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Überwindung der Informationsasymmetrie – Stärkung des Private Enforcement durch die Umsetzung des Kapitels II der Richtlinie 2014/104/EU?

von Johannes Gottwald (Autor:in)
©2020 Dissertation 348 Seiten

Zusammenfassung

Seit einigen Jahren wird die private Kartellrechtsdurchsetzung in der EU intensiviert. Der Autor geht der Frage nach, inwieweit die neu in das GWB eingeführten Offenlegungsvorschriften dazu geeignet sind, die Informationsasymmetrie zu überwinden und die private Kartellrechtsdurchsetzung zu stärken. Dazu untersucht er das Problem der Informationsasymmetrie und stellt die Vorgaben der Kartellschadensersatzrichtlinie dar. Nach einer umfassend Analyse der neuen Offenlegungsansprüche des GWB, unterzieht der Autor diese einer kritischen Bewertung.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Vorwort
  • Inhaltsverzeichnis
  • Abkürzungsverzeichnis
  • Einleitung
  • A. Problemstellung
  • B. Gang der Untersuchung
  • 1. Kapitel Private Rechtsdurchsetzung
  • A. Begriff und Entwicklung der privaten Rechtsdurchsetzung
  • I. Begriff der privaten Rechtsdurchsetzung
  • II. Entwicklung der privaten Rechtsdurchsetzung
  • 1. Anfänge der privaten Rechtsdurchsetzung
  • a) Nationale Ebene
  • b) Europäische Ebene
  • 2. Das Urteil Courage/Crehan des EuGH
  • 3. VO (EG) 1/2003
  • 4. Ashurst-Studie, Grünbuch, Weißbuch
  • 5. Die 7. GWB-Novelle
  • 6. Die 8. GWB-Novelle
  • 7. Richtlinie 2014/104/EU und 9. GWB-Novelle
  • 8. Referentenentwurf für eine 10. GWB-Novelle
  • 9. Gegenwärtiger Zustand
  • B. Inhalt der privaten Rechtsdurchsetzung
  • I. Defensive Geltendmachung
  • II. Offensive Geltendmachung
  • 1. Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche
  • a) Voraussetzungen
  • b) Anspruchsinhalt
  • c) Passivlegitimation
  • d) Aktivlegitimation
  • 2. Schadensersatzanspruch gemäß § 33a GWB
  • a) Kartellrechtsverstoß
  • b) Rechtswidrigkeit und Verschulden
  • c) Passivlegitimation
  • d) Aktivlegitimation
  • e) Schaden
  • aa) Vermutung des Schadens gemäß § 33a Abs. 2 GWB
  • (I) Anscheinsbeweis/Tatsächliche Vermutung
  • (II) Vermutungsvoraussetzungen
  • (III) Subjektive Reichweite der Vermutung
  • bb) Pass-On-Verteidigung
  • (I) Zulässigkeit
  • (II) Voraussetzungen
  • cc) Vermutung der Abwälzung des Preisaufschlages gemäß § 33c Abs. 2 GWB
  • f) Ergebnis zu 2.
  • III. Zwischenergebnis zu A. und B.
  • C. Probleme der privaten Rechtsdurchsetzung
  • I. Fehlende Informationen bei privater Rechtsdurchsetzung
  • 1. Beweisrechtliche Ausgangslage
  • a) Kartellverstoß
  • aa) Stand-Alone-Verfahren
  • bb) Follow-On-Verfahren
  • b) Schaden
  • aa) Betroffenheit und Schadenseintritt
  • (I) Betroffenheit
  • (II) Schadenseintritt
  • (III) Anscheinsbeweis und Vermutung
  • bb) Schadenshöhe
  • (I) Unmöglichkeit der Berechnung
  • (II) Schätzung der Schadenshöhe
  • (III) Anteiliger Gewinn
  • cc) Abwälzung des Preisaufschlages
  • c) Ergebnis zu I.
  • 2. Informationslage des Geschädigten
  • II. Hintergrund der Informationsnotlage
  • 1. Informationsasymmetrie
  • 2. Spannungsverhältnis zwischen öffentlich-rechtlicher und privater Kartellrechtsdurchsetzung
  • 3. Informationsmöglichkeiten vor der 9. GWB-Novelle
  • a) Wichtigste Informationsansprüche im Überblick
  • aa) § 242 BGB – Materiell-rechtlicher Auskunftsanspruch
  • bb) § 406e StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 und Abs. 3 S. 4 OWiG
  • cc) Art. 2 Abs. 1 VO (EG) 1049/2001
  • dd) Auskunfts- und Urkundenvorlageersuchen
  • b) Ergebnis zu 3.
  • D. Zwischenergebnis zum 1. Kapitel
  • 2. Kapitel Die Offenlegungsansprüche der Kartellschadensersatzrichtlinie 2014/104/EU
  • A. Hintergrund, Zielsetzung und Struktur der Richtlinie
  • I. Hintergrund
  • II. Zielsetzung und Struktur
  • 1. Zielsetzung
  • 2. Struktur
  • III. Ergebnis zu A.
  • B. Kapitel II der Richtlinie – Offenlegung von Beweismitteln
  • I. Offenlegung von Beweismitteln
  • 1. Art. 5 der Kartellschadensersatzrichtlinie – Offenlegung von Beweismitteln
  • a) Anwendungsbereich
  • b) Voraussetzungen der Offenlegung
  • aa) Substantiierte Begründung
  • bb) Relevanz
  • cc) Verhältnismäßigkeit
  • dd) Weitere Voraussetzungen
  • (I) Schutzmaßnahmen für vertrauliche Informationen
  • (II) Schutz der Privilegien von Angehörigen der Rechtsberufe
  • (III) Anhörung des Betroffenen
  • 2. Art. 6 der Kartellschadensersatzrichtlinie – Offenlegung von Beweismitteln der Wettbewerbsbehörden
  • a) Anwendungsbereich
