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Städtebauliche Verträge zur Baulandbereitstellung

Rechtliche Rahmenbedingungen von Baulandmodellen zur Wohnraumschaffung

von Vera Katharina Grötz (Autor:in)
©2020 Dissertation 216 Seiten

Zusammenfassung

In vielen Großstädten herrscht Wohnungsnot. Um ihr zu begegnen, müssen die Städte neue Baugebiete ausweisen, scheuen aber die Kosten. Die Städte beteiligen daher mittels städtebaulichen Verträgen die Investoren an den Kosten der Planung und Erschließung. Ebenso verpflichten sie sie zur Schaffung günstigen Wohnraumes.
Die Autorin erläutert die Voraussetzungen städtebaulicher Verträge zur Baulandbereitstellung. Anschließend zeigt sie deren Grenzen in Gestalt des Koppelungsverbotes und der Angemessenheit auf. Zudem schlägt sie Vertragsformulierungen vor für den Fall, dass der Bebauungsplan scheitert oder mit einem anderen Inhalt zustande kommt. Abschließend untersucht die Autorin die Rechtsfolgen fehlerhafter Klauseln auf die Wirksamkeit des städtebaulichen Vertrags und den Bebauungsplan.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Inhaltsverzeichnis
  • A. Einleitung
  • B. Aktuelle Situation
  • I. Münchener Modell
  • 1. Anwendungsbereich
  • 2. Leistungspflichten
  • a) Kostenbeteiligung
  • aa) Gegenstand der Kostenbeteiligung
  • bb) Art der Erbringung der Leistung
  • b) Geförderter Wohnungsbau
  • aa) Höhe der Quote und Verteilung
  • bb) Erfüllung der Quote
  • 3. Angemessenheit
  • a) Deckelungsgrenze bei 1/3 des Wertzuwachses
  • b) Berechnung des Bodenwertzuwachses
  • aa) Anfangswert
  • bb) Endwert
  • cc) Brutto- und Nettobodenwertzuwachs
  • 4. Verfahren
  • a) Grundzustimmung
  • b) Grundvereinbarung
  • c) Ausführungsverträge
  • 5. Zwischenergebnis
  • II. Berliner Modell der kooperativen Baulandentwicklung
  • 1. Anwendungsbereich
  • 2. Leistungspflichten
  • a) Kostenbeteiligung
  • aa) Gegenstand der Kostenbeteiligung
  • bb) Umfang der Maßnahmen
  • cc) Rangfolge der Maßnahmen
  • dd) Art der Erbringung der Leistung
  • b) Mietpreis- und Belegungsbindungen
  • 3. Angemessenheit
  • a) Zielwert
  • b) Eingangswert
  • c) Umfang der Leistungspflichten
  • 4. Verfahren
  • a) Grundzustimmung
  • b) Städtebauliche Verträge
  • c) Scheitern des Bebauungsplanverfahrens
  • 5. Zwischenergebnis
  • III. Weitere Städte
  • 1. Stuttgart
  • a) Anwendungsbereich
  • b) Leistungspflichten
  • aa) Kostenbeteiligung
  • bb) Geförderter Wohnungsbau
  • c) Angemessenheit
  • aa) Anfangswert
  • bb) Endwert
  • cc) Ermittlung der Bodenwerte
  • dd) Leistungspflichten übersteigen abschöpfbare Bodenwertsteigerung
  • d) Verfahren
  • e) Zwischenergebnis
  • 2. Düsseldorf
  • a) Anwendungsbereich
  • b) Leistungspflichten
  • aa) Kostenbeteiligung
  • bb) Geförderter und mietpreisgedämpfter Wohnungsbau
  • (1) Quotierung für geförderten und preisgedämpften Wohnungsbau
  • (2) Abweichungen von der Quote
  • c) Angemessenheit
  • d) Zwischenergebnis
  • IV. Zwischenergebnis
  • C. Voraussetzungen städtebaulicher Verträge
  • I. Folgekostenverträge gem. § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB
  • 1. Kausalität
  • a) Unmittelbare Kausalität und Wertungsspielraum
  • b) Konkretisierung nötig
  • c) Ursächlichkeit unabhängig von der Größe des Vorhabens
