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Kulturwissenschaftlich-interkulturelle Linguistik

Kommunikationstheoretische Grundlegungen, interkulturelle Dimensionen und fremdsprachendidaktische Perspektiven

von Veronika Elisabeth Künkel (Autor:in)
©2021 Dissertation 330 Seiten

Zusammenfassung

Die enge Verbindung zwischen Sprache und Kultur ist eine Grundidee der kulturwissenschaftlich-interkulturellen Linguistik sowie der Fremdsprachendidaktik. Ausgehend von kommunikationstheoretischen Ansätzen untersucht die Autorin, wie genau sich die Brennpunkte dieser Verflechtung ausgestalten. Darauf basierend erfasst sie systematisch die Voraussetzungen für erfolgreiche, sozial erfolgreiche und selbstbestimmte Kommunikation – auch unter Bedingungen der Fremd- und Mehrsprachigkeit. Die entwickelte interkulturell orientierte Theorie der Kommunikation bildet schließlich die Grundlage für den anwendungsbezogenen Teil der Studie. Dieser zeigt klare Perspektiven für die Sprach- und Kulturvermittlung auf.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Vorwort und Dank
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Inhalt
  • Abkürzungen
  • 1 Einführung
  • 1.1 Von der kulturwissenschaftlich-interkulturellen Linguistik zum sprach- und kulturintegrativen Fremdsprachenunterricht: Themenaufriss und Fragestellung
  • 1.2 Theoretische Komponenten der Thematik
  • 1.2.1 Kommunikation
  • 1.2.2 Interkulturelle Kommunikation
  • 1.2.3 Sprach- und Kulturvermittlung in der Fremdsprachendidaktik
  • 1.3 Aufbau und Vorgehensweise
  • 2 Gegenstandsbezogene und metatheoretische Vorklärungen
  • 2.1 Kulturwissenschaftliche und Interkulturelle Linguistik: Einordnungen
  • 2.2 Kulturwissenschaftliche und Interkulturelle Linguistik: Forschungsüberblick und Desiderate
  • 2.2.1 Kulturwissenschaftliche Linguistik
  • 2.2.1.1 Forschungsüberblick
  • 2.2.1.2 Sprach- bzw. Kulturverständnisse und Kommunikation
  • 2.2.1.3 Konzeptualisierung der Kulturwissenschaftlichen Linguistik: Beispiel
  • 2.2.2 Interkulturelle Linguistik
  • 2.2.2.1 Forschungsüberblick
  • 2.2.2.2 Sprach-, Kultur- bzw. Interkulturalitätsverständnisse und Kommunikation
  • 2.2.2.3 Konzeptualisierung der Interkulturellen Linguistik: Beispiel
  • 2.2.3 Fazit und Desiderate
  • 2.3 Vom Gegenstand zur Methodik: Metatheoretische Vorklärungen
  • 2.3.1 Kommunikation zwischen Verstehen, Handeln, Stabilität und Wandel
  • 2.3.1.1 Episteme: Verstehensrelevantes Wissen und Kommunikation
  • 2.3.1.2 Performanz: Handlungsleitende Muster und Kommunikation
  • 2.3.1.3 Kommunikation: Stabilität und Wandel
  • 2.3.2 Vom kommunikationstheoretischen Ausgangspunkt zur sozialtheoretischen Einbettung: Metatheoretische Vorbereitungen
  • 2.3.3 Vom Übersetzen zwischen Theorien zum Übersetzen in der Kommunikation: Untersuchungsleitende Metatheorie
  • 2.3.3.1 Exkurs: Kommunikation über Kommunikation als wissenschaftstheoretische Notwendigkeit
  • 2.3.3.2 Zur Metapher der Übersetzung und ihren metatheoretischen Implikationen
  • a) Metatheoretische Rahmung I: Übersetzungen zwischen Theoriesprachen
  • b) Metatheoretische Rahmung II: Übersetzungen zwischen kulturellen Sprachgemeinschaften
  • c) Metatheoretische Rahmung III: Übersetzungen zwischen Handlungsweisen und ihrer expliziten Artikulation
  • 2.3.3.3 Zur Orientierung: Zwölf untersuchungsleitende Thesen
  • 3 Eine interkulturell orientierte Theorie der Kommunikation
  • 3.1 Sprache – Kommunikation – Kultur: Verflechtungen
  • 3.1.1 Kommunikation aus verstehensorientierter Perspektive
  • 3.1.1.1 Grundzüge der Kommunikationstheorie Gerold Ungeheuers
  • a) Die anthropologische Komponente von Kommunikation
  • b) Die soziologische Komponente von Kommunikation
  • c) Die kommunikationssemantische Komponente von Kommunikation
  • 3.1.1.2 Verstehensrelevantes Wissen als Grundlage von Kommunikation
  • 3.1.1.3 Sprach- und kulturtheoretische Ergänzungen
  • a) Die sprachliche Dimension verstehensrelevanten Wissens
  • b) Die kulturelle Dimension verstehensrelevanten Wissens
  • 3.1.2 Kommunikation aus handlungsorientierter Sicht
  • 3.1.2.1 Grundzüge der Kommunikationstheorie Jo Reichertz’
  • a) Kommunikationstheoretische Voraussetzung: das Ich als soziales Konstrukt
  • b) Kommunikation als Handlungskoordination und Koorientierung
  • c) Kommunikatives Agieren als kommunikatives Handeln und kommunikatives Tun
