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Mensch, Analogie und Trinität

Eine Untersuchung des analogen Denkens in der Trinitätslehre von Augustinus, Richard von St. Viktor und Gisbert Greshake

von Fidelis Den (Autor:in)
©2019 Dissertation 246 Seiten

Zusammenfassung

«Der Mensch ist in seiner Ganzheit eine Analogie der Trinität». Diese Hauptthese der Studie ist das Ergebnis der Auseinandersetzung mit der Trinitätslehre von Augustinus, Richard von St. Viktor und Gisbert Greshake. Das Ziel der Untersuchung ist nicht nur eine Rekonstruktion und Darstellung des Menschenverständnisses, des analogen Denkens und der Trinitätslehre dieser Theologen, sondern sie soll auch die These des Autors argumentativ bestätigen, dass der Mensch in seiner Ganzheit eine Analogie für die göttliche Trinität ist.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autoren-/Herausgeberangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Inhaltsverzeichnis
  • Vorwort
  • Einleitung
  • 1 Analogie als die geeignete Rede von Gott
  • 2 Problemstellung der Arbeit
  • 3 Die Struktur der Arbeit
  • Erster Teil: Die menschliche Triade und die göttliche Trinität in „De Trinitate“ des Heiligen Augustinus; ein analoges Denken: von der Selbsterkenntnis zur Gotteserkenntnis
  • 1 Einführung
  • 2 Die triadische Struktur des menschlichen Geistes
  • 2.1 Geist, Liebe und Erkenntnis (mens-amor-notitia) als Dreiheit
  • 2.1.1 Geist
  • 2.1.1.1 Geist oder Seele
  • 2.1.1.2 Der Geist (mens) und seine Selbsterkenntnis
  • 2.1.1.3 Der Geist (mens) und seine triadische Tätigkeit
  • 2.1.2 Liebe
  • 2.1.2.1 Liebe und Selbstliebe
  • 2.1.2.2 Triadische Struktur der Liebe und Selbstliebe
  • 2.1.3 Kenntnis und Selbsterkenntnis
  • 2.1.4 Die Einheit der Dreiheit von Geist, Liebe und Kenntnis (mens-amor-notitia)
  • 2.1.5 Fazit
  • 2.2 Gedächtnis, Einsicht und Wille (memoria-intelligentia-voluntas) als Einheit
  • 2.2.1 Gedächtnis
  • 2.2.1.1 Was ist Gedächtnis?
  • 2.2.1.1.1 Gedächtnis als Aufbewahrungsort
  • 2.2.1.1.2 Gedächtnis als Ort der Vergegenwärtigung
  • 2.2.1.1.3 Gedächtnis als die Quelle des Wissens
  • 2.2.1.1.4 Gedächtnis als Gottes Heiligtum
  • 2.2.1.2 Erinnerung als Inhalt des Gedächtnisses
  • 2.2.2 Einsicht (intelligentia)
  • 2.2.3 Wille (voluntas)
  • 2.3 Das Ich an der Stelle der Dreiheit
  • 2.4 Dreiheit in einer Person und Einheit in drei Personen
  • 2.4.1 Gott als Person bezeichnet
  • 2.4.2 Unterschiedlichkeit besteht in Dreiheit in einer Person und Einheit in drei Personen
  • 2.5 Übergangsfazit
  • 3 Göttliche Trinität als Gegenstand des Glaubens
  • 3.1 Der christliche Gott ist Trinität
  • 3.1.1 Die Gleichheit der Personen in der Trinität
  • 3.1.2 Der trinitarische Gott als eine Substanz (substantia) und ein Wesen (essentia)
  • 3.1.3 Die Verschiedenheit der Personen in der Trinität
  • 3.2 Das Verhältnis der Personen innerhalb der Trinität verweist auf den Relationsbegriff
  • 3.2.1 Gezeugtsein und Ungezeugtsein als Grund der Wesensverschiedenheit zwischen Vater und Sohn nach arianischer Überzeugung
  • 3.2.2 Gezeugtsein und Ungezeugtsein ist eine Beziehungsaussage nach augustinischer bzw. christlicher Überzeugung
  • 3.3 Übergangsfazit
  • 4 Das analoge Denken: von der menschlichen Triade zur göttlichen Trinität, von Selbsterkenntnis zu Gotteserkenntnis
  • 4.1 Geist (mens), Erkenntnis (notitia) und Liebe (amor) als erste Analogie für die göttliche Trinität
  • 4.1.1 Selbstbezug und Bezogenheit der menschlichen Elemente aufeinander als Analogie der göttlichen Trinität
  • 4.1.2 Der Charakter jedes menschlichen Elementes als Analogie für jede göttliche Person
