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Die Strafbarkeit von Zuweisungsvergütungen für Krankenhauseinweisungen im System der Gesetzlichen Krankenversicherung

von Lukas Böttcher (Autor:in)
©2018 Dissertation 370 Seiten
Reihe: Recht und Medizin, Band 130

Zusammenfassung

Unlautere Verhaltensformen im Gesundheitswesen standen in den vergangenen Jahren vielfach im Blickwinkel von Rechtsprechung, Gesetzgebung und juristischer Literatur. Der Autor untersucht in seinem Buch umfassend, welche Formen der Zusammenarbeit zwischen Vertragsärzten und Krankenhäusern die Effizienz im Gesundheitswesen steigern können und unter welchen Umständen eine zu enge Zusammenarbeit strafrechtliche Sanktionen nach sich ziehen kann. Die Untersuchung der Strafbarkeit erfolgt fallgruppenbezogen für Vertragsärzte und Krankenhausmitarbeiter. Der Verfasser stellt dabei insbesondere dar, unter welchen Voraussetzungen Zuweisungsvergütungen für Krankenhauseinweisungen als Bestechung und Bestechlichkeit im Gesundheitswesen und wegen Abrechnungsbetrug geahndet werden können.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Herausgeberangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Dedication
  • Vorwort
  • Gliederung
  • 1. Kapitel Einleitung
  • A. Problemaufriss
  • B. Gliederung der Untersuchung
  • C. Anknüpfungspunkte für strafbares Verhalten
  • 2. Kapitel Gesundheitsversorgung der Patienten in Deutschland
  • A. Krankenversicherungssystem in Deutschland
  • B. Entwicklung des Vertragsarztrechts
  • C. Organisation und Finanzierung der stationären Krankenversorgung in der GKV
  • 1) Dualistisches Finanzierungssystem
  • 2) Fallpauschalenabhängige Vergütung nach DRG
  • D. Schnittstellen zwischen ambulanter und stationärer Krankenversorgung
  • I. Verfassungsrechtliche Vorgaben
  • II. Effizienzverluste
  • III. Kooperationsformen zwischen ambulanten und stationären Leistungserbringern
  • 1) Belegärztliche Tätigkeit
  • 2) Konsiliararztverträge
  • 3) Honorararztverträge
  • a) Ambulante Leistungserbringung
  • i) Ambulante Operationen
  • ii) Vor- und nachstationäre Behandlung
  • b) Stationäre Leistungserbringung
  • 4) Medizinische Versorgungszentren
  • 5) Integrierte Versorgung
  • 6) Praxisklinik
  • 7) Entlassungsmanagement
  • 8) Zwischenergebnis
  • IV. Zuweisung
  • V. Verbot der Zuweisung gegen Entgelt
  • 1) Entstehungsgeschichte
  • 2) Anwendungsbereich
  • 3) SchutzzweckUmfassend zu den Schutzzwecken des Verbots der Zuweisung gegen Entgelt; Graml, Das ärztliche Verbot der Zuweisung gegen Entgelt, S. 119 ff.
  • VI. Zuweisungsvergütungen
  • 1) Entgelt oder andere (sonstige wirtschaftliche) Vorteile
  • 2) Fordern, sich oder Dritten versprechen oder gewähren lassen oder selbst versprechen oder gewähren von Vorteilen
  • 3) Unzulässige Koppelung von Vorteil und Zuweisungsverhalten
  • 4) Fallgruppen der Rechtsprechung
  • a) Diskrepanz zwischen Leistung und Gegenleistung beim Vorteilsempfänger
  • b) Aufzeigen lukrativer Geschäftsabschlüsse
  • c) Partizipation an einem Beteiligungsmodell
  • 5) Zwischenergebnis
  • VII. Pflicht zur Herausgabe der Zuweisungsvergütungen
  • 1) Herausgabe der Schmiergelder an das Krankenhaus
  • 2) Herausgabe von Schmiergeldern an die Krankenkasse
  • a) Anspruchsgrundlage
  • b) Herausgabeanspruch der Krankenkasse
  • i) Fremdes Geschäft
  • ii) Anmaßung eines fremden Geschäfts ohne Berechtigung
  • iii) Wissen von der Geschäftsanmaßung
  • c) Zwischenergebnis
  • VIII. Sozial-, berufs- und wettbewerbsrechtliche Disziplinarmöglichkeiten
  • E. Rechtsbeziehungen und Rechtskonkretisierung in der GKV
  • I. Rechtskonkretisierungskonzept der GKV
  • 1) Sachleistungsprinzip
  • 2) Anspruch des Patienten auf vertragsärztliche Behandlung
  • 3) Konkretisierung des Anspruchs auf Krankenbehandlung
  • 4) Anspruch des Patienten auf Krankenhausbehandlung
