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Class actions in Australien

Class closure und Vergleichsgenehmigung als Perspektive für Deutschland

von Fabian Stitz (Autor:in)
©2019 Dissertation 420 Seiten

Zusammenfassung

Nicht zuletzt der Diesel-Skandal hat die Diskussion um den kollektiven Rechtsschutz neu befeuert. Australien ist dabei neben den USA und Kanada das Land mit der größten praktischen Erfahrung. Der Band untersucht die australische class action auf neue Erkenntnisgewinne für Deutschland. Hauptaugenmerk ist der Umgang mit verschiedenen Schadenstypen sowie die richterliche Vergleichsgenehmigung. Der Autor stellt fest, dass die Debatte um opt-in und opt-out ein Scheingefecht darstellt. Es wird sich für einen dualen Mechanismus von Gewinnabschöpfung und Schadensersatz ausgesprochen. Im Rahmen der Vergleichsgenehmigung zeigt sich, dass Gerichte ihrer geforderten aktiven Rolle aufgrund eines Informationsdefizits nicht gerecht werden können. Es bedarf daher einer Erweiterung der Erkenntnisquellen.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Title Page
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Vorwort
  • Inhaltsübersicht
  • Inhaltsverzeichnis
  • Abkürzungsverzeichnis
  • Teil I: Einleitung
  • A. Gegenstand der Untersuchung
  • B. Anlass für die Betrachtung
  • I. „Schreckgespenst“ USA
  • II. Loser-pays-Prinzip
  • III. Erfolgshonorare
  • IV. Strafschadensersatz
  • V. Jury-trials
  • VI. Zusammenfassung
  • C. Historische Entwicklung
  • I. Kollektiver Rechtsschutz in Australien
  • 1. Rezeption des englischen Common Law
  • 2. Federal Level
  • a) Traditional representative proceeding
  • b) Class action
  • 3. Victoria
  • 4. New South Wales
  • 5. Queensland
  • 6. West Australien
  • II. Kollektiver Rechtsschutz in Deutschland
  • III. Kollektiver Rechtsschutz in Europa
  • 1. Entwicklung auf Europäischer Ebene
  • 2. Richtlinienvorschlag COM(2018) 184
  • 3. Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments
  • D. Mögliche Bündelungsformen de lege lata
  • I. Bündelungsformen in Australien
  • 1. Traditional representative proceeding
  • 2. Joinder of parties und consolidation
  • 3. Test cases / lead actions
  • 4. Zwischenergebnis
  • II. Bündelungsformen Deutschland
  • 1. Streitgenossenschaft
  • 2. Verfahrensverbindung
  • 3. Musterprozess
  • 4. Verbandsklagen
  • a) Verbandsunterlassungsklagen
  • b) Gewinnabschöpfung
  • c) Einziehungsklage nach § 79 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 ZPO
  • 5. Inkassozession
  • 6. Interessengemeinschaft
  • 7. KapMuG
  • a) Verfahrensablauf nach dem KapMuG
  • b) Bewertung des KapMuG
  • 8. Zwischenergebnis
  • Teil II: Class actions in Australien
  • A. Anwendungsbereich
  • I. Allgemeiner Anwendungsbereich
  • II. Internationale Zuständigkeit australischer Gerichte
  • 1. Allgemeines
  • 2. Internationale Zuständigkeit im Rahmen von class actions
  • B. Verfahrensvoraussetzungen
  • I. Güteverhandlung (Genuine steps)
  • II. Eröffnung des Verfahrens
  • III. Voraussetzungen s 33C(1) FCA
  • 1. Sieben oder mehr Personen
  • 2. Gleiche, ähnliche oder zusammengehörige Umstände
  • 3. Substanzielle Tatsachen- oder Rechtsfrage
  • a) Gemeinsame Tatsachen- oder Rechtsfrage
  • b) Substanziell
  • c) Untergruppen
  • IV. Prozessführungsbefugnis
  • V. Closed class (MBC-Criterion)
  • C. Verjährungshemmung
  • D. Verfahren
  • I. Case Management Conference
  • II. Besonderheiten des Verfahrensablaufs
  • 1. Discovery bei class members
  • 2. Klageerweiterung
  • III. Parallelverfahren
  • E. Safeguards
  • I. Allgemeine Ermächtigungsgrundlage des Gerichts
  • II. Schutzvorschriften zugunsten des Beklagten
  • a) Section 33L FCA – Weniger als 7 class members
  • b) Section 33M FCA – Kosten übersteigen Kompensation
  • c) Section 33N(1) FCA
  • i.) Kosten übersteigen die des Individualrechtsschutzes
  • ii.) Rechtsschutzziel kann alternativ erreicht werden
  • iii.) Effektivität und Effizienz der class action
  • iv.) Class action ist in sonstiger Weise ungeeignet
  • v.) Zusammenfassung
  • III. Schutzvorschriften zugunsten der class members – Austausch des Repräsentanten
  • F. Opt-out
  • I. Benachrichtigung
  • 1. Zeitpunkt
  • 2. Inhalt
  • 3. Art und Weise
  • 4. Verantwortlichkeit
  • 5. Kosten
  • 6. Verzicht auf Benachrichtigung
  • II. Opt-out und seine Wirkungen
  • 1. Opt-out
  • 2. Erneuter Beitritt nach opt-out
  • G. Urteil
  • I. Bindungswirkung des Urteils
  • 1. Allgemeines
  • 2. Präklusion
  • II. Verteilung des Schadensersatzes
  • III. Strafschadensersatz/Exemplary damages
  • IV. Cy-près
  • V. Berufung
  • H. Vergleich
  • I. Massenvergleich durch Repräsentanten