  • 3.1.2.2 Handlungsleitende Muster als Grundlage von Kommunikation
  • 3.1.2.3 Sprach- und kulturtheoretische Ergänzungen
  • a) Die sprachliche Dimension handlungsleitender Muster
  • b) Die kulturelle Dimension handlungsleitender Muster
  • 3.1.3 Sprache – Kommunikation – Kultur: Ebenen der Verflechtung
  • 3.1.3.1 Verstehensrelevantes Wissen und handlungsleitende Muster: Überblick
  • 3.1.3.2 Faktoren der Stabilität als Moment der Verflechtung: Sprache – verstehensrelevantes Wissen bzw. handlungsleitende Muster – Kultur
  • a) Sprache – verstehensrelevantes Wissen – Kultur: Konventionen und Inferenzziehung
  • b) Sprache – handlungsleitende Muster – Kultur: implizite Regeln und Handeln gemäß Regeln
  • c) Sprache – Kommunikation – Kultur
  • 3.1.3.3 Faktoren des Wandels als Moment der Verflechtung: Verstehensrelevantes Wissen – Angemessenheit – handlungsleitende Muster
  • 3.2 Angemessenheit, Akzeptabilität und selbstbestimmte kommunikative Teilhabe
  • 3.2.1 Erfolgreiche Kommunikation und Angemessenheit
  • 3.2.2 Sozial erfolgreiche Kommunikation und Akzeptabilität
  • 3.2.3 Angemessenheit bzw. Akzeptabilität, Sprachkultur und selbstbestimmte Teilhabe an Kommunikation
  • 3.3 Selbstbestimmte kommunikative Teilhabe aus interkulturell orientierter Perspektive
  • 3.3.1 (Interkulturelle) Kommunikation: Ein fortlaufender Prozess des Übersetzens
  • 3.3.1.1 Interkulturalität und kulturelle Überschneidungssituationen
  • 3.3.1.2 Überschneidungssituationen als alltägliche Übersetzungen
  • 3.3.1.3 Überschneidungssituationen als pragmatische Übersetzungen
  • 3.3.2 Besondere Übersetzungen: Kommunikation unter Bedingungen der Fremd- und Mehrsprachigkeit
  • 3.3.2.1 Angemessenheit bzw. Akzeptabilität, alltäglich-pragmatisches Übersetzen und Sprachkultur
  • 3.3.2.2 Sprachkulturen, Angemessenheit bzw. Akzeptabilität und erfolgreiche Kommunikation
  • a) Interlanguage-Modell bzw. -Modus
  • b) Lingua-Franca-Modell bzw. -Modus
  • c) Lingua-Receptiva-Modell bzw. -Modus
  • 3.3.2.3 Sprachkulturen, Angemessenheit bzw. Akzeptabilität und sozial erfolgreiche Kommunikation
  • a) Mögliche Einschränkungen sozial erfolgreicher Kommunikation I
  • b) Mögliche Einschränkungen sozial erfolgreicher Kommunikation II
  • c) Konsequenz: Übersetzungen zwischen performativer und expliziter Kultur und reduktionistische Identitätszuschreibungen
  • 3.3.3 Kommunikation und selbstbestimmte kommunikative Teilhabe aus interkulturell orientierter Perspektive
  • a) Zusammenschau zum Sprache-Kultur-Nexus und zur Angemessenheitsthematik
  • b) Kommunikation aus interkulturell orientierter Perspektive
  • c) Selbstbestimmte kommunikative Teilhabe aus interkulturell orientierter Perspektive
  • 4 Umsetzung: Sprachkulturelles Übersetzen und Fremdsprachenunterricht
  • 4.1 Sprache – selbstbestimmte kommunikative Teilhabe – Kultur: Thematisierung in fremdsprachendidaktischen Konzepten
  • 4.1.1 Sprach- und Kulturbewusstheit im Kontext der Fremd- und Zweitsprachendidaktik
  • 4.1.2 Multilinguale Subjekte und symbolische Kompetenz: Sprach- als Kulturvermittlung I
  • 4.1.3 Dynamische Identitäten und sprachliche Handlungsfähigkeit: Sprach- als Kulturvermittlung II
  • 4.2 Sprache – selbstbestimmte kommunikative Teilhabe – Kultur: Fremdsprachendidaktische Weiterentwicklungen
  • 4.2.1 Impulse und Desiderate
  • 4.2.2 Der fremdsprachendidaktische Entwurf sprachkulturellen Übersetzens und selbstbestimmte kommunikative Teilhabe
  • 4.2.3 Alles nur eine Frage der Angemessenheit?
  • 4.3 Ein Blick in die fremdsprachendidaktische Praxis: Methodenbaukasten zur Einübung sprachkulturellen Übersetzens im universitären Kontext
  • 4.3.1 Baustein für den Präsenzunterricht: Methodische Schrittfolge
  • 4.3.1.1 Methodische Schrittfolge: Grundlagen
  • 4.3.1.2 Entstehungshintergrund und erprobte Anwendungsrahmen
  • 4.3.1.3 Beispiel aus der Unterrichtspraxis
  • 4.3.2 Baustein für das kursbegleitende Selbststudium: Portfolioarbeit
  • 4.3.2.1 Portfolioarbeit: Grundlagen
  • 4.3.2.2 Anpassung an den Anwendungsrahmen
  • 4.3.2.3 Erste Umsetzung und Einschätzungen
  • 4.3.3 Zusammenfassung und Ausblick zum Methodenbaukasten
  • 5 Zusammenschau und Ausblick
  • 5.1 Rückverortung der Ergebnisse und zusammenfassende Beantwortung der untersuchungsleitenden Fragen
  • 5.2 Zukünftige Felder und Anknüpfungspunkte
  • Anhang
  • Literatur
  • Abbildungen
  • Tabellen