  • a) Allgemeine Voraussetzungen des Krankenhausbehandlungsanspruchs
  • b) Besondere Voraussetzungen des Krankenhausbehandlungsanspruchs
  • c) Ablauf einer Krankenhauseinweisung
  • II. Behandlungsvertrag
  • 1) Behandlungsvertrag zwischen Vertragsarzt und Patient
  • 2) Behandlungsvertrag zwischen Krankenhaus und Patient
  • III. Rechtsbeziehungen der Krankenkassen zu den Leistungserbringern im Gesundheitswesen
  • 1) Rechtsbeziehung der Krankenkassen zu den Vertragsärzten/Kassenärztlichen Vereinigungen
  • 2) Rechtsbeziehung der Krankenkassen zu den Krankenhäusern
  • F. Ergebnis
  • 3. Kapitel Strafbarkeit von Zuweisungsvergütungen für Klinikeinweisungen im System der GKV
  • A. Rechtsprechung zum Fehlverhalten im Gesundheitswesen
  • I. Verordnung nicht indizierter Leistungen durch den Vertragsarzt
  • II. Umsatzbezogene Rückvergütungen für vertragsärztliche Verordnungen
  • 1) Röntgenkontrastmittel-Fall
  • 2) Augenlinsen-Fall
  • III. Zuwendungen für Arzneimittelverschreibungen
  • B. Einweisung und Aufnahme zur stationären Behandlung
  • I. Untreue des Vertragsarztes bei Krankenhauseinweisungen
  • 1) Fremdes Vermögen
  • 2) Missbrauchstatbestand
  • a) Vertragsärztliche Verordnung stationärer Krankenhausbehandlung
  • i) Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung
  • ii) Krankenhauswahl
  • iii) Schlussfolgerung
  • b) Einräumung der Befugnis
  • c) Zwischenergebnis
  • 3) Treuebruchtatbestand
  • a) Vermögensbetreuungspflicht
  • i) Selbstständigkeit
  • ii) Zulassung und Rahmenrechte
  • iii) Wahrnehmung der besonderen Vermögensinteressen der Krankenkassen
  • b) Zwischenergebnis
  • 4) Ergebnis
  • II. Untreue der Mitarbeiter des Krankenhauses bei Krankenhausaufnahmen
  • 1) Missbrauchstatbestand
  • a) Verpflichtungs- und Verfügungsbefugnis
  • i) Krankenhausaufnahme durch den Krankenhausarzt (Erforderlichkeit)
  • ii) Abrechnungsverhältnis
  • iii) Einräumung der Befugnis
  • b) Missbrauchshandlung
  • 2) Ergebnis
  • III. Betrug durch fehlerhafte Krankenhauseinweisungen
  • 1) Medizinisch nicht indizierte Krankenhauseinweisung (Fehleinweisung)
  • a) Krankenhausarzt als Getäuschter
  • i) Täuschung über Tatsachen
  • ii) Irrtum
  • iii) Vermögensverfügung
  • iv) Vermögensschaden
  • b) Vorherige Beantragung der Krankenhausbehandlung
  • 2) Medizinisch indizierte Einweisung in ungeeignetes Krankenhaus
  • 3) Ergebnis
  • IV. Körperverletzung
  • 1) Medizinisch indizierte Krankenhauseinweisung
  • 2) Medizinisch nicht indizierte Krankenhauseinweisung
  • 3) Ungeeignetes Krankenhaus
  • 4) Zwischenergebnis
  • V. Ergebnis
  • C. Versprechen und Gewähren bzw. Fordern, Sichversprechenlassen und Annehmen von Zuweisungsvergütungen
  • I. Bestechlichkeit/Bestechung im geschäftlichen Verkehr
  • 1) Täterkreis
  • a) Unternehmen
  • b) Angestellter
  • c) Beauftragter eines Unternehmens
  • i) Anforderungen an eine Beauftragtenstellung
  • ii) Vertragsarzt als Beauftragter der Krankenkasse
  • 2) Tathandlung
  • 3) Zwischenergebnis
  • II. Vorteilsannahme/Vorteilsgewährung im Amt
  • 1) Täterkreis
  • a) Amtsträger
  • b) Für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichtete
  • 2) Schlussfolgerung
  • III. Bestechlichkeit im Gesundheitswesen, § 299a StGB
  • 1) Täterkreis
  • 2) Tathandlung
  • a) Zusammenhang mit einer heilberuflichen Tätigkeit
  • b) Vorteil
  • c) Fordern, Sichversprechenlassen oder Annehmen eines Vorteils
  • 3) Heilberufsentscheidung
  • 4) Unrechtsvereinbarung
  • a) Bevorzugung
  • b) Unlauterkeit im Wettbewerb
  • c) Vorteil als Gegenleistung
  • d) Zusammenfassung
  • 5) Strafrahmenverschiebung
  • 6) Anwendung auf Privatärzte
  • 7) Ergebnis
  • IV. Bestechung im Gesundheitswesen, § 299b StGB
  • V. Untreue des Krankenhausmitarbeiters bei der Auszahlung der Zuweisungsvergütung
  • 1) Pflichtwidrigkeit
  • a) Organschaftliches Handeln
  • b) Handeln von Mitarbeitern
