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Arnold Schönberg und Roberto Gerhard: Briefwechsel

Kritische Ausgabe von Paloma Ortiz-de-Urbina

von Paloma Ortiz de Urbina (Band-Herausgeber:in)
©2019 Monographie 236 Seiten
Open Access

Zusammenfassung

Arnold Schönberg und Roberto Gerhard begannen 1923 eine Meister-Schüler-Beziehung, die sich im Laufe der Zeit in eine enge Freundschaft verwandelte. Trotz der geographischen Distanz, die beide Komponisten trennte –Schönberg floh 1933 in die USA und Gerhard ging 1939 ins Exil–, unterhielten sie bis zu ihrem Tode eine intensive Korrespondenz, die dank der Freundschaft ihrer Wiener Ehefrauen gefestigt wurde.
Der vorliegende Band enthält den bisher noch nicht veröffentlichten, aus 82 Einzel­dokumenten bestehenden vollständigen Briefwechsel zwischen Arnold Schönberg und seinem spanischen Schüler Roberto Gerhard, der nach einer langwierigen Suche und minuziöser Arbeit in verschiedenen internationalen Archiven von Prof. Dr. Ortiz-de-Urbina zusammengetragen werden konnte.
Eine erste Analyse der Briefe zwischen Arnold Schönberg und seinem Schüler Roberto Gerhard liefert interessante Ergebnisse bezüglich des Lebens, des Werkes und der Persönlich­keit beider Komponisten und beleuchtet relevante biografische Aspekte, wie das enge familiäre Verhältnis zwischen beiden dank der aktiven Vermittlerrolle beider Ehefrauen, die Relevanz des Aufenthalts der Schönbergs in Barcelona von Oktober 1931 bis Juni 1932 oder den verzweifelten Versuch Gerhards, mit Hilfe Pau Casals und anderer spanischer Musiker für Schönberg verbindliche Verträge in Spanien zu schließen, damit der Wiener Meister, bedrängt vom zunehmenden Antisemitismus in Deutschland ab 1932, definitiv nach Barcelona mit Frau und Kind übersiedeln könnte. Die gesammelten Dokumente beleuchten auch den Prozess der Gestaltung mancher Werke beider Komponisten.
Wenn auch Leben und Werk Arnold Schönbergs umfassend erforscht und dokumentiert wurden und immer noch Schwerpunkt der internationalen musikwissenschaftlichen Forschung sind, bleibt Roberto Gerhard trotz seiner Relevanz als Komponist und Denker innerhalb der europäischen posttonalen Musik des 20. Jahrhunderts ein unzureichend erforschter Komponist. Als Republikaner fand er während der Franco-Diktatur offiziell keine Beachtung und erst nach seinem Tode 1970, zwei Jahre nach Erhalt der Ehrendoktorwürde der Cambridge University, wurden sowohl sein Leben und Werk als auch seine Rezeption Thema der musikwissenschaftlichen Forschungsgemeinschaft. Aus diesem Grunde soll das vorliegende Buch nicht nur als Dokumentensammlung der Schönberg- und Gerhardforschung dienen, sondern auch als Beitrag zu einer Gerhard-Renaissance verstanden werden.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Contents
  • Danksagung
  • Vorwort (Hartmut Krones)
  • Einleitung der Herausgeberin
  • Edition
  • Abkürzungen und Editorische Zeichen
  • Briefwechsel
  • Teil I: 1923–1924. Der verzweifelte Hilferuf eines jungen spanischen Komponisten an einen österreichischen Meister
  • Teil II: 1930–1933. Barcelona: Erfüllendes Zuhause und gewünschter Zufluchtsort für die Schönbergs
  • Teil III: 1934–1951. Freundschaft aus dem Exil: Schönberg aus den USA, Gerhard aus Cambridge
  • Teil IV: 1954–1965. Nach Schönbergs Tod. Gertrud Schönberg und Poldi Gerhard: etwas mehr als Ehefrauen
  • Ausgewählte Literatur
  • Personenverzeichnis
  • Bildquellen

