TY - JOUR AU - Felix Woywode PY - 2024 CY - Berlin, Germany PB - Peter Lang Verlag JF - Jahrbuch für Internationale Germanistik IS - 1 VL - 56 SN - 2235-1280 TI - Angela Steidele: Aufklärung. Ein Roman. Insel Verlag, Berlin 2022, 603 Seiten. DO - 10.3726/JIG561_213 UR - https://www.peterlang.com/document/1515244 N2 - Wenn Autorinnen und Autoren sich dazu entschließen, ein historisches Sujet in einem Roman zu vergegenwärtigen, stößt das bei der Kritik nicht immer auf Gegenliebe. Ein berüchtigtes Beispiel ist Peter Härtlings Hölderlin-Roman, der seinen göttertrunkenen Protagonisten in die Niederungen des Alltags versetzte, sodass er ihm jedes mythische Überhöhungspotential nahm und um sein dichterisches Anliegen beraubte. Die bestens über Hölderlin informierte Kritik hat besonders diese größtenteils herbeiprojizierte und sich etwa in schwerem schwäbischem Dialekt äußernde Alltagsnähe an Härtlings Roman bemängelt. Schließlich war Hölderlin ein Dichter, der seine Daseinsbestimmung in einer Dichtung zu realisieren versuchte, die den flüchtigen und seelisch niederdrückenden Alltag aus ihren formalisierten und sprachlich höchst anspruchsvollen Göttergefilden ausschloss. Nicht aus Bildungsdünkel, sondern aus der Not heraus, sich anders nicht mit der hinderlichen Realität arrangieren zu können, über die es ihn hinaustrieb, wie der Dichter selbst beklagte. Härtling wiederum war als Autor abgesichert durch die poetische Lizenz: hatte er doch kein Sachbuch geschrieben, sondern einen Roman. Dennoch stellte sich die Frage: Wozu das Ganze? Warum diesen Roman lesen, wenn man schlicht Hölderlins Dichtung lesen kann? ER -