  • d) Räumliche Grenze der Ursächlichkeit
  • e) Zeitliche Grenze der Ursächlichkeit
  • f) Vorhaben verursacht Maßnahme nur teilweise
  • 2. Nachweispflicht
  • a) Allgemein
  • b) Besonderheiten im Kerngebiet und Mischgebiet
  • aa) Geringere Wohnfläche
  • bb) Geringere Attraktivität für Familien mit Kindern
  • cc) Zwischenergebnis
  • 3. Zwischenergebnis
  • II. Verträge zur Deckung des Wohnbedarfs gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 4. Fall BauGB
  • 1. Erforderlichkeit aus städtebaulichen Gründen
  • a) Städtebauliche Gründe als Voraussetzung
  • b) Begriff der „städtebaulichen Gründe“
  • c) Räumlicher Zusammenhang erforderlich
  • aa) Begrenzung auf das Bebauungsplangebiet
  • bb) Stadtweite Betrachtung
  • cc) Eigener Vorschlag: nähere Umgebung entscheidend
  • dd) Zwischenergebnis
  • d) Zwischenergebnis
  • 2. Nachweispflicht
  • III. Prüfung der einzelnen Modelle
  • 1. Kausalität
  • a) Allgemeine Anforderungen
  • b) Gesamtkonzept
  • aa) Prognose der Bevölkerungsentwicklung
  • bb) Festlegung der zu entwickelnden Wohnbauflächen
  • cc) Prognose des Bedarfs an Folgeeinrichtungen
  • dd) Prognose der Kosten
  • ee) Darstellung des Berechnungsmodus und Gleichheitssatz
  • ff) Zwischenergebnis
  • c) Besonderheiten im Kerngebiet und Mischgebiet
  • aa) München
  • bb) Berlin
  • cc) Stuttgart
  • dd) Düsseldorf
  • ee) Zwischenergebnis
  • 2. Städtebauliche Erforderlichkeit
  • a) Städtebauliche Gründe als Hauptmotiv
  • b) Ersatzmaßnahmen in anderen Gebieten
  • c) Quote für günstigen Wohnraum
  • IV. Zwischenergebnis
  • D. Grenzen städtebaulicher Verträge
  • I. Koppelungsverbot
  • 1. Innerer Zusammenhang
  • a) Innerer Zusammenhang bei Folgekostenverträgen
  • b) Innerer Zusammenhang bei Planverwirklichungsverträgen
  • aa) Allgemeines
  • bb) Bauordnungsrechtliche Abweichungen
  • c) Zwischenergebnis
  • 2. Keine wirtschaftliche Gegenleistung
  • a) 1. Ausnahme: Ermessen der Behörde
  • aa) Plankonforme Bauvorhaben
  • bb) Befreiung
  • cc) Ausnahme
  • dd) Unbeplanter Innenbereich
  • ee) Unbeplanter Außenbereich
  • ff) Abweichungen vom Bauordnungsrecht
  • gg) Teilweiser Anspruch auf Baugenehmigung
  • hh) Bebauungsplan
  • ii) Zwischenergebnis
  • b) 2. Ausnahme: Nebenbestimmung?
  • aa) Anwendbarkeit des § 56 VwVfG auf städtebauliche Verträge
  • bb) Verhältnis § 11 Abs. 2 S. 2 BauGB zu § 56 Abs. 2 VwVfG
  • c) Sonderfall: Folgelastenverträge
  • 3. Zwischenergebnis
  • 4. Prüfung der einzelnen Modelle
  • a) Innerer Zusammenhang
  • b) Kein Anspruch des Investors auf die Leistung
  • aa) München
  • bb) Berlin
  • cc) Stuttgart
  • dd) Düsseldorf
  • c) Zwischenergebnis
  • II. Angemessenheit
  • 1. Begriff und Kriterien der Angemessenheit
  • a) Maßstäbe nach der Rechtsprechung
  • b) Kriterien nach der Literatur
  • c) Initiative als Indiz?
  • d) Rechtsprinzip „volenti non fit iniuria“
  • e) Gleichheitsgrundsatz
  • f) Angemessenheit nur zugunsten des Investors?
  • 2. Stand des Meinungsstreites
  • a) Unstreitig: keine Überkompensation und hoheitlich festsetzbar
  • b) „Abschöpfen“ der gesamten Bodenwertsteigerung
  • c) Übertragung des Halbteilungsgrundsatzes
  • 3. Stellungnahme zu den vertretenen Meinungen
  • a) „Abschöpfen“ der gesamten Bodenwertsteigerung unangemessen
  • b) Keine Übertragung des Halbteilungsgrundsatzes
