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Anerkennung und die Möglichkeiten der Gabe

Literaturwissenschaftliche Beiträge

von Martin Baisch (Band-Herausgeber:in)
©2017 Konferenzband 373 Seiten

Zusammenfassung

Dieser Band versammelt die Beiträge einer interdisziplinären Tagung an der Universität Hamburg. Die Autoren und Autorinnen erproben das Konzept der «Anerkennung» (Honneth, Bedorf) als Analyseinstrument sozialer Interaktionen für die Literatur des Mittelalters und der Neuzeit. Die Lektüren reichen von der höfischen und geistlichen Literatur der Vormoderne über das 19. und 20. Jahrhundert bis zur Literatur der Gegenwart (Tawada, Khider). Angeregt durch die Forschungen von Hénaff und Ricœur, beziehen sie zugleich die Begriffe von Anerkennung und Gabe im Feld der Literatur aufeinander. Untersucht werden die performativen Funktionen von Gabehandlungen ebenso wie die Zeichenhaftigkeit von Gaben und das Verhältnis von Gabe und Zeitformen beziehungsweise -inszenierungen.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Herausgeberangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Inhaltsverzeichnis
  • Einleitung (Martin Baisch)
  • Die Gabe des Kampfes. Zur Form der Anerkennung im Hildebrandslied (Bent Gebert)
  • Charisma – Falschgeld – Gnade. Zur Funktion der Gabe im Nibelungenlied (Xuan Jing)
  • Gabentausch, Grußwechsel und die Genese von Verpflichtung. Zur Zirkulation von Anerkennung in der höfischen Kultur und Literatur (Harald Haferland)
  • Anerkennung und Ehre. Literarische Mikrosoziologie und Ehr-Kritik um 1900: Schnitzler, Sudermann, Fontane (Matthias Schöning)
  • Anerkennung, Verkennung und Gabe. Ein Versuch über das sozialphilosophische Wissen der Literatur (Christine Kanz)
  • Experimentelle Erkundungen. Überlegungen zum Verhältnis von Anerkennungstheorie und Literaturwissenschaft am Beispiel von Abbas Khiders Roman Die Orangen des Präsidenten (Moritz Schramm)
  • (V)Erkennen und Anerkennen in Wolframs Parzival (Coralie Rippl)
  • Anerkennen und Identifizieren: swert nemen und räumliche Praxis am Artushof (Parzival, Wigalois) (Markus Stock)
  • ‚man sol hunde umbe ebers houbet gebn‘ (Parzival, v. 150,22). Gabe, zorn und Anerkennung bei Wolfram von Eschenbach (Martin Baisch)
  • Gabe und Reziprozität bei Mechthild von Magdeburg (Christine Büchner)
  • Selbstanerkennung / Selbstgabe. Brüche und Brücken zwischen Anerkennungstheorie und historischer Anthropologie (zu einem Dialog über den Hymnus Te Deum laudamus) (Moritz Wedell)
  • Gabe, Tausch und êre in der Alexiuslegende (Margreth Egidi)
  • Autorenverzeichnis
  • Series index

Martin Baisch (Hrsg.)

Anerkennung und die
Möglichkeiten der Gabe

Literaturwissenschaftliche Beiträge

Unter Mitarbeit von Malena Ratzke und Britta Wittchow

Herausgeberangaben

Martin Baisch ist Professor für Ältere deutsche Literatur an der Universität Hamburg. Seine Interessen liegen auf den Gebieten der Überlieferungsgeschichte und Textkritik mittelalterlicher Literatur, der historischen Anthropologie und Kulturwissenschaft.

Über das Buch

Dieser Band versammelt die Beiträge einer interdisziplinären Tagung an der Universität Hamburg. Die Autoren und Autorinnen erproben das Konzept der ‚Anerkennung’ (Honneth, Bedorf) als Analyseinstrument sozialer Interaktionen für die Literatur des Mittelalters und der Neuzeit. Die Lektüren reichen von der höfischen und geistlichen Literatur der Vormoderne über das 19. und 20. Jahrhundert bis zur Literatur der Gegenwart (Tawada, Khider). Angeregt durch die Forschungen von Hénaff und Ricoeur, beziehen sie zugleich die Begriffe von Anerkennung und Gabe im Feld der Literatur aufeinander. Untersucht werden die performativen Funktionen von Gabehandlungen ebenso wie die Zeichenhaftigkeit von Gaben und das Verhältnis von Gabe und Zeitformen beziehungsweise -inszenierungen.