  • 2) Vermögensnachteil
  • 3) Zwischenergebnis
  • VI. Nötigung/Erpressung des Krankenhauses durch den Vertragsarzt
  • VII. Ergebnis
  • D. Abrechnungsbetrug des Vertragsarztes bei der Honorarabrechnung
  • I. Täuschung über Tatsachen
  • 1) Honorarermittlung
  • a) Gesamtvergütung
  • b) Vertragsärztliches Honorar
  • 2) Aktive Täuschung bei der Honorarabrechnung
  • a) Einzelabrechnung
  • i) Täuschung über die Grundpauschale
  • ii) Täuschung über die Existenz von Zuweisungsvergütungen und entsprechende Herausgabeansprüche
  • b) Sammelerklärung mit Garantiewirkung
  • i) Täuschung über Rückvergütungen beim Sachmittelbezug
  • ii) Täuschung über die Verletzung des Verbots der Zuweisung gegen Entgelt
  • iii) Täuschung über die Garantiewirkung der Sammelerklärung
  • iv) Täuschung über den Herausgabeanspruch2. Kapitel: D. VII. 2)
  • 3) Zwischenergebnis
  • II. Irrtum
  • 1) Abrechnungsprüfung
  • a) Sachlich-rechnerische Prüfung
  • b) Plausibilitätsprüfung
  • c) Wirtschaftlichkeitsprüfung
  • d) Schlussfolgerung
  • 2) Abrechnungsprüfung durch die Kassenärztliche Vereinigung
  • a) Subjekt des Irrtums
  • b) Prüfauftrag der Kassenärztlichen Vereinigung gegenüber den Krankenkassen und den Vertragsärzten
  • c) Vorstellungsbildung des Sachbearbeiters der Kassenärztlichen Vereinigung
  • i) Wissenszurechnung in arbeitsteilig agierenden Organisationen
  • ii) Abrechnungsprüfung und Erlass des Honorarbescheides
  • d) Kausalität der Täuschung
  • 3) Zwischenergebnis
  • III. Vermögensverfügung
  • 1) Verfügungshandlung
  • 2) Vermögenszuordnung
  • a) Kassenärztliche Vereinigung
  • b) Krankenkasse
  • c) Gesamtheit der Vertragsärzte einer Fachgruppe
  • d) Zwischenergebnis
  • 3) Verfügungsbewusstsein und Unmittelbarkeit der Vermögensverfügung
  • 4) Kausalität zwischen Irrtum und Vermögensverfügung
  • 5) Zwischenergebnis
  • IV. Vermögensschaden
  • 1) Vermögensminderung bei der Krankenkasse
  • 2) Freiwerden von einer Verbindlichkeit
  • 3) Gleichwertige Gegenleistung der Kassenärztlichen Vereinigung
  • 4) Sicherungsmittel
  • a) Antrag auf sachlich-rechnerische Korrektur
  • b) Haftung der Kassenärztlichen Vereinigung für vertragsärztliche Fehler
  • 5) Zwischenergebnis
  • V. Subjektiver Tatbestand
  • 1) Vorsatz
  • 2) Absicht rechtswidriger Bereicherung
  • VI. Ergebnis
  • E. Betrug durch die Abrechnung der Krankenhausbehandlung
  • I. Abrechnung von Krankenhausbehandlungen, denen Zuweisungsvergütungen vorausgingen
  • II. Abrechnung von fehlerhaften Krankenhausbehandlungen
  • 1) Medizinisch nicht indizierte Krankenhausbehandlung
  • 2) Medizinisch indizierte Behandlung in einem ungeeigneten Krankenhaus
  • a) Täuschung, Irrtum und Vermögensverfügung
  • b) Vermögensschaden und streng formale Betrachtungsweise des Sozialversicherungsrechts
  • III. Refinanzierung von Zuweisungsvergütungen durch Kooperationsformen des Sozialrechts
  • 1) Vor- und nachstationäre Behandlung
  • 2) „Blutige Entlassungen“
  • 3) Ambulantes Operieren im Krankenhaus
  • F. Ergebnis
  • 4. Kapitel Bewertung des Gesetzes zur Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen
  • A. Regelungserfordernis
  • I. Gesetz zur Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen
  • II. Strafbarkeitslücken
  • B. Folgen für die Praxis
  • I. Kooperationsrisiken
  • II. Prävention
  • C. Schlussfolgerung
  • 5. Kapitel Zusammenfassung
  • A. Ergebnisse 2. Kapitel
  • B. Ergebnisse 3. Kapitel
  • I. Einweisung und Aufnahme zur stationären Behandlung
  • II. Versprechen und Gewähren bzw., Fordern, Sichversprechenlassen und Annehmen von Zuweisungsvergütungen
  • III. Abrechnungsbetrug des Vertragsarztes bei der Honorarabrechnung
  • IV. Betrug durch Abrechnung der Krankenhausbehandlung
  • C. Ergebnisse 4. Kapitel
  • D. Resümee
  • Anhang – Abbildungen
  • Literaturverzeichnis
  • Abkürzungsverzeichnis