  • 1. Massenvergleich
  • 2. Benachrichtigung der class members
  • a) Inhalt
  • b) Art und Weise
  • c) Verzicht auf Benachrichtigung
  • 3. Class actions registrar
  • 4. Genehmigung
  • a) Fairness Hearing
  • b) Nachweis von Fairness und Angemessenheit
  • c) Vergleichsbetrag
  • d) Rechtsanwaltsgebühren
  • e) Honorar des Prozessfinanzierers
  • i.) Funding equalisation factor
  • ii.) Common fund
  • 5. Class closure
  • 6. Opt-out-Vergleich
  • 7. Einflussnahme durch das Gericht
  • II. Individualvergleich zugunsten des Repräsentanten
  • I. Kosten des Verfahrens
  • I. Empfehlung der Australian Law Reform Commission (1988)
  • II. Umsetzung der Kostentragungslast
  • 1. Repräsentant
  • 2. Class members
  • 3. Prozessfinanzierer
  • III. Prozesskostensicherheit
  • J. Prozessfinanzierungsmöglichkeiten
  • I. Finanzierung durch Anwälte in Australien
  • II. Finanzierung durch private Dritte
  • 1. Von maintenance und champerty bis Fostif-Entscheidung
  • a) Prozessfinanzierung durch Abtretung
  • b) Fostif-Entscheidung
  • 2. Ablauf einer Prozessfinanzierung
  • 3. Versuch der Regulierung der Prozessfinanzierung
  • 4. Bedeutung für Europa
  • Teil III: Vergleich und Möglichkeiten der Rezeption in Deutschland
  • A. Class closure – ein Zukunftsmodell?
  • I. Rahmenbedingungen eines deutschen Instruments des kollektiven Rechtsschutzes
  • 1. Justizgewährungsanspruch / Gebot effektiven Rechtsschutzes
  • 2. Anspruch auf rechtliches Gehör
  • 3. Dispositionsmaxime
  • 4. Anspruch auf faires Verfahren / Prozessuale Waffengleichheit
  • II. Abgrenzung der unterschiedlichen Schadensformen
  • 1. Großschäden
  • 2. Bagatell- und Streuschäden
  • 3. Abgrenzung
  • III. Darstellung der Modelle
  • 1. Class-closure-Mechanismus als Lösungsansatz
  • a) Vorteile des Class-closure-Mechanismus
  • b) Eignung für Bagatell-/Streuschäden
  • 2. Musterfeststellungsklage gemäß §§ 606 ff. ZPO
  • a) Ablauf des Verfahrens
  • b) Stellungnahme
  • i.) Finanzierung
  • ii.) Mindestanzahl
  • iii.) Verzicht auf anwaltliche Vertretung
  • c) Eignung für Bagatell- und Streuschäden
  • 3. Französische Gruppenklage
  • a) Ablauf des Verfahrens
  • i.) Erste Stufe
  • ii.) Zweite Stufe
  • iii.) Dritte Stufe
  • iv.) Vergleich
  • v.) Vereinfachtes Verfahren
  • b) Stellungnahme
  • i.) Mindestanzahl
  • ii.) Prozessrisiko des Verbands und Finanzierung
  • iii.) Verteidigungsmöglichkeit des Beklagten
  • iv.) Vergleichsbereitschaft
  • c) Eignung für Bagatell- und Streuschäden
  • IV. Vergleich der Modelle
  • V. Überwindung des Rechtsdurchsetzungsdefizits
  • 1. Bedarf der Rechtsdurchsetzung bei Bagatell-/Streuschäden
  • 2. Gewinnabschöpfung
  • a) Verfassungsrechtliche Bedenken
  • b) Defizite der bisherigen Regelung
  • i.) Vorsatzerfordernis
  • ii.) Gewinnermittlung
  • iii.) Abfluss an Bundeshaushalt
  • c) Bedarf neben strafrechtlicher Einziehung § 73 StGB
  • 3. Zwischenergebnis
  • VI. Lösungsmodell
  • 1. Schadensersatzanspruch
  • 2. Gewinnabschöpfungsanspruch
  • a) Vorsatzerfordernis
  • b) Gewinnermittlung
  • c) Verwendung Gewinnabschöpfung
  • 3. Konkurrenzverhältnis Schadensersatz/Gewinnabschöpfung
  • a) Vorrang von Schadensersatzansprüchen
  • b) Begrenzung Gewinnabschöpfungsanspruch
  • c) Anrechnung anderer Leistungen
  • d) Anspruchsbegrenzung
  • i.) Verzichtsfiktion
  • ii.) Parallele zum Insolvenzplan nach § 247 InsO
  • iii.) Übertragbarkeit auf class closure
  • iv.) Zwischenergebnis
  • VII. Zusammenfassung
  • B. Die Rolle des Gerichts bei der Vergleichsgenehmigung
  • I. Rolle des Gerichts nach s 33V FCA in Australien
  • II. Rolle des Gerichts nach § 18 KapMuG in Deutschland
  • 1. Ablauf des Verfahrens
  • a) Einigung
  • b) Inhalt
  • c) Stellungnahme der Beigeladenen
  • d) Genehmigung.
  • e) Austritt (opt-out)
  • 2. Prüfungsumfang
  • a) Vorgaben Gesetzesbegründung
  • b) Prüfungsumfang
  • i.) Erkenntnisquellen
  • (1) Beschränkter Klageantrag
  • (2) Sach- und Streitstand der Ausgangsverfahren
  • (3) Stellungnahme der Parteien
  • ii.) Prüfungspflicht
  • (1) Angemessenheit inter partes
  • (2) Angemessenheit inter se
  • (a) Diskriminierungsfreiheit
  • (b) Durchführbarkeit der Differenzierung
  • iii.) Zwischenergebnis
  • III. Die Musterfeststellungsklage gemäß §§ 606 ff. ZPO
  • IV. Zusammenfassung
  • V. Rolle der Gerichte de lege ferenda
  • 1. Erweiterung auf Sach- und Streitstand der Ausgangsverfahren
  • 2. Stellungnahme der Beigeladenen
  • 3. Anwaltliche Gutachten
  • 4. Class actions registrar
  • 5. Kriterien für die gerichtliche Genehmigung
  • VI. Ergebnis
  • Teil IV: Schluss
  • Literaturverzeichnis
  • Entscheidungsverzeichnis