Zitierfähigkeit des eBooks

Diese Ausgabe des eBooks ist zitierfähig. Dazu wurden der Beginn und das Ende einer Seite gekennzeichnet. Sollte eine neue Seite genau in einem Wort beginnen, erfolgt diese Kennzeichnung auch exakt an dieser Stelle, so dass ein Wort durch diese Darstellung getrennt sein kann.

Martin Baisch, Hamburg

Einleitung

Ich hatte einmal als ganz kleiner Junge ein Sechserl bekommen und hatte große Lust es einer alten Bettlerin zu geben, die zwischen dem großen und dem kleinen Ring saß. Nun schien mir aber die Summe ungeheuer, eine Summe die wahrscheinlich noch niemals einem Bettler gegeben worden ist, ich schämte mich deshalb vor der Bettlerin etwas so Ungeheuerliches zu tun. Geben aber mußte ich es ihr doch, ich wechselte deshalb das Sechserl, gab der Bettlerin einen Kreuzer, umlief den ganzen Komplex des Rathauses und des Laubenganges am kleinen Ring, kam als ein ganz neuer Wohltäter links heraus, gab der Bettlerin wieder einen Kreuzer, fing wieder zu laufen an und machte das glücklich zehnmal (Oder auch etwas weniger, denn, ich glaube die Bettlerin verlor dann später die Geduld und verschwand mir). Jedenfalls war ich zum Schluß, auch moralisch, so erschöpft, daß ich gleich nach Hause lief und so lange weinte, bis mir die Mutter das Sechserl wieder ersetzte.1

Franz Kafka

Eine Gabe zu geben, scheint nach Ausweis dieses Briefes von Franz Kafka keine einfache Sache zu sein. Vielmehr erweist sie sich eingebunden in komplexe soziale Handlungskonstellationen, sie erfordert kognitive Anstrengungen, involviert den Körper und entfesselt intensive Emotionen. Sie stiftet unweigerlich soziale Bindung, erzeugt Formen von Reziprozität und ist mit spezifischen Norm- und Wertvorstellungen verbunden. Doch Kafkas Beschreibung lässt auch die Frage aufkommen, was genau an der Gabe es ist, das den jungen Franz so überwältigt. Zu fragen ist nach ihren Funktionen, danach, welche Formen sie annehmen kann und wie sie typisiert werden könnte. Die moderne Soziologie unterscheidet – aufbauend auf den Überlegungen von Marcel Mauss – drei Formen der Gabe. Man kann

auf drei Hauptkategorien der Gabe verweisen: a) die erste – nennen wir sie zeremoniell und nicht archaisch, um einen mit zu vielen Voraussetzungen befrachteten Terminus zu vermeiden – wird immer als öffentlich und gegenseitig beschrieben; b) die zweite ist die wohltätige oder selbstlose Gabe; sie kann privat sein oder nicht, ist aber in erster Line einseitig; c) die dritte ist die Gabe der gegenseitigen Hilfe, die entweder in den Bereich der sozialen Solidarität oder in den des sogenannten philanthropischen Handelns fällt:←9 | 10→ Manche sehen in ihr – zu Unrecht, wie wir sehen werden – die moderne Form der traditionellen Gabe.2

Hier ist nicht der Ort, um Kafkas Auffassung von Gabe und Geben weiter nachzuspüren3 – die Literatur des Mittelalters wie der Moderne,4 das zeigen nicht nur die vorliegenden Beiträge des Bandes, erzählen vielfach von (die Gesellschaften konstituierenden) Gabehandlungen. Reflexionen darüber, was eine Gabe ausmacht, müssten zumindest Überlegungen enthalten über den Gabentausch als Medium der gegenseitigen öffentlichen Anerkennung, über die Gabe als politischen Akt, weil willentlich auf die Zukunft ausgerichtetes Regelwerk der Interaktion, über die Gabe als freiwillige Verpflichtung und Kooperation oder über den Gabentausch als soziales Spiel: „Man gibt den Ball nicht zurück, um großzügig, moralisch oder liebenswert zu sein oder um nicht vertragsbrüchig zu werden. Man tut es, weil die Erwiderung zum Spiel als solchem gehört oder zum System der akzeptierten Regeln, ohne die das Spiel nicht möglich ist.“5