  • c) Zwischenergebnis
  • 4. Eigener Lösungsvorschlag
  • a) Reduzierung der Nachteile einer pauschalen Quote
  • aa) Möglichkeit, die Angemessenheit zu widerlegen, und Beweislast
  • bb) Anpassung bei besonderen Umständen
  • cc) Konkrete und plausible Bemessungsgrundlagen
  • dd) Höhe der pauschalen Prozentquote
  • b) Angemessener Anteil der Bodenwertsteigerung für den Investor
  • aa) Schutz der Baufreiheit durch Art. 14 Abs. 1 GG?
  • bb) Schutz der Bodenwertsteigerung durch Art. 14 Abs. 1 GG?
  • (1) Keine Wertgarantie
  • (2) Kein Schutz vor Geldleistungspflichten
  • (3) Erdrosselnde Wirkung
  • (4) Gegenmeinung
  • (5) Zwischenergebnis
  • cc) Schutz der Bodenwertsteigerung durch Art. 12 Abs. 1 GG?
  • dd) Schutz der Bodenwertsteigerung durch Art. 2 Abs. 1 GG
  • ee) Zwischenergebnis
  • 5. Prüfung der einzelnen Modelle
  • a) München
  • b) Berlin
  • aa) Vereinfachte Schätzung der Bodenwertsteigerung
  • bb) Vollständige Abschöpfung der Bodenwertsteigerung
  • cc) Anerkennung von Mietpreis- und Belegungsbindungen als Lasten
  • dd) Zwischenergebnis
  • c) Stuttgart
  • d) Düsseldorf
  • E. Vertragsgestaltung bei Scheitern oder Abweichen des Bebauungsplans
  • I. Schadensersatz
  • 1. Ohne vertragliche Regelung grundsätzlich keine Ansprüche
  • a) Vorvertragliche Pflichtverletzung
  • b) Amtshaftung
  • c) Stillschweigende Risikoübernahmen?
  • d) Abbruch des Planungsverfahrens als Vereitelung des Bedingungseintritts?
  • 2. Zulässigkeit vertraglicher Regelungen
  • a) Zulässige Vorbindungen
  • b) Ersatz der Planungskosten
  • c) Ersatz sonstiger Kosten
  • d) Schadensersatzansprüche und entgangener Gewinn
  • e) Vereinbarungen in privat-rechtlichen Kaufverträgen
  • f) Zwischenergebnis
  • II. Rücktritt
  • III. Bedingung
  • 1. Aufschiebende Bedingung
  • 2. Auflösende Bedingung
  • 3. Stillschweigende Bedingung
  • 4. Vereinbarungen in privat-rechtlichen Kaufverträgen
  • 5. Zwischenergebnis
  • IV. Vertragsanpassung und Kündigung
  • 1. Voraussetzungen der Vertragsanpassung nach § 60 Abs. 1 VwVfG
  • 2. Voraussetzungen der Kündigung nach § 60 Abs. 1 VwVfG
  • 3. Rechtsfolgen der Anpassung und der Kündigung
  • 4. Empfehlungen für vertragliche Regelungen
  • 5. Zwischenergebnis
  • V. Zwischenergebnis
  • F. Rechtsfolgen fehlerhafter Klauseln in städtebaulichen Verträgen
  • I. Folgen für die Wirksamkeit städtebaulicher Verträge
  • 1. Verstöße gegen Kausalität und städtebauliche Erforderlichkeit
  • 2. Verstöße gegen Koppelungsverbot und Gebot der Angemessenheit
  • 3. Verstöße gegen die Grenzen zulässiger Vorbindung
  • 4. Teilnichtigkeit oder Gesamtnichtigkeit
  • 5. Zwischenergebnis
  • II. Salvatorische Klauseln und Heilung
  • III. Rückabwicklung des städtebaulichen Vertrags
  • 1. Einseitige Rückabwicklung
  • 2. Treuwidrigkeit der einseitigen Rückerstattung?
  • 3. Ausschluss des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs
  • 4. Zwischenergebnis
  • IV. Auswirkungen auf den Bebauungsplan
  • 1. Einbeziehung eines fehlerhaften Vertrages in die Abwägung
  • 2. Verwendung AGB-ähnlicher Verträge
  • a) Freie Abwägung der Gemeinde
  • b) Private Interessen des Investors
  • V. Zwischenergebnis
  • G. Fazit
  • Literaturverzeichnis
  • Monografien
  • Aufsätze
  • Veröffentlichungen der Städte

