Lade Inhalt...

Völkische Bewegung zwischen Weser und Ems

Richard von Hoff und die Nordische Gesellschaft in Bremen und Nordwestdeutschland

von Matthias Loeber (Autor:in)
Dissertation 174 Seiten

Zusammenfassung

Die Nordische Gesellschaft zählt zu den außergewöhnlichsten völkischen Organisationen der Zwischenkriegszeit. Seit 1933 war sie Teil des Alfred Rosenberg unterstehenden Außenpolitischen Amtes der NSDAP und erhielt offiziell den Auftrag, die nordische Rassenideologie zu fördern. Diese Studie ist eine Teilbiografie des einflussreichen nordwestdeutschen Protagonisten der Nordischen Gesellschaft: Richard von Hoff. Er war ab 1933 Bildungssenator in Bremen. Hoffs Agieren in der völkischen Bewegung, das in sein Engagement in der Nordischen Gesellschaft mündete und sich dort entfaltete, wird in dieser Studie erstmals ebenso präsentiert wie die regionalen Aktivitäten der Gesellschaft.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Abstract
  • Résumé
  • Inhaltsverzeichnis
  • 1. Einleitung
  • 1.1 Vorgehen und Fragestellung
  • 1.2 Quellen
  • 1.3 Forschungsstand
  • 1.4 Gliederung
  • 2. Die Nordische Gesellschaft 1921–1933
  • 2.1 Die „Nordische Woche“
  • 2.2 Die Nordische Gesellschaft in der Weimarer Republik
  • 2.3 Die ‚Gleichschaltung‘ der Nordischen Gesellschaft
  • 3. Die Nordische Gesellschaft in Bremen und Nordwestdeutschland
  • 3.1 Die Nordische Gesellschaft in Nordwestdeutschland im Nationalsozialismus
  • 3.1.1 Grundlagen: Ludwig Roselius, Hans Müller-Brauel und Herman Wirth
  • 3.1.2 Die Böttcherstraße
  • 3.1.3 Die Gründung des ‚Bremen-Kontors‘
  • 3.1.4 Das zweite ‚Nordische Thing‘ 1934
  • 4. Richard von Hoff, die völkische Bewegung und die NSDAP in Bremen
  • 4.1 Die Jahre bis 1933: Überblick
  • 4.1.1 Die Gründung der Bremischen Volkshochschule
  • 4.1.2 Publikationstätigkeit bis 1933
  • 4.1.3 Mitgliedschaft in politischen Vereinen und Parteien
  • 4.2 1933: Die nationalsozialistische Machtübernahme in Bremen
  • 4.3 Richard von Hoff als Senator für das Bildungswesen
  • 4.3.1 Die Nordische Kunsthochschule
  • 4.3.2 Gründung der NKH
  • 4.3.3 Pädagogische Praxis und Lehrkörper der NKH
  • 5. Richard von Hoff und die Nordische Gesellschaft
  • 5.1 Vorgeschichte: Richard von Hoff und die Nordische Bewegung vor 1934
  • 5.1.1 Eintritt in die SS
  • 5.1.2 Der Nordische Ring
  • 5.2 Die Nordische Gesellschaft im ‚Gau Weser-Ems‘ – Personelle Situation und Mitgliederzahlen
  • 5.3 Aktivitäten und Veranstaltungen des ‚Weser-Ems-Kontors‘
  • 5.4 Reichsweite Aktivitäten der Mitglieder des ‚Weser-Ems-Kontors‘
  • 5.4.1 Die Reichstagungen der Nordischen Gesellschaft
  • 5.4.2 Beteiligung des ‚Weser-Ems-Kontors‘ an der reichsweiten Arbeit
  • 5.4.2.1 Vorträge
  • 5.4.2.2 Veröffentlichungen
  • 5.5 Inhaltliche Analyse der Veröffentlichungen
  • 5.5.1 ‚Indogermanen‘, ‚Nordische Rasse‘, Ex Septentrione Lux – Grundlagen
  • 5.5.2 Superiorität und Inferiorität: ‚Nordische Rasse‘, ‚Ostische Rasse‘ und „morgenländische Nomaden“
  • 5.5.3 „Nordische Haltung“: Religiöse und kulturelle Zuschreibungen
  • 5.5.4 ‚Aufnordung‘ und Steigerung der Geburtenrate: Die Zukunft der ‚nordischen Rasse‘
  • 5.5.5 Zusammenfassung
  • 6. Epilog
  • 7. Abkürzungsverzeichnis
  • 8. Quellen- und Literaturverzeichnis
  • 8.1 Quellen
  • 8.1.1 Unveröffentlichte Quellen
  • 8.1.1.1 Archiv der Böttcherstraße Bremen
  • 8.1.1.2 Archiv der Handelskammer Bremen
  • 8.1.1.3 Bundesarchiv Berlin-Lichterfelde
  • 8.1.1.4 Niedersächsisches Landesarchiv Aurich
  • 8.1.1.5 Niedersächsisches Landesarchiv Oldenburg
  • 8.1.1.6 Staatsarchiv Bremen
  • 8.1.1.7 Stadtarchiv Lübeck
  • 8.1.1.8 Stadtarchiv Nordhorn
  • 8.1.2 Publizierte Quellen
  • 8.1.2.1 Zeitschriften und Periodika
  • 8.1.2.2 Monographien, Aufsätze und Sammelbände
  • 8.2 Forschungsliteratur
  • Personenregister

