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Datenschutz in sozialen Netzwerken in Europa, Deutschland und Chile

Eine rechtsvergleichende Untersuchung zum europäischen, deutschen und chilenischen Recht

von Pablo Palma Calderón (Autor:in)
©2017 Dissertation 230 Seiten
Open Access

Zusammenfassung

Der Autor untersucht, ob geltendes Recht in Europa, Deutschland und Chile personenbezogene Daten in sozialen Netzwerken hinreichend vor Missbrauch schützt. Hierbei widmet er sich vertieft dem Vergleich deutscher und europäischer Regelungen mit der Rechtslage in Chile, zwei sehr unterschiedlichen Rechtsordnungen und technologisch komplizierten Sachverhalten. Der Fokus des Buches liegt auf der Untersuchung des Datenschutzes speziell in sozialen Netzwerken und auf der Beleuchtung der internationalen Dimension dieses Phänomens. So leistet der Autor einen rechtswissenschaftlichen Beitrag mit grenzüberschreitendem Blickwinkel zu dem Thema Datenschutz.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Inhaltsverzeichnis
  • Abbildungsverzeichnis
  • Abkürzungsverzeichnis
  • Erstes Kapitel: Einleitung
  • A. Problemstellung
  • I. Rechtslage
  • II. Rechtspraxis
  • B. Gang der Untersuchung
  • Zweites Kapitel: Soziale Netzwerke
  • A. Begriffsdefinitionen und thematische Eingrenzung
  • I. Soziale Netzwerke
  • II. Soziale Netzwerke im Internet
  • III. Abgrenzungen
  • B. Historische Entwicklung
  • C. Aufbau und Funktionsweise sozialer Netzwerke
  • D. Geschäftsmodell
  • E. Rechtliche Risiken
  • Drittes Kapitel: Schutz personenbezogener Daten: Rechtslage in Europa und Deutschland
  • A. Der nationale und internationale Begriff des Datenschutzes
  • B. Die historische Entwicklung des Datenschutzrechts
  • C. Der internationale Datenschutz und seine Rechtsquellen
  • I. Internationales Recht
  • 1. Vereinte Nationen
  • 2. Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD)
  • 3. Europarat
  • II. Unionsrecht
  • 1. Primärrecht
  • a) EU-Grundrechtecharta
  • b) Art. 16 AEUV
  • 2. Sekundärrecht
  • a) Richtlinie 95/46/EG
  • aa) Sachlicher Anwendungsbereich
  • bb) Räumlicher Anwendungsbereich
  • cc) Allgemeine Grundsätze
  • (1) Erlaubnisvorbehalt
  • (2) Zweckbindung
  • (3) Transparenz
  • (4) Datenqualität und Datenerforderlichkeit
  • (5) Datensicherheit
  • (6) Rechte des Betroffenen
  • (7) Datenschutzkontrolle
  • dd) Selbstregulierung
  • ee) Grenzüberschreitender Datenverkehr
  • b) Richtlinie 2002/58/EG
  • c) Richtlinie 2009/136/EG
  • d) Richtlinie 2006/24/EG
  • e) Datenschutz-Grundverordnung
  • aa) Sachlicher Anwendungsbereich
  • bb) Räumlicher Anwendungsbereich
  • cc) Materielles Recht
  • (1) Erlaubnisvorbehalt
  • (2) Zweckbindung
  • (3) Transparenz
  • (4) Datensparsamkeit, Datenqualität und Datenrichtigkeit
  • (5) Datensicherheit
  • (6) Rechte des Betroffenen
  • (7) Privacy by Design und Privacy by Default
  • (8) Datenschutzkontrolle
  • dd) Selbstregulierung
  • ee) Grenzüberschreitender Datenverkehr
  • III. Zwischenergebnis zum internationalen Datenschutz und seinen Rechtsquellen
  • D. Rechtslage des Datenschutzes in Deutschland
  • I. Verfassungsrechtlicher Rechtsrahmen im Grundgesetz
  • 1. Grundlagen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts
  • 2. Schutzbereiche des allgemeinen Persönlichkeitsrechts
  • a) Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung
  • b) Das Recht am eigenen Bild
  • c) Das Recht auf Integrität und Vertraulichkeit
  • II. Gesetzliche Regelungen
  • 1. Bundesdatenschutzgesetz (BDSG)
  • a) Sachlicher Anwendungsbereich
  • aa) Personenbezogene Daten
  • (1) Anonymisierte Daten
  • (2) Pseudonymisierte Daten
  • bb) Umgang mit personenbezogenen Daten
  • (1) Erheben
  • (2) Verarbeiten
  • (2.1) Speichern
  • (2.2) Verändern
  • (2.3) Übermitteln
  • (2.4) Sperren
  • (2.5) Löschen