  • b) Zusätzliche Voraussetzungen für die Offenlegung von Beweismitteln der Wettbewerbsbehörden
  • c) Art. 7 Abs. 2 und 3 der Kartellschadensersatzrichtlinie – Verwendungsbeschränkungen
  • 3. Art. 8 der Kartellschadensersatzrichtlinie – Sanktionierung
  • 4. Ergebnis zu I.
  • II. Ausschluss der Offenlegung von Kronzeugenerklärungen und Vergleichsausführungen
  • 1. Art. 6 Abs. 6 der Kartellschadensersatzrichtlinie – Verbot der Offenlegung
  • a) Kronzeugenerklärungen
  • aa) Schutz nicht erfolgreicher Kronzeugenanträge
  • bb) Schutz von Anlagen und Beweismitteln
  • b) Vergleichsausführungen
  • 2. Art. 6 Abs. 7 der Kartellschadensersatzrichtlinie – Vorlage zur Überprüfung
  • 3. Art. 7 Abs. 1 der Kartellschadensersatzrichtlinie – Beweisverwertungsverbot
  • 4. Vereinbarkeit des absoluten Offenlegungsverbotes mit dem Unionsrecht
  • a) Hintergrund – Die Rechtsprechung des EuGH
  • b) Meinungsstand
  • c) Stellungnahme
  • aa) Abwägungserfordernis
  • bb) Gültigkeit der Rechtsprechung des EuGH
  • cc) Unverhältnismäßigkeit des absoluten Offenlegungsverbotes
  • d) Ergebnis zu 4.
  • 5. Ergebnis zu II.
  • C. Zwischenergebnis zum 2. Kapitel
  • 3. Kapitel Die Offenlegungsansprüche der 9. GWB-Novelle
  • A. Hintergrund und Konzeption der 9. GWB-Novelle
  • I. Hintergrund und Ziele der 9. GWB-Novelle
  • II. Konzeption der Richtlinienumsetzung
  • B. Anspruch auf Herausgabe von Beweismitteln und Erteilung von Auskünften nach § 33g GWB
  • I. Anwendungsbereich
  • II. Voraussetzungen des § 33g Abs. 1 GWB
  • 1. Glaubhaftmachung eines Schadensersatzanspruches
  • a) Bedeutung des Begriffes „Glaubhaftmachung“
  • aa) Systematischer Hintergrund
  • bb) Richtlinienkonforme Auslegung
  • b) Beweislast des Geschädigten
  • c) Beweismaß und Beweisführung
  • 2. Beweismittel, die für die Erhebung des Schadensersatzanspruches erforderlich sind
  • a) Beweismittel
  • b) Erforderlichkeit des Beweismittels
  • 3. Bezeichnung des Beweismittels
  • 4. Ergebnis zu II.
  • III. § 33g Abs. 2 GWB
  • IV. § 33g Abs. 10 GWB
  • V. Ausschluss der Offenlegung
  • 1. Unverhältnismäßigkeit der Herausgabe gemäß § 33g Abs. 3 GWB
  • a) Grad der Glaubhaftmachung gemäß Abs. 3 S. 2 Nr. 1
  • b) Aufwand der Offenlegung gemäß Abs. 3 S. 2 Nr. 2
  • c) Verbot der Ausforschung gemäß Abs. 3 S. 2 Nr. 3
  • d) Bindungswirkung der Entscheidung gemäß Abs. 3 S. 2 Nr. 4
  • e) Interesse am Public Enforcement gemäß Abs. 3 S. 2 Nr. 5
  • f) Schutz von Geschäftsgeheimnissen gemäß Abs. 3 S. 2 Nr. 6
  • 2. Verbot der Offenlegung von Kronzeugenerklärungen und Vergleichsvereinbarungen gemäß § 33g Abs. 4 GWB
  • a) Begriffsdefinitionen
  • aa) Kronzeugenerklärungen und Vergleichsausführungen
  • bb) Protokolle der Zeugen- oder Betroffenenvernehmungen
  • cc) Bereits vorhandene Informationen
  • b) Prüfverfahren gemäß § 89b Abs. 8 GWB
  • aa) Durchführung des Verfahrens
  • bb) Vorlage des Beweismittels
  • 3. Temporärer Ausschluss der Offenlegung gemäß § 33g Abs. 5 GWB
  • VI. Herausgabeverweigerungsrechte und Freigabeverfahren
  • 1. Herausgabeverweigerungsrechte gemäß § 33g Abs. 6 GWB
  • a) Verweigerungsrechte gemäß § 383 Abs. 1 Nr. 4 bis 6 ZPO
  • b) Verweigerungsrecht gemäß § 384 Nr. 3 ZPO
  • c) Geheimhaltung aus einem wichtigen Grund
  • 2. Freigabeverfahren gemäß § 89b Abs. 6 GWB
  • a) Anwendungsbereich des Freigabeverfahrens
  • aa) Anwendbarkeit außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens
  • bb) Ausschluss des Freigabeverfahrens gemäß § 33g Abs. 6 S. 3 GWB
  • b) Gegenstand des Freigabeverfahrens
  • c) Voraussetzungen der Freigabe gemäß § 33g Abs. 6 S. 1 GWB
  • aa) Sachdienlichkeit gemäß Abs. 6 S. 1 Nr. 1
  • bb) Interessenabwägung gemäß Abs. 6 S. 1 Nr. 2
  • d) Verfahren
  • 3. Gewährleistung des prozessualen Geheimnisschutzes
  • VII. Aufwendungsersatz gemäß § 33g Abs. 7 GWB
  • 1. Hintergrund und Anwendbarkeit
  • 2. Ersatz der erforderlichen Aufwendungen
  • 3. Vorschuss und Zurückbehaltungsrecht
  • 4. Kostenerstattung
  • a) Prozessuale Kostenerstattung
  • b) Materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch
  • aa) Materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch des Kartellgeschädigten
  • bb) Materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch des Kartellanten
  • VIII. Schadensersatz gemäß § 33g Abs. 8 GWB
  • IX. Verwertungsverbot gemäß § 33g Abs. 9 GWB
  • X. Prozessuale Geltendmachung der Herausgabe- und Auskunftsansprüche
  • 1. Geltendmachung innerhalb eines Kartellschadensersatzprozesses
