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Die Stiftung

Jahreshefte zum Stiftungswesen – 10. Jahrgang, 2016

von Bernd Andrick (Band-Herausgeber:in) Matthias Gantenbrink (Band-Herausgeber:in) Axel Janitzki (Band-Herausgeber:in) Karlheinz Muscheler (Band-Herausgeber:in) Markus Schewe (Band-Herausgeber:in)
©2017 Dissertation 140 Seiten
Reihe: Die Stiftung, Band 10

Zusammenfassung

Der Verein «Fundare e.V., Gemeinnütziger Verein zur Förderung des Stiftungswesens» hat sich zum Ziel gesetzt, zu einer aufblühenden Stiftungskultur in Deutschland beizutragen. Dazu sollen insbesondere die wissenschaftlichen und praktischen Grundlagen des Stiftens erforscht werden. Der Erfüllung dieser Aufgabe dient die Zeitschrift «Die Stiftung – Jahreshefte zum Stiftungswesen». Sie beinhaltet in ihrer zehnten Ausgabe die Vorträge, die auf dem von Fundare e.V. veranstalteten «10. Stiftungsrechtstag an der Ruhr-Universität Bochum» unter dem Globalthema «Stiftung in Veränderung» gehalten wurden. Es werden nicht nur eingehend zivilrechtliche, sondern auch verwaltungs- und steuerrechtliche Problematiken des Stiftungsrechts beleuchtet, wobei die aktuellen Themen im Stiftungs- und Stiftungssteuerrecht nicht vernachlässigt werden.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Editorial
  • Inhalt
  • Bürgerschaftliches Engagement in der Zukunft (Dr. Rupert Graf Strachwitz)
  • Die Anlage des Stiftungsvermögens in Zeiten der Krise (Volker Malcharek)
  • Stiftung als Rechtsform auf bundes- und landesrechtlicher Grundlage (Silvia Bartodziej)
  • Die strukturelle Änderung der Stiftung (Prof. Dr. Martin Schöpflin LL.M.)
  • Wie will sich die Stiftungsaufsicht in der Zukunft ändern? (Angelo Winkler)
  • Die Umschichtungsrücklage bei gemeinnützigen Stiftungen (Ralf Klaßmann)
  • Aktuelle Entwicklungen im Gemeinnützigkeitsrecht (Prof. Dr. Stephan Schauhoff)

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Dr. Rupert Graf Strachwitz*

Bürgerschaftliches Engagement in der Zukunft

I. Einleitung

II. Das politische Szenario

III. Zivilgesellschaft

IV. Beteiligung

I.     Einleitung

Das Thema könnte kaum aktueller sein! Auf der einen Seite sehen wir, dass Frau Merkels auf die Aufnahme von einer Million geflüchteter Menschen gemünzte Feststellung „Wir schaffen das!“ nur deshalb irgendeinen Realitätsbezug hat, weil Bürgerinnen und Bürger sich für sie engagieren. Nicht nur die einschlägigen Organisationen der Zivilgesellschaft waren und sind zur Stelle, sondern auch zahlreiche einzelne Bürgerinnen und Bürger – spontan, aber inzwischen wohl organisiert. Auf der anderen Seite glauben politische Analysten und Kommentatoren unter dem Eindruck von internationalem Terrorismus, Bombenanschlägen und einem rapide wachsenden Sicherheitsbedürfnis vieler Bürgerinnen und Bürger, die Zeit der Zivilgesellschaft sei schon wieder abgelaufen; man brauche vor allem anderen den starken Staat und mehr Polizeibeamte. In den USA, traditionell Vorbild für community engagement, ist heute jeder fünfte Arbeitnehmer in der Sicherheitsbranche beschäftigt. Blicken wir andererseits auf den weltweit geradezu unstillbaren Drang vor allem, aber keineswegs nur jüngerer Mitbürgerinnen und Mitbürger, sich in die Gestaltung der res publica einzumischen oder sich bei anhaltenden Misserfolgen vollständig daraus zu verabschieden, haben wir genügend Stoff, man ist versucht zu sagen Sprengstoff, um der Frage nach der Zukunft des bürgerschaftlichen Engagements nachzugehen und dabei noch bis vor wenigen Jahren geschätzte und gepflegte Vorurteile, Klischees und reale Beobachtungen weitgehend über Bord zu werfen. Abgelaufen ist jedenfalls nicht die Zeit der Zivilgesellschaft, sondern allenfalls der Ansatz, sie vor allem an ihrer Wirkung, ihrem Impact, ihrer Effizienz und Effektivität zu messen. Die Zukunft des bürgerschaftlichen Engagements liegt, so die Ausgangsthese dieser ← 9 | 10 → Ausführungen, in ihrer demokratietheoretischen Bedeutung und gewiss auch in der für jeden einzelnen Menschen, auf die hier nicht einzugehen ist.

