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Übersetzungskritisches Handeln

Modelle und Fallstudien

von Beate Sommerfeld (Band-Herausgeber:in) Karolina Kęsicka (Band-Herausgeber:in) Małgorzata Korycińska-Wegner (Band-Herausgeber:in) Anna Fimiak-Chwiłkowska (Band-Herausgeber:in)
©2017 Sammelband 238 Seiten

Zusammenfassung

Die in diesem Buch versammelten Beiträge gehen der Frage nach einem zuverlässigen Maßstab für die sachgerechte Bewertung übersetzerischer Leistungen nach. Angesichts des sich in neuerer Zeit anbahnenden Wandels der Übersetzungslandschaft und in der sich als heterogene Theorielandschaft darbietenden Übersetzungskritik überprüfen die Autoren, inwiefern übersetzungskritische Modelle zur Qualitätssteigerung von Übersetzungen beitragen. Sie analysieren übersetzungskritische Ansätze aus der Perspektive des konkreten Übersetzungsfalls und heben dabei die Übersetzungskritik als ein komplexes Handlungsgefüge hervor.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorengaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Inhaltsverzeichnis
  • Übersetzungskritisches Handeln – Modelle und Fallstudien. Vorwort der Herausgeberinnen
  • Bibliographie
  • Repräsentativität und Wandel der Übersetzungskultur (Maria Krysztofiak)
  • 1. Pragmatik der Kulturvermittlung, getragen im Sprachbild „belesen wie ein Schwede”
  • 2. Zur Kategorie der Repräsentativität des Übersetzers und der Übersetzung
  • 3. Transkulturalität der Übersetzung
  • 4. Übersetzungen als Identität sichernde Bestandteile in der Begegnung der Kulturen
  • 5. Mediale Sichtbarkeit und meinungsbildende Marktstrategien
  • Bibliographie
  • Zum Spannungsverhältnis zwischen ästhetischen und linguistischen Qualitätskriterien literarischer Übersetzungen (Małgorzata Jokiel)
  • 1. Einführung
  • 2. Begriffsdifferenzierung
  • 2.1. Übersetzungskritik
  • 2.2. Übersetzungsvergleich
  • 2.3. Übersetzungsbewertung
  • 3. Zu Integrationsversuchen linguistischer und ästhetischer Kriterien der Übersetzungsqualität
  • 3.1. Deskriptive Übersetzungsforschung
  • 3.2. Integrativer Ansatz von Mary Snell-Hornby
  • 4. Der Evaluierungsansatz von Kupsch-Losereit
  • 4.1. Funktionsgerechtigkeit4
  • 4.2. Kulturspezifische Texterwartungen. Textsorten und Gebrauchsnormen
  • 4.3. Textkohärenz und Textdynamik
  • 4.4. Kontextwechsel
  • 4.5. Verständlichkeit und Interpretierbarkeit
  • 4.6. Zielmedium und Medienabhängigkeit
  • 4.7. Sprachliche Konvention
  • 5. Schlussbetrachtung
  • Bibliographie
  • Graphic novel (comic) and translation: constitutive components and selective deviation evaluated (Brigitte Schultze)
  • 1.
  • 2.
  • 3.
  • 4.
  • 5.
  • Bibliography
  • I. Source texts and translations
  • II. Secondary literature
  • Neues vom Asteroiden B 612 – Die deutschen Neuübersetzungen von Le petit prince von Antoine de St. Exupéry aus übersetzungskritischer Perspektive (Beate Sommerfeld)
  • 1. Elisabeth Edl
  • 2. Hans Magnus Enzensberger
  • 3. Peter Sloterdijk/ Nicolas Mahler
  • Bibliographie
  • Primärliteratur
  • Sekundärliteratur
  • Paul Maars Sams als das „fremde Kind“ in der polnischen Übersetzung (Eliza Pieciul-Karmińska)
  • Das Motiv des „fremden Kindes“
  • Das Sams als das fremde Kind
  • „Das fremde Kind“ in polnischer Rezeption
  • Das Sams auf Polnisch und ob es gelingen konnte
  • Schlussfolgerungen
  • Bibliographie
  • Primärliteratur
  • Sekundärliteratur
  • Übersetzungsbedingte Modifizierungen in der Erzählstruktur von Mato Lovraks Roman Der Zug im Schnee. Ein Beitrag zur Erforschung des kroatisch-deutschen Kulturtransfers im Bereich der Kinder- und Jugendliteratur (Tihomir Engler / Sanja Cimer)
  • 1. Mato Lovrak als kroatischer Kinder- und Jugendbuchklassiker
  • 2. Kroatische Textvorlage und die deutsche Übersetzung
  • 3. Adaption von kinderliterarischen Texten
  • 4. Analyse der angewandten Adaptationsstrategien
  • 4.1. Auslassung bzw. Kürzung von didaktisierten Textstellen