  • a) Offenlegung durch eine Partei
  • aa) Entscheidung durch Zwischenurteil gemäß § 89b Abs. 3 GWB
  • bb) Entsprechende Anwendung des § 142 ZPO
  • (I) Hintergrund zu § 89b Abs. 1 und 2 GWB
  • (II) Modifikationen des § 142 ZPO
  • (III) Verfahren bei § 142 ZPO
  • b) Offenlegung durch einen Dritten
  • c) Aussetzung des Kartellschadensersatzprozesses gemäß § 89b Abs. 4 GWB
  • d) Zwischenergebnis zu 1.
  • 2. Geltendmachung außerhalb eines Schadensersatzprozesses
  • a) Eigenständige Klage auf Offenlegung
  • b) Herausgabe der wettbewerbsbehördlichen Entscheidung im Verfügungsverfahren gemäß § 89b Abs. 5 GWB
  • aa) Hintergrund
  • bb) Voraussetzungen
  • (I) Darlegung und Glaubhaftmachung eines Verfügungsanspruches
  • (II) Erfordernis eines Verfügungsgrundes
  • cc) Umfang
  • c) Zwischenergebnis zu 2.
  • XI. Verhältnis zu anderen Offenlegungsmöglichkeiten
  • XII. Zeitlicher und intertemporaler Anwendungsbereich
  • 1. Zeitlicher Anwendungsbereich
  • 2. Intertemporaler Anwendungsbereich
  • a) Bisheriger Meinungsstand
  • b) Stellungnahme
  • aa) Wortlaut
  • bb) Systematik
  • cc) Zweck
  • dd) Kein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot
  • ee) Richtlinienkonforme Auslegung
  • (I) Überleitungsvorschriften der Kartellschadensersatzrichtlinie
  • (II) Ziele der Richtlinie
  • ff) Ergebnis zu b)
  • c) Referentenentwurf zur 10. GWB-Novelle
  • XIII. Ergebnis zu B.
  • C. Offenlegung aus Behördenakten gemäß § 89c GWB
  • I. Konzeption der behördlichen Offenlegung
  • II. Ersuchen der Aktenvorlage auf Antrag einer Partei gemäß § 89c Abs. 1 GWB
  • 1. Antrag auf Ersuchen
  • a) Voraussetzungen des Antrages
  • aa) Glaubhaftmachung eines Schadensersatzanspruches gemäß § 89c Abs. 1 S. 1 Nr. 1 GWB
  • bb) Subsidiarität des behördlichen Ersuchens gemäß § 89c Abs. 1 S. 1 Nr. 2 GWB
  • b) Anwendbarkeit auf Auskünfte
  • 2. Unverhältnismäßigkeit des Ersuchens gemäß § 89c Abs. 3 GWB
  • 3. Entscheidung des Gerichts – Ersuchen
  • 4. Versagung der Vorlage durch die Behörde gemäß § 89c Abs. 4 GWB
  • III. Offenlegung der vorgelegten Beweismittel gemäß § 89c Abs. 2 GWB
  • 1. Voraussetzungen der Offenlegung gemäß § 89c Abs. 2 S. 1 GWB
  • 2. Anhörung der Betroffenen
  • 3. Geheimnisschutz und Freigabeverfahren
  • 4. Verwendungsbeschränkungen gemäß § 89d Abs. 1 bis 3 GWB
  • IV. Zeitlicher und intertemporaler Anwendungsbereich
  • V. Verhältnis zum sonstigen Recht
  • 1. § 89c Abs. 5 GWB
  • 2. § 89d Abs. 4 S. 2 GWB
  • 3. Anwendbarkeit von § 1 IFG
  • VI. Ergebnis zu C.
  • D. Zwischenergebnis zum 3. Kapitel
  • 4. Kapitel Stärkung der privaten Rechtsdurchsetzung?
  • A. Voraussetzungen für die Stärkung der privaten Rechtsdurchsetzung
  • I. Methodik
  • II. Anforderungen an die Offenlegungsmöglichkeiten zur Stärkung der privaten Rechtsdurchsetzung
  • 1. Notwendigkeit von außer- wie auch innerprozessualen Informationsansprüchen gegen Behörden, Kartellanten und Dritte
  • 2. Freie Wahl des Offenlegungsschuldners
  • 3. Zeitnah, sicher und umfassend
  • 4. Wahrung von Prozessmaximen
  • 5. Schutz von Geschäftsgeheimnissen
  • 6. Regelungen zur zeitlichen Anwendbarkeit
  • 7. Ausgleich zwischen Public und Private Enforcement
  • 8. Inhaltliche Anforderungen an die Offenlegungsansprüche
  • B. Überwindung der Informationsasymmetrie – Stärkung der privaten Rechtsdurchsetzung?
  • I. Anspruch auf Herausgabe von Beweismitteln und Erteilung von Auskünften nach § 33g GWB
  • 1. Bewertung
  • a) Positiv
  • b) Kritik
  • aa) Voraussetzungen des Auskunftsanspruchs
  • bb) Abwägungskriterien des § 33g Abs. 3 S. 2 GWB
  • (I) § 33g Abs. 3 S. 2 Nr. 1 GWB
  • (II) § 33g Abs. 3 S. 2 Nr. 4 GWB
  • (III) § 33g Abs. 3 S. 2 Nr. 5 GWB
  • (IV) Ergebnis zu bb)
  • cc) Offenlegungsverbote
  • dd) Verweigerungsrechte
  • (I) Verweigerungsrecht nach § 33g Abs. 6 GWB
  • (II) Geheimhaltung aus einem wichtigen Grund
  • ee) Kostenerstattungsanspruch
  • ff) Sanktionen
  • gg) Prozessuale Vorschriften
  • hh) Geheimnisschutzmaßnahmen
  • ii) Zeitliche und intertemporale Anwendbarkeit
  • 2. Ergebnis zu 1.
  • II. Offenlegung aus Behördenakten gemäß § 89c GWB
  • 1. Bewertung
  • a) Positiv
  • b) Kritik
  • aa) Allgemein
  • bb) Subsidiarität
  • (I) Doppelte Subsidiarität
  • (II) Unverhältnismäßiger Schutz der öffentlich-rechtlichen Rechtsdurchsetzung
  • 2. Ergebnis zu 1.
  • C. Zwischenergebnis zum 4. Kapitel
  • 5. Kapitel Conclusio
  • Literaturverzeichnis
  • Verzeichnis der verwendeten Gesetzesmaterialien