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Danksagung

Zunächst möchte ich mich bei Herrn o. Univ. – Prof. MMag. Dr. Hartmut Krones (Wissenschaftszentrum Arnold Schönberg der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien) für seine Unterstützung bei der Überprüfung des vorliegenden Bandes bedanken, sowie für seine persönliche Bereitschaft, mir bei allen Fragen Arnold Schönberg betreffend zu helfen. Ich danke auch dem Personal des Arnold Schönberg Center in Wien, vor allem Therese Muxeneder und Eike Fess, für die Hilfestellung bei der Entzifferung vieler Briefe Schönbergs. Ich richte auch meinen Dank an das Institut d’Estudis Vallencs in Valls (Tarragona), namentlich an Olga Ger und Francesc Xavier Salat, die für den Bestand Roberto Gerhards verantwortlich sind und immer hilfsbereit waren, mir bei allen Zweifeln hinsichtlich der Briefe Gerhards zu helfen. Die folgenden Personen und Institute haben mir bei der Edition der Briefe geholfen oder mir auch Briefe, Dokumente oder Informationen zur Verfügung gestellt: Tobias Borchert (Berlin), Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz (Berlin), Akademie der Künste (Berlin), Österreichische Nationalbibliothek, Musikabteilung (Wien), Cambridge University Library (Cambridge), Rosemary Summers (ehemalige Eigentümerin des in Cambridge gelagerten Nachlasses von Roberto Gerhard1), Trevor Walshaw, Michael Russ (University of Huddersfield), Magda Polo (Universidad de Barcelona), Heidi Grünewald (Universidad de Barcelona), Carlos Duque (Centro Superior de Enseñanza Musical Katarina Gurska, Madrid). Ihnen allen sei an dieser Stelle Dank gesagt. ← 7 | 8 →


1 Rosemary Summers ist mit 85 Jahren am 19. März 2017 in Cambridge gestorben.

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Vorwort

Hartmut Krones

In Robert(o) Gerhard begegnen wir dem neben Hanns Eisler einzigen Komponisten aus Arnold Schönbergs „zweiter Schülergeneration“, der sich nach dem Zweiten Weltkrieg nachhaltig und längerfristig mit seinem Œuvre durchsetzen konnte. Und dies nicht nur in seiner „ersten Heimat“ Spanien (insbesondere Katalonien) und in seiner „zweiten Heimat“ England, sondern bis zu einem gewissen Grad auch weltweit (was z. B. nicht für die geographisch nur begrenzt wirksamen Nikos Skalkottas oder Winfried Zillig gilt). Abgesehen davon war Gerhard sicher der einzige aus dieser „zweiten Schülergeneration“, der – nach Schönbergs frühen Schülern Anton Webern und Alban Berg, die zu seinen engen „Mitstreitern“ wurden – dann ein fast freundschaftliches Verhältnis zu seinem ehemaligen Lehrer pflegte. Dazu kam, daß Schönberg und seine Frau Gertrud während ihrer Zeit in Barcelona herzliche Kontakte zu Gerhards Familie zu knüpfen begannen und daß die hier entstehende Freundschaft nach dem Tod Schönbergs auch mit dessen Witwe fortgeführt wurde. Mehr noch, Gerhards Frau Leopoldine Feichtegger, die der katalanische Jüngling während seiner Wiener Studienzeit kennengelernt hatte, wurde eine besonders enge Freundin von Gertrud, die diese Vertrautheit in einem Brief mit der Anrede „Liebster Gerhard, liebste Poldl“ bekräftigte.

Roberto Gerhard, mit dem zu telephonieren ich in den Jahren meines Studiums noch Gelegenheit hatte, war bis zu seinem Tod ein unermüdlicher Propagator des Œuvres seines Lehrers, und er war für Schönberg im Herbst 1931 ein unermüdlicher Helfer, der ihm die Wege in das Musikleben von Barcelona öffnete. Doch nicht nur mit Schönberg verband ihn eine gegenseitige Zuneigung, auch das Verhältnis zu Anton Webern wurde just in jenen Monaten ein besonders inniges. Zunächst konnte Webern als Mitglied der Jury für das Juni 1932 in Wien stattfindende Festival der IGNM (ISCM) durchsetzen, daß Gerhards „Sis Cançons populars de Catalunya“ in das Programm aufgenommen wurden, dann wurde er über Initiative Schönbergs und Gerhards eingeladen, in Barcelona am 5. und 7. April 1932 zwei Konzerte des „Orquesta Pau Casals“ mit Werken von Haydn, ← 9 | 10 → Schubert/Webern, Webern und Beethoven sowie von Schubert, Schönberg, Beethoven und Mahler zu dirigieren. Und er lobte die Musiker über alle Maßen: „Orchester ganz hervorragend. Das beste, das ich je dirigierte !“