←18 | 19→

1. KapitelEinleitung

A. Problemaufriss

Der Behandlungsvertrag zwischen dem Patienten und seinem Arzt stellt ein besonderes Rechtsverhältnis dar, das über einen gegenseitigen Vertrag weit hinausgeht. Er ist von besonderem Vertrauen geprägt, da sich der Patient mit seinen höchstpersönlichen Gesundheitsbelangen seinem Arzt anvertraut, der anhand medizinischer Kriterien die geeignete Behandlung auswählt.1 Kommt der niedergelassene Arzt zum Entschluss, dass er mit den ihm und seinen niedergelassenen Kollegen zur Verfügung stehenden Mitteln den Behandlungserfolg nicht herbeiführen kann, so weist er den Patienten in ein Krankenhaus zur stationären Behandlung ein. Der niedergelassene Arzt ist dabei berechtigt, ein oder zwei geeignete und nächstgelegene Krankenhäuser auf dem Einweisungsschein anzugeben. Er hat dabei eine Schlüsselstellung inne, da der Patient seinem Urteil vertraut und vielfach die empfohlene Einrichtung auswählen wird.2

Vielen Krankenhäusern ist diese besondere Stellung des niedergelassenen Arztes bei der Auswahl der geeigneten Behandlung für den Patienten bewusst. Daher sind niedergelassene Ärzte Adressaten vielfältiger „Marketinginstrumente“ anderer Leistungserbringer im Gesundheitswesen. Ein Mittel, die Leistungsauswahl in Bezug auf Krankenhauseinweisungen zu beeinflussen, sind Zuweisungsvergütungen.3 Es handelt sich dabei um Entgelte oder sonstige Vorteile, die niedergelassenen Ärzten unmittelbar oder verdeckt für die Einweisung eines Patienten zur stationären Behandlung gewährt werden. Diese Zahlungen nimmt das Krankenhaus vor, um die entsprechende Krankenhauseinweisung zu honorieren. Die Berufsordnung verbietet Ärzten daher, sich für die Zuweisung von Patienten, Untersuchungsmaterial, die Verordnung oder den Bezug von Arznei- und Hilfsmitteln sowie Medizinprodukten ein Entgelt oder andere ←19 | 20→Vorteile versprechen oder gewähren zu lassen. Zweck dieses Verbots ist die Wahrung der ärztlichen Unabhängigkeit und der Schutz des Patienten vor sachwidrig beeinflussten Entscheidungen des Arztes.4

Das berufsrechtliche Verbot der Zuweisung gegen Entgelt nach § 31 MBO-Ä richtet sich an alle ärztlichen Leistungserbringer. Darüber hinaus wiederholt § 73 Abs. 7 SGB V für die vertragsärztlichen Leistungserbringer5 das Verbot der Zuweisung gegen Entgelt. Ein Verstoß gegen das berufs- und sozialrechtliche Zuweisungsentgeltverbot kann für den Arzt einschneidende disziplinarrechtliche Folgen haben. Vielfach werden diese Sanktionsmechanismen aber für unzureichend erachtet, da sie allzu oft nur theoretischer Natur sind. Die Ermittlungsbefugnisse der Kassenärztlichen Vereinigung6 und der Ärztekammern sind sehr begrenzt. In der Vergangenheit wurden die Selbstverwaltungskörperschaften oft erst aktiv, wenn die Staatsanwaltschaft ihnen die Ermittlungsakten übergab, da sie mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln nicht in der Lage waren, den Sachverhalt aufzuklären.7

Dies war einer der Gründe für den Gesetzgeber zur Schaffung des Gesetzes zur Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen.8 Bis zu diesem Gesetzgebungsvorhaben war im strafrechtlichen Schrifttum umstritten, ob und inwieweit sich niedergelassene Ärzte und die Handelnden des Krankenhauses strafbar machen, wenn sie sich Zuweisungsvergütungen versprechen beziehungsweise gewähren lassen oder selbst versprechen oder gewähren.9 Da eine generelle Strafbarkeit des niedergelassenen Arztes im Fall des Versprechen- oder Gewährenlassens von Zuweisungsvergütungen bis zur Schaffung der §§ 299a ff. StGB nicht anerkannt war, nahm der Gesetzgeber unter anderem diese vermeintliche Strafbarkeitslücke zum Anlass für ein neues Strafgesetz.10 Den Ermittlungsbehörden soll damit ein Tatbestand an die Hand gegeben werden, der generell im ←20 | 21→Fall von Zuweisungsvergütungen für Krankenhauseinweisungen einen Anfangsverdacht begründet.