  • (3) Nutzen
  • (4) Automatisierte Datenverarbeitung
  • cc) Verantwortliche Stelle
  • b) Räumlicher Anwendungsbereich
  • c) Allgemeine Grundsätze
  • aa) Erlaubnisvorbehalt
  • bb) Zweckbindung
  • cc) Transparenz
  • dd) Datenvermeidung und Datensparsamkeit
  • ee) Datensicherheit
  • ff) Datenschutzkontrolle
  • d) Selbstregulierung
  • e) Grenzüberschreitender Datenverkehr
  • 2. Das Telemediengesetz als bereichsspezifische Regelung
  • a) Anwendungsbereich
  • b) Datenschutzrechtliche Regelungen
  • aa) Grundsätze des Telemediendatenschutzes
  • bb) Gesetzliche Erlaubnistatbestände
  • (1) Bestandsdaten (§ 14 TMG)
  • (2) Nutzungsdaten (§ 15 TMG)
  • cc) Einwilligung als Erlaubnistatbestand
  • dd) Pflichten des Diensteanbieters
  • c) Grenzüberschreitender Datenverkehr
  • III. Zwischenergebnis zur Rechtslage in Deutschland
  • Viertes Kapitel: Datenschutz in sozialen Netzwerken
  • A. Anwendbarkeit des europäischen Datenschutzrechts auf soziale Netzwerke
  • B. Anwendbarkeit des nationalen Datenschutzrechts auf soziale Netzwerke
  • I. Leistungszuordnung sozialer Netzwerke
  • 1. Profilseiten
  • 2. Kontaktlisten
  • 3. Private Nachrichten
  • 4. Öffentliche Nachrichten
  • II. Personenbezogene Daten in sozialen Netzwerken
  • 1. IP-Adressen
  • 2. Cookies
  • III. Datenschutzrechtliche Verantwortlichkeit in sozialen Netzwerken
  • IV. Zulässigkeit der Datenverarbeitung
  • 1. Bestandsdaten
  • 2. Nutzungsdaten
  • 3. Inhaltsdaten
  • 4. Personalisierte Werbung
  • a) Nutzungsprofile
  • b) Einsatz von Cookies zu Werbezwecken
  • aa) Verantwortlichkeit sozialer Netzwerke
  • bb) Einwilligung der Betroffenen
  • (1) Koppelungsverbot
  • (2) Registrierung als konkludente Einwilligung
  • V. Rechtsprechung
  • C. Selbstregulierung für soziale Netzwerke
  • D. Zwischenergebnis zum Datenschutz in sozialen Netzwerken
  • Fünftes Kapitel: Rechtslage des Datenschutzes in Chile
  • A. Verfassungsrechtlicher Rechtsrahmen
  • I. Grundlagen des Persönlichkeitsrechts
  • II. Schutzbereiche des Persönlichkeitsrechts
  • 1. Recht auf Ehre
  • 2. Recht am eigenen Bild
  • 3. Recht auf Privatsphäre
  • III. Rechtsprechung
  • 1. Erste Phase: Datenschutz als nicht verfassungsrechtliche Problematik
  • 2. Zweite Phase: Datenschutz als verfassungsrechtliche Problematik
  • B. Gesetzliche Regelungen
  • I. Bereichsspezifische Regelungen
  • 1. Regierungsdekret Nr. 950
  • 2. Art. 30 Abs. 4 Código Tributario
  • 3. Gesetz Nr. 19.223
  • 4. Gesetz Nr. 19.812
  • 5. Arbeitsgesetz
  • 6. Gesetz Nr. 20.285
  • 7. Durchführungsverordnung zum Gesetz Nr. 19.628
  • II. Gesetz Nr. 19.628
  • 1. Historische Entwicklung
  • 2. Sachlicher Anwendungsbereich
  • a) Personenbezogene Daten
  • aa) Personenbezogene Daten im öffentlichen Bereich
  • bb) Personenbezogene Daten im nicht-öffentlichen Bereich
  • b) Verantwortliche Stelle
  • c) Betroffene Personen
  • d) Umgang mit personenbezogenen Daten
  • 3. Räumlicher Anwendungsbereich
  • 4. Allgemeine Grundsätze
  • a) Erlaubnisgrundsatz
  • b) Einwilligung
  • c) Datenqualität und Datenrichtigkeit
  • d) Zweckbindung
  • e) Vertraulichkeit der Daten
  • f) Datensicherheit
  • g) Rechte des Betroffenen
  • aa) Recht auf Information über die Datenerhebung
  • bb) Recht auf Auskunft
  • cc) Recht auf Richtigstellung
  • dd) Recht auf Streichung oder Löschung der Daten
  • ee) Recht auf Sperrung
  • ff) Recht auf Kenntnis der Datenweitergabe
  • gg) Recht auf Widerspruch
  • hh) Recht auf Schadensersatz
  • ii) Habeas Data
  • 5. Rechtsprechung
  • III. Im Legislaturprozess befindliche Gesetzentwürfe zur Verbesserung des aktuellen Datenschutzrechts
  • C. Selbstregulierung
  • D. Zwischenergebnis zur Rechtslage in Chile
  • Sechstes Kapitel: Verbesserungsvorschläge
  • Siebtes Kapitel: Ergebnisse
  • Literaturverzeichnis

