dabei stellt sich die Frage: Kann das deutsche bzw. europäische Datenschutzrecht, entstanden in den 80er Jahren als das Internet noch in seinen Kinderschuhen steckte, den Anforderungen ← 25 | 26 → der heutigen Zeit und insbesondere der Zukunft unter dem Schlagwort Big Data gerecht werden? Besteht überhaupt ein Bedürfnis des Internetnutzers auf Schutz seiner freigiebig ins Netz gestellten Daten oder stehen unnötige Gesetze dem technischen Fortschritt, Innovation und wirtschaftlichem Nutzen entgegen? In diesem Zusammenhang werden zunächst die Anwendbarkeit deutscher Datenschutzgesetze und der Begriff der personenbezogenen Daten erörtert. Sodann wird die Zulässigkeit der Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten durch Anbieter Sozialer Medien, insbesondere im Hinblick auf aktuelle datenschutzrechtliche Fragestellungen thematisiert sowie abschließend ein Ausblick auf die geplante europäische Datenschutzreform gegeben.

Die Untersuchung schließt mit einer Zusammenfassung der gewonnenen Ergebnisse.


1 The Huffington Post, am 10.05.2010: “Google CEO Eric Schmidt: People Aren’t Ready For The Technology Revolution.”, abrufbar unter http://www.huffingtonpost.com/2010/08/05/google-ceo-eric-schmidt-p_n_671513.html (zuletzt aufgerufen am 25.07.2015).

2 Siehe hierzu die Angaben des SocialMedia Institute (SMI), abrufbar unter http://socialmedia-institute.com/uebersicht-aktueller-social-media-nutzerzahlen/ (Stand: 27.03.2014) sowie die unternehmenseigenen Angaben von Facebook im August 2013, aufrufbar unter http://fbcdn-dragon-a.akamaihd.net/hphotos-ak-ash3/851560_196423357203561_929747697_n.pdf (Die Webseiten wurden zuletzt aufgerufen am 25.07.2015). Siehe hierzu auch die Ausführungen unter Teil I D 1.

3 Siehe Statistik Portal für die Anzahl der Suchanfragen bei Google von 2000 bis 2014, abrufbar unter http://de.statista.com/statistik/daten/studie/71769/umfrage/anzahl-der-google-suchanfragen-pro-jahr/ (zuletzt aufgerufen am 21.10.2015).

4 Siehe hierzu BITKOM Studie vom 09.05.2012 „Social Media in deutschen Unternehmen“, abrufbar unter https://www.bitkom.org/Bitkom/Publikationen/Studie-Social-Media-in-deutschen-Unternehmen.html (zuletzt aufgerufen am 28.10.2015); hierzu auch Ohly, AfP 2011, 428, (430). Über ¾ der Unternehmen in Deutschland räumen der Meinungsbildung in Sozialen Netzwerken wie Facebook eine wesentliche Bedeutung für ihr eigenes Geschäft ein. Oberwetter, NJW 2011, 417.

5 Süddeutsche Zeitung vom, 04.11.2014: „Wie Facebook Wahlen beeinflusst“, abrufbar unter http://www.sueddeutsche.de/politik/us-kongresswahl-wie-facebook-wahlen-beeinflusst-1.2204996 (zuletzt aufgerufen am 20.07.2015).

6 The Boston Consulting Group, „The Internet Economy in the G-20“, abrufbar unter https://www.bcg.com/documents/file100409.pdf (zuletzt aufgerufen am 28.10.2015).

Details

Seiten
290
Jahr
2017
ISBN (PDF)
9783631722671
ISBN (ePUB)
9783631722688
ISBN (MOBI)
9783631722695
ISBN (Hardcover)
9783631722244
DOI
10.3726/b11125
Open Access
CC-BY-NC-ND
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2019 (April)
Schlagworte
Cyberstalking Nachstellung Datenschutz Datenschutzgrundverordnung Social Plugins Facebook Cybermobbing
Erschienen
Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2017. 290 S.

Biographische Angaben

Sonja Geiring (Autor:in)

Sonja Geiring studierte Rechtswissenschaften an der Universität Erlangen-Nürnberg. Neben ihrer Promotion an der Universität Frankfurt am Main war sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin und als Rechtsanwältin bei internationalen Wirtschaftskanzleien tätig. Die Autorin ist als Syndikusrechtsanwältin für den Bereich Datenschutz bei einem Medienkonzern beschäftigt.

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