I

Billy Wilder erzählt zu Beginn seiner 1954 entstandenen ,romantic comedy‘ Sabrina, wie eine Chauffeurstochter – eben jene Sabrina, gespielt von Audrey Hepburn – unglücklich verliebt ist in den playboyhaften Sprössling einer kapitalistischen Geldadelsfamilie auf Long Island in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts. Die gesellschaftlichen Grenzen zwischen Herren und (den vielen)←10 | 11→ Bediensteten sind unüberbrückbar: Das schöne junge Mädchen ist – wie eine Filmszene zu Beginn eindrucksvoll belegt – NOBODY – nicht eigentlich unscheinbar, sondern sozial unsichtbar, wie der Sozialphilosoph Axel Honneth, der mit seiner Habilitationsschrift Kampf um Anerkennung die Debatte um Formen und Funktionen von Anerkennen in neuerer Zeit eröffnet hat, sagen würde.6 Sie ist nicht SOMEBODY. Die Aufhebung der Klassengegensätze erfolgt in einer märchenhaften und genreüblichen Wendung des Geschehens, als Sabrina nach Paris gelangt und in der Stadt der Liebe und durch die Hilfe eines alten Barons sich verwandelt vom hässlichen Entlein in einen schönen Schwan. Der alteuropäische Tugendadel triumphiert, indem er zeigt, dass der Schein das Bewusstsein bestimmt: Aus der Chauffeurstochter wird eine elegante, schöne und bezaubernde Dame mit perfektem gesellschaftlichem Auftritt. Soziale Anerkennung erfährt Sabrina durch einen Tausch der Kleidung, der einen Wechsel der sozialen Rolle signalisiert. Folgerichtig wird Sabrina nach ihrer Rückkehr nach Long Island von dem Dandy auch nicht wiedererkannt, aber rasch anerkannt als (potentielles) Objekt des Begehrens. Anerkennung zeigt damit die Form einer dreistelligen Struktur, zeigt ebenso Tendenzen von Verdinglichung: Sabrina entkommt ihrer sozialen Unsichtbarkeit erst, als sie sich ihrer sozialen Herkunft entfremdet.

II

Ziel der Hamburger Tagung ist es gewesen, Modi und Funktionen von Anerkennungsprozessen und Formen der Gabe zu reflektieren. Das Themenfeld der Anerkennung findet seit kurzem – nach intensiven Auseinandersetzungen etwa in der Politikwissenschaft oder der Philosophie – auch Eingang in die Literaturwissenschaft, wie beispielsweise die Tagung über ‚Anerkennung und Literatur‘ von Andrea Albrecht und Moritz Schramm belegt.7 Um das weite Feld der Anerkennung, der Anerkennungstheorien, begehbar zu machen, scheint es vielleicht sinnvoll, es in Bezug zu setzen zu den Diskursen der Gabe, die seit dem berühmten Essay von Marcel Mauss über eine lange Tradition verfügen und neue Aktualität besonders in den französischen Sozialwissenschaften gewonnen haben.8←11 | 12→

Anerkennung — verstanden als ein Grundbegriff der (praktischen) Philosophie9 bzw. der Politologie,10 aber auch der Psychoanalyse11 — ist vielfältig in Zeugnissen poetischen Sprechens thematisiert. Wenn soziale Überlegenheit im Motiv der Unsichtbarkeit des (als inferior erachteten) Untergebenen dargestellt wird, wenn Erkennen oder Wiedererkennen von physiognomischer Individualität in←12 | 13→ epischen oder dramatischen Szenen der Anagnorisis umgesetzt sind,12 ist beispielhaft deutlich, welches Potential Anerkennung auch als Gegenstand der Analyse von Literaturwissenschaft besitzen kann. Anerkennung besitzt unterschiedliche Dimensionen, die sich in interkultureller, intersubjektivistischer und subjektivierender Perspektive entfalten lassen.13