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Teil I: Einleitung

A. Gegenstand der Untersuchung

Die Idee des kollektiven Rechtsschutzes ist wahrlich keine neue. So kann die sog. „actio popularis“ des Römischen Rechts, welche bereits 450 v. Chr. die Durchsetzung fremder Rechte durch eine ebenfalls betroffene Person zuließ, als erste Ausprägung des kollektiven Rechtsschutzes betrachtet werden.1 Schaut man weiter in die Zukunft, so landet man nicht sogleich bei der amerikanischen class action, sondern zunächst bei deren Vorreiter, dem sog. “traditional representative proceeding”.2 Auch dieses Verfahren lässt eine Bündelung mehrerer Ansprüche durch einen Betroffenen zu und wurde bereits im 17. Jahrhundert in der Equity-Rechtsprechung entwickelt. Es kann insofern als kleinster gemeinsamer Nenner begriffen werden, als es den Ausgangspunkt der Entwicklung der US-amerikanischen,3 wie auch der australischen4 und kanadischen5 class action darstellt.

In ihrer heutigen Gestalt existiert die US-amerikanische class action als Rule 23 Federal Rules of Civil Procedure erst seit ihrer Neugestaltung im Jahre 1966. Seit der Neugestaltung hegt auch die deutsche Rechtswissenschaft ein besonderes – wenn auch nicht nur positives – Interesse an der class action.6 Geprägt wird die Diskussion immer wieder von Skandalen, die das Interesse am kollektiven Rechtsschutz neu aufleben lassen.

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Nicht zuletzt der Dieselskandal rückt die Debatte über die Einführung eines allgemeinen kollektiven Rechtsschutzmechanismus erneut in die Öffentlichkeit.7 Beachtet man die Anzahl der durch den Skandal Betroffenen, so wird schnell deutlich, dass im Falle von Klagen das Modell des klassischen Zwei-Parteien-Prozesses die Justiz lahmlegen könnte. Ein Blick in das Jahr 2003, als die Börsengänge der Telekom und die hiermit verbundenen Anlegerklagen das Landgericht Frankfurt beschäftigten, zeigt, dass eine Vielzahl von Klagen die Funktionsfähigkeit eines Gerichts bedrohen kann.8 Dies war letztlich auch einer der Hauptaspekte für die Einführung des KapMuG im Jahr 2005.9 So waren bis Ende Juni 2017 am Braunschweiger Landgericht zunächst „nur“ 400 der bundesweit 4000 anhängigen Verfahren im Zusammenhang mit der Abgasaffäre anhängig.10 Mittlerweile ist die Zahl nach Angaben der Sprecherin des LG Braunschweig auf 3.000 Klagen mit einem Streitwert von etwa 900 Millionen Euro angestiegen.11 Allein die erste „Sammelklage“12 der financialright GmbH umfasste mehr als 15.000 Teilnehmer mit einem Gesamtvolumen von rund 350 Mio. Euro.13 Die zweite ←28 | 29→„Sammelklage“14 der financialright GmbH übertrifft diese Zahl sogar, indem sie mit mehr als 18.700 Teilnehmern gegen VW vor dem LG Braunschweig vorgeht.15 Ähnlich wie auch das KapMuG, welches umgangssprachlich als lex telekom bezeichnet wird, versucht der Gesetzgeber mit der am 1. November 2018 in Kraft getretenen Musterfeststellungsklage der Klageflut zu begegnen. Im Rahmen der am 29.11.2018 gegen die VW AG öffentlich bekanntgemachten Musterfeststellungsklage16 haben bereits bis Jahresende 2018 mehr als 300.000 ihre Ansprüche angemeldet.17 Zu beachten gilt, dass diese Zahlen noch nicht die Anzahl der kapitalmarktrechtlichen Streitigkeiten umfassen, auch wenn für deren Bündelung das KapMuG genutzt werden kann.