  • 4.1.2.1 Geist (mens) als Analogie für den Gott-Vater
  • 4.1.2.2 Kenntnis als Analogie für den Gott-Sohn
  • 4.1.2.3 Liebe als Analogie für den Heiligen Geist
  • 4.1.3 Der trinitarische Gott als Bedingung der Möglichkeit
  • 4.1.4 Der Mensch ist Gottesbild
  • 4.2 Gedächtnis, Einsicht und Wille als zweite Analogie für die göttliche Trinität
  • 4.2.1 Gedächtnis, Einsicht und Wille als Analogie für den Vater, Sohn und Heiligen Geist
  • 4.2.2 Jedes Element der menschlichen Dreiheit ist aber auch Analogie für jede göttliche Person
  • 5 Zusammenfassung
  • Zweiter Teil: Die Liebe als Analogie der Trinität in der Trinitätslehre nach Richard von St. Viktor
  • 1 Einführung
  • 2 Der Mensch mit seiner Besonderheit im Personstatus, als Gottesbild und als liebendes Wesen
  • 2.1 Der Mensch als Substanz und Person
  • 2.1.1 Substanz und Substantialität als allgemeine Attribute für alle Lebewesen
  • 2.1.2 Person als spezielle Bezeichnung für den Menschen
  • 2.1.2.1 Die Existenz der Person
  • 2.1.2.2 Existenz als Person
  • 2.2 Der Mensch als Gottesbild
  • 2.3 Der Mensch als liebendes Wesen
  • 3 Die göttliche Trinität aufgrund der Liebe
  • 3.1 Der Gottesbegriff und seine Eigenschaften
  • 3.1.1 Zum Gottesbegriff
  • 3.1.2 Die Eigenschaften Gottes
  • 3.1.2.1 Die Allmacht Gottes
  • 3.1.2.2 Gottes Ewigkeit und Unendlichkeit.
  • 3.1.2.3 Gottes Unermesslichkeit
  • 3.2 Gott wird als Substanz und Person bezeichnet
  • 3.2.1 Gott als Substanz
  • 3.2.2 Gott als Person
  • 3.2.2.1 Der Begriff Person für Gott
  • 3.2.2.2 Gott in drei Personen
  • 3.2.2.2.1 Die Gleichheit der Personen
  • 3.2.2.2.1.1 Das Gleichheitsverständnis in der Trinität.
  • 3.2.2.2.1.2 Vollkommene Liebe als Grund der Gleichheit der Personen
  • 3.2.2.2.2 Die Verschiedenheit der Personen
  • 3.2.2.2.2.1 Unterscheidung nach Hervorgehen und Hervorbringung
  • 3.2.2.2.2.2 Unterscheidung nach Geben und Empfangen
  • 3.2.2.2.2.3 Unterscheidung nach dem Wesen der Liebe
  • 3.3 Fazit: Der christliche Gott ist Trinität
  • 4 Die Liebe als Analogie für die göttliche Trinität
  • 4.1 Das Analogieverständnis bei Richard von St. Viktor
  • 4.2 Die zwischenmenschliche Liebe und ihre Stufen
  • 4.2.1 Das Grundverständnis der zwischenmenschlichen Liebe
  • 4.2.2 Die Stufen der menschliche Liebe
  • 4.2.2.1 Der biblische Grund der Stufen der Liebe
  • 4.2.2.2 Die Stufen der zwischenmenschliche Liebe
  • 4.3 Die Liebe zu Gott und ihre Stufen
  • 4.3.1 Die Liebe zu Gott als geistliches Verlangen
  • 4.3.2 Die Stufen der Liebe zu Gott
  • 4.4 Der Unterschied zwischen menschlicher Liebe und Liebe zu Gott
  • 4.5 Die Vollendung der menschlichen Liebe
  • 4.6 Die Liebe mit ihrem trinitarischen Charakter als Analogie für die Trinität
  • 4.6.1 Die Grundstruktur der Liebe als Analogie der Trinität
  • 4.6.2 Die Ähnlichkeit in der Vollendung der Liebe
  • 4.6.3 Trinität aufgrund der Liebe
  • 4.7 Fazit
  • 5 Zusammenfassung
  • Dritter Teil: Communio caritatis als Analogie der Trinität in der Trinitätslehre von Gisbert Greshake
  • 1 Einführung
  • 2 Der Mensch als Zugangsverständnis zur göttlichen Gemeinschaft (communio)
  • 2.1 Der Mensch als Person und Abbild der Trinität
  • 2.1.1 Der Begriff der Person
  • 2.1.1.1 Der Selbst-Stand der Person
  • 2.1.1.2 Der einmalige Charakter der Person
  • 2.1.1.3 Der Wille Gottes und die Würde der Person
  • 2.1.1.4 Der geistige Vollzug der Person
  • 2.1.2 Personsein als Abbild der göttlichen Communio
  • 2.1.3 Die biblische Aussage über den Menschen als Abbild Gottes
  • 2.1.3.1 Bild- und Urbild-Verständnis