| 13 →

1. Einleitung

Das Verhältnis der völkischen Bewegung zum Nationalsozialismus beschäftigt die Geschichtswissenschaft seit Jahrzehnten. Mit zentralen Momenten wie Antisemitismus, Blut-und-Boden-Rhetorik und Germanenideologie bestanden große Überschneidungen zwischen beiden rechtsradikalen Strömungen.1 Dennoch – oder gerade deswegen – war das Verhältnis beider Bewegungen stets auch von Spannungen begleitet. Das zunehmende Erstarken des Nationalsozialismus in der zweiten Hälfte der 1920er Jahre ging einher mit einem Bedeutungsverlust der völkischen Bewegung. Während jüngere Akteure und Gruppierungen der Völkischen sich der NSDAP anschlossen, gaben ältere Vertreter ihre eigenständige Arbeit nicht auf und wurden nach 1933 zumeist endgültig politisch marginalisiert.2 ← 13 | 14 →

Die Nordische Gesellschaft stellt in diesem Forschungsfeld einen besonderen Fall dar.

Der 1921 in Lübeck gegründete Verein hatte es sich ursprünglich zur Aufgabe gemacht, die kulturellen und wirtschaftlichen Beziehungen Deutschlands zu den skandinavischen Ländern zu fördern. Zwar war das Skandinavien-Bild des Vereins geprägt von einer massiven Romantisierung alles „Nordisch-Germanischen“, der völkischen Rassenideologie war die Organisation aber zunächst nicht verschrieben. Dies änderte sich im Jahr 1933.

Die Nordische Gesellschaft wurde als Teil des Außenpolitischen Amtes der NSDAP (APA) ‚gleichgeschaltet‘3, und erhielt fortan unter Führung Alfred Rosenbergs den Auftrag, neben ihren bisherigen Tätigkeiten den ‚Nordischen Gedanken‘4, die Ideologie der angeblichen Überlegenheit der ‚nordischen Rasse‘ systematisch zu fördern.

Während andere völkische Gruppierungen ab 1933 in der Bedeutungslosigkeit verschwanden, wurde die Nordische Gesellschaft unter Schirmherrschaft Alfred Rosenbergs zur parteiamtlichen Organisation für die nordisch-völkische Ideologie. ← 14 | 15 →

Richard von Hoff war zunächst Studienrat in Bremen gewesen. Seit Beginn des 20. Jahrhunderts hatte er sich mit rassenideologischen Themen beschäftigt, Beiträge dazu publiziert und sich einen Namen als Redner gemacht. So war er zu einem der wichtigsten Vertreter der völkischen Bewegung in Bremen und Nordwestdeutschland geworden. Die ‚nordische Rasse‘ spielte in seinem Denken die zentrale Rolle. Nachdem er sein politisches Weltbild in verschiedene völkischen und rechtsradikalen Parteien und Organisationen einzubringen versucht hatte, trat er 1931 der NSDAP bei. Zwei Jahre später wurde er für sein dortiges Engagement ausgezeichnet und zum Bildungssenator im ersten nationalsozialistischen Senat Bremens ernannt. Das Amt übte er bis 1945 aus.

Kurz nachdem die Nordische Gesellschaft 1933 in Bremen eine Niederlassung gegründet hatte, trat der Senator der Organisation bei. In den Folgejahren wurde er deren wichtigster Vertreter in Nordwestdeutschland, erarbeitete sich aber auch in ihren deutschlandweiten Aktivitäten einen Namen. Von Hoffs rassenideologisches Engagement seit der Jahrhundertwende hatte letztlich in der Nordischen Gesellschaft seine Institutionalisierung gefunden.