Aber nicht nur der Abgasskandal zeigt die Notwendigkeit von kollektiven Rechtsschutzmechanismen. So weist auch die Empfehlung der Europäischen Kommission darauf hin, dass es in der modernen Wirtschaft bisweilen immer häufiger zu Massenschadensereignissen kommt.18 Sie beschreibt diese als Ereignisse, „bei denen eine Vielzahl von Personen durch dieselbe rechtswidrige Verhaltensweise […] von einem oder mehreren Handelsunternehmen oder sonstigen Personen […] geschädigt werden.“19 Dies ist die klassische Folge der „Massengesellschaft“.20 Massenmedien, Massenverkehr und Massenproduktion, um nur einige zu nennen, sind klassische Ausprägungen des gesellschaftlichen Wandels. All diese Begriffe prägen Konstellationen, bei denen durch nur eine oder zahlreiche miteinander vergleichbare Handlungen unzählige Personen betroffen sind und somit zu ←29 | 30→Massenereignissen führen. Kommt es bei solchen Massenereignissen zu negativen Auswirkungen, so sprechen wir von Massen- oder Bagatell- und Streuschäden.21

Insbesondere Massenschäden durch Großunfälle – beispielsweise das Zugunglück von Eschede, der Absturz der Germanwings-Maschine, das Sinken der Costa Concordia, der Contergan-Skandal oder die Chemiekatastrophe in Bhopal – stehen oft im Fokus, da es sich hierbei meist um dramatische Fälle handelt.22 Dies nicht zuletzt deshalb, da nicht nur eine große Anzahl an Personen betroffen ist, sondern auch die Individualschäden eine beträchtliche Höhe erreichen. Eine kollektive Abwicklung solcher Streitigkeiten hat nicht nur den Vorteil, dass durch gemeinsame Beweiserhebungen Kosten gespart und die Justiz entlastet werden kann. Sie ist auch maßgeblich für eine effizientere Bewältigung der Verfahren.

Außerdem häufen sich ebenso Fälle im Bereich von Bagatell- und Streuschäden, bei welchen die Schäden der Einzelnen zwar in ihrer Höhe zu vernachlässigen sind, ihre Summe jedoch eine beträchtliche Höhe erreichen kann. So nutzen Unternehmen beispielsweise durch sog. Mogelpackungen – Packungen, bei denen der deklarierte Packungsinhalt nicht mit dem tatsächlichen übereinstimmt – das Rechtsdurchsetzungsdefizit von Bagatellschäden aus, um so Gewinne einfahren zu können. Genannt sei an dieser Stelle das viel zitierte Beispiel des Teebeutels,23 welcher mit einer geringeren Menge Tee befüllt ist als auf der Packung angegeben und so einen für den Verbraucher unwesentlichen Schaden darstellt. Ein durchschnittlicher Verbraucher wird diesen Mangel nicht verfolgen, was dem Unternehmen gleichwohl einen Gewinn in Höhe der gesparten Menge Tee gewährt. Dieses Durchsetzungsdefizit resultiert aus der rationalen Entscheidung geringe Schäden nicht juristisch zu verfolgen. Der Verzicht auf die Rechtsverfolgung – sei es aufgrund des allgemeinen Aufwands oder des Verhältnisses der Prozesskosten und -risiken zum eingetretenen Schaden – wird als „rationales Desinteresse“ oder „rationale Apathie“ des Geschädigten bezeichnet.24 Aus Unternehmerperspektive ←30 | 31→kann sich dieser beabsichtigte Verstoß jedoch zu einem wesentlichen Gewinn summieren.25

Die Durchsetzung von Massenschäden stellt eine neue Herausforderung für das Prozessrecht und somit auch die Zivilgerichte dar. Geht das Zivilprozessrecht doch von der klassischen Situation der Beteiligung von nur zwei Parteien aus.26 Zwar können bereits de lege lata Prozesse mit mehreren Beteiligten geführt werden.27 Dennoch ist weitestgehend anerkannt, dass die existierenden Mechanismen einen kollektiven Rechtsbehelf nicht substituieren können.28 Um ein möglichst „schlankes Verfahren“ zu ermöglichen, weisen kollektive Rechtsschutzmechanismen die Gemeinsamkeit auf, dass sie die Grundidee des Zwei-Parteien-Prozesses verfolgen und die Zahl der Kläger auf ein Minimum reduzieren, wobei nur einem bzw. wenigen Repräsentanten die Prozessführung anvertraut wird.