←20 | 21→

Abkürzungsverzeichnis

Duden – die deutsche Rechtschreibung – auf der Grundlage der amtlichen Rechtschreibregeln, 27. Auflage, Berlin 2017.

Kirchner, Hildebert/Böttcher, Eike, Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 9. Auflage, Berlin 2018.

←22 | 23→

Einleitung

A. Problemstellung

Anfang dieses Jahrtausends entwickelte sich auf europäischer wie auf nationaler Ebene das Bewusstsein, dass eine wirksame privatrechtliche Durchsetzung des Kartellrechts ein wesentlicher Faktor zur Aufrechterhaltung des Wettbewerbes ist. Als private Rechtsdurchsetzung oder Private Enforcement1 wird im Kartellrecht sowohl die offensive zivilrechtliche Durchsetzung von Unter- lassungs-, Beseitigungs- und Schadensersatzansprüchen als auch die defensive Abwehr gegen eine vertragliche Inanspruchnahme unter Verweis auf die Nichtigkeit nach Art. 101 Abs. 2 AEUV bzw. § 1 GWB i.V.m. § 134 BGB bezeichnet.2 Zusammen mit dem Public Enforcement, also der öffentlich-rechtlichen Rechtsdurchsetzung,3 soll die private Rechtsdurchsetzung den freien Wettbewerb sichern.