  • 2.1.3.2 Die biblische Überzeugung von der Identität des Menschen als Abbild der göttlichen Trinität
  • 2.1.3.2.1 Abbild als Ebenbildlichkeit Gottes
  • 2.1.3.2.2 Abbild Gottes als Grund des liebevollen Umgangs des Menschen mit der Welt
  • 2.1.3.2.3 Abbild Gottes für die anderen
  • 2.1.3.2.4 Christus als vollkommenes Abbild Gottes und Ziel der Schöpfung
  • 2.2 Der Mensch als leibliches Wesen
  • 2.3 Kurzfassung
  • 3 Die göttliche Trinität als Communio
  • 3.1 Trinität als Einheit und Vielheit
  • 3.1.1 Vielheit als Einheit der Dreiheit
  • 3.1.2 Göttliche Vielheit als Grund von Vielheit und Einheit in der Schöpfung
  • 3.1.2.1 Schöpfung als Ergebnis der Tätigkeit Gottes und ihr gegenseitiges In-einander-sein
  • 3.1.2.2 Die Vielheit Gottes als Fundament der Einheit und Vielheit in der Schöpfung
  • 3.1.3 Übergangsfazit
  • 3.2 Der trinitarische Gott als Communio
  • 3.2.1 Der Begriff der Communio
  • 3.2.1.1 Communio als Gemeinschaft
  • 3.2.1.2 Communio als In-sich-sein und zugleich Mit- und In-einander-sein
  • 3.2.2 Die Trinität als Communio im Sinne von einer perichoretischen Beziehung
  • 3.3 Die göttliche Communio als Antwort auf die uralten Probleme der Trinitätstheologie
  • 3.4 Die göttliche Communio als Prinzip des Dialogs mit den anderen Religionen und als Antwort auf die neuzeitliche Religionskritik
  • 3.4.1 Die göttliche Communio als Prinzip für den Dialog mit den anderen Religionen
  • 3.4.2 Der Communiobegriff als Antwort auf die neuzeitliche Religionskritik
  • 3.5 Kurzfassung
  • 4 Communio caritatis als Analogie der Trinität
  • 4.1 Das Analogieverständnis bei Greshake
  • 4.2 Der trinitarische Gott als Bedingung der Möglichkeit für die analoge Rede von der communio caritatis
  • 4.3 Die menschliche Personbezeichnung, Liebesgemeinschaft als Analogie der Trinität
  • 4.3.1 Personbezeichnung, Differenz und Eigentümlichkeit der göttlichen Personen als Analogie
  • 4.3.1.1 Personsein als Analogie
  • 4.3.1.2 Die Differenz der göttlichen Personen als Analogie
  • 4.3.1.3 Die Eigentümlichkeit der Personen als Analogie
  • 4.3.1.3.1 Die Eigentümlichkeit des Gott-Vaters
  • 4.3.1.3.2 Die Eigentümlichkeit des Gott-Sohnes
  • 4.3.1.3.3 Die Eigentümlichkeit des Heiligen Geistes
  • 4.3.2 Eigenschaften Gottes aus der Einheit der Communio caritatis
  • 4.3.3 Die Communio caritatis in der göttlichen und analog in menschlicher Gemeinschaft
  • 5 Zusammenfassung
  • Vierter Teil: Der Mensch als Analogie der Trinität. Ein kritischer Vergleich
  • 1 Einführung
  • 2 Menschenverständnis, analoges Denken und Trinitätslehre bei Augustinus, Richard von St. Viktor und Gisbert Greshake
  • 2.1 Der Mensch als denkendes Wesen: Augustinus
  • 2.2 Der Mensch als liebendes Wesen: Richard von St. Viktor
  • 2.3 Der Mensch als Gemeinschaftswesen: Gisbert Greshake
  • 2.4 Vergleich als Zusammenfassung
  • 3 Der ganze Mensch als eine Analogie der göttlichen Trinität
  • 3.1 Ganzheit umfasst das Sein und das Seiende zugleich
  • 3.2 Seins-Analogie als Analogie von unten und Analogie von oben
  • 3.2.1 Analogie von unten bei Augustinus und Richard: Versuch einer Klassifizierung
  • 3.2.1.1 Selbsttranszendenz des Menschen als eine alternative Deskription der Analogie von unten: Augustinus
  • 3.2.1.2 Die gemeinsame Sehnsucht nach der Gegenwart Gottes in der Ehe als Möglichkeit der Analogie von unten bei Richard
  • 3.2.2 Analogie von oben bei Greshake: ein Deskriptionsversuch
  • 3.2.3 Weitere Reflexion als Zusammenfassung
  • 3.3 Der Mensch in seiner Ganzheit als Analogie der Trinität
  • 4 Zusammenfassung
  • Abschluss
  • Literaturverzeichnis
  • 1 Primärliteratur
  • 2 Sekundärliteratur

