TY - JOUR AU - Rudolf Lassahn PY - 2024 CY - Berlin, Germany PB - Peter Lang Verlag JF - Pädagogische Rundschau IS - 2 VL - 78 SN - 2365-8142 TI - Ist Bildung lehrbar? T2 - Über die Unordnung der Wissenschaft, die Grenzen der Erziehung und die Offenheit der Bildung DO - 10.3726/PR022024.0020 UR - https://www.peterlang.com/document/1459243 N2 - Postmoderne Pluralität, die eine ›neue Unübersichtlichkeit‹ nach sich zog, riß die Erziehungswissenschaft in diesen Strudel mit hinein. Dabei geriet die Unterscheidung zwischen Wissen und Wissensvermittlung einerseits und Erziehung und Bildung andererseits aus dem Blick. Wissen in seinen verschiedenen Formen, Scheler differenzierte in Herrschafts-, Bildungs und Erlösungswissen, läßt sich segmentieren, kann sich auf sehr kleine, überschaubare Vorgänge, Erlebnisse oder Abläufe beziehen und kann deshalb in gleichen oder ähnlichen Situationen auf seine Brauchbarkeit überprüft werden. Wissen trägt die Bestimmung des Allgemeinen, Statischen und Zeitlosen. Anders die Erziehung: Sie erfolgt in der Lebenswelt in aktuellen Lebensformen. Eltern und Großeltern, Verwandte und Freunde, Nachbarn und fremde Erwachsene sind am Prozeß Erziehung ebenso beteiligt wie die kulturellen Institutionen, Religion, Kunst, Wissenschaft, der Staat, die Medien und die sich im Geschichtsverlauf herausgebildeten und ständig sich wandelnden sittlichen Lebensformen, der seit Herder und Hegel sogenannte Zeitgeist. »Das ganze Leben ist Ein Leben der Erziehung« (Fröbel). In diesem ganzen Leben der Erziehung sind professionelle Lehrer, Erzieher, Berater und Therapeuten sowohl umfang- als auch zeitmäßig nur zu einem geringen Anteil eingebunden. Die meisten erzieherischen Einflüsse, wissenschaftlich niemals exakt gefaßt und wohl auch nicht zu erfassen, und die Vermittlung von lebensnützlichem Wissen, die Erklärung von Welt, Gesellschaft und Geschichte, wird von Menschen geleistet, die nicht Pädagogik studiert haben und deren pädagogische Maximen, wenn sie denn welche haben, sich aus allgemeinen Lebensmaximen, mündlichen Überlieferungen, Spruchweisheiten und Ratgeberliteratur nähren. Uralte Lebensregeln und pädagogische Einsichten pflanzen sich seit Jahrtausenden gleichsam unterirdisch wie durch Knollen fort. Das Problem ist nicht neu. Wenn ich zur Beschreibung auf die griechische Antike zurückgreife, folge ich der Einsicht des Aristoteles: Um Vorgänge richtig zu verstehen, muß man sehen, wie sie sich entwickelt haben, man muß sie in ihrer Genese erfassen ER -