Hinsichtlich des Private Enforcement zeigte sich aber, dass insbesondere die Durchsetzung von kartellbedingten Schadensersatzansprüchen häufig an der Darlegung und dem Beweis der anspruchsbegründenden Tatsachen scheiterte.4 Speziell der Nachweis des Kartellverstoßes, des Eintritts eines Schadens sowie die Berechnung der Schadenshöhe sind für die Kartellgeschädigten schwierig zu erbringen.5 Ursächlich hierfür ist, dass die substantiierte Darlegung und der ←23 | 24→Beweis eines kartellrechtlichen Schadenersatzanspruchs angesichts der großen tatsächlichen und ökonomischen Schwierigkeiten eine Vielzahl an Informationen und Beweismitteln erfordert. Die den Schadensersatzanspruch begründenden Umstände tragen sich allerdings fast ausschließlich in der Sphäre der Kartellanten zu.6 Nach der Natur der Sache legen diese größten Wert auf die Geheimhaltung ihres Verhaltens. Die Geschädigten haben typischerweise keinen Zugang zu dieser Sphäre und können daher nicht an die Informationen und Beweismittel gelangen, die zur Durchsetzung ihres Schadensersatzanspruchs notwendig sind. Diese kartelltypische Problemlage wird als Informationsasymmetrie bezeichnet und stellt eines der größten Probleme des Private Enforcement dar.

Verstärkt wurde die Informationsnotlage der Kartellgeschädigten durch die eingeschränkten Möglichkeiten zur Informationsbeschaffung bei den Kartellanten und bei Dritten. Um ihre Informationsbedürfnisse zu befriedigen, haben sich die Geschädigten daher vielfach an die Wettbewerbsbehörden gewendet und versucht, Einsicht in deren Akten zu erlangen. Diese Akteneinsichtsgesuche gefährdeten jedoch die öffentlich-rechtliche Rechtsdurchsetzung. Einerseits bestand die Gefahr der Offenlegung von hochsensiblen Informationen wie Kronzeugenerklärungen und Geschäftsgeheimnissen. Andererseits führten die Offenlegungsgesuche zu einem erheblichen Arbeitsaufwand bei den Wettbewerbsbehörden, sodass die Sorge bestand, dass die Behörden ihren originären Tätigkeiten nur noch unzureichend nachkommen könnten. Die Wettbewerbsbehörden waren daher bei der Gewährung von Akteneinsicht ausgesprochen zurückhaltend.

Diese Informationsnotlage hatte zur Folge, dass die meisten Geschädigten ihren Schadensersatzanspruch nicht durchsetzen konnten oder aufgrund der großen Prozessrisiken auf eine Anspruchsdurchsetzung verzichtet haben. Nach der Rechtsprechung des EuGH in den Rechtssachen Courage/Crehan7 und Manfredi8 hat jedoch Jedermann ein Recht auf den vollständigen Ersatz seines kartellbedingten Schadens. Sowohl der europäische als auch der nationale Gesetzgeber trafen in der Folge dieser Urteile Maßnahmen, um den Geschädigten die Durchsetzung ihres Schadensersatzanspruchs tatsächlich zu ermöglichen und diese zu vereinfachen.9 Die vorläufig letzte der zu diesem Zweck erlassenen ←24 | 25→Regelungen stellen die Richtlinie 2014/104/EU vom 26.11.201410 und die zu ihrer Umsetzung getroffenen Regelungen dar. Der europäische Gesetzgeber hat damit anerkannt, dass die Schwierigkeiten des Private Enforcement in Form von Kartellschadensersatzklagen im großen Maße auf der Informationsasymmetrie beruhen.11 Um zu gewährleisten, dass jeder Geschädigte eines Verstoßes gegen das europäische Wettbewerbsrecht einen vollständigen Ersatz seines Schadens erlangen kann, wurden im zweiten Kapitel der Kartellschadensersatzrichtlinie umfangreiche Regelungen zur Informationsgewinnung bei den Parteien des Schadensersatzprozesses, Dritten und Wettbewerbsbehörden normiert.12 Zugleich soll durch die Richtlinie eine kohärente Koordinierung von privater und öffentlich-rechtlicher Rechtsdurchsetzung erfolgen, um beiden Formen der Rechtsdurchsetzung trotz des bestehenden Spannungsverhältnisses eine größtmögliche Durchsetzungskraft zu ermöglichen.13

Die Kartellschadensersatzrichtlinie wurde in Deutschland durch die 9. GWB-Novelle vom 09.06.201714 umgesetzt. Die Novelle hat insbesondere das Ziel, durch eine – teilweise überschießende – Umsetzung der Kartellschadensersatzrichtlinie die private Rechtsdurchsetzung zu stärken.15 Dafür sollen unter anderem die praktischen Schwierigkeiten bei der Kartellschadensersatzdurchsetzung, wie etwa der komplizierte Zugang zu Beweismitteln, beseitigt werden.16 Die 9. GWB-Novelle soll zudem eine effektivere Durchsetzung des nationalen und europäischen Wettbewerbsrechts ermöglichen und das Zusammenwirken von öffentlich-rechtlicher und privater Rechtsdurchsetzung verbessern.17

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B. Gang der Untersuchung

Dies wirft die hier zu beantwortende Frage auf, ob die Umsetzung der Offenlegungsansprüche der Kartellschadensersatzrichtlinie dazu geeignet ist, die Informationsasymmetrie der Kartellgeschädigten zu überwinden und dadurch das Private Enforcement zu stärken.

