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Der Entherrschungsvertrag

von Tobias Hamm (Autor:in)
©2017 Dissertation 250 Seiten

Zusammenfassung

Dieses Buch untersucht den Entherrschungsvertrag. Dieser zielt darauf ab, eine Beherrschung durch das herrschende Unternehmen aufgrund von Stimmrechts- und/oder Anteilsmehrheit zu beseitigen. Die Motivation zur Beseitigung der Beherrschung liegt darin, die weitreichenden Folgen der Beherrschung (Ausgleich von veranlassten Nachteilen durch das herrschende Unternehmen, Pflicht zur Aufstellung und Prüfung eines Abhängigkeitsberichts auf Ebene des beherrschten Unternehmens u.a.) zu beseitigen. Der Autor arbeitet im Detail die inhaltlichen Anforderungen an einen Entherrschungsvertrag sowie die Frage der Mitwirkung der Gesellschafter der beteiligten Unternehmen heraus und stellt dem Leser abschließend noch ein Vertragsmuster eines Entherrschungsvertrages zur Verfügung.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Vorwort
  • Inhaltsübersicht
  • Inhaltsverzeichnis
  • Abkürzungsverzeichnis
  • A. Einführung
  • I. Problemaufriss
  • II. Ziel und Gang der Untersuchung
  • B. Grundlagen der Abhängigkeit
  • I. Historische Kodifikation des Abhängigkeitsbegriffes
  • 1. Erste Kodifikation in § 226 Abs. 4 HGB 1897
  • 2. § 15 Abs. 2 AktG 1937
  • 3. § 17 AktG 1965
  • II. Begriff des abhängigen Unternehmens
  • 1. Auswirkung der Vermutungsregel des § 17 Abs. 2 AktG
  • a) Alleinige Stimmrechtsmehrheit, §§ 17 Abs. 2, 16 Abs. 1 Alt. 2 AktG
  • b) Ausschließliche Anteilsmehrheit, §§ 17 Abs. 2, 16 Abs. 1 Var. 1 AktG
  • c) Kumulative Stimmrechts- und Kapitalmehrheit
  • 2. Weiterreichende Bedeutung aus § 17 Abs. 1 AktG
  • 3. Möglichkeit der Herrschaftsausübung
  • 4. Rechtliche Absicherung der herrschenden Stellung
  • 5. Dauer der Herrschaftsmacht
  • III. Rechtsfolgen der Abhängigkeit
  • 1. Rechtsfolgen aus dem „Allgemeinen Konzernrecht“
  • 2. Folgerungen für das abhängige Unternehmen
  • 3. Konsequenzen für das herrschende Unternehmen
  • C. Widerlegung der Abhängigkeitsvermutung
  • I. Gesetzliche Ausgestaltung des § 17 Abs. 2 AktG
  • II. Möglichkeiten zur Widerlegung der Abhängigkeitsvermutung
  • 1. Stimmbindungsverträge
  • 2. Regelungen in der Satzung
  • 3. Beherrschungsverträge mit anderen Unternehmen
  • 4. Weitere Möglichkeiten der Widerlegung
  • a) Rechtsverlust bei unterbliebener Mitteilung nach WpHG
  • b) Einseitiger Verzicht auf Herrschaftsausübung
  • c) Keine Ausübung der Herrschaftsposition
  • d) Nur vorübergehende Mehrheitsbeteiligung
  • D. Allgemeine Ausführungen zum Entherrschungsvertrag
  • I. Typischer Inhalt des Entherrschungsvertrages
  • II. Parteien des Entherrschungsvertrages
  • III. Rechtsnatur des Entherrschungsvertrages
  • IV. Durchsetzbarkeit des Stimmrechtsausübungsverzichts