  • 4.2 Behandlung kultureller Merkmale des Ausgangstextes
  • 4.2.1 Betonung des Fremden
  • 4.2.2  Neutralisierung des Fremden
  • A. Neutralisierung durch Übersetzung mit neutralem Ausdruck
  • B. Neutralisierung durch Auslassung
  • 4.2.3  Einbürgerung des Fremden durch Lokalisierung
  • 4.3 Erzähltechnische Modifizierungen des Ausgangstextes
  • 5.  Schlussfolgerung
  • Bibliographie
  • Primärliteratur
  • Sekundärliteratur
  • A few Remarks on Danish Translations of a Catholic Latin Hymn (Joanna Cymbrykiewicz)
  • Bibliography
  • Internet sources
  • Kulturkompetenz in der Übersetzung senegalesischer Literatur ins Deutsche (Cheikh Anta Babou)
  • 1. Einleitung
  • 2. Zur Kulturkompetenz in der literarischen Übersetzung
  • 3. Analyse der Kulturspezifika in der deutschen Übersetzung von La grève des Bàttu
  • 4. Abschließende Bemerkungen
  • Bibliographie
  • Primärliteratur
  • Sekundärliteratur
  • Interkulturelle Kompetenz als Grundvoraussetzung für angemessene Übersetzung (Magloire Kengne Fokoua)
  • 1. Einleitung
  • 2. Das Konzept der interkulturellen Kompetenz
  • 3. Das Untersuchungsmaterial
  • 4. Zur Untersuchungsmethode
  • 5. Interkulturelle Kompetenz in der translatorischen Praxis
  • 5.1. Skoposangemessene Übersetzung vor dem Hintergrund der effizienten Anwendung der interkulturellen Kompetenz
  • 5.2. Strategien zur Erhaltung der Skoposangemessenheit auf der inhaltlichen Ebene
  • 5.3. Mittel zur Erhaltung der Skoposangemessenheit auf der Bezeichnungsebene
  • 5.4. Nichtgelungene Übersetzung wegen des Mangels an interkultureller Kompetenz
  • 5.4.1. Übersetzungsfehler
  • 5.4.2. Verzicht auf das Verfahren der Explizitation
  • 5.5. Der Beitrag der interkulturellen Kompetenz zur skoposangemessenen Übersetzung
  • Bibliographie
  • Primärliteratur
  • Sekundärliteratur
  • Aus der Geschichte des „Samisdat” am Beispiel der tschechischen Übersetzung von „Polskie Państwo Podziemne” / „Der polnische Staat im Untergrund“ von Władysław Bartoszewski (Ludmila Lambeinová)
  • 1. Einleitende Bemerkungen
  • 2. Die tschechische und die polnische Untergrundliteratur
  • 3. Original und Übersetzung
  • 4. Übersetzer und Herausgeber
  • 5. Versuch einer translatologischen Analyse
  • I. Satzbau
  • II. Lexik
  • III. Stilistik
  • 6. Kulturelle Elemente und kulturelle Kompetenz
  • 7. Schlussfolgerungen
  • Bibliographie
  • Primärliteratur
  • Sekundärliteratur
  • Zwischen Qualität und Kreativität? Am Beispiel der Erzählung „Panny z Wilka” von Jarosław Iwaszkiewicz und drei deutsche Übersetzungen (Anna Fimiak-Chwiłkowska)
  • 1.
  • 2.
  • 3.
  • 4.
  • 5.
  • Bibliographie
  • Primärtext und Übersetzungen
  • Sekundärliteratur
  • Substantialistische Übersetzung als humanistische Praxis. Zu Hölderlins Arbeit an Sophokles (Björn Freter)
  • Vorbemerkung
  • Philologische Probleme
  • Substantialistische Übersetzung und Humanismus
  • Bibliographie
  • An inductive approach to translating German philosophy (Spencer Hawkins)
  • Differential translation as an inductive approach
  • Why German philosophy?
  • Twentieth century cases: Husserl, Heidegger, Blumenberg, Freud
  • Differential translation as a philosophical translation strategy
  • Bibliography
  • Primary Literature
  • Secondary Literature
  • Das (Nicht)Verständliche (nicht) verstehen. Über die Probleme des Übersetzens und Verstehens von Texten über das Übersetzen am Beispiel eines Essays von Paul Ricœur (Hanna Dymel-Trzebiatowska)
  • Bibliographie
  • Körper schreiben – Stilmerkmale der écriture féminine in Marlene Streeruwitz‘ Roman Verführungen. 3 Folge. Frauenjahre und ihre Wiedergabe in der polnischen Übersetzung (Joanna Bukowska)
  • 1. Exponieren des Körperlichen in der Lexik
  • 2. Satzrhythmus als Ausprägung weiblicher Schreibpraxis
  • 3. Schlussfolgerungen
  • Bibliographie
  • Primärliteratur
  • Sekundärliteratur
  • Zu den AutorInnen
  • Namensregister

