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Rechtliche Fragen bei der Transplantation von Vascularized Composite Allografts (VCA)

von Philip Klusen (Autor:in)
©2019 Dissertation 168 Seiten
Reihe: Recht und Medizin, Band 131

Zusammenfassung

Als Vascularized Composite Allografts werden komplexe Gewebe wie Arme, Beine, Hände, das Gesicht, der Uterus oder die Bauchwand bezeichnet. Die Transplantation dieser Körperteile entwickelte sich in den vergangenen beiden Jahrzehnten, gehört aber nach wie vor der Neulandmedizin an. Weder die europäischen Richtlinien noch die nationalen Gesetze enthalten explizite Regelungen für den Umgang mit komplexen Geweben. Es stellt sich deshalb die Frage nach einer sachgerechten rechtlichen Einordnung. Entscheidende Bedeutung kommt dabei der Frage zu, ob komplexe Gewebe Organe im Sinne des Transplantationsgesetzes darstellen und ob somit die Organvorschriften dieses Gesetzes anwendbar sind.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Herausgeberangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Dissertation
  • Inhaltsverzeichnis
  • Abkürzungsverzeichnis
  • Gender Erklärung
  • A. Einleitung
  • I. Bedeutung und Entwicklung der Transplantationsmedizin
  • II. Transplantation von Vascularized Composite Allografts (VCA)
  • III. Gegenstand der Untersuchung
  • B. Medizinethische Aspekte bei der Transplantation von VCA
  • I. Begriffe „Ethik“ und „Moral“
  • II. Medizinethik
  • 1. Prinzipienorientierte Medizinethik
  • a) Prinzip der Autonomie
  • b) Prinzip des Nutzens
  • c) Prinzip des Nichtschadens
  • d) Prinzip der Gerechtigkeit
  • e) Bedeutung der Prinzipien für die Transplantation von VCA
  • aa) Zwei Prinzipien im Konflikt
  • (1) Risiken
  • (a) Immunsuppression
  • (b) Psychische Belastungen
  • (2) Nutzen
  • (a) Steigerung der Lebensqualität
  • (b) Alternativer Einsatz von Prothesen
  • bb) Autonomie des Patienten
  • cc) Gerechtigkeit gegenüber anderen Beteiligten
  • 2. Bewertung
  • C. Gewebe und Organe
  • I. Gewebe
  • 1. Gewebe aus medizinischer Sicht
  • 2. Gewebe aus rechtlicher Sicht
  • a) Rechtliche Einordnung in der Europäischen Union
  • b) Rechtliche Einordnung auf nationaler Ebene
  • aa) Gewebegesetz
  • bb) Rechtliche Gewebedefinition
  • cc) Umsetzung der Geweberichtlinie
  • II. Organe
  • 1. Medizinische Organdefinition
  • 2. Rechtliche Behandlung von Organen
  • a) Rechtliche Behandlung in der Europäischen Union
  • aa) Organdefinition
  • bb) Rechtliche Handhabung
  • (1) Ziel der Richtlinie
  • (2) Anwendungsbereich
  • (3) Konkrete Inhalte
  • b) Rechtliche Behandlung von Organen auf nationaler Ebene
  • aa) Organdefinition
  • bb) Rechtliche Handhabung von Organen
  • (1) Ziel des Gesetzes
  • (2) Anwendungsbereich
  • (3) Konkrete Inhalte
  • D. VCA
  • I. Medizinische Einordnung von VCA
  • II. Rechtliche Einordnung von VCA
  • 1. TPG als gesetzliche Grundlage
  • a) Entstehungsgeschichte des TPG
  • b) VCA als Organe im Sinne des TPG
  • aa) Funktionale Einheit
  • (1) Annahme der funktionalen Einheit bei VCA
  • (2) Ablehnung der funktionalen Einheit bei VCA
  • (a) Lösung in Anlehnung an die EU-Regelungssystematik
  • (b) VCA als Organ
  • (c) VCA als eigene Entität
  • (3) Stellungnahme
  • (a) Wortlaut
  • (b) Systematik
  • (c) Teleologie
  • (d) Historie
  • (e) Zwischenergebnis
  • (4) Indizien
  • (a) Medizinische Fachliteratur
  • (b) Rechtliche Behandlung von VCA in Frankreich und den USA
  • bb) Zwischenergebnis
  • cc) Sonderfall Bauchwandtransplantation
  • 2. Ergebnis
  • III. Konsequenzen
  • 1. Erfordernis sachgerechter Aufklärung
  • a) Aufklärung der Bevölkerung, § 2 TPG
  • b) Aufklärung des Patienten
  • 2. Einwilligung und Zustimmung, §§ 3, 4 TPG
  • 3. Achtung der Würde des Menschen, § 6 TPG
  • 4. Koordinierungsstelle, § 11 TPG
  • 5. Organvermittlung, § 12 TPG
  • E. Zusammenfassung
  • Literaturverzeichnis

Gender Erklärung

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in dieser Dissertation die Sprachform des generischen Maskulinums angewendet. Es wird an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die Verwendung der männlichen Form geschlechtsunabhängig verstanden werden soll.