  • 1. Einklagbarkeit
  • 2. Vollstreckbarkeit
  • 3. Einstweiliger (vorbeugender) Rechtsschutz
  • a) Vorwegnahme der Hauptsache
  • b) Eingriff in den verbandsinternen Willensbildungsprozess
  • c) Praktikabilität
  • E. Zulässigkeit eines Entherrschungsvertrages
  • I. Rückschlüsse aus der Gesetzeshistorie
  • II. Verstoß gegen zwingende aktienrechtliche Vorschriften
  • 1. Verstoß gegen §§ 311 ff. AktG
  • a) Beseitigung vorhandener Abhängigkeit
  • b) Keine Beseitigung vorhandener Abhängigkeit
  • 2. Eingriff in die Organkompetenzen der Aktiengesellschaft
  • 3. Unzulässiges Höchststimmrecht
  • 4. Weisungsgebundene Stimmrechtsausübung
  • III. Fazit
  • F. Anforderungen an die vertragliche Entherrschung
  • I. Reichweite des Entherrschungsvertrages
  • II. Ausschließliche Stimmrechtsmehrheit
  • 1. Gegenstände des Stimmrechtsausübungsverzichts
  • a) Bestellung und Abberufung der Aufsichtsratsmitglieder
  • b) Grundlegende Angelegenheiten (insb. „Gelatine“)
  • c) Feststellung des Jahresabschlusses/Gewinnverwendungsbeschlusses
  • d) Entlastung des Vorstandes
  • 2. Umfang des Stimmrechtsausübungsverzichts
  • a) Vollumfänglicher Stimmrechtsverzicht
  • b) „Minus-Eins-Regelung“ zum gesamten Stimmrecht
  • c) Unterschreitung der regelmäßigen Durchschnittspräsenz der Hauptversammlung
  • d) „Minus-Eins-Regelung“ zum in der Hauptversammlung vertretenen Stimmrecht
  • aa) Bestellung der Aufsichtsratsmitglieder
  • bb) Abberufung der Aufsichtsratsmitglieder
  • e) Verzicht bis zur nächstgeringeren Beteiligung
  • 3. Mindestdauer des Vertrages
  • a) Mindestdauer von drei Vorstands- und Aufsichtsratswahlen
  • b) Mindestdauer von fünf Jahren
  • c) Mindestdauer angelehnt an im Einzelfall geltende Amtszeiten
  • aa) Erfordernis einer Aufsichtsratswahl
  • bb) Erfordernis einer Vorstandsbestellung
  • 4. Kündigung des Vertrages
  • a) Ordentliche Kündigung
  • b) Außerordentliche Kündigung
  • 5. Verlängerung des Vertragsverhältnisses
  • 6. Erfordernis weitergehender Maßnahmen
  • a) Vertragswidrig ausgeübtes Stimmrecht
  • b) Nichtigkeit bzw. Anfechtbarkeit des Hauptversammlungsbeschlusses
  • c) Absicherung der Vertragstreue
  • 7. Motivation für den Vertragsschluss
  • III. Ausschließliche Anteilsmehrheit
  • 1. Widerlegung der Abhängigkeitsvermutung
  • 2. Beseitigung der Beherrschung (Entherrschung)
  • a) Kapitalmehrheit verbunden mit einer Stimmrechtsminderheit
  • b) Kapitalmehrheit ohne Stimmrecht
  • IV. Kumulative Stimmrechts- und Anteilsmehrheit
  • 1. Widerlegung der Abhängigkeitsvermutung
  • 2. Beseitigung der Beherrschung (Entherrschung)
  • V. Anforderungen bei kombinierter Beherrschung
  • 1. Widerlegung der vermuteten Abhängigkeit
  • 2. Beseitigung bestehender Abhängigkeit (Entherrschung)
  • VI. Ergebnis