1.1 Vorgehen und Fragestellung

Da sowohl regionalhistorische Untersuchungen zur Nordischen Gesellschaft, als auch biografische Studien zu Richard von Hoff bislang fehlen, setzt die vorliegende Arbeit an genau dieser Stelle an: Ihr Ziel ist es, erstmalige Forschungen zur regionalen Tätigkeit des Vereins anhand der Biografie des nationalsozialistischen Politikers zu präsentieren.

Es ist zunächst zu untersuchen, inwiefern die Nordische Gesellschaft bereits vor 1933 versuchte, außerhalb ihres Gründungsortes Lübeck Fuß zu fassen und die auf Skandinavien ausgerichtete Arbeit aufzunehmen. Die Untersuchung bezieht sich dabei regional auf die Territorien der deutschen Bundesstaaten des Freistaates Oldenburg und der Hansestadt Bremen für die Zeit vor 1933 sowie das damit weitgehend übereinstimmende Gebiet des ‚Gau Weser-Ems‘ der NSDAP nach der nationalsozialistischen Machtübernahme.5 ← 15 | 16 →

Im Zuge dieser Synthese aus organisationshistorischer und biografischer Arbeitsweise ist dann zu untersuchen, welche inhaltlichen Entwicklungen die ideologische Arbeit Richard von Hoffs in den Jahren bis 1933 prägten, in welcher Weise er sich politisch betätigte. Diese beiden grundlegenden Herleitungen bilden die Basis für die Kernuntersuchung. Es wird die Entwicklung der nordwestdeutschen Niederlassung der Nordischen Gesellschaft nach der ‚Gleichschaltung‘ analysiert. Dabei ist zu fragen, welche Rolle der bremische Ideologe und Politiker spielte. Es ist sowohl die Relevanz der Gesellschaft im ‚Gau Weser-Ems‘, als auch die Beteiligung ihrer dortigen Mitglieder an der überregionalen Arbeit der Organisation zu untersuchen. Neben der erstmaligen umfangreicheren wissenschaftlichen Fixierung biografischer Daten zu Richard von Hoff wird so die noch nicht erforschte regionale Arbeit der Organisation untersucht. Dabei kann aufgezeigt werden, inwiefern der bisherige Forschungsstand zur Nordischen Gesellschaft durch die Beschäftigung mit deren Aktivitäten außerhalb Lübecks erweitert werden kann, ferner, welche neuen Forschungsimpulse diese Perspektive bietet. In Richard von Hoffs Biografie laufen unzählige Funktionen und Mechanismen der regionalen Wissenschaftsgeschichte zusammen, sodass die Auseinandersetzung mit seiner Person zugleich ein vertieftes Verständnis kulturhistorischer Zusammenhänge in der Hansestadt Bremen in der Zeit des Nationalsozialismus eröffnet.

1.2 Quellen

Die Arbeit stützt sich zunächst auf unveröffentlichte Archivquellen zur regionalen und deutschlandweiten Arbeit der Nordischen Gesellschaft. Im Sinne der kulturhistorischen Herangehensweise der Untersuchung greift sie darüber hinaus in großem Umfang auf publizistische Quellen, etwa die Periodika des in Lübeck gegründeten Zusammenschlusses, zurück. Ein vereinsintern angelegtes Archiv der Organisation existiert nicht mehr. Durch den Luftangriff auf Lübeck in der Nacht vom 28. auf den 29. März 1942 wurde der Sitz der Nordischen Gesellschaft in der Lübecker Altstadt zerstört.6 Infolgedessen ist die vereinseigene Überlieferung nicht erhalten ← 16 | 17 → geblieben.7 Sekundäres Quellenmaterial zu den deutschlandweiten Aktivitäten der Gesellschaft ist im Stadtarchiv Lübeck8 sowie im Bundesarchiv Berlin-Lichterfelde überliefert. Insbesondere die Integration der Organisation in den NS-Apparat 1933 ist anhand der Akten der Kanzlei Rosenberg im Bundesarchiv nachzuvollziehen.9

Zur Untersuchung der regionalen Ebene wurden Bestände der zuständigen Standorte der niedersächsischen Landes- und Kommunalarchive sowie des Staatsarchivs Bremen erschlossen. So greift die Studie auf Überlieferungen aus den für die Region zentralen Städten Oldenburg und Bremen, aber auch auf Bestände etwa der Ostfriesischen Landschaft oder aus der Grafschaft Bad Bentheim zurück.10 Auch nichtstaatliche Überlieferung, beispielsweise des Archivs der Böttcherstraße Bremen, wurden berücksichtigt.