Beate Sommerfeld / Karolina Kęsicka /

Małgorzata Korycińska-Wegner /

Anna Fimiak-Chwiłkowska (Hrsg.)

Übersetzungskritisches Handeln

Modelle und Fallstudien

Autorengaben

Beate Sommerfeld, Karolina Kęsicka, Małgorzata Korycińska-Wegner und Anna Fimiak-Chwiłkowska sind Wissenschaftliche Mitarbeiterinnen am Lehrstuhl für Komparatistik und Theorie der literarischen Übersetzung am Institut für Germanische Philologie der Universität Poznań (Polen).

Über das Buch

Die in diesem Buch versammelten Beiträge gehen der Frage nach einem zuverlässigen Maßstab für die sachgerechte Bewertung übersetzerischer Leistungen nach. Angesichts des sich in neuerer Zeit anbahnenden Wandels der Übersetzungslandschaft und in der sich als heterogene Theorielandschaft darbietenden Übersetzungskritik überprüfen die Autoren, inwiefern übersetzungskritische Modelle zur Qualitätssteigerung von Übersetzungen beitragen. Sie analysieren übersetzungskritische Ansätze aus der Perspektive des konkreten Übersetzungsfalls und heben dabei die Übersetzungskritik als ein komplexes Handlungsgefüge hervor.

Zitierfähigkeit des eBooks

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Inhaltsverzeichnis

Übersetzungskritisches Handeln – Modelle und Fallstudien. Vorwort der Herausgeberinnen

Maria Krysztofiak

Repräsentativität und Wandel der Übersetzungskultur

Małgorzata Jokiel

Zum Spannungsverhältnis zwischen ästhetischen und linguistischen Qualitätskriterien literarischer Übersetzungen

Brigitte Schultze

Graphic novel (comic) and translation: constitutive components and selective deviation evaluated

Beate Sommerfeld

Neues vom Asteroiden B 612 – Die deutschen Neuübersetzungen von Le petit prince von Antoine de St. Exupéry aus übersetzungskritischer Perspektive