  • G. Satzungsermächtigung, Form- und Publizitätserfordernisse
  • I. Anforderungen an die Satzung
  • 1. Kapitalgesellschaften als herrschende Gesellschaft
  • 2. Personenhandelsgesellschaften als herrschende Gesellschaft
  • 3. Außen-GbR als herrschende Gesellschaft
  • II. Formerfordernisse
  • III. Handelsregistereintragung
  • 1. Anmeldungspflichtige Tatsache
  • 2. Eintragungsfähige Tatsache
  • H. Erfordernis der Mitwirkung der Anteilseigner
  • I. Generelle Mitwirkungskompetenzen der Hauptversammlung
  • II. Abschluss des Entherrschungsvertrages
  • 1. Entherrschungsvertrag zur Beseitigung der Abhängigkeit
  • a) Zustimmung der Gesellschafter des herrschenden Unternehmens
  • aa) Analoge Anwendung des § 291 Abs. 1 AktG (i.V.m. § 293 Abs. 1 AktG)
  • bb) Analoge Anwendung des § 292 Abs. 1 AktG (i.V.m. § 293 Abs. 1 AktG)
  • (1) Gewinngemeinschaft, § 292 Abs. 1 Nr. 1 AktG
  • (2) Teilgewinnabführungsvertrag, § 292 Abs. 1 Nr. 2 AktG
  • (3) Betriebspacht- und Betriebsüberlassungsvertrag, § 292 Abs. 1 Nr. 3 AktG
  • cc) Entgegenstehende Konzernleitungspflicht
  • dd) Analoge Anwendung anderer Normen
  • ee) „Holzmüller“ bzw. „Gelatine“
  • (1) Die „Holzmüller“-Entscheidung (1982)
  • (2) Die „Gelatine“-Entscheidungen (2004)
  • (3) „Stuttgarter Hofbräu“ (2006)
  • (4) Stellungnahme
  • (5) Reichweite der „Gelatine“-Zuständigkeit
  • (6) Übertragung auf den Abschluss eines Entherrschungsvertrages
  • ff) Sonderfall der Mehrheitsbeteiligung als einziger Vermögensgegenstand
  • gg) Fazit
  • b) Zustimmung der Hauptversammlung der beherrschten Gesellschaft
  • aa) Analoge Anwendung der Vorschriften über Unternehmensverträge
  • bb) Eingriff in die horizontale Organstruktur der Aktiengesellschaft
  • 2. Vertrag zur Widerlegung der Abhängigkeitsvermutung
  • III. Beendigung des Entherrschungsvertrages
  • 1. Zustimmung der Hauptversammlung der herrschenden Gesellschaft
  • 2. Zustimmung der Hauptversammlung der beherrschten Gesellschaft
  • IV. Ersetzung einer fehlenden Satzungsermächtigung
  • V. Resümee
  • I. Dauer der Wirkung des Entherrschungsvertrages
  • I. Letzte Aufsichtsratswahl der Vertragslaufzeit
  • II. Eintritt eines außerordentlichen Kündigungsgrundes
  • III. Vertragswidrig ausgeübtes Stimmrecht durch den Mehrheitsaktionär
  • 1. Auswirkungen bis zum Vertragsbruch
  • 2. Zeitraum nach vertragswidriger Stimmrechtsausübung
  • IV. Veräußerung der Mehrheitsbeteiligung
  • V. Vertrag zur Aufhebung des Entherrschungsvertrages
  • VI. Sonderfall der kombinierten Beherrschung
  • 1. Nachträgliches Hinzutreten von Elementen kombinierter Beherrschung
  • 2. Nachträgliches Entfallen von Elementen kombinierter Beherrschung
  • VII. Fazit
  • J. Das mehrstufige Abhängigkeitsverhältnis
  • I. Abrede zwischen Mutter und Enkel
  • II. Abrede zwischen Tochter und Enkel