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Abbildungsverzeichnis

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Abkürzungsverzeichnis

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Erstes Kapitel: Einleitung

Aus juristischer Sicht ist in den letzten Jahren vornehmlich die Frage des Schutzes persönlicher Daten im Internet in die Diskussion geraten. Dies ist primär in der veränderten Nutzung des Internets im Zeitalter des Web 2.01 durch innovative Technologien und Möglichkeiten der Vernetzung zu begründen. Der Nutzer verändert sich von einem passiven Konsument zu einem aktiven Prosument, d.h., er nimmt aktiv bei der Gestaltung und Bearbeitung von Inhalten im Internet teil (sog. „User-Generated-Content“).2 Soziale Netzwerke dienen dem Nutzer dabei als Plattform, sich durch Darstellung der eigenen Online-Persönlichkeit interaktiv an der Gestaltung des Internets zu beteiligen und mit anderen Nutzern zu interagieren.3 Weltweit nehmen immer mehr Menschen die Dienste sozialer Netzwerke in Anspruch4 und offenbaren zahlreiche Daten, teilweise auch sehr persönliche, über sich selbst und über Dritte, mit und ohne Zutun der jeweils Betroffenen.5 Mit der steigenden Preisgabe solcher Daten steigt auch das Risiko der Nutzer, sowohl sich selbst zu gefährden als auch der unrechtmäßigen Nutzung und dem Missbrauch seiner Daten ausgeliefert zu sein.

Bei der Betrachtung des Datenschutzes persönlicher Daten in sozialen Netzwerken bieten sich die deutschen und europäischen Datenschutzgesetze als exemplarisch an, da sie weltweit als die strengsten gelten.6 Diese sollen in der vorliegenden Arbeit betrachtet und analysiert werden. Darüber hinaus werden Verbesserungsvorschläge auf dem Wege der Rechtsvergleichung entwickelt.

A.  Problemstellung

Soziale Netzwerke gewinnen im Internet immer stärker an Bedeutung, sowohl im europäischen als auch im außereuropäischen Raum. Millionen von Menschen – und auch Unternehmen7 – nutzen soziale Netzwerke als Möglichkeit für den Austausch ← 1 | 2 → jeglicher Art von Informationen.8 Sie haben das Kommunikationsverhalten weltweit revolutioniert, gehören mittlerweile zum festen Bestandteil der Kommunikation und dies generationen- und gesellschaftsschichtenunabhängig.9 Dies zeigt auch eine gemeinsame Studie der University of Miami mit der University of Pennsylvania mit dem Titel „Facebook Therapy – Why Do People Share Self-Relevant Content Online?“, in der festgestellt wurde, dass der Austausch via Internet als vollständige Form der Kommunikation angesehen werden muss und zu ähnlichen Reaktionen führt wie die Kommunikation im realen Leben.10 Soziale Beziehungen und Strukturen werden immer häufiger über das Internet aufgebaut und abgewickelt. Durch die Nutzung sozialer Netzwerke verändert sich das Bild von Privatsphäre und Öffentlichkeit.11 Die Eigeninszenierung durch Präsentation und Zurschaustellung im Internet scheint für die Nutzer einen höheren Stellenwert zu haben als ihre Privatsphäre. Zumindest zeugt dieses Verhalten von einem veränderten Empfinden der Einstellung zur Privatsphäre in der Gesellschaft.12