Gegenstand dieser Arbeit soll die Frage sein, ob und inwieweit Zuweisungsvergütungen für Krankenhauseinweisungen an Vertragsärzte einer strafrechtlichen Ahndung unterzogen werden können und ob die Tatbestände der Bestechung und Bestechlichkeit im Gesundheitswesen tatsächlich eine bisher bestehende Strafbarkeitslücke geschlossen haben. Die vorliegende Arbeit untersucht die Strafbarkeit des niedergelassenen Arztes im Falle von Zuweisungsvergütungen im Versorgungssystem der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Da die Ausgestaltung des Versicherungsverhältnisses erheblichen Einfluss auf die strafrechtliche Beurteilung hat, kann die Strafbarkeit von Zuweisungsvergütungen nur für die jeweiligen Versicherungsbereiche getrennt untersucht werden. Da der weit überwiegende Teil der Bevölkerung gesetzlich versichert ist und die Mittel der Gesetzlichen Krankenversicherung umlagefinanziert von allen Beitragszahlern und den Arbeitgebern aufgebracht werden, wird wegen der überragenden gesamtgesellschaftlichen Bedeutung in dieser Arbeit nahezu ausschließlich auf die Strafbarkeit im Versorgungssystem der GKV eingegangen. Am Rande wird untersucht, ob und inwieweit sich Privatärzte strafbar machen können, wenn sie Zuweisungsvergütungen annehmen. Eine umfassende Untersuchung des privatärztlichen Bereichs würde wegen der abweichenden Rechtsbeziehungen der Akteure den Rahmen dieser Arbeit sprengen.

B. Gliederung der Untersuchung

Im 2. Kapitel dieser Arbeit wird aufgezeigt, wie die Gesundheitsversorgung der Patienten in der GKV organisiert ist. Grundsätzlich bestehen mit dem ambulanten11 und dem stationären12 Bereich zwei getrennt voneinander zu betrachtende Versorgungsbereiche. Der Gesetzgeber hat aber in den vergangenen Jahren durch verschiedene Gesetzesänderungen den Versuch unternommen, ←21 | 22→die ambulante und stationäre Versorgung an den Schnittstellen besser zu verzahnen. Diese Änderungen ermöglichen auf verschiedenen Ebenen eine vertiefte Zusammenarbeit zwischen Krankenhäusern und niedergelassenen Ärzten bei der gemeinsamen Gesundheitsversorgung der Patienten. Allerdings hat diese Flexibilisierung auch Missbrauchspotenzial, da den Akteuren zahlreiche Gestaltungsmöglichkeiten eingeräumt wurden, die auch zur Verschleierung von Zuweisungsvergütungen missbraucht werden können. Daher sind die Kooperationsmöglichkeiten zwischen Krankenhäusern und niedergelassenen Ärzten aufzuzeigen und zu analysieren.13 Im Anschluss ist abzugrenzen, wann ein Missbrauch der Kooperationsformen besteht, der eine unzulässige Zuweisung gegen Entgelt darstellt und welche Formen der Zusammenarbeit förderungswürdig sind.14 Schließlich ist auf die bestehenden sozial- und berufsrechtlichen Sanktionsmöglichkeiten15 sowie eventuelle Ansprüche auf Herausgabe der Zuweisungsvergütungen einzugehen.16

Die strafrechtliche Bewertung von Zuweisungsvergütungen kann nur unter Berücksichtigung der teilweise sehr komplizierten Rechtsbeziehungen von Vertragsärzten, Krankenhäusern, Patienten, Krankenkassen17 und Kassenärztlicher Vereinigung erfolgen. Daher werden im 2. Kapitel die Rechtsbeziehungen der einzelnen Akteure zueinander dargestellt. Die zentrale Problemstellung ist dabei die Konkretisierung des Behandlungsanspruchs des Versicherten gegen seine Krankenkasse. Diese erfolgt in mehreren Stufen und unter Einbeziehung der Leistungserbringer. Da die Anwendbarkeit der Tatbestände des Wirtschaftsstrafrechts davon abhängig ist, welcher Akteur im Gesundheitswesen welche Verantwortung bei der Konkretisierung des Rahmenrechts des Versicherten trägt, ist eine eingehende Darstellung der Rechtsverhältnisse erforderlich.

Im 3. Kapitel wird umfassend die Strafbarkeit für Vertragsärzte und Krankenhausmitarbeiter untersucht, wenn diese Zuweisungsvergütungen für Klinikeinweisungen versprechen oder gewähren bzw. annehmen, sich versprechen oder gewähren lassen. Ausgangspunkt sind dabei mehrere strafgerichtliche Urteile, die zu verschiedenen Formen von Fehlverhalten im Gesundheitswesen in den vergangenen Jahren ergangen sind. Die Untersuchung der Strafbarkeit der Akteure wurde dabei in Tatkomplexe gegliedert. Zunächst liefern ←22 | 23→die Ausstellung der Krankenhauseinweisung durch den Vertragsarzt und die Krankenhausaufnahme des Krankenhausarztes Anknüpfungspunkte für ein strafrechtlich relevantes Verhalten. Darüber hinaus könnte auch im Versprechen und Gewähren bzw. im Annehmen, Sichversprechen- oder Sichgewährenlassen von Zuweisungsvergütungen ein Anknüpfungspunkt für eine Strafbarkeit des verantwortlichen Klinikmitarbeiters und des Vertragsarztes liegen. Eine weitere Anknüpfungsmöglichkeit für eine Strafbarkeit des Vertragsarztes liefert die Honorarabrechnung gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung. Schließlich bietet die Abrechnung des Pflegeentgelts des Krankenhauses gegenüber der Krankenkasse einen Anknüpfungspunkt für eine Strafbarkeit der Krankenhausmitarbeiter, wenn der Krankenhausbehandlung Zuweisungsvergütungen vorausgegangen sind.