  • 1. Abhängigkeit ausschließlich aus zugerechneten Anteilen (§ 16 Abs. 4 AktG)
  • 2. Abhängigkeit durch Kombination aus eigenen und zugerechneten Anteilen
  • III. Vertrag zwischen Mutter und Tochter
  • IV. Ergebnis
  • K. Übertragung der Erkenntnisse auf andere Gesellschaftsformen
  • I. GmbH
  • 1. Herrschaftsmacht des Mehrheitsgesellschafters
  • a) Bestellung und Abberufung der Geschäftsführung
  • b) Weisungsmöglichkeiten der Gesellschafterversammlung
  • c) Entlastung der Geschäftsführung
  • d) Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegenüber der Geschäftsführung
  • 2. Herrschaftsmacht außerhalb der Mehrheitsbeteiligung
  • a) Statutarische Sonderrechte bei der GmbH
  • b) Faktoren tatsächlicher Art
  • 3. Besonderheiten bei der GmbH mit Aufsichtsrat
  • a) Fakultativer Aufsichtsrat
  • b) Obligatorischer Aufsichtsrat
  • 4. GmbH mit Beirat, Verwaltungsrat oder Gesellschafterausschuss
  • 5. Auswirkungen auf den Inhalt des Entherrschungsvertrages
  • a) Beseitigung der Abhängigkeit
  • aa) Anforderungen bei alleiniger Stimmrechtsmehrheit
  • bb) Voraussetzungen bei ausschließlicher Kapitalmehrheit
  • cc) Anforderungen bei kumulativer Stimmrechts- und Anteilsmehrheit
  • dd) Besonderheiten bei Beherrschung außerhalb der Mehrheitsbeteiligung
  • b) Widerlegung der Abhängigkeitsvermutung
  • aa) Anforderungen bei alleiniger Stimmrechtsmehrheit
  • bb) Voraussetzungen bei ausschließlicher Kapitalmehrheit
  • cc) Anforderung bei kumulativer Anteils- und Stimmrechtsmehrheit
  • c) Besonderheiten bei Vorhandensein eines Aufsichtsrates
  • 6. Zustimmungserfordernisse
  • a) Mitwirkung der Gesellschafter des herrschenden Unternehmens
  • aa) Analoge Anwendung der §§ 291 ff. AktG
  • bb) „Holzmüller“ bzw. „Gelatine“
  • cc) Konzernleitungspflicht bei Mehrheitsbeteiligung an einer GmbH
  • b) Zustimmung der Gesellschafter des beherrschten Unternehmens
  • II. KGaA
  • 1. Herrschaftsmacht des Mehrheitsaktionärs
  • a) Einflussnahmemöglichkeit des Mehrheits-Kommanditaktionärs
  • b) Herrschaftsmacht des Komplementärs
  • 2. Auswirkungen auf den Inhalt des Entherrschungsvertrages
  • a) Widerlegung der Abhängigkeitsvermutung aus § 17 Abs. 2 AktG
  • b) Beseitigung der Abhängigkeit
  • III. Personengesellschaften
  • 1. Herrschaftsmacht des Mehrheitsgesellschafters
  • 2. Besonderheiten bei der GmbH & Co. KG
  • 3. Auswirkungen auf den Inhalt des Entherrschungsvertrages
  • a) Widerlegung der Abhängigkeitsvermutung aus § 17 Abs. 2 AktG
  • b) Beseitigung der Abhängigkeit
  • 4. Personengesellschaft als herrschendes Unternehmen
  • IV. SE (Societas Europaea)
  • 1. Dualistisches System
  • 2. Monistisches System
  • L. Schluss
  • I. Zusammenfassung in Thesen
  • II. Formulierungsvorschlag eines Entherrschungsvertrages
  • Literaturverzeichnis