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Abkürzungen

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1Einführung

1.1Von der kulturwissenschaftlich-interkulturellen Linguistik zum sprach- und kulturintegrativen Fremdsprachenunterricht: Themenaufriss und Fragestellung

Sprache und Kultur sind aufs Engste miteinander verbunden. Diese Idee bestimmt die Beschäftigung mit Sprache bereits bei Johann Gottfried Herder, Wilhelm von Humboldt, Friedrich Schleiermacher und Jacob Grimm (vgl. Jäger 2006: 28–29; Senft 2006: 88–91). Jedoch ist für die Linguistik, die sich im 19. Jahrhundert aus der Philologie heraus als eigenständiges Fach entwickelt, ein „fortschreitender Entflechtungsprozess“ (Jäger 2006: 32) zu beobachten. Dieser führt v.a. in den linguistischen Hauptströmungen zu einer Vernachlässigung der kulturellen Dimensionen von Sprache und schließlich zu deren Auslagerung in andere Disziplinen (vgl. Ehlich 2006: 60). Ehlich (2006: 60) nennt hier „die Psychologie (Bühler), die Philosophie (Wittgenstein, Austin), die Sozialanthropologie (Hymes, Gumperz), die sich der abgespaltenen Aspekte von Sprache annehmen“. Eines der wohl prominentesten Beispiele hierfür stellt die Sapir-Whorf-Hypothese dar, in der im anthropologischen Zugriff auf ganz ähnliche Weise wie bereits bei Herder, Humboldt und Schleiermacher die Zusammenhänge zwischen Sprache, Denken und Weltbild beschrieben werden (vgl. Senft 2006: 93–94).