Im 4. Kapitel wird das Gesetz zur Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen, welches im Frühjahr 2016 verabschiedet wurde, einer rechtspolitischen Würdigung unterzogen. Darüber hinaus werden im 4. Kapitel Vorschläge unterbreitet, wie Vertragsärzte und Krankenhäuser durch Präventionsmaßnahmen das Risiko minimieren können, in den Fokus strafrechtlicher Ermittlungsverfahren zu geraten.

C. Anknüpfungspunkte für strafbares Verhalten

Um die sozialrechtlichen Ausführungen im 2. Kapitel besser einordnen zu können, ist an dieser Stelle kurz darzustellen, welche Anknüpfungspunkte für eine Strafbarkeit der Akteure im Falle der Gewährung von Zuweisungsvergütungen bestehen. Bei der strafrechtlichen Untersuchung erfolgt die Gliederung in Abhängigkeit von verschiedenen Handlungsweisen der Leistungserbringer.

Zunächst kann in der vertragsärztlichen Krankenhauseinweisung und der Krankenhausaufnahme ein Anknüpfungspunkt für eine Strafbarkeit der Akteure gesehen werden, wenn für die Krankenhauseinweisung Zuweisungsvergütungen gewährt wurden. Sucht ein Patient die Praxis des Vertragsarztes auf, so entsteht ein Behandlungsvertrag zwischen dem Mediziner und seinem Patienten.18 Bei diesem Behandlungsvertrag willigt der Patient in die Erbringung von Behandlungsleistungen ein, sofern diese medizinisch indiziert sind und lege artis erbracht werden. Diagnostiziert der Arzt beim Patienten eine Krankheit, die einer stationären Behandlung bedarf, so erfolgt eine Einweisung zur Krankenhausbehandlung durch den Vertragsarzt. Bei der Krankenhauseinweisung ist der ←23 | 24→Vertragsarzt befugt, bis zu zwei geeignete und gut erreichbare Krankenhäuser anzugeben.19 Trifft der Patient im Krankenhaus ein, so ist der Krankenhausarzt verpflichtet, eine Aufnahmeentscheidung über die Behandlungsbedürftigkeit des Patienten zu treffen und diesen gegebenenfalls zur stationären Versorgung aufzunehmen.20

Bei dieser Krankenhauseinweisung könnte eine Einwirkung des Vertragsarztes auf das Vermögen der Krankenkasse gegeben sein. Daher ist im sozialrechtlichen Teil dieser Arbeit zu untersuchen, ob und inwieweit der Vertragsarzt durch die stationäre Krankenhauseinweisung auf das Vermögen der Krankenkasse einwirken kann und ob daraus eine Vermögensbetreuungspflicht begründet werden könnte. Darüber hinaus könnte auch der Krankenhausarzt durch eine medizinisch indizierte Aufnahme zur stationären Behandlung in der Lage sein, auf das Vermögen der Krankenkasse einzuwirken. Somit ist im sozialrechtlichen Teil der Arbeit auch die Bedeutung der Krankenhausaufnahme zu untersuchen, da auch hier eventuell Anknüpfungspunkte für eine Untreuestrafbarkeit gem. § 266 StGB bestehen können.

Als weiterer Anknüpfungspunkt für eine Strafbarkeit kommt das Versprechen oder Gewähren sowie das Annehmen, Sichversprechen- oder Sichgewährenlassen von Zuweisungsvergütungen infrage. In der Regel trifft zunächst der jeweilige Krankenhausträger mit dem Vertragsarzt eine Vereinbarung über die Gewährung von Vorteilen für Krankenhauseinweisungen. Diese Vorteile können dabei sowohl für jede einzelne Krankenhauseinweisung oder pauschal für die Geneigtheit gewährt werden, Patienten in das entsprechende Krankenhaus einzuweisen. Dadurch könnten sich der Vertragsarzt und der verantwortliche Mitarbeiter des Krankenhauses wegen Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen strafbar gemacht haben.

Nach der erfolgten Krankenhausbehandlung rechnet der Krankenhausträger gegenüber der Krankenkasse das Entgelt für die erbrachten Behandlungsleistungen ab. Ebenso rechnet der Vertragsarzt gegenüber seiner Kassenärztlichen Vereinigung quartalsmäßig das Honorar zur vertragsärztlichen Versorgung ab. Bei der Abrechnung des Vertragsarztes gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung könnte dieser über die vereinnahmten Zuweisungsvergütungen getäuscht und sich damit des Betrugs gem. § 263 StGB zu Lasten der Kassenärztlichen Vereinigung oder der Krankenkasse strafbar gemacht haben.

←24 | 25→

Ebenfalls einen Betrug könnte der Mitarbeiter des Krankenhauses verwirklichen, der das volle Behandlungsentgelt abrechnet, ohne dabei anzugeben, dass Zuweisungsvergütungen an den Vertragsarzt gewährt wurden. In diesem Zusammenhang liefern auch verschiedenen neu geschaffenen Kooperationsmöglichkeiten zwischen Krankenhäusern und Vertragsärzten Anknüpfungspunkte für einen Betrug des Krankenhauses gegenüber der Krankenkasse, da diese Kooperationsmöglichkeiten das Krankenhaus teilweise berechtigen, gesonderte Positionen gegenüber der Krankenkasse abzurechnen.