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Vorwort

Die in diesem Buch veröffentlichte Untersuchung wurde 2018 von der Hochschule für Philosophie - Philosophische Fakultät SJ in München als Dissertation angenommen.

Der Hochschule, ihrer Bibliothek, ihren Professoren, Mitarbeitern und Studenten schulde ich großen Dank für alles, was ich dort studieren und lernen konnte. Mein besonderer Dank gilt meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Johannes Herzgsell SJ. Er hat mir zahlreiche philosophische Anregungen durch seine Seminare gegeben und meine Dissertation mit klugem Rat betreut. Der Dank geht auch an Herrn Prof. Dr. Georg Sans SJ, der als Zweitgutachter fungierte. Frau Elisabeth Freudling und Frau Cora Duttmann danke ich für ihre wertvolle Zeit, die sie geopfert haben, um diese Arbeit sprachlich zu korrigieren und zu verbessern. Auch bin ich Frau Dr. Renate Kern sehr dankbar für ihre Unterstützung durch zahlreiche theologische und philosophische Sachgespräche.

Für die Möglichkeit, ein philosophisches Studium in München aufzunehmen und abzuschließen, möchte ich mich bei meinem Heimatbistum Ruteng-Flores in Indonesien und beim Erzbistum München angesichts des mir gewährten Studienstipendiums herzlich bedanken.

Den Gläubigen in der Münchener Pfarrei Hl. Blut-Bogenhausen und meiner Familie daheim bin ich verbunden für alle Ermunterungen und jedes Verständnis während der Jahre meines Studiums. Ganz besonders herzlich bedanke ich mich beim Herrn Dekan und Pfarrer Engelbert von der Lippe für seine freundliche Begleitung, seine Nachsicht und Hilfe während der Jahre meiner Arbeit an der Dissertation und nicht zuletzt für seine großzügige finanzielle Unterstützung sowie für die Druckkosten der Arbeit.

Meiner Mutter, deren Liebe keine Grenzen kennt und dadurch mich immer wieder motiviert, ist diese Arbeit gewidmet.

München, März 2019

Fidelis Den

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Einleitung

1 Analogie als die geeignete Rede von Gott

Die Rede über Gott ist immer nur eine analoge Rede. Alle diesseitige Gotteserkenntnis ist eine analoge Erkenntnis. Wir können über Gott nur indirekt reden so Thomas von Aquin. D.h. durch Analogie, durch die Schöpfung kann der Mensch über Gott sprechen. Es gibt eine gewisse Ähnlichkeit zwischen dem Schöpfer und seinen Geschöpfen, die durch eine noch größere Unähnlichkeit gekennzeichnet ist. Der Sinn der Analogie besagt, dass Aussagen über die Schöpfung, über den Menschen auch auf Gott übertragen werden können, und in dieser Untersuchung gilt auch das Umgekehrte.