Gegenstand der folgenden Untersuchung sind die außer- und innerprozessualen Möglichkeiten zur Informationsbeschaffung im Kartellschadensersatzrecht nach der 9. GWB-Novelle. Diese Arbeit zielt darauf ab, einen Beitrag zur Stärkung des Private Enforcement zu leisten. Hierfür soll im Rahmen einer rechtspolitischen Bewertung die Frage beantwortet werden, ob sich die in Umsetzung des zweiten Kapitels der Kartellschadensersatzrichtlinie neu in das GWB eingefügten Offenlegungsansprüche dazu eignen, die Informationsasymmetrie zwischen den Kartellgeschädigten und den Kartellanten zu überwinden, die Durchsetzung von Kartellschadensersatzansprüchen zu verbessern und damit die private Rechtsdurchsetzung zu stärken.

Im ersten Kapitel dieser Arbeit wird zunächst ein Überblick über die Entwicklung, die Ziele18 sowie den Inhalt der privaten Rechtsdurchsetzung19 geschaffen. Anschließend werden die Probleme der privaten Rechtsdurchsetzung20 dargestellt. Dafür wird aufgezeigt, welche Beweismittel zur erfolgreichen Durchsetzung eines Kartellschadensersatzanspruchs notwendig sind21 und welche Beweismittel der Kartellgeschädigte typischerweise besitzt.22 Darauf aufbauend werden die Hintergründe für die Informationsnotlage der Kartellgeschädigten, die Informationsasymmetrie, das Spannungsverhältnis zwischen Public und Private Enforcement sowie die beschränkten Einsichts- und Informationsansprüche vor der 9. GWB-Novelle,23 erarbeitet.

Das zweite Kapitel dieser Arbeit widmet sich der Kartellschadensersatzrichtlinie 2014/104/EU. Zunächst werden der Hintergrund, die Zielsetzung und die Struktur der Richtlinie24 beleuchtet. Anschließend werden die Offenlegungsvorschriften des zweiten Kapitels der Richtlinie25 dargestellt und untersucht. ←26 | 27→Vertieft wird auf den Ausschluss der Offenlegung von Kronzeugenerklärungen und Vergleichsausführungen sowie die (Un-)Vereinbarkeit des absoluten Offenlegungsverbots mit dem Unionsrecht26 eingegangen.

Hierauf aufbauend befasst sich das dritte Kapitel mit den Offenlegungsansprüchen der 9. GWB-Novelle. Einleitend werden Hintergrund und Konzeption der Novelle27 dargestellt. Um eine Grundlage für die Bewertung zu schaffen, werden die Ansprüche auf Herausgabe von Beweismitteln und Erteilung von Auskünften nach § 33g GWB28 sowie die Vorlage und Offenlegung aus Behördenakten gemäß § 89c GWB29 umfassend dargestellt und untersucht. Es soll herausgearbeitet werden, welche Schwierigkeiten bei der Beweisbeschaffung zur Kartellschadensersatzdurchsetzung beseitigt wurden, welche weiterhin bestehen und welche neuen Probleme oder Hindernisse die 9. GWB-Novelle für die private Rechtsdurchsetzung geschaffen hat.

Im vierten Kapitel wird die Richtlinienumsetzung dahingehend beurteilt, ob sie dazu geeignet ist, die Informationsasymmetrie zu überwinden und die private Rechtsdurchsetzung zu stärken. Zunächst werden dafür anhand der Ziele der Kartellschadensersatzrichtlinie und der 9. GWB-Novelle Bewertungskriterien30 entwickelt. Berücksichtigt werden auch die im Rahmen dieser Arbeit festgestellten – praktischen – Schwierigkeiten bei der Durchsetzung von Schadensersatz- und Informationsansprüchen. Anhand dieser Kriterien erfolgt dann die rechtspolitische Bewertung der Richtlinienumsetzung. Dafür werden die Ansprüche auf Herausgabe von Beweismitteln und Erteilung von Auskünften nach § 33g GWB31 sowie die Offenlegung aus Behördenakten gemäß § 89c GWB32 zunächst getrennt und anschließend in einem gemeinsamen Ergebnis bewertet.33 Die Arbeit schließt mit einer Conclusio im fünften Kapitel.34


1 Die beiden Begriffe werden im Folgenden synonym verwendet.

2 Bundeskartellamt, Private Kartellrechtsdurchsetzung (2005), S. 1; Fritzsche, WRP 2006, S. 42.

3 Die beiden Begriffe werden im Folgenden synonym verwendet.

4 Siehe z.B.: Waelbroeck/Slater/Even-Schosha, Study on the conditions of claims for damages in case of infringement of EC competition rules (im Folgenden: „Ashurst-Studie“), S. 106 ff.; Hempel, WuW 2004, S. 362, 365.

5 Beispielhaft: Braun, EC competition rules in national courts – Germany, S. 600; Waelbroeck/Slater/Even-Schoshan, Ashurst-Studie, S. 106 ff.; Hempel, WuW 2004, S. 362, 365; Roth, in: Schilken, FS W. Gerhardt, S. 815, 819; Bundeskartellamt, Private Kartellrechtsdurchsetzung (2005), S. 1; Lampert/Weidenbach, WRP 2007, S. 152 ff.; Herlinger, in: Behrens/Hartmann-Rüppel/Herlinger, Schadensersatzklagen gegen Kartellmitglieder, S. 65; Lahme, Durchsetzung des Kartellrechts, S. 1 ff. m.w.N.; Ellenrieder, Nachweis eines Kartellverstoßes, S. 13; Meeßen, Schadensersatz bei Verstößen gegen EU-Kartellrecht, S. 109 ff., 413. ff.; Emmerich, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht/GWB (2014), § 33 Rn. 84; Stock, Schadensnachweis, S. 82; Dawirs, Zugriff auf Kronzeugenerklärungen, S. 57.

