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Joachim Haupt (1900-1989) Vom Aufstieg eines NS-Studentenfunktionärs und Sturz des Inspekteurs der Nationalpolitischen Erziehungsanstalten

Eine biographische Studie

von Christoph Sperling (Autor:in)
©2018 Dissertation 182 Seiten
Reihe: Rechtshistorische Reihe, Band 478

Zusammenfassung

Joachim Haupt war ein radikaler Nationalsozialist der ersten Stunde. Er gilt zu Recht als führender und einflussreichster NS-Studentenfunktionär im norddeutschen Raum der 1920er Jahre. Haupt ist einer der zentralen Akteure im Reichserziehungsministerium auf den auch das Konzept der Nationalpolitischen Erziehungsanstalten zurückgeht. Seine Karriere ist vor allem geprägt durch die vielfachen innerparteilichen Machtkämpfe, in denen er sowohl als Opfer, aber auch als Täter auftrat. Im Alter von 21 Jahren bezeichnete Haupt sich als Revolutionär, unwissend, dass er mit 35 Jahren eben jener Revolution zum Opfer fallen sollte, deren Verwirklichung er in voller Überzeugung den Großteil seines Lebens gewidmet hatte.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autoren-/Herausgeberangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Vorwort
  • Inhaltsübersicht
  • Inhaltsverzeichnis
  • Abkürzungsverzeichnis
  • A) Einführung
  • B) Herkunft, Elternhaus und Jugend
  • I.) Jugend und Schulbildung
  • II.) Freikorpszeit
  • C) Beruflicher Werdegang
  • I.) Studium
  • 1.) Kiel und Frankfurt am Main
  • 2.) Greifswald
  • a) Anfängliche Agitation in Greifswald
  • b) Völkisch oder national?
  • c) Konflikt in Pommern
  • 3.) Kiel
  • a) Die Kieler Studentenschaft
  • b) Der Nationalsozialistische Deutsche Studentenbund
  • c) Agitation in Kiel
  • II.) Schuldienst
  • 1.) Referendariat und Promotion
  • 2.) Lehrtätigkeit
  • III.) Übergangszeit nach der Entlassung aus dem Staatsdienst
  • 1.) Schriftleitung der „Niedersächsischen Tageszeitung“
  • 2.) Referent der NSDAP und Mitglied im Preußischen Landtag
  • IV.) Ministerium
  • 1.) Leiter der Universitätsabteilung
  • 2.) Inspekteur der Nationalpolitischen Erziehungsanstalten
  • a) Konzept der Nationalpolitischen Erziehungsanstalten
  • b) Anstaltsalltag an der NPEA Plön
  • 3.) Netzwerke und Seilschaften in PMWKV und REM
  • a) Haupts Freundschaft zu Sunkel
  • b) Seilschaft ehemaliger Freyer-Schüler?
  • c) Verbindungen zu weiteren Ministerialbeamten
  • 4.) Universitäts-Gesellschaft
  • V.) Entlassung und Parteiprozess
  • 1.) Festnahme und Vernehmung
  • a) Haupts Verbindungen zu Schülern
  • b) Anonyme Anzeigen gegen Haupt und Abschlussbefragung
  • 2.) Verteidigungsschrift Haupts
  • 3.) Strafprozess und Exkurs zur Widernatürlichen Unzucht
  • a) Entwicklung des § 175 RStGB im 19. Jahrhundert
  • b) Novellierungsprozess ab 1933
  • c) Einordnung des Verhaltens Haupts
  • 4.) Parteiausschlussverfahren
  • a) Anzweiflung der Parteimitgliedschaft
  • b) Position in der Obersten SA-Führung
  • c) Beschluss des NSDAP-Gaugerichts Groß-Berlin
  • d) Beschwerde gegen den Parteiausschluss
  • 5.) Motive und Profiteure der Ausschaltung Haupts
  • D) Haupts Kriegsjahre und Nachkriegszeit
  • I.) Kriegsdienst
  • II.) Internierung und Entnazifizierung
  • III.) Wiedereintritt in den Schuldienst
  • E) Zusammenfassung der Ergebnisse
  • Quellen- und Literaturverzeichnis
  • Reihenübersicht