II.    Das politische Szenario

Der frühere bayerische Kultusminister und große Föderalist Hans Zehetmair pflegte jeden zu belehren, der von Bundesländern sprach. So etwas gäbe es in Österreich, in Deutschland seien es Länder, denn sie seien für den Bund konstitutiv und nicht umgekehrt. Er hatte Recht. Deutschland ist kein Nationalstaat. Zu Recht muss sich der Bund an vielen Stellen der Position der Länder beugen. Inzwischen allerdings ist das Verhältnis zwischen Bund und Ländern im europäischen Vergleich geradezu entspannt. Schottland hat bekanntlich ein anderes Rechtssystem als England. Das Vereinigte Königreich wäre 2014 um ein Haar auseinandergebrochen; sollte Großbritannien insgesamt für einen Austritt aus der EU votieren, wird ein neuerlicher Versuch der Schotten Erfolg haben. In Belgien lähmen Flamen und Wallonen in unterschiedlichen Sprachen erfolgreich und anhaltend die nationale Regierung. In Spanien versucht Katalonien hartnäckig, sich selbständig zu machen. In Italien werden die Antagonismen zwischen den Regionen und Städten immer stärker. Selbst in von außen gesehen so unbedingt national gesinnten Staaten wie Polen und Frankreich gewinnt Regionalismus zunehmend an Boden. Er findet im Übrigen immer häufiger auch jenseits nationaler Begrenzungen statt. Zugleich gewinnt, ob man nun jede Maßnahme gutheißt oder nicht, die Europäische Union immer mehr Kohärenz, allen Unkenrufen zum Trotz. Daraus wird dereinst ein Gebilde völlig neuer Staatlichkeit erwachsen, nicht Vereinigte Staaten von Europa nach amerikanischem Vorbild. Was wir haben werden, ist eine fragile und komplexe Staatlichkeit mit sehr unterschiedlichen Loyalitätsmischungen. Der Staat klassischer Prägung, der zuletzt vor gerade über 200 Jahren, in der Schlussakte des Wiener Kongresses definierte Nationalstaat, ist nicht nur innerlich ausgehöhlt, sondern auch von Mitträgern hoheitlicher Gewalt in seiner Existenz bedroht.

Unser politisch-administratives System – und mit „unser“ meine ich im Wesentlichen das deutsche, das sich aber von dem der anderen europäischen und nordamerikanischen Länder nicht wesentlich unterscheidet – steckt aber nicht nur deshalb in einer tiefen Krise. Zwar funktionieren formal die Mechanismen der Demokratie und der Herrschaft des Rechts – oder, wie meistens verengend gesagt wird, des Rechtsstaates. Man ist versucht, diesem Satz ein „noch“ hinzuzufügen. Tatsächlich nämlich ist von so manchen Grundprinzipien dieses Systems wenig übrig geblieben, beispielsweise von der Gewaltenteilung, wie sie Montesquieu einst konzipierte. Die Parlamente sind weitgehend zu Bühnen der politischen ← 10 | 11 → Proklamation geworden. Debatten mit offenem Ausgang, in denen die „nur ihrem Gewissen verantwortlichen“ Abgeordneten „des ganzen Volkes“ Argumente hören, abwägen und je für sich zu einem Entschluss kommen, gibt es nur in sehr seltenen Ausnahmefällen. In allen Traktanden von größerer politischer Tragweite ist die Meinungsbildung längst abgeschlossen, wenn sie das Parlament erreicht. Kein Wunder, dass hohe Ministerialbeamte gelegentlich daran erinnert werden müssen, wie ein Gesetz formal zustande kommt. Für sie ist mit dem politisch abgestimmten Referentenentwurf, spätestens aber mit dem Kabinettsbeschluss das Verfahren meist so gut wie abgeschlossen. Wenn man so will, ist dies ein Sieg der außerparlamentarischen Demokratie. Das Problem ist nur, wo diese Deliberation stattfindet: in den Führungszirkeln der Parteien, die naturgemäß jedes politische Thema mit dem Erhalt oder der Gewinnung der politischen Macht in Verbindung bringen, oder bei mächtigen Verbänden, die mit Hilfe guter Lobbyarbeit ihre Partikularinteressen durchsetzen, übrigens auch bei Verbänden der Beamten selbst, die sehr genau darauf achten, dass die ganz spezifischen Eigeninteressen dabei nicht zu kurz kommen. Die Auftritte der Deutschen Steuergewerkschaft, der Interessenvertretung der Finanzbeamten, bei Anhörungen zu Steuerrechtsänderungen sind berüchtigt. Eine Deliberation auf breiterer Basis, anders ausgedrückt, eine politische Mitgestaltung, gibt es allenfalls in der Zivilgesellschaft, in der Engagement schon ein gutes Stück der Legitimation ausmacht.

Details

Seiten
140
Jahr
2017
ISBN (PDF)
9783631719299
ISBN (ePUB)
9783631719305
ISBN (MOBI)
9783631719312
ISBN (Paperback)
9783631717417
DOI
10.3726/b10917
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2017 (Februar)
Schlagworte
Stiftungsrecht Gemeinnützigkeit Steuerrecht Stiftungsaufsicht Wirtschaftsrecht
Erschienen
Frankfurt am Main, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2017. 140 S., 4 s/w Abb., 1 farb. Abb.

Biographische Angaben

Bernd Andrick (Band-Herausgeber:in) Matthias Gantenbrink (Band-Herausgeber:in) Axel Janitzki (Band-Herausgeber:in) Karlheinz Muscheler (Band-Herausgeber:in) Markus Schewe (Band-Herausgeber:in)

Die Herausgeber bilden den Vorstand von Fundare e.V.: Prof. Dr. Bernd Andrick ist Vorsitzender Richter am VG Gelsenkirchen. Dr. Matthias Gantenbrink ist Rechtsanwalt in Essen. Axel Janitzki ist Rechtsanwalt und Notar in Bochum. Prof. Dr. Karlheinz Muscheler ist Inhaber eines zivilrechtlichen Lehrstuhls an der Ruhr-Universität Bochum. Dr. Markus Schewe ist Rechtsanwalt und Notar in Essen.

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Titel: Die Stiftung
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