Seit etwa der Jahrtausendwende ist im deutschsprachigen Fachdiskurs jedoch eine Wiederentdeckung der philologischen Traditionen der Sprachwissenschaft beobachtbar, welche sich durch ein vermehrtes Aufgreifen kulturwissenschaftlicher Fragestellungen in der Linguistik bemerkbar macht:

Natürlich gehört Sprache zur Kultur, und ‚natürlich‘ ist Sprache auf Kultur angewiesen, und ‚natürlich‘ kommt Kultur in und durch Sprache zum Ausdruck. Und wenn ein Linguist Sprache als kulturelles Phänomen untersucht oder sich ein Kulturwissenschaftler in die Linguistik begibt, so kann es um gar nichts anderes gehen als diesen doppelten Ausdruck von Kultur durch die Sprache und in der Sprache. (Kuße 2012: 13)

Diese Textstelle bringt die eingangs angeführte Grundidee der unmittelbaren Verflechtung von Sprache und Kultur deutlich zum Ausdruck, der sich eine sog. „kulturwissenschaftlich-interkulturelle Linguistik“ (Schiewer 2010: 110) zunächst eher zögerlich, mittlerweile jedoch in stark zunehmendem Maße ←15 | 16→erneut widmet. Auffällig häufig wird dabei der Sprache-Kultur-Nexus in der Kommunikation verortet (vgl. Hornscheidt 2003c; Kuße 2012; Linke 2008; Wengeler 2006), da diese als zentraler „Ort kultureller Semiosis“ (Jäger 2006: 37; Hervorh. i. Orig.) gilt.1

Auch in der Fremdsprachendidaktik finden sich bereits seit geraumer Zeit und insbesondere seit dem Aufkommen des interkulturellen Paradigmas in den 1980er-Jahren (vgl. Roche 2013b: 8) ganz ähnlich gelagerte Grundüberzeugungen:

Dass zwischen Sprache und Kultur ein enger, ja unauflöslicher Zusammenhang besteht, gehört von je her zu den Grundüberzeugungen der Fremdsprachenwissenschaften im Allgemeinen und des Faches Deutsch als Fremdsprache im Besonderen. Vor allem im Rahmen einer sich ‚interkulturell‘ orientierenden Fremdsprachendidaktik wurde und wird nicht nur die Einheit von Sprache und Kultur immer wieder betont, vielmehr wird (fremd)sprachliches Lernen in umfassendere Zusammenhänge von ‚interkulturellem Lernen‘ und der Entwicklung interkultureller Kommunikationsfähigkeit integriert. (Altmayer 2015: 17)