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Abkürzungsverzeichnis

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A)Einführung

Der Begriff der „Kieler Schule“ steht heute für die Kronjuristen des Nationalsozialismus und die tragende Rolle, die die Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät in Kiel für die Entwicklung nationalsozialistischen Rechts innehatte. Die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, eine der mittelgroßen Preußischen Hochschulen, wurde als eine von drei „Grenzlanduniversitäten“ auserkoren eine juristische „Stoßtruppfakultät“ zu errichten, von der aus die nationalsozialistische Rechtserneuerung noch über das Dritte Reich hinaus ausstrahlen sollte. Mit der Machtübernahme im Jahre 1933 wurde das gesamte Deutsche Reich innerhalb kürzester Zeit gleichgeschaltet. Ganze Systeme und Hierarchien der öffentlichen Verwaltung wurden mitsamt der mit ihnen verbundenen Personalien umgewandelt oder in Gänze ausgetauscht, um den Staat nach dem Führerprinzip auszurichten.

Die Kieler Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät wurde durch den Prozess der Gleichschaltung mit, für den universitären Bereich, beispielloser Härte getroffen. Beinahe sämtliche Ordinarien wurden vorzeitig emeritiert, zwangsversetzt oder auf anderem Wege gezwungen ihre Professuren aufzugeben und durch eine Gruppe junger Dozenten, allesamt Vertreter nationalsozialistischen Rechtsdenkens, ersetzt. Der Einfluss des NS-Regimes und der eigentliche Charakter als auch die Ausprägung der Umstrukturierung Kieler Fakultät sind heute bereits weitgehend rechtshistorisch aufgearbeitet.1 Weniger erforscht ist bisher indes der Einfluss, den die verschiedenen Studentenströmungen der 1920er Jahre auf das Fakultätsprofil ausübten und wie auch sie die „Kieler Schule“ prägten, galten doch gerade auch die Kieler Studierenden als treibende Kraft der Nazifizierung der Universität.2 Insbesondere den Mitgliedern des Nationalsozialistischen ← 13 | 14 → Deutschen Studentenbundes (NSDStB), einer intellektuellen Randgruppe im Gefüge der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP), deren Kieler Hochschulgruppe Joachim Haupt über Jahre vorstand, wird eine tragende Rolle zugesprochen.3

Joachim Haupt gilt als einer der einflussreichsten NS-Studentenfunktionäre und vermutlich der führende junge Nationalsozialist im Norddeutschland der 1920er Jahre. Vor diesem Hintergrund gilt es im Zuge der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit der Biographie Joachim Haupts insbesondere zu untersuchen, inwiefern er als Repräsentant des NSDStB Einfluss auf den Prozess der Bildung der „Kieler Schule“ ausübte und ob er und der NSDStB in ein System zur organisierten Vertreibung Kieler Rechtsgelehrter eingebunden waren.

Der Prozess der Säuberung der Hochschulen im nationalsozialistischen Sinne wurde nach der Machtübernahme zunächst durch das Preußische Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung (PMWKV) und dann ab 1934 vor allem durch das Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung, kurz Reichserziehungsministerium (REM), orchestriert. Beide Ministerien standen unter der Leitung des Ministers Bernhard Rust. Die hier greifenden Mechanismen sind in der Literatur ebenfalls überwiegend bekannt.4 Haupt stieß im Jahre 1933 als Teil einer Gruppe junger Ministerialbeamter zum PMWKV und war für kurze Zeit Leiter der Universitätsabteilung, in der die Verfahren der Hochschulbeamten nach dem Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums durchgeführt wurden. Es gilt ferner also zu überprüfen, inwiefern Haupt als Ministerialbeamter des PMWKV und des REM Einfluss auf die Geschicke der Dozenten der Kieler Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät nahm.