Unveröffentlichte Quellen zum Werdegang Richard von Hoffs finden sich vor allem im Staatsarchiv Bremen11, ferner im Bundesarchiv Berlin-Lichterfelde. Dort ist insbesondere auf Unterlagen des Berlin Document Center zurückgegriffen worden.12 ← 17 | 18 →

Die wichtigsten publizierten Quellen zur Geschichte der Nordischen Gesellschaft sind deren Periodika „Ostsee-Rundschau“ (1924–1933), „Der Nordische Aufseher“ (1934), „Der Norden“ (1935–1944) sowie „Rasse. Monatsschrift der Nordischen Bewegung“ (1934–1944), ferner das „Deutsch-Nordische Jahrbuch für Kulturaustausch und Volkskunde“ (1924–1932). Die genannten Veröffentlichungen wurden systematisch erschlossen und auf Aktivitäten der nordwestdeutschen Protagonisten der Gesellschaft untersucht. Monografien und einzelne Sammelbände der Gesellschaft wurden in größtmöglichem Umfang herangezogen. Da Verzeichnisse oder Kataloge nicht überliefert sind, ist eine systematische Erschließung der Einzelschriften nicht vollends zu gewährleisten.

Bezogen auf Richard von Hoff wurden zudem regionale Zeitschriften, wie das Organ der bremisch-niedersächsischen Heimatbewegung, „Niedersachsen“ sowie die bremische und überregionale Tagespresse herangezogen.

1.3 Forschungsstand

Wesentliche Aspekte der Geschichte der Nordischen Gesellschaft sind durchaus erforscht worden. Grundsätzlich kann festgehalten werden, dass bisherige Studien sich überwiegend auf deren außenpolitische Tätigkeiten und insbesondere auf die Aktivitäten der Zentrale in Lübeck konzentriert haben.

Bislang fehlt eine umfassende Studie zur Rolle des Vereins in der Zeit vor 1933. Randbemerkungen hierzu finden sich wiederholt in Arbeiten über die Nordische Gesellschaft im Nationalsozialismus.13 Eine erste Ausnahme bildet Abram Enns’ Monografie zur Kunst im Lübeck der 1920er Jahre.14 Enns widmet darin der Gründungsveranstaltung der Nordischen ← 18 | 19 → Gesellschaft 1921 ein Kapitel. Er untersucht die Ausstellungen und Vorträge dieser sog. „Nordischen Woche“.

Details

Seiten
174
ISBN (ePUB)
9783631698082
ISBN (PDF)
9783653071894
ISBN (MOBI)
9783631698099
ISBN (Hardcover)
9783631677018
DOI
10.3726/978-3-653-07189-4
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2016 (Oktober)
Schlagworte
Nationalsozialismus Rassismus Ideologie Nordischer Gedanke Amt Rosenberg Rassenkunde
Erschienen
Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien, 2016. 174 S., 4 s/w Abb.

Biographische Angaben

Matthias Loeber (Autor:in)

Matthias Loeber studierte Geschichte und Germanistik an der Universität Bremen. Seine Forschungsschwerpunkte sind die Geschichte der Völkischen Bewegung und Wissenschaftsgeschichte. Er beschäftigt sich insbesondere mit der ideologischen Prägung der Geisteswissenschaften im 19. und 20. Jahrhundert.

Zurück

Titel: Völkische Bewegung zwischen Weser und Ems
book preview page numper 1
book preview page numper 2
book preview page numper 3
book preview page numper 4
book preview page numper 5
book preview page numper 6
book preview page numper 7
book preview page numper 8
book preview page numper 9
book preview page numper 10
book preview page numper 11
book preview page numper 12
book preview page numper 13
book preview page numper 14
book preview page numper 15
book preview page numper 16
book preview page numper 17
book preview page numper 18
book preview page numper 19
book preview page numper 20
book preview page numper 21
book preview page numper 22
book preview page numper 23
book preview page numper 24
book preview page numper 25
book preview page numper 26
book preview page numper 27
book preview page numper 28
book preview page numper 29
book preview page numper 30
book preview page numper 31
book preview page numper 32
book preview page numper 33
book preview page numper 34
172 Seiten