Die Beiträge des Bandes versuchen, das Konzept der Anerkennung als Analyseinstrument sozialer Interaktionen in exemplarischen Lektüren für die Literatur des Mittelalters und der Neuzeit zu erproben und als fruchtbar zu erweisen.14 Sie versuchen aber auch — angeregt durch die Forschungen von Hénaff und Ricœur — Anerkennung und Gabe, Gabe und Anerkennung im Feld der Literatur aufeinander zu beziehen und wechselseitig zu erhellen. In die (literarische) Gabe eingewirkt sind Fäden von Anerkennung: Welchen Status, welche Formen und welche Funktionen besitzt in Vormoderne und Moderne aber das Verhältnis von Gabe und Anerkennung? In diesem Sinne verweisen die in fiktionalen Welten entworfenen sozialen Störungen womöglich auf ein Scheitern von Anerkennung, ebenso aber auf die Möglichkeiten von Gabe. Gefragt werden soll nach den performativen Funktionen von Gabehandlungen ebenso wie nach der Zeichenhaftigkeit von Gaben. Von Interesse ist auch das Verhältnis von Gabe und Zeitformen bzw. -inszenierungen. In Hinblick auf den Liebes- und Freundschaftsdiskurs hat der Gabebegriff (etwa nach Derrida) bereits reiche Anwendung gefunden. Er hat seinen

genuinen Ort im literarischen Diskurs und seinen Ursprung im Bereich zwischenmenschlicher Beziehungen wie Liebe und Freundschaft. Es handelt sich um eine Verkehrsform, bei der die nicht-reziproken Elemente des höfischen Gabendiskurses in gesteigerter Form zur Geltung kommen: Gemeint sind rein anökonomisch geprägte Handlungen, wie sie vor allem im Kontext der Darstellung von Liebesgeschichten imaginiert werden und sich beispielsweise in der erotischen Hingabe oder der persönlichen Verausgabung für den Liebespartner manifestieren können; in der Vorstellung einer Verschmelzung zweier Individuen finden sie schließlich ihre utopische Steigerung. Dieser explizit anökonomische Gabendiskurs (…) steht den feudalen Reziprozitätsregeln ebenso wie den neuen Gesetzen←13 | 14→ des Marktes diametral entgegen, so dass er ein idealisiertes Gegenmodell zu diesen beiden, ihren Grundlagen nach letztlich ökonomisch strukturierten Gabendiskursen bildet.15

Nach den Bedingungen und Möglichkeiten der Historisierung der Konzepte von Anerkennung und Gabe fragen alle Beiträge des Bandes.

III

In engem Anschluss an seine lateinischen und französischen Vorlagen erzählt Heinrich von Veldeke im Eneasroman, dass Eneas nach seiner Landung in Italien bei der Inbesitznahme des Landes weitere Verbündete benötigt. Deshalb besucht der Trojaner den in Pallanteum herrschenden König Evander. Bei seiner Ankunft feiert Evander mit seinen Männern das Herculesfest. Denn einst hatte dieser Held das wilde Tier Câcûs erschlagen, das in einer Felshöhle gehaust und viele Menschen getötet hatte. In die Feier, die an die heldenhafte Tat des Hercules erinnert, platzt der trojanische Flüchtling. Eneas, der als Zeichen seiner Friedfertigkeit einen Ölbaumzweig in der Hand trägt, wird von Pallas, dem Sohn des Königs Evander, begrüßt. Nachdem der Trojaner dem alten König seinen Namen und seine Herkunft offenbart hat, heißt Evander den Gast in einer langen Rede willkommen. Darin hebt er hervor, dass seine politischen Verbindungen nach Troja schon seit langer Zeit bestehen: durch seine Freundschaft mit Anchises. Damit scheint die Beziehung zwischen Eneas und Pallas in der Vätergeneration präfiguriert. Zudem erläutert der König mit seinen Erinnerungen Eneas ein Mittel der Herrschaftssicherung: Sinn und Funktion von Männerfreundschaften bestehen in der Praktik einer die Macht stabilisierenden Bündnispolitik. Doch werden im Text noch weitere Bedingungen genannt, welche die beginnende Freundschaft zwischen Eneas und Pallas bestimmen. König Evander erzählt nämlich, dass er bei einem Aufenthalt in Troja von Anchises reich beschenkt worden ist: Ein kostbares Horn, ein edler Jagdhund, ein Schwert, wertvolle Edelsteine, Bogen und Pfeile in←14 | 15→ einem mit rotem Gold beschlagenen Köcher waren jene Gastgeschenke, die Evander seinerzeit empfangen hat. Diese „Transaktion gegenüber dem Gast“ erscheint zunächst „als einmalige Geste“, ist „als quasi autonomer Gabenakt entworfen: Anchises verschenkt ausnehmend kostbare Dinge, die besten, die Euander jemals erhielt.“16 Der Text schweigt sich darüber aus, ob mit dem Akt der Schenkung eine Verpflichtung oder eine Form von Kalkulation verbunden oder angestrebt ist. Doch dann berichtet Evander seinem Gast von ihr und „suspendiert ihre Singularität im Verlauf seiner Rede Stück um Stück, um die Gabe des Anchises in gewisser Weise schließlich selbst zu übertreffen (…).“17