Leben und Wirken Haupts werden in dieser Arbeit chronologisch dargestellt. Eine Trennung der einzelnen Lebensabschnitte und der von ihm veröffentlichten Werke kommt dabei nicht in Frage, waren Haupts Werk und Wirken doch allzu oft durch die Zeit- und seine Lebensumstände bedingt und beeinflusst. ← 14 | 15 →

Erste Hinweise zur Biographie Haupts lassen sich dem von Michael Grüttner verfassten Biographischen Lexikon zur nationalsozialistischen Wissenschaftspolitik sowie einem biographischen Aufsatz aus der Feder Alfred Heggens entnehmen.5 Weitere, vom Verfasser dieser Arbeit durchgeführte Recherchen brachten zudem umfangreiches unveröffentlichtes Quellen- und Archivmaterial zu Tage. Insbesondere Besuche des Bundesarchivs in Berlin-Lichterfelde (BArch) und des Geheimen Staatsarchivs Preußischer Kulturbesitz in Berlin Dahlem (GStA PK) sowie des Schleswig-Holsteinischen Landesarchivs in Schleswig (LASH) erwiesen sich als fruchtbar. Ebenfalls äußerst wertvoll waren die Bestände des Schularchivs des Schlossgymnasiums Plön (AGSP). Ferner vermochte das Archiv der Universität Leipzig (UAL) mit den Verfahrensakten zu Haupts Promotion Licht auf dessen weiteren akademischen Werdegang zu werfen. Zu Haupts späterer Verwendung als Lehrer in Kiel konnten des Weiteren Aussagen zweier Zeitzeugen, jeweils an einer historischen Aufarbeitung interessierte Schüler Haupts aus den 1960er Jahren, zu Grunde gelegt werden.


1 Eckert, Die Juristische Fakultät im Nationalsozialismus; ders., „Hinter den Kulissen“. Die Kieler Rechtswissenschaftliche Fakultät im Nationalsozialismus; ders., Was war die Kieler Schule?; Meyer-Pritzl, Die Kieler Rechts- und Staatswissenschaften. Eine Stoßtruppfakultät; Müller, Furchtbare Juristen: Die unbewältigte Vergangenheit unserer Justiz, Rüthers, Entartetes Recht. Rechtslehren und Kronjuristen im Dritten Reich; Wiener, Kieler Fakultät und „Kieler Schule“ Die Rechtslehrer an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät zu Kiel.

2 Wieben, Studenten der Christian-Albrechts-Universität im Dritten Reich. Zum Verhaltensmuster der Studenten in den ersten Herrschaftsjahren des Nationalsozialismus. Siehe dazu demnächst die Dissertation von Martin Göllnitz zu den Studierendenfunktionären der Universität Kiel zwischen 1927 und 1945: Göllnitz, Der Student als Führer? Handlungsmöglichkeiten eines jungakademischen Funktionärskorps am Beispiel der Universität Kiel (1927–1945).

3 Faust, Der Nationalsozialistische Deutsche Studentenbund. Studenten und Nationalsozialismus in der Weimarer Republik; Kater, Der NS-Studentenbund von 1926–1928; ders., Studentenschaft und Rechtsradikalismus in Deutschland 1918–1933.

4 Jasch, Das preußische Kultusministerium und die „Ausschaltung“ von „nichtarischen“ und politisch mißliebigen Professoren an der Berliner Universität in den Jahren 1933 bis 1934 aufgrund des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 7. April 1933.

5 Grüttner, Biographisches Lexikon zur nationalsozialistischen Wissenschaftspolitik; Heggen, Joachim Haupt (1900–1989). Ein früher NSDAP-Aktivist in Schleswig-Holstein.

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Details

Seiten
182
Jahr
2018
ISBN (PDF)
9783631771266
ISBN (ePUB)
9783631771273
ISBN (MOBI)
9783631771280
ISBN (Hardcover)
9783631771136
DOI
10.3726/b14802
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2018 (Dezember)
Erschienen
Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2018. 176 S.

Biographische Angaben

Christoph Sperling (Autor:in)

Christoph Sperling, geboren am 16. August 1988 in Bremervörde. Schulzeit von 1995 bis zum Abitur 2008. Soldat bis 2009. Im Anschluss Studium der Rechtswissenschaften an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Erstes Staatsexamen 2014. Ab dem 01. Juni 2017 Rechtsreferendar im Landgerichtsbezirk Kiel. Promotion an der Christian-Albrechts-Universität am 13. März 2018.

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