Menschen geben in sozialen Netzwerken massenweise persönliche Informationen über sich und Dritte preis und hinterlassen damit Datenspuren, die gleichzeitig datentechnisch erfassbar sind.13 Diese neue Form der Kommunikation und Interaktion über alle Grenzen hinweg trägt zu einem ständig größer werdenden Datenvolumen persönlicher Daten bei, damit einhergehend einer unkontrollierten und unrechtmäßigen Nutzung und Missbrauch dieser Daten, wodurch ein Gefahrenpotential wächst.14

Eine der Gefahrenquellen ist der Umgang mit Daten von Anbietern sozialer Netzwerke, welche sich durch die intransparente Verwendung der Nutzerdaten ergeben kann. So besteht ein Risiko bei der Datensammlung, Datenauswertung und Zusammenführung von Daten zu sog. Nutzerprofilen, die an Dritte verkauft oder vom Anbieter selbst genutzt werden.15 Bei Dritten kann es sich um Werbetreibende handeln, die ein Interesse an Nutzerdaten zur Schaltung personalisierter Werbung haben, oder auch um andere Institutionen wie beispielsweise Geheimdienste, die ← 2 | 3 → Nutzerdaten im Rahmen von Überwachungstätigkeiten weltweiter Kommunikationsvorgänge verarbeiten.16

Die hauptsächliche und damit größte Gefahr aber geht vom Nutzer selbst und seinem Familien- und Freundeskreis durch die Preisgabe von privaten Informationen aus. Die Folgen der Preisgabe zahlreicher Informationen und die genaue Datenverwendung sind den meisten Nutzern dabei nicht bekannt bzw. sie sind ihnen gleichgültig.17 So können Daten, die in einem sozialen Netzwerk veröffentlicht wurden, auch an anderer Stelle im Internet wieder erscheinen, ohne dass die betroffene Person darin eingewilligt oder die Daten sogar von der ursprünglichen Seite gelöscht hat.18 Nutzer unterschätzen zudem die Gefahr der sog. Entkontextualisierung der veröffentlichten persönlichen Daten, d.h., dass persönliche Informationen ungewollt in einem anderen Kontext verwendet werden können. So kann bspw. das Heranziehen eines unvorteilhaften Fotos einer Person von einer privaten Feier im Rahmen einer Jobbewerbung negative Folgen für diese Person haben.19 Auch Belästigungen, Bedrohungen oder Beleidigungen von Personen sowie die Verbreitung falscher Informationen oder unerwünschter Verlinkung von privaten Fotos bzw. Videos stellen eine Gefahr dar. Sind solche persönlichkeitsrechtsverletzenden Inhalte einmal veröffentlicht, ist es für die betroffene Person sehr schwierig, diese Inhalte zu beeinflussen bzw. zu kontrollieren.20

Vom rechtlichen Standpunkt her muss man betonen, dass durch die Nutzung sozialer Netzwerke die Persönlichkeitsrechte der Nutzer gravierend beeinträchtigt werden können. Gesetzgeber, Datenschutzbehörden, Anbieter und Nutzer sozialer Netzwerke sind daher mit einer noch nie zuvor dagewesenen Situation konfrontiert, mit der Herausforderung, den Schutz der Privatsphäre auf der einen und die im Zuge der globalen Vernetzung rasante technische und soziale Entwicklung im Internet auf der anderen Seite, vor allem in sozialen Netzwerken, miteinander zu vereinen. Das Thema Datenschutz gehört zu den am meisten diskutierten, zugleich aber zu den am wenigsten nachvollziehbaren rechtlichen Aspekten der sozialen Netzwerke. Die Gründe dafür liegen zum einen im unterschiedlichen juristischen Verständnis von Datenschutz in Deutschland, Europa und außereuropäischen Ländern wie bspw. Chile und zum anderen in der rasanten technischen und sozialen Entwicklung, mit ← 3 | 4 → der die Gesetze nicht Schritt halten können und bewährte Prinzipien und Mechanismen nutzlos werden.21