Wie oben wird auch in dieser Textstelle die untrennbare Verbindung von Sprache und Kultur hervorgehoben und ist im Kontext der Fremdsprachenwissenschaften insbesondere mit Blick auf die Förderung interkultureller Kompetenzen relevant. Dass sich die Didaktik bereits 20 Jahre vor der Linguistik dieser Thematik zuwendet, erscheint zunächst verwunderlich. Ein genauerer Blick zeigt jedoch, dass die größten Anstöße für diesen Paradigmenwechsel eben ←16 | 17→nicht aus der Linguistik, sondern aus der Pädagogik (vgl. Herzog/Makarova 2007; Krumm 2003: 413) sowie der Literaturwissenschaft (vgl. Roche 2013b: 8) stammen. Beide Disziplinen wenden sich – angestoßen durch den cultural turn in den Geisteswissenschaften – deutlich früher als die Linguistik kulturwissenschaftlichen und interkulturellen Fragestellungen zu (vgl. Schiewer 2010: 105; Stierstorfer 2005: 10). Insbesondere die Herausbildung einer interkulturellen Literaturdidaktik wird darüber hinaus durch das Bedürfnis befeuert, einen Ausgleich zum stark am alltäglichen Sprachhandeln ausgerichteten und zu diesem Zeitpunkt dominanten kommunikativen Paradigma der Fremdsprachendidaktik zu schaffen. Roche (2013b: 8) spricht in diesem Zusammenhang gar von einer „Wiederentdeckung der Literatur im Fremdsprachenunterricht“, der eine Fülle von Vorschlägen zur Förderung interkulturellen Lernens und Verstehens folgt. Anregungen gehen u.a. von Krusche (1985), Bredella/Christ (1995), Hunfeld (1998) und Esselborn (2010) aus, um nur einige Beispiele zu nennen. Linguistisch inspirierte didaktische Beiträge gibt es ebenfalls, jedoch in weitaus überschaubarerem Umfang (vgl. House 1997; Müller 1981; Roche 2001), was hier neben dem Wunsch nach einem Ausgleich zur kommunikativen Fremdsprachendidaktik auch der zögerlichen Zuwendung der Linguistik zu kulturwissenschaftlichen und interkulturellen Fragestellungen zugeschrieben wird.

Vor diesen nur grob skizzierten, im Fortgang der Arbeit noch näher auszuarbeitenden Hintergründen und Tendenzen stellt sich die Frage, wie die aktuellen Anregungen aus der Kulturwissenschaftlichen und Interkulturellen Linguistik zu nutzen sind, um darauf aufbauend zur Fortentwicklung der Fremdsprachendidaktik beizutragen. Diese sehr generelle Problemstellung kann spezifiziert werden, indem eine bereits auf das Anwendungsfeld der Sprach- und Kulturvermittlung ausgerichtete Verortung des Sprache-Kultur-Nexus fokussiert wird. Dementsprechend ist zunächst danach zu fragen, (1) wo bzw. wie sich die enge Verflechtung von Sprache und Kultur in der Kommunikation manifestiert. Insbesondere durch die Ausrichtung der theoretischen Überlegungen auf das Anwendungsfeld der Sprach- und Kulturvermittlung stellt sich darüber hinaus die Frage, (2) welche Besonderheiten daraus folgend für die noch näher zu bestimmende erfolgreiche Teilhabe an Interkultureller Kommunikation bzw. Kommunikation unter Bedingungen der Fremd- und Mehrsprachigkeit zu identifizieren sind. Diese beiden Fragen stehen im Mittelpunkt des theoretischen Hauptteils der Untersuchung, mit dem ein grundlegender Beitrag zur Entwicklung einer interkulturell orientierten Theorie der Kommunikation geleistet werden soll. Die Ergebnisse sollen wiederum dazu genutzt werden, um konkrete Konklusionen für die Fremdsprachendidaktik zu formulieren. Die anwendungsbezogenen Ausführungen der vorliegenden ←17 | 18→Arbeit beschäftigen sich deshalb mit der Frage, (3) wie bestehende Konzepte einer sprach- und kulturintegrativen Fremdsprachendidaktik vor dem Hintergrund der hier erarbeiteten Erkenntnisse weiterzuentwickeln und entsprechende Vorschläge im Unterricht umzusetzen sind.

Damit geht es im Folgenden darum, ausgehend von der Kulturwissenschaftlichen und Interkulturellen Linguistik über die Formulierung einer interkulturell orientierten Theorie der Kommunikation fundierte Anregungen für die Weiterentwicklung der Fremdsprachendidaktik zu erarbeiten. Da eine solche Zusammenführung und konsistente Fortentwicklung der wiederentdeckten philologischen Traditionen der Linguistik zu Zwecken der Sprach- und Kulturvermittlung bislang noch aussteht, sind sowohl für den anvisierten theorie- als auch den anwendungsorientierten Bereich vielversprechende neue Erkenntnisse zu erwarten.