Ferner soll der kollektive Rechtsschutz eine Überlastung der Justiz verhindern und das rationale Desinteresse überwinden, das zum Durchsetzungsdefizit bei Kleinst- und Bagatellschäden führt.

Trotz der Einführung des KapMuG im Jahr 2005 – mit dem Ziel zu evaluieren, ob dieser Mechanismus ausgeweitet werden soll –29 besteht im deutschen Prozessrecht bis heute kein allgemeines Rechtsschutzinstrument zur Bündelung von Schadensersatzansprüchen. Die Bundesregierung spricht seit 2015 davon, dass sie verstärkt über eine Verbesserung der Rechtsdurchsetzung von Verbraucherrechten nachdenke und einen Gesetzesentwurf für eine Musterfeststellungsklage für das Jahr 2016 plane.30 Nachdem zunächst der Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz nicht über den Status einer internen Ressortabstimmung hinauskam, mündeten die Reformbemühungen in einem Diskussionsentwurf31 und einem darauf aufbauenden ←31 | 32→Gesetzesentwurf32. Wie bereits im Koalitionsvertrag angelegt,33 hat der Bundestag am 14.06.2018 die Einführung der Musterfeststellungsklage beschlossen, die am 1. November 2018 in Kraft getreten ist.34 Doch auch diese stellt, wie bereits das KapMuG, nur ein Rechtsschutzinstrument dar, mithilfe dessen gebündelt über Feststellungsziele entschieden werden kann, nicht jedoch Ansprüche eingeklagt werden können.35

Die politische Debatte wie auch die rechtswissenschaftliche Literatur sind bisher von der US-amerikanischen class action geprägt. So orientieren sich die meisten Vorschläge im Bereich des kollektiven Rechtsschutzes daran, sich möglichst weit vom sog. “toxic-cocktail”36 der Vereinigten Staaten zu distanzieren und keine ←32 | 33→derartige Prozesskultur in Deutschland bzw. auf europäischer Ebene zu schaffen. Um sich von diesem Blickwinkel zu lösen, setzt sich die Arbeit mit einem bisher wenig beachteten Rechtssystem in der europäischen Diskussion des kollektiven Rechtsschutzes auseinander, der australischen class action.37 Die Arbeit hat sich hier bewusst nicht das Ziel gesetzt, einen neuen Mechanismus neben den zahlreichen Vorschlägen zu unterbreiten,38 sondern sich vielmehr auf zwei zentrale Aspekte zu konzentrieren, die kollektiven Rechtsschutzmechanismen gemein sind.

So soll zunächst untersucht werden, ob und inwieweit der kollektive Rechtsschutz die auftretenden Durchsetzungsdefizite bei Bagatell- und Streuschäden überwinden kann. Hierbei soll die Art und Weise der Gruppenbildung analysiert und bewertet werden. Schwerpunkt dieser Analyse stellen hierbei die Besonderheiten des Class-closure-Mechanismus dar. Diese erfordern, trotz des vorherrschenden Opt-out-Charakters der australischen class action, dass der Betroffene aktiv dem Verfahren beitritt, um später nicht nur an das Urteil gebunden, sondern auch anspruchsberechtigt zu sein. Dieser Mechanismus, der einem opt-in zu ähneln scheint, soll neue Erkenntnisse im Hinblick auf die Diskussion von opt-in und opt-out bringen – besonders bezüglich Bagatell- und Streuschäden bei einer allgemeinen Gruppenklage de lege ferenda. Dabei werden dem australischen Ansatz die Musterfeststellungsklage nach dem Gesetzesentwurf – welcher der Gesetzesfassung weitestgehend entspricht –39 sowie die französische action de ←33 | 34→groupe gegenübergestellt. Ziel dessen, soll ein Ansatz zur Bewältigung des Durchsetzungsdefizits bzw. der Verhaltenssteuerung bei Bagatell- und Streuschäden, wie auch von Großschäden sein.

Weiter konzentriert sich die Arbeit auf die Rolle des Gerichts im Rahmen der Genehmigung von Massenvergleichen. Der Vergleich stellt in Australien40 – wie auch in den USA und Kanada als Vorreiter in Sachen class actions –41 die übliche Form der Beendigung einer class action dar. Im Hinblick darauf soll auf die über 25-jährige Erfahrung der australischen class action zurückgegriffen werden. Hierbei soll insbesondere beleuchtet werden, welche Aspekte die Gerichte bei der Vergleichsgenehmigung betrachten und welche Erkenntnisquellen den Gerichten im Rahmen der Genehmigung zur Verfügung stehen. Bewusst ausgeklammert wird hingegen eine Analyse der Prozessfinanzierung mit Blick auf Deutschland.