I.  Rechtslage

Durch die Nutzung sozialer Netzwerke und die Preisgabe zahlreicher privater Informationen der Nutzer über sich selbst und Dritte können die Persönlichkeitsrechte des Einzelnen beeinträchtigt werden. In Deutschland ist dabei das grundrechtlich geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG, vor allem in seiner Ausprägung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung, betroffen. Konkretisierungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts finden sich aufgrund der Verteilung der Gesetzgebungskompetenz zwischen Bund und Ländern in einer undurchsichtigen nebeneinander stehenden Vielzahl unterschiedlicher einfachgesetzlicher Regelungen.22 Wesentliches Gesetz im Rahmen des Datenschutzes ist das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG)23. Bereichsspezifische Regelungen, darunter das für soziale Netzwerke besonders wichtige Feld der Telemedien, wie etwa im Telemediengesetz (TMG)24, gelten vorrangig und verdrängen das BDSG als lex specialis25.26 Das BDSG regelt den Datenschutz nach dem Verbotsprinzip, welches besagt, dass eine Verarbeitung personenbezogener Daten nur zulässig ist, wenn der Betroffene eingewilligt hat oder ein Gesetz die Datenverarbeitung erlaubt.27 Das deutsche Datenschutzrecht gilt nur für Datenverarbeitungen, die in Deutschland stattfinden.28

Innerhalb der Europäischen Union regelt die Datenschutzrichtlinie 95/46/EG die Rechte des Einzelnen bzw. seiner persönlichen Daten im Internet und wird durch weitere Richtlinien ergänzt.29 In Europa gilt das Datenschutzrecht des Staates, in welchem die datenverarbeitende Stelle ihren Sitz hat. Somit ist auch die Datenweitergabe innerhalb der Europäischen Union i.d.R. unproblematisch.30

Grenzüberschreitende Fälle im Datenschutzrecht gestalten sich hingegen problematisch, da kein internationales Datenschutzrecht existiert, das normiert, welches ← 4 | 5 → nationale Datenschutzrecht auf einen grenzüberschreitenden Fall anzuwenden ist.31 Aufgrund der weltweiten Verfügbarkeit sozialer Netzwerke kommt es hierbei immer wieder zu Rechtsunsicherheiten sowohl für die Anbieter als auch die Nutzer.

Gemessen an dem Ziel der Verwirklichung des Grundrechts der informationellen Selbstbestimmung ist im Zeitalter des grenzüberschreitenden Mediums Internet diese Abgrenzung nicht mehr hinreichend. So etwa, wenn personenbezogene Daten von Nutzern sozialer Netzwerke in Deutschland auf US-amerikanischen Servern verarbeitet werden, da diese in den USA entwickelt wurden und von dort ansässigen Unternehmen angeboten werden.32

Bis heute bleiben die gesetzlichen Regelungen hinter den technischen Anforderungen zurück. In Deutschland ist das Thema Datenschutz vorrangig dem Bereich der Innenpolitik zugeordnet. Daneben beschäftigen sich aber auch Justiz-, Wirtschafts- und Verbraucherschutzpolitiker mit Gesetzen und Initiativen zu diesem Thema.33

Die EU-Kommissarin Viviane Reding rief erst im April 2014 die deutsche Regierung dazu auf, die Tatsache, dass in Deutschland der Datenschutzbeauftragte der Bundesregierung dem Innenministerium unterstellt ist, zu ändern, um die Unabhängigkeit des Datenschutzbeauftragten zu stärken.34 Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel sieht im Bereich des Datenschutzrechts Nachholbedarf, was aus einem Interview vom 15. Februar 2014 hervorgeht.35 Dort spricht sie sich für ein einheitlich europäisches Datenschutzrecht aus, betont jedoch, dass dabei das deutsche Datenschutzrecht nicht aufgeweicht werden darf.

Auf europäischer Ebene soll mit der geplanten Datenschutz-Grundverordnung ein stabiler, zusammenhängender und umfassender Datenschutzrechtsrahmen als ← 5 | 6 → Vertrauensbasis für einen funktionierenden und weiter wachsenden Binnenmarkt geschaffen werden.36 Das Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung würde nicht nur das europäische Datenschutzrecht gravierend verändern, sondern auch weite Teile des deutschen Datenschutzrechts.

Details

Seiten
230
Jahr
2017
ISBN (PDF)
9783631725795
ISBN (ePUB)
9783631725801
ISBN (MOBI)
9783631725818
ISBN (Paperback)
9783631725528
DOI
10.3726/b11293
Open Access
CC-BY-NC-ND
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2017 (Mai)
Schlagworte
Datenschutz Chile Internationaler Datenschutz Rechtsvergleich Datenschutz Datenschutz soziale Netzwerke Datenmissbrauch Chilenisches Recht
Erschienen
Frankfurt am Main, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2017. XX, 230 S., 3 Abb.

Biographische Angaben

Pablo Palma Calderón (Autor:in)

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Titel: Datenschutz in sozialen Netzwerken in Europa, Deutschland und Chile
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