Die Gegengabe, die Anchises zu geben bereit ist, besteht in dem eigenen Sohn, in Pallas, der Eneas im Kampf unterstützen soll und der deshalb noch eilends zum Ritter geschlagen wird. In einer an Eneas gerichteten Rede erklärt Evander diese Geste:

,[] und wil û des lônen,

des mir ûwer vater tete,

unde leisten ûwer bete,

so ich mit deheinen dingen

immer mach volbringen,

des solt ir gewis sîn.

ich wil den lieben sun mîn

ensamt û senden hinnen

dorch ûwers vater minnen […].‘18

Evander weiß sich, so bekundet er, dem Vater des Eneas verpflichtet: Seine Parteinahme für den geflüchteten Eneas resultiert aus der Freundschaft mit Anchises. Der König gibt Eneas damit zu verstehen, dass einmal geschlossene Männerbündnisse sich über Generationen hinweg fortsetzen und so der Sicherung und Legitimation von Herrschaft dienen. Deshalb lässt er Eneas als Freund des Vaters väterliche Unterstützung zuteil werden und versieht ihn für den Kampf mit←15 | 16→ weiteren zehntausend Mann und fünfzig Schiffen. Deutlich wird, dass erfolgreiche Bündnispolitik auf dem rituellen Austausch von Gaben basiert, die wechselseitige Anerkennung bewirken und zeitlich gedehnt erscheinen: „Um reziproke Strukturen der Gabe zu verdecken, um auch eine Gegengabe als einmalig und einseitig gegebene Gabe erscheinen zu lassen, kann diese nicht unmittelbar auf die Gabe folgen, bedarf es des Aufschubs und damit der Zeit.“19 Die Stimme des Pallas ist in dieser Episode nicht zu hören: Er ist reines Objekt der väterlichen Pläne – „part of an exchange between men“20 – mit denen sich auch der Erzähler identifiziert. Heinrich von Veldeke entfaltet „in der Euander-Partie einen Diskurs zum Thema der ‚nicht verlorenen Gabe‘ und der – bis zur nächsten Generation – ‚aufgeschobenen Gegenleistung‘.“21

IV

Details

Seiten
373
Jahr
2017
ISBN (ePUB)
9783631700617
ISBN (PDF)
9783653064438
ISBN (MOBI)
9783631700624
ISBN (Hardcover)
9783631667811
DOI
10.3726/b11584
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2017 (August)
Schlagworte
Höfische Epik Geistliche Literatur Neuzeit Politikwissenschaften Literaturwissenschaft Philosophie
Erschienen
Frankfurt am Main, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2017. 373 S., 1 farb. Abb.

Biographische Angaben

Martin Baisch (Band-Herausgeber:in)

Martin Baisch ist Professor für Ältere deutsche Literatur an der Universität Hamburg. Seine Interessen liegen auf den Gebieten der Überlieferungsgeschichte und Textkritik mittelalterlicher Literatur, der historischen Anthropologie und Kulturwissenschaft.

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Titel: Anerkennung und die Möglichkeiten der Gabe
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