B. Anlass für die Betrachtung

Jedenfalls in der deutschsprachigen Literatur ist im Bereich des kollektiven Rechtsschutzes ein starker Fokus auf die US-amerikanische class action zu beobachten.42 Ob zu dieser mittlerweile alles gesagt wurde, was ein europäischer Jurist über ←34 | 35→US-amerikanische class actions wissen muss,43 ist – bereits aufgrund ihrer stetigen Modifikation – mehr als fraglich. Allerdings beschränkt sich der Fokus bisher primär auf diese Form des kollektiven Rechtsschutzes im Hinblick auf das Common Law. Dies trotz dem Umstand, dass auch Australien und Kanada auf mehr als 25 Jahre Erfahrung im Rahmen des kollektiven Rechtsschutzes zurückblicken können.44 Australien ist aus deutscher Perspektive nicht nur in Bezug auf den kollektiven Rechtsschutz, sondern vielmehr in allgemeiner rechtsvergleichender Hinsicht bislang weitestgehend unberücksichtigt geblieben. Hintergrund hierfür mögen einerseits die geografische Distanz wie auch das unterschiedliche Rechtssystem (Common Law) sein.45

Obwohl sowohl die US-amerikanische,46 die kanadische,47 wie auch die australische class action48 ihren Ursprung im englischen Recht haben und das traditional representative proceeding insoweit als deren Vorläufer anzusehen ist, haben sich die Jurisdiktionen weitestgehend auseinanderentwickelt.49 So sind viele der ←35 | 36→angeprangerten Besonderheiten des US-amerikanischen Rechts in Australien nicht vorhanden oder jedenfalls nicht in derselben Weise ausgeprägt.50 Vielmehr finden sich Gemeinsamkeiten mit dem kontinentaleuropäischen Rechtsverständnis, welches von dem in den USA stark divergiert. Diese Gemeinsamkeiten unterstreichen, warum sich eine Analyse der australischen class action anbietet.

I. „Schreckgespenst“ USA

Zunächst sei darauf hingewiesen, dass auch in Australien – insbesondere seitens Vertretern aus der Wirtschaft –51 die Befürchtung einer US-amerikanischen Klagekultur mit Einführung der class action geäußert wurde.52 Dies größtenteils noch bevor ein eigentlicher Entwurf vorgelegt und über zentrale Fragen, wie beispielsweise die Gruppenbildung, entschieden wurde.53 Die Australian Law Reform Commission (ALRC), welche die Empfehlung zur Einführung der class action in Australien gab, wies darauf hin, dass sich die Rechtssysteme Australiens und der USA wesentlich unterscheiden würden und eine Annäherung an die US-amerikanische Klagekultur nicht zu befürchten sei.54 Auf die Gefahren ←36 | 37→der US-amerikanischen class action ging die ALRC im Rahmen ihrer Empfehlung ausdrücklich ein. So beispielsweise auf blackmail settlements,55 dies sind Klagen, die trotz geringer Erfolgschancen erhoben werden, um dem Beklagten so einen möglichst hohen Vergleich „abzupressen“. Auch der Umstand, dass Anwälte class actions ungeachtet ihrer Statthaftigkeit einzuleiten versuchen, um möglichst hohe Honorare im Vergleichswege zu erzielen, wurde durch die Empfehlung adressiert. Diese Befürchtungen versuchte die ALRC unter Verweis auf prozessuale Unterschiede – wie eine zu den USA verschiedene Kostenerstattung oder das Verbot von prozentualen Erfolgshonoraren – auszuräumen.56

Die australische class action distanziert sich auch terminologisch von ihrem US-amerikanischen Gegenstück.57 So verwendet keines der Class-action-Regime Australiens den Begriff “class action”.58 Ähnlich auch auf europäischer Ebene, wobei die Kommission seit 2008 ausdrücklich nur noch vom kollektiven Rechtsschutz bzw. “collective redress” spricht.59 Zwar existiert in Deutschland derzeit kein Mechanismus des kollektiven Rechtsschutzes, der dem einer class action gleichzustellen wäre, dennoch distanziert sich auch der deutsche Gesetzgeber im Rahmen der Gesetzesbegründung des KapMuG von der class action, indem er klarstellt, dass „weder die US-amerikanische class action“ noch die “representative action” im englischen Zivilverfahrensrecht zum Vorbild“ genommen werden sollen.60

Doch sind es nicht nur die Angst der Schaffung „amerikanischer Verhältnisse“, welche beide Staaten im Hinblick auf den kollektiven Rechtsschutz verbindet, sondern auch prozessrechtliche wie auch materiell-rechtliche Besonderheiten, die konträr zum US-amerikanischen Recht stehen. Entscheidend ist dabei nicht, dass das australische Recht diese Besonderheiten nicht vorweist, sondern vielmehr, dass es eben diese Besonderheiten sind, die im Rahmen der „amerikanischen Verhältnisse“ oder des “toxic cocktails” in der Kritik stehen.