1.2Theoretische Komponenten der Thematik

Auf den groben Themenaufriss und die Präsentation der Problemstellung folgt eine erweiterte Einleitung mit vertiefenden Anmerkungen zur Thematik. Sie greift die soeben präsentierten Teilfragestellungen auf und dient dazu, die vorliegende Arbeit noch stärker zu kontextualisieren, ihr Erkenntnisinteresse zu präzisieren und damit auch ihren Anspruch zu verdeutlichen.

1.2.1Kommunikation

In Kap. 1.1 wird bereits darauf hingewiesen, dass zentrale Momente der Verflechtung von Sprache und Kultur auffallend häufig in der Kommunikation verortet werden.2 Durch diese Zuordnung richtet sich der Fokus auf den Kommunikationsbegriff, der sowohl im alltäglichen Gebrauch als auch in unterschiedlichsten wissenschaftlichen Disziplinen auf verschiedene Weise benutzt wird und ein vielfältiges Bedeutungsspektrum aufweist (vgl. Nothdurft 2007: 24). Damit wird Kommunikation zu einer Größe, deren systematische Handhabung mit besonderen Herausforderungen verbunden ist.3 Dennoch liegt der Gedanke nahe, dass von der Linguistik beachtliche theoretische Grundlegungen gerade zu den vielfältigen sprachlichen Aspekten von Kommunikation erwartet ←18 | 19→werden dürfen. Doch paradoxerweise ist genau hier eine erhebliche Lücke in der Theoriebildung auszumachen, zu deren Schließung die vorliegende Arbeit einen Beitrag leisten will.

Auf fehlende kommunikationstheoretische Beiträge seitens der Sprachwissenschaft wird bereits seit Längerem innerhalb wie außerhalb des Faches verwiesen. So beklagt bspw. die Wissenssoziologie die „sprachtheoretische Armut der Gesellschaftstheorie und die gesellschaftstheoretische Verflachung der Spezialdisziplinen, die sich mit Sprache und Kommunikation beschäftigten“ (Luckmann 1995: 48; zitiert nach Auer 2013: 1). Dabei handelt es sich um einen Vorwurf, der auch an die Linguistik gerichtet ist. In diesem Zusammenhang ist einerseits zwar anzumerken, dass diese recht drastische Aussage dergestalt für die Sprachwissenschaft aktuell nicht mehr gilt und dem entgegenwirkende Entwicklungen seit Langem zu verzeichnen sind (vgl. Auer 2013: 1). Zu erwähnen sind bspw. die Arbeiten von Erving Goffman, Harold Garfinkel, John L. Austin sowie die Entwicklungen in der Konversationsanalyse und Gesprächslinguistik (vgl. Linke 2016: 353). Andererseits macht Auer (2013) selbst in der 2. Auflage seiner 1999 erstmalig erschienen Einführung zur sprachlichen Interaktion darauf aufmerksam, dass „eine ausgearbeitete und allgemein akzeptierte Theorie sprachlichen Handelns“ (Auer 2013: 1) auch 40 Jahre nach der „kommunikativ-pragmatische[n]; Wende“ (Helbig 1986: 13) weiterhin fehlt.

Details

Seiten
330
Jahr
2021
ISBN (PDF)
9783631845141
ISBN (ePUB)
9783631845158
ISBN (MOBI)
9783631845165
ISBN (Hardcover)
9783631835012
DOI
10.3726/b18151
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2021 (März)
Schlagworte
Kommunikation Interkulturelle Kommunikation Sprach- und Kulturvermittlung Übersetzung Kommunikationstheorie Interkulturalität Mehrsprachigkeit Sprache-Kultur-Nexus Angemessenheit Akzeptabilität
Erschienen
Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2021. 330 S., 17 s/w Abb., 3 Tab.

Biographische Angaben

Veronika Elisabeth Künkel (Autor:in)

Veronika Elisabeth Künkel studierte Deutsch als Fremdsprache, Sinologie und Europäische Ethnologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Ihre Promotion erfolgte im Rahmen ihrer Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl Interkulturelle Germanistik der Universität Bayreuth.

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