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A. Einleitung

Die Überplanung und Erschließung eines neuen Baugebietes kostet Geld – Geld, das vielen Kommunen in Zeiten knapper Kassen fehlt. Gleichzeitig steigen die Mieten in zahlreichen Städten stark und es mangelt vor allem an günstigem Wohnraum. So erwartet der Berliner Gutachterausschuss einen durchschnittlichen Preisanstieg von 20 % für Ein- und Zweifamilienhäuser, gleichzeitig ist Berlin wegen niedrigerer Haushaltseinkommen eine typische Mieterstadt.1 Um neuen Wohnraum zu schaffen und ihre Aufgabe der Bauleitplanung trotz angespannter Haushaltslage zu erfüllen, suchen die Gemeinden daher nach Wegen, Investoren an den Kosten von Wohnungsbauvorhaben sowie der Schaffung günstigen Wohnraums zu beteiligen.

Vor diesem Hintergrund hat die Landeshauptstadt München das Münchener Modell der „Sozialgerechten Bodennutzung“ (SoBoN) entwickelt. Inzwischen werden in München seit über 20 Jahren zwischen Stadt und Vorhabenträgern städtebauliche Verträge nach § 11 BauGB geschlossen, mit denen die Investoren sich an den Kosten des Planungsverfahrens sowie der Erschließung beteiligen. Zudem verpflichten die Investoren sich, eine bestimmte Quote preiswerter Wohnungen zu schaffen. Ähnliche Modelle gibt es heute bundesweit in zahlreichen Städten, darunter in Berlin, Düsseldorf und Stuttgart.

In dieser Arbeit wird zum einen untersucht, unter welchen Voraussetzungen Investoren durch städtebauliche Verträge verpflichtet werden dürfen, sich an den Kosten zu beteiligen und günstigen Wohnraum zu realisieren. Zum anderen werden die Grenzen städtebaulicher Verträge bestimmt, insbesondere welcher Anteil der planungsbedingten Bodenwertsteigerung dem Investor verbleiben muss. Ziel dieser Arbeit ist aufzuzeigen, wie städtebauliche Verträge rechtssicher abgeschlossen werden können und sowohl die Interessen der Gemeinde berücksichtigt werden als auch das Interesse des Investors an einem angemessenen Gewinn für sein Investitionsrisiko.

Der Schwerpunkt der folgenden Untersuchung liegt auf München als Vorreiter der Sozialgerechten Bodennutzung und Berlin, wo es seit August 2014 eine einheitliche stadtweite Leitlinie zum Abschluss städtebaulicher Verträge gibt. Ergänzend werden die Städte Stuttgart und Düsseldorf betrachtet, so dass ←17 | 18→verschiedene Ausgangslagen hinsichtlich wirtschaftlicher Bedingungen und politischer Mehrheitsverhältnisse in den Blick genommen werden.

Im Verlauf dieser Arbeit werden zunächst die verschiedenen Modelle der vier Städte München, Berlin, Stuttgart und Düsseldorf dargestellt. Dabei wird zusammengefasst, wann die Modelle in der jeweiligen Stadt anwendbar sind und welches Verfahren zum Abschluss städtebaulicher Verträge vorgesehen ist. Der Schwerpunkt der Darstellung liegt auf den Leistungspflichten, die den Investoren in städtebaulichen Verträgen auferlegt werden, sowie den Vorgaben zur Angemessenheit, die der städtebauliche Vertrag einhalten muss (vgl. B).