1Vgl. BVerfG, Beschl. v. 25.07.1979 – 2 BvR 878/74 = BVerfG, NJW 1979, 1925, 1930.

2Vgl. Kraftberger, LPK – SGB V, § 27, Rn. 94; so auch BSG, Urt, v. 16.12.1993 – 4 RK 5/92 = BSGE 73, 271, 283.

3Teilweise werden im Schrifttum auch die Begriffe „Kopfprämie“; vgl. Lindemann, Lindemann/Ratzel – Brennpunkte des Wirtschaftsstrafrecht im Gesundheitsrecht, S. 9; Schneider, HRRS 2009, 484 ff., „Einweisungspauschale“; vgl. Quaas, GesR 2009, 459, 462, „Kopfgeld für Patienten“; vgl. OLG Hamm, GesR 2003, 119, „Zuweisungspauschalen“; vgl. Spickhoff, NJW 2004, 1710, 1712 und „Kopfpauschalen“ verwendet. Vgl. Peters, Die Zahlung von Kopfpauschalen an niedergelassene Ärzte, S. 14 ff.

4Vgl. Wienke, Der Arzt im Wirtschaftsstrafrecht, S. 25, 26.

5Vertragsärzte sind die niedergelassenen Ärzte, die zur Leistungserbringung in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zugelassen sind.

6Die Kassenärztliche Vereinigung ist ein verpflichtender Zusammenschluss der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten innerhalb eines Bundeslandes. Die Kassenärztliche Vereinigung nimmt u.a. deren Interessen gegenüber der Krankenkasse wahr.

7Vgl. BT-Drs. 17/14575, S. 9.

8Vgl. BR-Drs. 360/15, S. 1 ff. (Gesetzentwurf).

9Vgl. Lindemann, Lindemann/Ratzel – Brennpunkte des Wirtschaftsstrafrechts im Gesundheitsrecht, S. 18 ff.; Kölbel, wistra 2009, 129, 131; Schneider/Gottschaldt, wistra 2009, 133, 134 ff.

10BGBl. 2016, I 1254 ff.

11Eine ambulante Behandlung liegt vor, wenn der Patient keine Nacht im Krankenhaus verbringt, sondern noch am selben Tag wieder nach Hause gehen kann. Vgl. Becker, Becker/Kingreen – SGB V, § 115a, Rn. 5, BSG, Urt. v. 04.03.2005 – B 3 KR 4/03 R = BSG, NZS 2005, 93, 95.

12Eine stationäre Leistungserbringung liegt vor, wenn der Patient physisch und organisatorisch ins Krankenhaus eingegliedert ist und nach dem Behandlungsplan ununterbrochen mindestens einen Tag und eine Nacht im Krankenhaus verbringt. Vgl. Becker, Becker/Kingreen – SGB V, § 115a, Rn. 5; BSG, Urt. v. 04.03.2005 – B 3 KR 4/03 R = BSG, NZS 2005, 93, 95

132. Kapitel: D. III.

142. Kapitel: D. VI.

152. Kapitel: D. VIII.

162. Kapitel: D. VII.

17Sofern in dieser Arbeit von „Krankenkassen“ gesprochen wird, sind darunter die Gesetzlichen Krankenkassen (GKV) zu verstehen.

182. Kapitel: E. II. 1)

19Vgl. Becker, Becker/Kingreen – SGB V, § 39, Rn. 30.

20Vgl. Becker, Becker/Kingreen – SGB V, § 39, Rn. 23; BSG, Beschl. v. 25.09.2007 – GS 1/06 = BSGE 99, 111, 116.

←25 | 26→←26 | 27→

2. KapitelGesundheitsversorgung der Patienten in Deutschland

Die Gesundheitsversorgung der Patienten in Deutschland beruht insbesondere in der GKV auf einer äußerst komplexen, über mehr als einhundert Jahre gewachsenen Regelungsstruktur. Ziel ist es, dem Patienten Gesundheitsleistungen als Sachleistung zur Verfügung zu stellen. Dazu ist durch das SGB V und verschiedene Ausführungsbestimmungen ein komplexes Rechtskonkretisierungskonzept entwickelt worden, welches den Leistungserbringern eine Schlüsselrolle übertragen hat.

Für die strafrechtliche Bewertung von Zuweisungsvergütungen für Krankenhauseinweisungen ist zunächst eine eingehende Auseinandersetzung mit den Grundlagen der Gesundheitsversorgung in Deutschland erforderlich, da nur so die Verwirklichung der einzelnen Straftatbestände untersucht werden kann.