Eliza Pieciul-Karmińska

Paul Maars Sams als das „fremde Kind“ in der polnischen Übersetzung

Tihomir Engler, Sanja Cimer

Übersetzungsbedingte Modifizierungen in der Erzählstruktur von Mato Lovraks Roman Der Zug im Schnee. Ein Beitrag zur Erforschung des kroatisch-deutschen Kulturtransfers im Bereich der Kinder- und Jugendliteratur

Joanna Cymbrykiewicz

A few Remarks on Danish Translations of a Catholic Latin Hymn

Cheikh Anta Babou

Kulturkompetenz in der Übersetzung senegalesischer Literatur ins Deutsche ←5 | 6→

Magloire Kengne Fokoua

Interkulturelle Kompetenz als Grundvoraussetzung für angemessene Übersetzung

Ludmila Lambeinová

Aus der Geschichte des „Samisdat” am Beispiel der tschechischen Übersetzung von „Polskie Państwo Podziemne” / „Der polnische Staat im Untergrund“ von Władysław Bartoszewski

Anna Fimiak-Chwiłkowska

Zwischen Qualität und Kreativität? Am Beispiel der Erzählung „Panny z Wilka” von Jarosław Iwaszkiewicz und drei deutsche Übersetzungen

Björn Freter

Substantialistische Übersetzung als humanistische Praxis. Zu Hölderlins Arbeit an Sophokles

Spencer Hawkins

An inductive approach to translating German philosophy

Hanna Dymel-Trzebiatowska

Das (Nicht)Verständliche (nicht) verstehen. Über die Probleme des Übersetzens und Verstehens von Texten über das Übersetzen am Beispiel eines Essays von Paul Ricœur

Joanna Bukowska

Körper schreiben – Stilmerkmale der écriture féminine in Marlene Streeruwitz‘ Roman Verführungen. 3 Folge. Frauenjahre und ihre Wiedergabe in der polnischen Übersetzung

Zu den AutorInnen

Namensregister

←6 | 7→

Übersetzungskritisches Handeln – Modelle und Fallstudien. Vorwort der Herausgeberinnen

„Eine Theorie des Übersetzens muss sich an ihrer Theorie der Übersetzungskritik und allgemein an ihrer Theorie der Bewertung von Übersetzungs- und Dolmetschleistungen messen lassen. Allzu weit sind wir bei diesen Fragen noch nicht gekommen.“ Dieser kritische Befund von Margaret Ammann (1990: 211) scheint bis heute seine Gültigkeit nicht verloren zu haben. So scheitern die seit Jahrzehnten angestellten Bemühungen um eine objektive Bewertung der Übersetzungsqualität oftmals bereits an den divergierenden Auffassungen darüber, worin diese eigentlich bestehen soll oderwelche semantischen, sprachlichen, formalen oder auch funktionalen Kategorien als Vergleichsgrößen herangezogen werden sollen, um zu ermitteln, ob der gesetzte Qualitätsmaßstab erreicht worden ist (vgl. Thome 2012: 309). Die Übersetzungskritik bietet sich heute als recht heterogene Theorielandschaft dar. Der stetig anwachsende Fundus an theoretischen Arbeiten lässt es angeraten erscheinen, den Forschungsstand von Zeit zu Zeit kritisch zu hinterfragen und eine Zwischenbilanz zu ziehen. Dies wollen die in diesem Band versammelten Texte versuchen und damit einen Beitrag zur Lösung eines Problems leisten, mit dem sich die Translationswissenschaft und die Übersetzungskritik als ihre Teildisziplin seit Jahrzehnten beschäftigen: der Frage nach einem zuverlässigen Maßstab für die sachgerechte Bewertung übersetzerischer Leistungen. Das Aufstellen klarer Kriterien und das Transparentmachen der eigenen Wertmaßstäbe wird von der Übersetzungskritik seit langem eingefordert (vgl. Ammann 1990: 213), um die angebotenen Übersetzungslösungen in einem Zieltext „nicht rein subjektiv, sondern argumentativ und intersubjektiv nachvollziehbar“ bewerten zu können (Reiß 1989: 72).