6 Siehe etwa: Erwägungsgrund 14 der Kartellschadensersatzrichtlinie.

7 EuGH, Urt. v. 20.09.2001 – C-453/99 – Courage/Crehan, EU:C:2001:465, Rn. 26.

8 EuGH, Urt. v. 13.07.2006 – C-295/04 u.a. – Manfredi, EU:C:2006:461, Rn. 60.

9 Siehe hierzu unten, S. 36 ff.

10 Richtlinie 2014/104/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.11.2014 über bestimmte Vorschriften für Schadensersatzklagen nach nationalem Recht wegen Zuwiderhandlung gegen wettbewerbsrechtliche Bestimmungen der Mitgliedsstaaten und der Europäischen Union, ABl. 2014 L 349/1 (im Folgenden: „Richtlinie“ oder „Kartellschadensersatzrichtlinie“).

11 Kartellschadensersatzrichtlinie 2014/104/EU, Erwägungsgründe 14 und 15.

12 Siehe hierzu ausführlich unten, S. 123 ff.

13 Art. 1 Abs. 2 sowie Erwägungsgrund 6 der Kartellschadensersatzrichtlinie 2014/104/EU.

14 Neuntes Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, BGBl. I 2017, 1416 (im Folgenden: „9. GWB-Novelle" oder „Novelle").

15 Bundesregierung, Begr. des Gesetzesentwurfes zur 9. GWB-Novelle, BT-Drs. 18/10207, S. 39 f.

16 Bundesregierung, Begr. des Gesetzesentwurfes zur 9. GWB-Novelle, BT-Drs. 18/10207, S. 39 f.

17 Bundesregierung, Begr. des Gesetzesentwurfes zur 9. GWB-Novelle, BT-Drs. 18/10207, S. 40.

18 Siehe hierzu unten, S. 29 ff.

19 Siehe hierzu unten, S. 43 ff.

20 Siehe hierzu unten, S. 66 ff.

21 Siehe hierzu unten, S. 67 ff.

22 Siehe hierzu unten, S. 83 ff.

23 Siehe hierzu unten, S. 88 ff.

24 Siehe hierzu unten, S. 118 ff.

25 Siehe hierzu unten, S. 123 ff.

26 Siehe hierzu unten, S. 136 ff.

27 Siehe hierzu unten, S. 155 ff.

28 Siehe hierzu unten, S. 158 ff.

29 Siehe hierzu unten, S. 251 ff.

30 Siehe hierzu unten, S. 271 ff.

31 Siehe hierzu unten, S. 287 ff.

32 Siehe hierzu unten, S. 301 ff.

33 Siehe hierzu unten, S. 308 ff.

34 Siehe hierzu unten, S. 311 ff.

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1. Kapitel Private Rechtsdurchsetzung

Ziel des ersten Kapitels ist die Erarbeitung der Grundlagen für den Bewertungsmaßstab, um feststellen zu können, ob die Umsetzung des zweiten Kapitels der Kartellschadensersatzrichtlinie durch die 9. GWB-Novelle zu einer Stärkung des Private Enforcement geführt hat. Dafür ist die Analyse des Umfangs der Informationsnotlage sowie die Erarbeitung der Gründe für die Notlage unumgänglich. Nur so wird es möglich festzustellen, ob die Informationsasymmetrie durch die neueingeführten Informationsansprüche überwunden werden kann und daher eine Stärkung der privaten Rechtsdurchsetzung erfolgt ist.

Dafür wird in diesem Kapitel zunächst ein Überblick über den Begriff sowie die Entwicklung der privaten Rechtsdurchsetzung im Kartellrecht in jüngerer Zeit erarbeitet. Im Anschluss daran werden die wichtigsten offensiven und defensiven Durchsetzungsformen der privaten Rechtsdurchsetzung dargestellt. Auf dieser Darstellung aufbauend, werden die beweisrechtlichen Anforderungen an Kartellschadensersatzklagen dargelegt. Dadurch soll ein Verständnis dafür entwickelt werden, welche Beweisprobleme die Geschädigten bei der Durchsetzung ihrer Kartellschadensersatzansprüche haben. Darauffolgend wird der Hintergrund der kartelltypischen Informationsnotlage erarbeitet. Dafür wird zunächst der Begriff der Informationsasymmetrie definiert. Zudem werden das Spannungsverhältnis zwischen Public und Private Enforcement sowie die beschränkten Möglichkeiten zur Informationsgewinnung vor der 9. GWB-Novelle im Überblick dargestellt.