←37 | 38→

II. Loser-pays-Prinzip

Eine der Besonderheiten des US-amerikanischen Rechts ist im Kostenerstattungsrecht zu sehen. So folgt dieses der “American rule (of costs)”, welche vorsieht, dass jede Partei für ihre eigenen Kosten verantwortlich ist und keine Kostenerstattung durch den Unterliegenden erfolgt.61 Dementgegen steht das Loser-pays-Prinzip, welches vorsieht, dass derjenige die Kosten zu tragen hat, der im Verfahren unterliegt.62

Das Loser-pays-Prinzip findet sowohl in Deutschland,63 als auch in Australien Anwendung. Zwar geht dies in Australien nicht unmittelbar aus dem Gesetzestext hervor, da dieser dem Gericht lediglich ein weites Ermessen hinsichtlich der Kostentragung einräumt.64 Allerdings ist das Ermessen in aller Regel so weit auf null reduziert, als dass Gerichte auch hier die unterliegende Partei bzw. denjenigen, der den Rechtsstreit veranlasst hat, zur Kostentragung verurteilen.65

III. Erfolgshonorare

Ein weiterer Kritikpunkt hinsichtlich der Missbrauchsanfälligkeit der amerikanischen class action wie auch der Schaffung einer Klagekultur stellen Erfolgshonorare dar.66 Hierbei darf nicht außer Acht gelassen werden, dass Erfolgshonorare ←38 | 39→unter anderem einen Ausgleich für die fehlende Kostenerstattung der unterliegenden Seite durch die American rule of costs sowie der fehlenden Prozesskostenhilfe in den Vereinigten Staaten darstellen.67 Dennoch führt gerade die Bündelung der Ansprüche im Rahmen von class actions dazu, dass das Betreiben von Sammelklagen und die hiermit verbundene finanzielle Partizipation an einem in Aussicht stehenden Massenvergleich einen erheblichen Anreiz für die Anwaltsindustrie darstellt. Dies begünstigt jedenfalls die Schaffung einer Klageindustrie bzw. dass substanzarme Klagen erhoben werden.68

In Deutschland sind Erfolgshonorare gemäß § 49b Abs. 2 BRAO grundsätzlich unzulässig, können jedoch unter Einschränkungen gemäß § 4a RVG vereinbart werden. Dies stellt jedoch bisher die Ausnahme dar, was nicht unbedingt an den hohen Anforderungen liegt, die an die Vereinbarung gestellt werden,69 sondern vielmehr der fehlenden Nachfrage der Mandantschaft geschuldet ist.70

←39 | 40→

In Australien ist zwischen contingency fees und conditional fees zu differenzieren. So sind sog. “conditional offers” mittlerweile in allen dortigen Jurisdiktionen zulässig. Hierbei handelt es sich um Honorarvereinbarungen, die entsprechend eines “no-win, no-fee-agreements” nur im Erfolgsfall anfallen. Bei diesen kann zusätzlich zur normalen Gebühr im Erfolgsfalle eine sog. uplift-fee von 25% erhoben werden.71 Auch diese bezieht sich jedoch nicht auf die erstrittene Summe, sondern allein auf den Kostensatz.72

Erfolgshonorare in Form der quota-litis – basierend auf der erstrittenen Summe – sind hingegen bislang verboten.73 Seinen Ursprung hat dieses Verbot in den Grundsätzen von maintenance und champerty, welche dem englischen Recht entstammen.74 Maintenance verbot es Dritten, einen Prozess zu unterstützen. Champerty, als Unterfall der maintenance, einen finanziellen Vorteil aus dem fremden Prozess zu ziehen.75 Diese Regelungen sollten im Mittelalter die Unabhängigkeit der Prozesse vor der Einflussnahme durch Dritte schützen und später das Gericht davor bewahren, für Spekulationsgeschäfte benutzt zu werden.76 In anderen Worten war die Prozessfinanzierung durch Dritte untersagt.

←40 | 41→

Maintenance und champerty wurden Mitte des 20. Jahrhunderts in den meisten Teilen in Australien als Delikte abgeschafft.77 Trotz alledem wird weiterhin die Ansicht vertreten, dass Verträge, die gegen diese Grundsätze und somit die öffentliche Ordnung verstoßen, nichtig sind.78 Auch die Fostif-Entscheidung des High Courts,79 in welcher die Prozessfinanzierung als zulässig erachtet wurde – unter anderem mangels eines Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung aufgrund der Abschaffung von maintenance und champerty als Delikte und Straftaten –,80 änderte nichts an dem Verbot von Erfolgshonoraren.81 Hauptargumente gegen solche sind weiterhin, dass diese zu einer Klageindustrie und Interessenkonflikten zwischen Mandant und Anwalt führen.82

IV. Strafschadensersatz

Strafschadensersatz ist dem deutschen Zivilrecht im Grundsatz fremd.83 Es ist von dem Gedanken geleitet, dass Schadensersatz primär der Kompensation dient und nicht über den Ausgleich des eingetretenen Schadens hinausgehen soll.84 Eine ←41 | 42→Sanktionsfunktion soll gerade nicht aus dem Schadensrecht erwachsen. Strafschadensersatz hingegen verfolgt gerade nicht den Zweck, den erlittenen Schaden zu ersetzen. Er steht vielmehr neben dem kompensatorischen Schadensersatz und verfolgt darüber hinausgehende abschreckende sowie insbesondere pönale Zwecke.85