A. Krankenversicherungssystem in Deutschland

Die Krankenversicherung in Deutschland besteht aus einem Mischsystem von Sozial- und Individualversicherung. Mit der GKV und der PKV bestehen zwei voneinander unabhängige Versicherungssysteme, die sich in Organisation und Finanzierung grundlegend unterscheiden.21

Die GKV ist eine Sozialversicherung deren Träger die Krankenkassen sind. Sie stellt eine Körperschaft des öffentlichen Rechts dar.22 Die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen zu den Patienten sind öffentlich-rechtlicher Natur und unterliegen der Sozialgerichtsbarkeit.23 Gesetzlich ist die GKV im SGB V und weiteren ausführenden Verordnungen und Richtlinien geregelt. Die Beiträge zur Krankenversicherung werden in Abhängigkeit von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Versicherten erhoben. Innerhalb einer Krankenkasse stehen den Versicherten abhängig vom medizinischen Bedarf die gleichen Leistungen zu. Daher besteht Inkongruenz zwischen den Beiträgen und den Leistungsansprüchen der Versicherten.24 Die GKV stellt ein umlagefinanziertes System dar, da keine Rückstellungen für altersbedingte Morbiditätsrisiken der einzelnen ←27 | 28→Versicherten gebildet werden. Zum Versichertenkreis der GKV zählen vor allem pflichtversicherte Arbeitnehmer und freiwillig Versicherte sowie Familienangehörige der Freiwillig- und Pflichtversicherten. Die GKV erbringt ihre Versicherungsleistungen primär als Sachleistung. Die Versicherten haben somit einen Anspruch auf Gesundheitsleistungen gegen die Krankenkasse, ohne dafür in Vorleistung treten zu müssen. Dazu schließen die Krankenversicherungen (bzw. ihre Verbände) mit den jeweiligen Leistungserbringern oder deren Selbstverwaltungsverbänden Verträge über die medizinische Versorgung.

Die vertragsärztliche Versorgung wird von der Kassenärztlichen Vereinigung und der Kassenzahnärztlichen Vereinigung organisiert. Diese sind auf Bundesebene in der Kassenärztlichen oder Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung zusammengeschlossen und schließen mit dem GKV-Spitzenverband Versorgungsverträge ab. Auf dem Gebiet der stationären Versorgung schließen die Krankenkassen Verträge mit den zugelassenen Krankenhäusern. In Bezug auf die Versorgung mit Heil- und Hilfsmitteln kommen mit den jeweiligen Leistungserbringern oder deren Verbänden Verträge zustande. Wesensmerkmal dieser Verträge ist, dass der Versicherte die Leistungen der GKV als Naturalleistung erhält und die Abrechnung durch die Leistungserbringer oder deren Selbstverwaltungskörperschaften gegenüber der Krankenkasse erfolgt.25

Im Gegensatz dazu sind die Träger der PKV Versicherungsunternehmen, die in der Rechtsform privater Kapitalgesellschaften, Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit oder öffentlich-rechtlicher Körperschaften organisiert sind und mit ihren Versicherten zivilrechtliche Versicherungsverträge schließen, § 7 Abs. 1 VAG. Streitigkeiten, welche aus diesen Verträgen resultieren, unterliegen der Zivilgerichtsbarkeit. Gesetzlich ist die PKV vor allem im VVG und VAG und weiteren Ausführungsbestimmungen geregelt. Der Versichertenkreis der PKV ergibt sich in Abhängigkeit von der GKV, da nur Personen versichert werden können, die nicht im System der GKV pflichtversichert sind oder sich von ihrer Versicherungspflicht befreien lassen können.26 Es besteht ein kollektiv getragenes Individualprinzip. Der vom Versicherten zu entrichtende Beitrag ist abhängig von den gewählten Leistungen der Versicherten und dem individuellen Gesundheitsrisiko des Versicherten.27 Die Leistungen der PKV sind mit denen der GKV vergleichbar und umfassen ambulante und stationäre Krankenbehandlung sowie ←28 | 29→die Versorgung mit Heil- und Hilfsmitteln. Im Gegensatz zur GKV besteht aber kein Sachleistungsprinzip.

Details

Seiten
370
Jahr
2018
ISBN (PDF)
9783631774649
ISBN (ePUB)
9783631774656
ISBN (MOBI)
9783631774663
ISBN (Hardcover)
9783631774373
DOI
10.3726/b14923
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2019 (Januar)
Schlagworte
Korruption Gesundheitswesen Vertragsarzt Abrechnungsbetrug Bestechlichkeit Bestechung Krankenhaus Zuweisungsvergütung
Erschienen
Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien. 2018. 370 S. 1 s/w Abb.

Biographische Angaben

Lukas Böttcher (Autor:in)

Lukas Böttcher studierte Rechtswissenschaften in Bayreuth und promovierte an der LMU in München bei Prof. Dr. Helmut Satzger. Sein Referendariat absolvierte er am Landgericht Frankfurt a.M. Den LL.M. erwarb er am King’s College London. Lukas Böttcher arbeitet als Rechtsanwalt in einer internationalen Wirtschaftskanzlei.

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Titel: Die Strafbarkeit von Zuweisungsvergütungen für Krankenhauseinweisungen im System der Gesetzlichen Krankenversicherung
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