← XXII | XXIII →

Abkürzungsverzeichnis

← XXVI | 1 →

A.  Einführung

Die Frage der Beherrschung eines Unternehmens als Ausgangspunkt jeder konzernrechtlichen Betrachtung hat vielfache und bereits frühe Beachtung im juristischen Schrifttum gefunden, wobei insbesondere der Frage nach (Gewinnabführungs- und) Beherrschungsverträgen weitreichende Erörterung zuteilwurde1. Im Verhältnis zur immensen Bedeutung sowie den weitreichenden, an den Abhängigkeitsbegriff anknüpfenden Rechtsfolgen2 kam der Auseinandersetzung mit einer vertraglichen Regelung zur Widerlegung der in § 17 Abs. 2 AktG vorgesehenen Abhängigkeitsvermutung oder des Nachweises nicht vorhandener Beherrschung (§ 17 Abs. 1 AktG) bis dato nur eine sehr untergeordnete Bedeutung zu. Die letzten tiefgreifenden Überlegungen zur vertraglichen Entherrschung liegen bereits über zwanzig Jahre zurück3.

Insbesondere das Aktienrecht, aber auch andere Rechtsquellen knüpfen an die Abhängigkeit umfangreiche Folgen, sodass die Frage, ob eine Abhängigkeit gegeben ist, eine der zentralen Fragestellungen des Konzernrechts schlechthin darstellt4.

I.  Problemaufriss

„Wes’ Brot ich ess, des’ Lied ich sing.“

Diese altertümliche Redensart5 bringt den Grundgedanken des gesellschaftsrechtlichen Abhängigkeitsverhältnisses aus § 17 AktG zum Ausdruck. Dem Mehrheitsgesellschafter eines Unternehmens kommt die Machtposition zu, über die personelle Zusammensetzung der Unternehmensleitung – je ← 1 | 2 → nach Gesellschaftsform jedenfalls mittelbar – bestimmen zu können. Zur Abwendung personeller Konsequenzen führt dies zu einer an den Interessen des Mehrheitsgesellschafters ausgerichteten Geschäftspolitik seitens der Mitglieder des Leitungsorgans des beherrschten Unternehmens.

Das Aktienrecht begründet in § 17 Abs. 2 AktG eine widerlegbare Vermutung der Abhängigkeit des in Mehrbesitz stehenden Unternehmens. Hierunter versteht das Aktienrecht gemäß § 16 Abs. 1 AktG die Stimmrechts- und/oder Anteilsmehrheit eines Unternehmens über ein anderes Unternehmen (Mehrheitsbeteiligung).

Zu den inhaltlichen Anforderungen, die an eine Widerlegung der Vermutung zu stellen sind, nimmt das geltende Recht jedoch ganz bewusst6 keine Stellung. Ebenso wenig finden sich enumerative Aufzählungen oder Regelbeispiele, die einen geeigneten rechtlichen Rahmen darstellen, um die eingetretene Vermutung zu widerlegen.

II.  Ziel und Gang der Untersuchung

Zielsetzung der Arbeit ist es, Entherrschungsverträge als eines der Instrumente zur Widerlegung der Abhängigkeitsvermutung bzw. zur Beseitigung vorhandener Abhängigkeit auf ihre Zulässigkeit hin zu untersuchen sowie die Anforderungen herauszuarbeiten, die für eine Widerlegung der (vermuteten) Abhängigkeit unabdingbar erfüllt sein müssen. Dabei sollen neben allgemeingültigen Überlegungen auch einzelne, in der Praxis vermehrt vorzufindende Sonderkonstellationen herausgegriffen werden.

Zunächst soll der Abhängigkeitsbegriff als die für das Konzernrecht grundlegende Weichenstellung beleuchtet werden. Ohne eine Einordnung des Abhängigkeitsbegriffes und einer Festlegung der Reichweite der im Aktienrecht geregelten Abhängigkeit lassen sich die Anforderungen nicht ableiten, die an eine vertragliche Entherrschung als Widerlegung der Abhängigkeit zu stellen sind. Hieran schließen sich Ausführungen an, die aufzeigen, welche Mittel zur Widerlegung der Abhängigkeitsvermutung neben dem Entherrschungsvertrag noch anerkannt sind. Es folgen allgemeine Ausführungen zum Entherrschungsvertrag, die den typischen Inhalt dieses Vertrages, die Parteien, die Rechtsnatur und die Durchsetzbarkeit des Vertragsinhalts beleuchten. Letztlich werden die zwingenden inhaltlichen Anforderungen herausgearbeitet, die an einen Entherrschungsvertrag ← 2 | 3 → – sei es zur Widerlegung der Abhängigkeitsvermutung oder zur Beseitigung einer Abhängigkeit – zu stellen sind.

Die Ausführungen beschränken sich vorerst auf die Rechtsform der Aktiengesellschaft als beherrschte Gesellschaft. Zwar sind die Vorschriften des Konzernrechts trotz ihrer systematischen Stellung im Aktiengesetz rechtsformunabhängig ausgestaltet7. Dennoch muss die Frage der Widerlegung der Abhängigkeit rechtsformspezifisch beleuchtet werden, da die unterschiedlichen Ausgestaltungen der jeweiligen Gesellschaftsformen im Rahmen der Abhängigkeit eine Einzelfallbetrachtung erforderlich machen. Je nach – gesetzlicher oder statutarischer – Ausgestaltung der jeweiligen Gesellschaftsverfassung kommen dem Mehrheitsgesellschafter unterschiedliche Einflussnahmemöglichkeiten und -mittel zu. Dies strahlt ebenso auf die Frage der Widerlegung der (vermuteten) Abhängigkeit aus.