Im Hintergrund der Beiträge steht die Frage, wie ein in Forschung und übersetzerischer Praxis anwendbares Instrumentarium zur Bewertung von Übersetzungsleistungen entwickelt werden kann, um zu vermeiden, dass ein theoretischer Überbau entwickelt wird, der in der Arbeit am konkreten Text, wenn beim Übersetzen pragmatische Entscheidungen getroffen werden müssen, nur wenig hilfreich ist. Gerade in dieser Hinsicht kommt der Übersetzungskritik eine wichtige vermittelnde Rolle zu, denn die übersetzerische Praxis stellt stets neue Anforderungen an die Translatkritik, die von der Theorie oftmals übersehen werden. In ihrer beständigen ‚Tuchfühlung‘ mit translatorischer Praxis erprobt Überset←7 | 8→zungskritik, wie viel von dem, was in den vergangenen Jahrzehnten erarbeitet wurde, in der Praxis ‚ankommt‘ und inwieweit übersetzungstheoretische Modelle auch im Hinblick auf den sich gerade in neuerer Zeit anbahnenden Wandel der Übersetzungslandschaft geeignet sind, die Qualität von übersetzerischen Leistungen zu verbessern. Deshalb erscheint es wichtig, dass in der Forschung übersetzungskritische Modellbildung und einzelne Fallstudien ineinandergreifen und übersetzerische Modelle von der Perspektive des konkreten Übersetzungsfalls aus immer wieder hinterfragt und gegebenenfalls revidiert werden.

In den hier vorgestellten übersetzungskritischen Versuchen soll der handlungstheoretische Ansatz von Holz-Mänttäri (1984, 1986) fruchtbar gemacht werden, der Übersetzung in eine allgemeine Handlungstheorie einbettet. Der Übersetzungsprozess rückt als äußerst komponentenreiches und komplexes Gefüge ins Licht, der sich daher auch einfacher und eindeutiger Bewertung entziehen muss (vgl. Stolze 2001: 200). Die Auffassung des Translationsprozesses als eines komplexen und aspektreichen Handlungsgefüges bringt einen Blick auf den Translator mit sich, der zu einem Kooperationspartner und gleichberechtigten Experten avanciert. In jüngerer Zeit wird das Konzept unter dem Begriff der Translationskultur weiterentwickelt (vgl. Schippel 2008; Prunč 1997, 2008; Krysztofiak 2010). Auch hier wird von einer partnerschaftlichen Beziehung von Übersetzer und Übersetzungskritiker ausgegangen. Nur wenn das von Prunč (2008: 30) geforderte Kriterium der Kooperativität erfüllt ist, können beide Seiten – Kritiker und Übersetzer – in den Prozess der Qualitätssteigerung von Übersetzungen eingebunden werden. Die Übersetzungskultur als einer der Faktoren, die auf die Übersetzungsentwürfe einzelner Übersetzer Einfluss nehmen, als der Übersetzung zugrunde gelegte Vorstellung vom Übersetzen, wird alternativ (oder zumindest ergänzend) zum Normbegriff ins Spiel gebracht. Besonders groß scheint die Tragweite des Konzepts für das Selbstverständnis des Kritikers selbst zu sein, ermöglicht es ihm doch eine Distanznahme und ein Relativieren der vorgenommenen Evaluierungen, denen jeweils Prämissen zugrunde liegen, die kritisch mitreflektiert werden müssen. Die Handlungsform der Translationskultur stellt die Übersetzungskritik damit in einen übergreifenden Rahmen, innerhalb dessen die Bedingtheit und kulturelle Verfasstheit von Übersetzungsnormen diskutiert werden können.