Am 16. Juni 1932 dirigierte Webern dann im Rahmen des „10. Musikfestes der Internationalen Gesellschaft für Neue Musik“ im Großen Konzerthaus-Saal Gerhards „Sechs Catalanische Lieder für Sopran und Orchester“, wie sie sowohl hier als auch dann in dem am 7. Juli unterschriebenen Verlagsvertrag mit der Universal-Edition hießen. Es spielte „Das Wiener Sinfonie-Orchester“, Solistin war Conxita Badia d’Agusti aus Barcelona. Außer „Dr. Anton Webern“ dirigierten an jenem Abend vier weitere internationale Dirigenten, sodaß sich „Robert Gerhard“ in überaus prominenter Gesellschaft befand: Ernest Ansermet, Karel Ančerl, Otakar Jeremiaš und Roger Desormière. Unser Komponist und sein Werk wurden in dem Abendprogramm folgendermaßen vorgestellt, wobei anzunehmen ist, daß er die Beschreibung selbst vorgenommen hat:

ROBERT GERHARD, 1896 in Valls (Katalonien) geboren, erste musikalische Ausbildung durch Felipe Pedrell, aus dessen Schule de Falla, Albeniz und Granados hervorgingen. Nach Pedrells Tod Unterricht bei Arnold Schönberg (1923 bis 1928) in Wien und Berlin. Starke Verbundenheit mit der Volksmusik seiner Heimat und künstlerische Disziplin im Geiste Schönbergs sind die Merkmale seiner Musik. Werke: Lieder, Kammermusik, Sardanas (Katalanische Tänze) für kleines Blasorchester, Chöre.

Die Volkslieder aus Katalonien sind charakteristisch für dieses Land. Sie haben weder mit der Volksmusik Kastiliens noch mit der Andalusiens gemeinsame Wesenszüge: sind also nicht das, was man außerhalb Spaniens als spezifisch „spanische Musik“ ansieht. Ausgeprägter Sinn für Melodie und größte Sensibilität für die Wirkungen außerdiatonischer Intervalle, auf Grund von Skalen, die oft mit den alten Kirchentönen identisch sind, ergeben die bezeichnenden Züge des katalanischen Volksliedes, das in einem unübersehbaren Reichtum von Formtypen lebendig fortwirkt.

Das Manuskript der Lieder ging dann an die Universal-Edition, auf deren Katalog-Zettel sich die folgende Bemerkung findet: „Diesem Notenmaterial beiliegend ist der herausgeschriebene original spanische Gesangstext, welcher von R. Gerhard selbst auf der Schreibmaschine erfasst und mit seinen Bemerkungen (händisch) versehen wurde. […] Die Textreinschrift ist auf einem Briefpapier der Sauerkrautfabrik Feichtegger/Tulln geschrieben. Widmung: A Concepcio i Maria Agusti-Badia.“

In die Noten hat Gerhard noch Bemerkungen zur Aussprache geschrieben: Das unterstrichene bildet eine einzige Silbe, ist also entsprechend ← 10 | 11 → unterzustellen; und (vor der Nr. 4): el „si“, si és afirmació és „sí“, i si és conjuncció condicional és „si“. – Und ebenfalls auf Kopfpapier (Franz Feichtinger jun. Tulln Sauerkrautfabrik) ist ein Begleitschreiben an einen Mitarbeiter ds Verlages notiert:

Sehr geehrter Herr Hoffmann !

Hier die Liedertexte, nach (sprech)-Silben dargestellt. In einigen Tagen hoffe ich die anderen Sachen durchgesehen zu haben, damit ich sie Ihnen Donnerstag in die U.E. bringen kann.

Herzl. Grüsse, Ihr

[hs.:] Robert Gerhard

Auf dem Verlagsvertrag finden sich noch folgende Bemerkungen des auch hier mit „Robert Gerhard“ unterschreibenden Komponisten:

Details

Seiten
236
Jahr
2019
ISBN (PDF)
9783034337960
ISBN (ePUB)
9783034337977
ISBN (MOBI)
9783034337984
ISBN (Paperback)
9783034337540
DOI
10.3726/b15301
Open Access
CC-BY-NC-ND
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2019 (April)
Schlagworte
spanische Musiker Pau Casal Antisemitismus in Deutschland europäische posttonale Musik 20. Jh. Gerhard-Renaissance
Erschienen
Bern, Berlin, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2019. 236 S., 45 s/w Abb.

Biographische Angaben

Paloma Ortiz de Urbina (Band-Herausgeber:in)

Paloma Ortiz-de-Urbina ist Professorin an der Madrider Universidad de Alcalá seit 1997. Nach ihrem Germanistikstudium promovierte sie in Musikwissenschaft mit einer Dissertation über die Rezeption Richard Wagners in Madrid. Seitdem konzentriert sich ihre Forschung auf die musikalische Rezeption zwischen Spanien und den deutschsprachigen Ländern, konkret auf die Komponisten Richard Wagner, Arnold Schönberg und Roberto Gerhard.

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