„Wenn wir z. B. den Satz vor uns haben: ‚Du bist das einzige Gut, das Eins und Alles‘, so können wir diesen Satz in einem Gott-bezüglichen und in einem auf den Menschen bezüglichen Kontext verwenden. […] Wir wollen einfach und schlicht sagen, dass die Güte und Einzigkeit als ein eigentliches und innerliches Wesensmerkmal sowohl zu Gott als auch zu einem bestimmten Menschen gehört, dass deswegen zwischen der Güte und Einzigkeit Gottes und der Güte und Einzigkeit des (eines) Menschen eine Verhältnisgleichheit besteht.“1

Das Gute als Zeichen der Ähnlichkeit in diesem Zitat bezeichnet zugleich die Unähnlichkeit zwischen Gott und Menschen. Gott hat nicht das Gute, sondern er ist das Gute selbst. Und der Mensch hat es nur. Dieses Merkmal kann bei ihm irgendwann vergehen. Das „Gute“ hat also eine metaphorische Bedeutung. Das gilt sowohl für Menschen als auch für Gott. Die Metapher gehört zum täglichen Umgang des Menschen. Man redet z. B. vom Fuß des Menschen und eines Berges. Der Fuß als unterster Teil des menschlichen Körpers ist ähnlich wie der unterste Teil des Berges. Oder der menschliche Fuß, worauf der Mensch steht, sieht ähnlich aus wie der Fuß, worauf der Berg steht. „Im Stehen […] liegt die Ähnlichkeit von Mensch und Berg, die die Übertragung der Bezeichnung des Körperteils, auf dem der Mensch steht, auf den entsprechenden Teil des Berges möglich macht.“2

Es gibt drei mögliche Wege in der Patristik von Gott zu reden. Franz Courth beschreibt diese drei Wege in seinem Buch „Der Gott der dreifaltigen Liebe“: der ← 15 | 16 → Weg der „Einschränkung (via negationis), […] der Bekräftigung (via positionis), und […] der gesteigerten Aussage, der Überhöhung (via eminentiae)“.3 Der Weg der Einschränkung (via negationis) ist bekannt als die These, dass die letzte Wirklichkeit für die Menschen unerkennbar bleibt. Diese letzte Wirklichkeit ist eine Bezeichnung für Gott. In der Antike bezeichnet Plotin Gott als das Eine/Gute. Über das Eine/Gute kann man, so meint Plotin, nur in negativer Form sprechen, weil man von ihm keine Erkenntnis hat und weil man das Eine/Gute nicht einfach in einer menschlichen Sprache fassen kann.

„Und wie können wir über Es aussagen, wenn wir es nicht haben? Nun, wenn wir es nicht in der Erkenntnis haben, so ist das doch kein vollkommenes Nichthaben, sondern in soweit haben wir es, dass wir wohl über es, nicht aber es aussagen können. Wir sagen ja aus, was es nicht ist; und was es ist, das sagen wir nicht aus […].“ (Enneade V3,14)4

Was Gott ist, können wir nicht sagen, und Plotin meinte damit, dass wir über Gott in sich nichts wissen und darum auch von ihm nichts aussagen können. Man sagt auch nicht, was man nicht weiß. Darum behauptete Origenes in diesem Zusammenhang, dass von Gott zu reden gefährlich ist, nicht nur, weil wir falsche Aussagen über ihn machen könnten, sondern auch weil, wenn wir doch über ihn etwas Wahres sagen könnten, diese Aussage dem Wesen Gottes nicht angemessen wäre. Von Gott zu reden ist also riskant.5 In seinem Aufsatz „Die Anfänge der Negativen Theologie bei den Kirchenvätern“ zitiert Fiedrowicz Basilius: „Es ist genug für dich zu wissen, dass er der gute Hirte ist und dass er sein Leben für die Schafe gegeben hat. In dieser Grenze liegt die Erkenntnis Gottes beschlossen. Wie groß aber Gott sei und welches sein Maß, worin sein Wesen bestehe, das ist gefährlich zu fragen und unmöglich zu beantworten“ (Basilius, homiliae 23,4; epistulae 234,1).6 Zu wissen, was Gott für uns ist, ist genug und mehr ist nicht möglich, weil über das Wesen Gottes zu sprechen unmöglich ist. ← 16 | 17 → Die Distanz zwischen Gott und der Welt ist unermesslich. Darum meint Norbert Ernst, dass über Gott zu reden unmöglich ist:

Das Reden von Gott ist nur möglich durch negative Aussagen. Das ist die Hauptthese der negativen Theologie. Herzgsell schreibt ausführlich in diesem Zusammenhang:

„Die negative Theologie tritt für gewöhnlich in Gestalt dreier Thesen auf: der Unerkennbarkeitsthese und/oder der Unbeschreibbarkeitsthese und/oder der Unbegreiflichkeitsthese. Nach der Unerkennbarkeitsthese ist die letzte Wirklichkeit unerkennbar, nach der Unbeschreibbarkeitsthese unbeschreibbar, nach der Unbegreiflichkeitsthese unbegreiflich. Diese drei Thesen lassen sich als unterschiedlich stark auffassen. Die stärkste These ist die Unerkennbarkeitsthese, jedenfalls in ihrer radikalen Form, der zufolge die letzte Wirklichkeit schlechthin unerkennbar ist. Ist die letzte Wirklichkeit in keiner Weise erkennbar, so ist sie auch unbeschreiblich und unbegreiflich.“8

Im Gegensatz zur via negationis besagt der Weg der Bekräftigung (via positionis), dass positive Aussagen über Gott möglich sind. Die Grundbehauptung der via positionis lautet: Es gibt „einen inneren seinshaften Zusammenhang zwischen dem Endlichen und Unendlichen; er macht es möglich, in bekräftigenden Aussagen von Gott zu sprechen. Der ist aus seinen Wirkungen in der Welt zu erkennen und auszusagen.“9 Die via eminentiae sagt schließlich, „dass alle endlichen Vollkommenheiten Gott in unendlichem Maße zukommen.“10 Differenzierter als die drei Wege der Patristik ist das Prinzip der Analogie, das die Scholastiker eingeführt haben. Dieses Prinzip bringt zum Ausdruck, „dass auch die via eminentiae gewonnenen Aussagen keine völlig entsprechenden, adäquaten Bestimmungen ← 17 | 18 → sind, sondern nur verhältnisähnliche, gleichnishafte, eben analoge.“11 Die Analogie spricht also von der Verhältnisgleichheit zwischen Gott und der Schöpfung. Darum ist sie das richtige Mittel, um Gott in menschliche Sprache zu fassen.

2 Problemstellung der Arbeit

Diese Arbeit befasst sich mit dem Thema „Mensch, Analogie und Trinität. Eine Untersuchung des analogen Denkens in der Trinitätslehre von Augustinus, Richard von St. Viktor und Gisbert Greshake“. Diese drei Autoren geben bei diesem Thema den Rahmen der Diskussion über den Menschen, die Analogie und die Trinität vor. Damit zeigt sich zugleich die Grenze des Themas. Die Menschen und die Trinität werden von allen drei Autoren beschrieben. Sie versuchen ihre Trinitätslehre mithilfe des Verständnisses des Menschen zu erklären. Sie sprechen aber nicht von einer Ersetzung der Theologie durch die Anthropologie, sondern nutzen die Anthropologie als Hilfsmittel, die Theologie, die Trinitätslehre erklärbar zu machen. Im Weiteren ist der Mensch nicht nur das Medium des Redens über Gott, sondern auch Gott selbst Hilfsmittel, um das Geheimnis des menschlichen Wesens zu verstehen. Es gibt also eine gegenseitige Ergänzungshilfe zwischen philosophischer Anthropologie und Theologie, bzw. zwischen Kosmologie und Theologie. Das Geheimnis des Menschen wird von Gott her erhellt und umgekehrt. Das gilt auch für den Rest der Schöpfung: Das Geheimnis der Schöpfung kann durch die Lehre der Trinität begreiflich gemacht werden und umgekehrt.