Diese beiden Aspekte werden anschließend genauer untersucht: Zuerst wird aufgezeigt, unter welchen Voraussetzungen Investoren sich verpflichten dürfen, durch das Vorhaben bei der Gemeinde verursachte Kosten zu tragen und günstigen Wohnraum zu schaffen. Die zentrale Frage für beide Arten von Leistungspflichten ist, ob zwischen dem Vorhaben und den Kosten bzw. den günstigen Wohnungen ein Zusammenhang besteht und welchen Anforderungen dieser genügen muss (vgl. C).

Danach werden die Grenzen der städtebaulichen Verträge betrachtet. Zunächst wird untersucht, ob es im Hinblick auf das Koppelungsverbot aus § 11 Abs. 2 BauGB überhaupt zulässig ist, die Schaffung von Baurecht an den Abschluss eines städtebaulichen Vertrages zu knüpfen (vgl. D I). Denn bereits nach dem Wortlaut des § 11 Abs. 2 BauGB ist eine vom Vorhabenträger zu erbringende Leistung unzulässig, wenn er ohnehin einen Anspruch auf die Gegenleistung – hier in Form der Baugenehmigung – hätte. Es wird daher untersucht, wann kein Anspruch auf die Baugenehmigung besteht, so dass das Koppelungsverbot dem Abschluss eines städtebaulichen Vertrags nicht entgegensteht. Des Weiteren stellt sich die Frage, wie sich ein bereits bestehendes Baurecht auswirkt, welches ein geringeres Maß der baulichen Nutzung zulässt als nun realisiert werden soll.

Als zweite Grenze städtebaulicher Verträge stellt sich unter dem Gesichtspunkt der Angemessenheit die Frage, inwieweit die Gemeinde die planungsbedingte Wertsteigerung des Grundstücks abschöpfen darf (vgl. D II). In München verbleibt dem Investor mindestens das „Bauherren-Drittel“ des Wertzuwachses – auch wenn die Kosten mehr als zwei Drittel des Wertzuwachses ausmachen. In der Literatur wird vorgeschlagen, den „Halbteilungsgrundsatz“ des Steuerrechts auf die städtebaulichen Verträge zu übertragen, so dass nur etwa die Hälfte des Bodenwertzuwachses abgeschöpft werden darf. In Berlin hingegen gibt es keinen festen Anteil, der dem Investor verbleibt.

Wird nach alldem ein städtebaulicher Vertag abgeschlossen, so verpflichtet sich der Investor einseitig: Die Gemeinde darf sich nach § 1 Abs. 3 BauGB nicht dazu verpflichten, einen Bebauungsplan aufzustellen. Der Investor muss sich ←18 | 19→daher absichern können, sollte der Bebauungsplan nicht oder nicht wie vorgesehen zustande kommen, der Investor aber bereits Verpflichtungen übernommen oder Leistungen erbracht haben (vgl. E).

Abschließend werden die Rechtsfolgen von nichtigen Klauseln für den städtebaulichen Vertrag und den Bebauungsplan analysiert (vgl. F).

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B. Aktuelle Situation

Um einen Überblick über die aktuelle Situation zu erhalten, werden im Folgenden die Städte München (vgl. I) und Berlin (vgl. II) verglichen sowie ergänzend Stuttgart und Düsseldorf (vgl. III).

I. Münchener Modell

In München fasste der Stadtrat 1994 den ersten Beschluss zur Sozialgerechten Bodennutzung. Hierbei handelt es sich um ein Baulandmodell mit dem Ziel, den Grundstückseigentümer an den Kosten der Planung zu beteiligen und die Schaffung günstigen Wohnraums zu forcieren.

Ist das Verfahren der Sozialgerechten Bodennutzung anwendbar (vgl. 1), verpflichten sich die Grundstückseigentümer, die durch das Bauvorhaben verursachten Kosten zu übernehmen sowie geförderten Wohnraum zu schaffen (vgl. 2). Der Umfang dieser Verpflichtungen berechnet sich nach der Bodenwertsteigerung (vgl. 3). Das gesamte Verfahren der Sozialgerechten Bodennutzung besteht dabei aus bis zu drei Schritten (vgl. 4).