Die aus dem US-amerikanischen Recht bekannten “punitive damages” verfolgen eben diesen Sanktionszweck und werden in den USA auch im Falle von class actions zugesprochen. Besonders im Zusammenhang mit hieran anknüpfenden Erfolgshonoraren gestalten sich class actions für Anwälte als lukrative Einkommensquelle, die die Klageindustrie fördern.86 Weiter erhöhen zu befürchtende hohe Schadensersatzsummen den Druck auf den Beklagten, sich möglichst früh zu vergleichen, um so das mediale Interesse zu minimieren.87 Ungeachtet dessen darf die Höhe des Strafschadensersatzes auch in den USA für den Beklagten nicht unvorhersehbar und unverhältnismäßig sein. Gerichte müssen bei der Bemessung von Strafschadensersatz die in der Entscheidung BMW v. Gore88 aufgestellten Grundsätze berücksichtigen. Entscheidend ist daher vor allem die Verwerflichkeit eines Fehlverhaltens, das Verhältnis von Schaden und Strafschadensersatz sowie die Höhe von Strafschadensersatz in gleichgelagerten Fällen.89

In Australien sind punitive damages als sogenannte “exemplary damages” bekannt.90 Dabei nimmt Australien eine sehr restriktive Haltung ←42 | 43→ein.91 Wie auch in den USA92 setzt Schadensersatz, der über die eigentliche Kompensation hinausgeht, ein besonders verwerfliches Verhalten voraus.93 Gerade diese hohen Anforderungen machen den Zuspruch von Strafschadensersatz äußerst selten.94 Im Rahmen von class actions sind bisher keine Fälle bekannt, in denen exemplary damages zugesprochen wurden.95

V. Jury-trials

In den USA sind jury-trials verfassungsmäßig garantiert und können auch im Rahmen von class actions angeordnet werden.96 Dies führt oftmals dazu, dass die Entscheidung von einer rechtlichen auf eine emotionale Ebene verschoben wird, da es den Jurymitgliedern – gerade aufgrund der Komplexität von class actions – an dem notwendigen Sachverstand fehlen wird,97 die Entscheidung rechtlich zu ←43 | 44→bewerten.98 Zudem werden im Rahmen von jury-trials oft sehr hohe Schadensersatzsummen – oft in Form von Strafschadensersatz – zugesprochen,99 was auf Mitleidserwägungen zurückzuführen ist. Ein weiterer Kritikpunkt ist der Unsicherheitsfaktor, der Beklagte oftmals zu Vergleichsverhandlungen drängt.100

Auch wenn in Australien grundsätzlich die Möglichkeit besteht, eine class action vor einer Jury zu verhandeln,101 so besteht im Bereich des Zivilrechts – anders als in den Vereinigten Staaten – kein verfassungsrechtlicher Anspruch auf ein solches Verfahren.102 Die Bedeutung des jury-trials in Australien verdeutlichen s 30 und s 40 FCA, welche bestimmen, dass Verfahren vor einem Richter ohne Beteiligung einer Jury geführt werden, sofern dieser nichts anderes anordnet.103 Es gibt daher generell nur sehr wenige Verfahren, die unter Beteiligung einer Jury gehört werden. Im Rahmen von Verfahren vor dem Federal Court of Australia wurde bisher – trotz der generellen Möglichkeit eines jury-trials – kein solcher Antrag gestellt.104 Dies gilt entsprechend für class actions vor dem Federal Court of Australia.105

Im Jahr 2012 stellten die Kläger einer class action betreffend Schadensersatz wegen eines Buschfeuers einen Antrag auf ein jury-trial vor dem Supreme Court von Victoria. Das Gericht hielt ein Verfahren unter Beteiligung einer Jury zwar ←44 | 45→generell für möglich, wies aber zugleich darauf hin, dass die Beteiligung einer Jury bereits wegen der Komplexität des Verfahrens ausscheide.106

Details

Seiten
420
Jahr
2019
ISBN (PDF)
9783631798867
ISBN (ePUB)
9783631798874
ISBN (MOBI)
9783631798881
ISBN (Hardcover)
9783631789278
DOI
10.3726/b16017
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2019 (Oktober)
Schlagworte
Kollektiver Rechtsschutz Representative proceeding Collective Redress Gewinnabschöpfung Vergleichsgenehmigung Musterfeststellungsklage Action de groupe Sammelklage Massenschäden Bagatellschäden
Erschienen
Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2019. 420 S.

Biographische Angaben

Fabian Stitz (Autor:in)

Fabian Stitz schloss das Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Konstanz ab. Er absolvierte einen LL.M. an der University of Sydney, Australien. Im Anschluss daran war er unter anderem als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Konstanz sowie in verschiedenen internationalen Großkanzleien tätig.

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Titel: Class actions in Australien
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