A. Begriff und Entwicklung der privaten Rechtsdurchsetzung

I. Begriff der privaten Rechtsdurchsetzung

Wie bereits oben dargestellt wird als private Rechtsdurchsetzung oder Private Enforcement im Kartellrecht sowohl die offensive zivilrechtliche Durchsetzung von Unterlassungs-, Beseitigungs- und Schadensersatzansprüchen als auch die defensive Abwehr gegen vertragliche Inanspruchnahme unter Verweis auf die Nichtigkeit nach Art. 101 Abs. 2 AEUV bzw. § 1 GWB i.V.m. § 134 BGB bezeichnet.1 Hauptziel der privaten Rechtsdurchsetzung ist den von einem Wettbewerbsverstoß Betroffenen die Möglichkeit zu verleihen, ihre individuellen ←29 | 30→Rechte durchzusetzen und den Ausgleich etwaiger Schäden zu erlangen.2 Darüber hinaus soll durch eine wirksame private Rechtsdurchsetzung die Durchsetzungskraft des Wettbewerbsrechts insgesamt erhöht werden.3 Als Nebenzweck dienen die Kosten der Kompensation auch der Abschreckung.4

Das Private Enforcement soll nach dem Willen des europäischen Gesetzgebers als „zweite Säule5 neben der öffentlich-rechtlichen bzw. behördlichen6 Durchsetzung einer wirksamen Durchsetzung des Wettbewerbsrechts dienen.7 Die öffentlich-rechtliche Rechtsdurchsetzung erfolgt durch öffentliche Institutionen8 und unterscheidet sich von der privaten nicht nur aufgrund ihrer ←30 | 31→Durchsetzungsformen, sondern auch in ihren Zielen. Die öffentlich-rechtliche Rechtsdurchsetzung soll zum einen denjenigen sanktionieren, der gegen das Kartellrecht verstößt, und zum anderen im Wege der Generalprävention andere Marktteilnehmer davon abschrecken, ebenfalls gegen das Kartellrecht zu verstoßen.9

II. Entwicklung der privaten Rechtsdurchsetzung

Die Durchsetzung des Kartellrechts oblag in Europa für lange Zeit fast ausschließlich den öffentlichen Institutionen.10 Einerseits war die überwiegende Meinung, dass die Wettbewerbsregeln den Wettbewerb als Institution der Marktwirtschaft im Ganzen schützen, nicht aber den einzelnen Wettbewerber, Abnehmer oder Lieferanten. Dies führte dazu, dass zivilrechtliche Anspruchsnormen, soweit überhaupt vorhanden, in ihrer Reichweite und Bedeutung stark eingeschränkt waren. Andererseits war – und ist – die Aufdeckung von im Verborgenen geplanten und durchgeführten wettbewerbsbeschränkenden Absprachen für Unternehmen und Privatpersonen meist unmöglich, zumindest aber sehr schwer. Der ausschließliche Einsatz staatlicher Ermittlungsbefugnisse schien daher unumgänglich.11

1. Anfänge der privaten Rechtsdurchsetzung
a) Nationale Ebene

Kartelle wurden in Deutschland lange Zeit grundsätzlich positiv betrachtet.12 Eine Möglichkeit des privaten Vorgehens gegen Kartelle wurde erstmals durch ←31 | 32→die Einführung der Verordnung gegen Missbrauch wirtschaftlicher Machtstellungen (KartVO)13 im Jahr 1923 geschaffen. Diese gab allerdings nur dem Mitglied eines Kartells ein Kündigungsrecht aus wichtigem Grund (§ 8 KartVO). Dessen Wirksamkeit war – wie das der gesamten Missbrauchsverordnung – gering.14 Die Rechtmäßigkeit der Kündigung musste durch das neu gebildete Kartellgericht bestätigt werden.15 Dieses stellte hohe Anforderungen an das Vorliegen eines wichtigen Grundes und setzte die umfängliche Ausschöpfung aller kartellinternen Behelfsmöglichkeiten voraus.16

Erst die in den Westzonen nach dem 2. Weltkrieg erlassenen Dekartellisierungsvorschriften17 hatten eine den Wettbewerb befürwortende Grundhaltung in Deutschland zur Folge. Diese wurde insbesondere durch das amerikanische Antitrust-Denken geprägt.18 Der erste bundesdeutsche Kartellrechtsentwurf – der sog. Josten-Entwurf – enthielt als Folge dessen in § 26 Abs. 3 erstmals ←32 | 33→einen eigenen Schadensersatzanspruch für die Opfer eines Kartells.19 Der als besonders streng geltende Entwurf scheiterte letztlich aber am Widerstand der Wirtschaft.20

Details

Seiten
348
Jahr
2020
ISBN (PDF)
9783631841877
ISBN (ePUB)
9783631841884
ISBN (MOBI)
9783631841891
ISBN (Paperback)
9783631839294
DOI
10.3726/b17842
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2021 (März)
Schlagworte
Private Rechtsdurchsetzung § 33g GWB Kartellschadensersatzrichtlinie Schadenersatzanspruch Deutschland Kartellrecht Akteneinsicht
Erschienen
Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2020. 348 S.

Biographische Angaben

Johannes Gottwald (Autor:in)

Johannes Gottwald studierte Rechtswissenschaften an der Georg-August-Universität Göttingen und der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster.

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Titel: Überwindung der Informationsasymmetrie – Stärkung des Private Enforcement durch die Umsetzung des Kapitels II der Richtlinie 2014/104/EU?
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