1. Anwendungsbereich

Das Verfahren der Sozialgerechten Bodennutzung kommt gemäß Ziffer 4 der Verfahrensgrundsätze zur Sozialgerechten Bodennutzung in der Fassung vom 26. Juli 2017 (im Folgenden „Verfahrensgrundsätze“) zum Zuge bei städtebaulichen Maßnahmen, die planungsbedingt Kosten bei der Stadt auslösen und zu einer Bodenwertsteigerung in nicht unerheblichem Umfang führen. Erfasst werden Bauleitplanungen und städtebauliche Satzungen, nicht hingegen Sanierungsbaupläne und städtebauliche Entwicklungsmaßnahmen.

2. Leistungspflichten

Im Regelfall übernehmen die Grundstückseigentümer die Leistungspflichten; je nach Sachlage und auf Wunsch der Beteiligten können aber auch die Erwerber verpflichtet werden, Ziffer 1 der Verfahrensgrundsätze. Die Planungsbegünstigten müssen dabei bestimmte Kostenarten (vgl. a) sowie Bindungen im Wohnungsbau übernehmen (vgl. b). Außerdem verpflichten sich die Planungsbegünstigten zu einer Bebauung gemäß den planungsrechtlichen Festsetzungen innerhalb eines angemessenen Zeitraumes, Ziffer 3 Abs. 1 der Verfahrensgrundsätze.

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a) Kostenbeteiligung

Die Planungsbegünstigten sollen bestimmte Kostenarten übernehmen (vgl. aa). Sie sind grundsätzlich frei, wie sie diese Leistungen erbringen (vgl. bb).

aa) Gegenstand der Kostenbeteiligung

Die Planungsbegünstigten sollen gemäß Ziffer 2.1 der Verfahrensgrundsätze die folgenden Kostenarten ggf. anteilig übernehmen, soweit die Kosten Voraussetzung oder Folge des geplanten Vorhabens sind:

Abtretung von Flächen für vorgesehene Erschließungsanlagen wie Grün- und Verkehrsflächen, für Gemeinbedarfseinrichtungen und Ausgleichsflächen,

Herstellungskosten der Erschließungsanlagen und der Ausgleichsmaßnahmen,

Herstellungskosten für die soziale Infrastruktur oder die Ablösung dieser Verpflichtung durch einen anteiligen Finanzierungsbeitrag von 100,00 €/m2 neugeschaffene Geschossfläche zu Wohnzwecken,

Wettbewerbskosten, Kosten für zusätzliche Öffentlichkeitsarbeiten, Honorare nach der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure bei Vergabe von Leistungen an Dritte, Kosten für Gutachten, Umlegungskosten,

Verzicht auf Ansprüche, z. B. wegen Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb.

Sollen im Ausnahmefall andere ursächliche Kosten übernommen werden, so ist die Entscheidung des Stadtrates herbeizuführen, Ziffer 2 der Verfahrensgrundsätze (letzter Absatz).

bb) Art der Erbringung der Leistung

Die Art der Leistungserbringung ist in Ziffer 5 der Verfahrensgrundsätze geregelt. Sie soll den Planungsbegünstigten möglichst freigestellt sein. Möglich sind Geldbeiträge, Flächenabtretung oder die tatsächliche Übernahme der Last. Verkehrs-, Grün- und Gemeinbedarfsflächen müssen jedoch durch Flächenabtretungen zur Verfügung gestellt werden. Bei Erschließungsanlagen und Kindertagesstätten gelten Besonderheiten, wie die Leistung erbracht werden kann.

Details

Seiten
216
Jahr
2020
ISBN (PDF)
9783631826256
ISBN (ePUB)
9783631826263
ISBN (MOBI)
9783631826270
ISBN (Paperback)
9783631816172
DOI
10.3726/b17133
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2020 (Juni)
Schlagworte
Sozialgerechte Bodennutzung Kooperative Baulandentwicklung Halbteilungsgrundsatz Zukunft.Wohnen Düsseldorf Stuttgarter Innenentwicklungsmodell Berliner Modell Münchener Modell
Erschienen
Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2020. 216 S., 1 farb. Abb., 1 Tab.

Biographische Angaben

Vera Katharina Grötz (Autor:in)

Vera Katharina Grötz studierte Rechtswissenschaften an den Universitäten Potsdam und Paris Nanterre, wo sie die licence en droit erwarb. Sie war Stipendiatin der Stiftung der Deutschen Wirtschaft. Nach dem Referendariat promovierte sie an der Universität Potsdam. Aktuell ist sie als Rechtsanwältin in Berlin tätig.

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