Hier setzt der erste Beitrag von Maria Krysztofiak Repräsentativität und Wandel der Übersetzungskultur ein. Die Posener Translationswissenschaftlerin nähert sich der Frage der Übersetzungsqualität aus einer weit gefassten deskriptiven Perspektive, wobei die Übersetzungsbewertung als übersetzungskritisches Handeln im Rahmen einer sich stets weiterentwickelnden Translationskultur verstanden wird. Zur wichtigsten Kategorie der Bewertung avanciert die Akzeptabilität der←8 | 9→ Übersetzung: Nur die Übersetzungen, die in der Zielkultur angenommen werden und die Probe der Zeit aushalten, können letztendlich als gelungen bewertet werden. Nur wenn der Übersetzer – wie es die Autorin am übersetzerischen Schaffen Mickiewiczs zeigt – den ‚Nerv der Zeit‘ trifft, können Übersetzungen stilbildend bzw. kulturbildend wirksam werden. Der Beitrag wendet sich drei für die Übersetzungsforschung grundlegenden Kategorien zu: der Übersetzungskultur, der Transkulturalität und der Repräsentativität der Übersetzung. Von der These Jiři Levýs (1969) ausgehend, der die Grundfunktion der Übersetzung als Repräsentation des Originalwerks in der Zielkultur auffasst, wird plausibel gemacht, dass dem Übersetzer eine Mitwirkung an der Prägung der Repräsentation abverlangt werden kann. Nur wenn es dem Übersetzer gelingt, der Konkretisierung des Ausgangstextes in der Zielkultur seinen unverwechselbaren Stempel aufzudrücken, wird er zu einem „zeitlosen Meister der Transkulturalität“. Übersetzer stehen damit stets in der Verantwortung vor dem Lesepublikum, die im Kontext der Pragmatik der Kulturvermittlung in der Zeit der Globalisierung gesehen werden muss. Die Autorin zeichnet ein differenziertes Bild von der deutschen, polnischen und skandinavischen Medienlandschaft, in die auch die Übersetzer eingebunden sind. So sind die Modelle der Begegnung der Kulturen heute nicht nur an Übersetzerpersönlichkeiten und Textästhetik, sondern auch an meinungsbildende Marktstrategien gebunden. Zwischen diesen Komponenten muss übersetzungskritisches Handeln ausgependelt werden. Als wichtiger Faktor wird das translatorische Talent ins Feld geführt, eine Kategorie, die sich eindeutiger Definition entzieht und damit zahlreichen Unwägbarkeiten Raum gibt. Dem begegnet die Autorin, indem sie für den Übersetzungsvergleich plädiert, um Talent textuell nachweisbar zu machen. Indem er die Komplexität der Rahmenbedingungen übersetzungskritischen Handelns in den Blick nimmt, legt der Text überzeugend dar, dass auch die historisch-deskriptive Übersetzungswissenschaft durchaus wertvolle Ansätze zu einer fundierten Übersetzungskritik zu bieten hat.

Details

Seiten
238
Jahr
2017
ISBN (ePUB)
9783631711668
ISBN (PDF)
9783653071078
ISBN (MOBI)
9783631711675
ISBN (Hardcover)
9783631675694
DOI
10.3726/b10739
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2016 (Dezember)
Schlagworte
Übersetzungskritik Literarische Übersetzung Übersetzungskritisches Handeln Translationswissenschaft Translatqualität Übersetzung
Erschienen
Frankfurt am Main, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2017. 238 S., 4 s/w Tab.

Biographische Angaben

Beate Sommerfeld (Band-Herausgeber:in) Karolina Kęsicka (Band-Herausgeber:in) Małgorzata Korycińska-Wegner (Band-Herausgeber:in) Anna Fimiak-Chwiłkowska (Band-Herausgeber:in)

Beate Sommerfeld, Karolina Kęsicka, Małgorzata Korycińska-Wegner und Anna Fimiak-Chwiłkowska sind Wissenschaftliche Mitarbeiterinnen am Lehrstuhl für Komparatistik und Theorie der literarischen Übersetzung am Institut für Germanische Philologie der Universität Poznań (Polen).

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