%0 Journal Article %A Cornelia Rémon %D 2025 %C Berlin, Germany %I Peter Lang Verlag %J Pädagogische Rundschau %@ 2365-8142 %N 4 %V 79 %T Unfreiwillige Nähe %B Hannah Arendt und die reformpädagogische Krise der 50er Jahre in historisch-systematischer Perspektive %R 10.3726/PR042025.0045 %U https://www.peterlang.com/document/1661830 %X Konservativ und traditionsorientiert müssen Erziehung und schulische Bildung sein: Offensichtlich ging es Hannah Arendt in ihrem vielzitierten Vortrag Die Krise in der Erziehung um Abgrenzung von reformpädagogischen Vorstellungen. Arendt gibt sich dort als explizite Gegnerin der Progressive Education, die in den 40er und 50er Jahren viele Schulen in den USA prägte. In der Rezeption kaum beachtet wird – anders als im Fall von Arendts Essay Little Rock1– der hermeneutisch aufschlussreiche Entstehungskontext von Vortrag und folgendem Essay. Vielmehr tritt Die Krise in der Erziehung als historisch recht isoliertes Dokument auf, erscheint so als Ausdruck Arendts individueller pädagogischer Position und Arendt selbst gar als konservative Vorreiterin einer pädagogischen Krisendiagnostik. Die historischen, biographischen und editorischen Gegebenheiten, in deren Licht ich Arendts Erziehungsvortrag im Folgenden betrachte, vermögen manche dieser Vorstellungen zu entzaubern. Die gut bezahlte Auftragsarbeit, die Arendts Vortrag war, fügt sich in Inhalt und anklagendem Duktus in eine Reihe zeitgenössischer Veröffentlichungen und bildungspolitischer Forderungen ein. Mit den erziehungsphilosophischen Hintergründen, z. B. John Deweys Erziehungstheorie, befasste sie sich offenbar kaum, begriffliche Unterscheidungen wie die zwischen Erziehung und Bildung traf sie nicht – ohnehin hatte sie einen Beitrag zur Erziehungstheorie ihrer Zeit nicht im Sinn. Und doch, so möchte ich in meiner Analyse zeigen, hat Arendts Vorstellung von Erziehung und Bildung als einem seltenen dialektischen Spannungsverhältnis von Enkulturation und revolutionärer kindlicher Potenz theoretisches Anregungspotential. Dass sie dabei mit reformpädagogischen Vorstellungen mehr teilt, als ihr lieb ist, soll deutlich werden. %K unfreiwillige, nähe, hannah, arendt, krise, jahre, perspektive