„Immer schon und von ihren Anfängen an ist es die Erkenntnisintention der theologischen Trinitätsspekulation gewesen, nicht nur das Trinitätsgeheimnis von der Schöpfung her etwas aufzuhellen, sondern in Verbindung damit auch das Schöpfungsgeheimnis von der Trinität her für das menschliche Begreifen lichter zu machen […].“12

Dies wird als Analogie beschrieben. Die Antwort auf die Frage „Was ist der Mensch?“ hat einen Einfluss auf das Trinitätsverständnis. Anders gesagt, haben diese Autoren den Menschen zum Verständnismedium für das vernünftige Reden über Gott in ihrer Trinitätslehre gemacht. Der Mensch in seiner Ganzheit ist Analogie Gottes.

Dass die genannten Autoren den Menschen zum Mittelpunkt für die menschliche Gotteserkenntnis bzw. für das Verständnis der Trinitätslehre gemacht haben, war der Beweggrund für meine Untersuchung. Das menschliche Denken, das auf die Selbsterkenntnis zielt, die interpersonale Liebe und die soziale ← 18 | 19 → Existenz des Menschen erweisen sich als Medium, um die Lehre der Trinität zu verstehen. Nun stellen sich folgende Fragen: Kann man wirklich die Trinität vernünftig erklären? Ist es nicht eine Illusion, die menschliche Gottes-Erkenntnis durch den Menschen selbst verständlich zu machen? Von Menschen zu reden und den Menschen zu verstehen ist schon problematisch, wie kann man dann Gott durch das Verständnis des Menschen verstehen? Tatsächlich stimmen aber diese Autoren in ihrer Grundaussage überein, dass das Geheimnis der Trinität durch das Verständnis des Menschen geklärt werden kann.

Den drei Theologen (Augustinus, Richard von St. Viktor und Gisbert Greshake) ist das Bekenntnis gemeinsam, dass der christliche Gott trinitarisch ist. In der Dogmatik besteht eine feste Formulierung über das Wesen der Trinität nach christlichem Glauben:

Ein Gott in drei Personen, Dreiheit in Einheit zu glauben, ist Kern des christlichen Glaubens. Vater, Sohn und Heiliger Geist sind eins im Wesen, aber in ihrer Beziehung zueinander sind sie voneinander verschieden. Der Vater ist nicht der Sohn und umgekehrt. Der Sohn ist auch anders als der Heilige Geist. Dem Ursprung nach sind sie verschieden. Nur der Vater ist ursprungslos. Der Sohn ist aus dem Vater und der Heilige Geist ist aus dem Vater durch den Sohn. Dieses trinitarische Bekenntnis der Kirche hat seinen Ursprung in der Selbstoffenbarung Gottes durch seinen Sohn Jesus Christus. Der Taufbefehl in Mt 29,19 ist der Grund dieses Bekenntnisses. Darum ist dieses Bekenntnis bereits in der Taufliturgie der Kirche nachweisbar.14 In diesem Zusammenhang schreibt Ratzinger in seiner Betrachtung über den Dreieinigen Gott:

„Denn damals wurde über uns Wasser ausgegossen und dabei das Wort gesprochen: Ich taufe dich im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Die Kirche macht den Menschen zum Christen, indem sie den Dreifaltigen Gott nennt. Sie drückt ← 19 | 20 → auf diese Weise seit ihren Ursprüngen aus, was sie für das eigentliche Entscheidende am Christsein ansieht: den Glauben an den Dreieinigen Gott.“15

3 Die Struktur der Arbeit

Details

Seiten
246
Jahr
2019
ISBN (PDF)
9783631790809
ISBN (ePUB)
9783631790816
ISBN (MOBI)
9783631790823
ISBN (Hardcover)
9783631788721
DOI
10.3726/b15656
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2019 (April)
Schlagworte
Göttliche Trinität Menschenverständnis Geist Kenntnis Liebe zu Gott
Erschienen
Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2019. 246 S.

Biographische Angaben

Fidelis Den (Autor:in)

Fidelis Den studierte Theologie an der Philosophisch-Theologischen Hochschule in Flores, Indonesien und an der Universität Luzern, Schweiz. Die Promotion erfolgte an der Hochschule für Philosophie München, Philosophische Fakultät S.J.

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Titel: Mensch, Analogie und Trinität
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