RECHT UND MEDIZIN

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A. Einleitung

I. Bedeutung und Entwicklung der Transplantationsmedizin

Die Transplantation von Organen und Geweben hat in den letzten Jahrzehnten einen hohen Stellenwert in der Medizin erlangt. Schon immer war es eine Vision von Medizinern, mit dem Austausch eines nicht mehr funktionierenden durch ein gesundes Organ Menschenleben zu retten oder die Lebensqualität zu steigern.

So wurde diese Vision bereits in jahrhundertealten Mythen und Legenden beschrieben.1 Besonders zu erwähnen ist die Legende von Cosmas und Damian, die der Erzählung nach im frühchristlichen Römischen Reich das erkrankte Bein eines Diakons amputierten und durch das Bein eines gerade Verstorbenen ersetzten.2

Der schnelle medizinische Fortschritt der letzten Jahrzehnte hat viele dieser einstmals kühnen Vorstellungen zur Realität werden lassen. So können lebenswichtige Organe wie das Herz, die Leber, die Lunge, die Niere, die Bauchspeicheldrüse und der Darm, erfolgreich und mit guter Überlebensprognose, aber auch Gewebe wie die Hornhaut, mit der Folge einer erheblichen Steigerung der Lebensqualität ausgetauscht werden. Diese Verfahren der Transplantationsmedizin sind mittlerweile Teil der medizinischen Routine.

Es ist im Wesen der Transplantationsmedizin begründet, dass jeweils zwei Seiten beteiligt sind: Neben dem Empfänger bedarf es eines entsprechenden Spenders. Damit dem einen Menschen geholfen werden kann, muss ein anderer Mensch verstorben sein. Ausnahmen hiervon sind Transplantationen sogenannter Lebendspenden, unter anderem die Transplantation einer Niere oder eines Teils der Leber eines lebenden Spenders.

Da sowohl die erforderlichen Rechte und Interessen des Empfängers als auch die des Spenders zu berücksichtigen sind, ist die Anzahl der tatsächlich für Transplantationen zur Verfügung stehenden Organe limitiert. Dies trägt dazu bei, dass jährlich Menschen, die auf der Warteliste stehen, versterben, bevor ein passendes, aber grundsätzlich vorhandenes Organ für sie verfügbar ist.3

Die bisher in Deutschland praktizierten Einwilligungslösungen wirken, verglichen mit den in einigen anderen Ländern gehandhabten Widerspruchlösungen, restriktiv und stehen seit Jahren in der politischen und öffentlichen Diskussion.4 Gegenüber der engen Einwilligungslösung, die in Deutschland bis zum Jahre 2015 Anwendung fand, sieht die zurzeit geltende erweiterte Einwilligungslösung die Möglichkeit vor, dass bei fehlender prämortaler Einwilligung des Verstorbenen die nächsten Angehörigen einer Organspende zustimmen oder diese verweigern können.5

Allerdings wurde auch durch diese Änderung die Anzahl der Spenderorgane nicht gesteigert.6

Die Forderung nach einer Widerspruchslösung, bei der im Gegensatz zur Einwilligungslösung grundsätzlich jeder Bürger potentieller Organspender ist, wenn er der Organentnahme nicht ausdrücklich widersprochen hat, konnte sich in der politischen Diskussion in Deutschland bisher ←16 | 17→nicht durchsetzen.7 Dabei ist zu bedenken, dass Länder wie etwa Spanien, Österreich oder Frankreich, die sich allesamt für ähnlich ausgeprägte Widerspruchslösungen entschieden haben, eine höhere Bereitschaft zur Organspende aufweisen, als Länder wie Deutschland, Großbritannien oder die Schweiz, in denen Einwilligungsmodelle angewandt werden.8

Während die Zahlen postmortaler Spenden pro einer Million Einwohner im Jahr 2016 in Deutschland bei 10,6, in Großbritannien bei 21,5 und in der Schweiz bei 13,2 lagen, wiesen Staaten wie Spanien mit 43,8, Österreich mit 25,2 und Frankreich mit 28,7 postmortalen Spenden pro einer Million Einwohner deutlich höhere Werte auf.9

Details

Seiten
168
Jahr
2019
ISBN (PDF)
9783631775912
ISBN (ePUB)
9783631775929
ISBN (MOBI)
9783631775936
ISBN (Hardcover)
9783631773611
DOI
10.3726/b14984
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2018 (Dezember)
Schlagworte
Transplantationsmedizin Komplexe Gewebe Medizinethik Medizinrecht Transplantationsgesetz Transplantationsrecht
Erschienen
Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien. 2018. 168 S.

Biographische Angaben

Philip Klusen (Autor:in)

Philip Klusen studierte Rechtswissenschaften an der Universität Hamburg und legte dort sein erstes Staatsexamen im Jahr 2017 ab. Danach promovierte er an der juristischen und wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle Wittenberg.

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