Schwerpunkte werden dabei insbesondere auf die an einen Entherrschungsvertrag zu stellenden inhaltlichen Anforderungen sowie auf die Pflicht der Unternehmensleitung, die Gesellschafter an der Entscheidung über den Abschluss eines entsprechenden Vertrages teilhaben zu lassen, gelegt. Ein weiteres Kapitel widmet sich der Frage, für welche Dauer dem Entherrschungsvertrag die widerlegende Wirkung zukommt und welche Auswirkungen dem Umstand zukommen, dass exemplarisch dargelegte Umstände hinzutreten oder entfallen.

Das vorletzte Kapitel behandelt ausführlich die Frage, in welchem Umfang Erkenntnisse, die im Anwendungsbereich der beherrschten Aktiengesellschaft gewonnen werden, auf andere Gesellschaftsformen übertragen werden können oder hierfür einer Modifikation bedürfen. Im letzten Kapitel wird schließlich nach einer zusammenfassenden Darstellung der Untersuchungsergebnisse ein Formulierungsvorschlag für einen Entherrschungsvertrag unterbreitet, der den zuvor gewonnenen Ergebnissen Rechnung trägt. ← 3 | 4 →


1 Vgl. nur Veil, Unternehmensverträge; Kienzle, Verdeckte Beherrschungsverträge im Aktienrecht; Ederle, Verdeckte Beherrschungsverträge; Emmerich, in: FS Hüffer, S. 179 ff.; Grüner, Die Beendigung von Gewinnabführungs- und Beherrschungsverträgen; Gattineau, Der Beherrschungsvertrag in der Verschmelzung von Aktiengesellschaften; Exner, Beherrschungsvertrag und Vertragsfreiheit; Windbichler, Unternehmensverträge und Zusammenschlusskontrolle; Wilhelm, Die Beendigung des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags.

2 Vgl. hierzu B.III.

3 Götz, Der Entherrschungsvertrag im Aktienrecht; Hüttemann, ZHR 156 (1992), 314 ff.

4 Siehe hierzu auch B., dort insbesondere Fn 12 bis 15.

5 Der heute als Redewendung geläufige Ausspruch ist vermutlich auf den Ende des zwölften und Anfang des dreizehnten Jahrhunderts lebenden Dichter und Minnesänger Walther von der Vogelweide zurückzuführen (vgl. Wapnewski, Gedichte, S. 35).

6 Vgl. Kropff, Aktiengesetz 1965, S. 28.

7 Schall, in: Spindler/Stilz AktG, § 17 Rdnr. 3; Kropff, Aktiengesetz 1965, S. 27; Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 15 Rdnr. 6; Emmerich, in: Emmerich/Habersack KonzernR, § 15 Rdnr. 5; Koppensteiner, in: KölnKomm AktG, § 15 Rdnr. 11; Fett, in: Heidelberger Kommentar AktG, § 15 Rdnr. 3; Peres/Oschütz, in: NomosKomm AktG, Vor §§ 15–18 Rdnr. 2; dies ergibt sich bereits aus der rechtsformunabhängigen Wahl der Gesetzessprache, die von „Unternehmen“ anstelle von „Aktiengesellschaft“ und von „Anteilen“ anstatt von „Aktien“ spricht.

Details

Seiten
250
Jahr
2017
ISBN (PDF)
9783631722398
ISBN (ePUB)
9783631722404
ISBN (MOBI)
9783631722411
ISBN (Hardcover)
9783631721421
DOI
10.3726/b11105
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2017 (Mai)
Schlagworte
Entherrschung Beherrschung Abhängigkeit Stimmrechtsverzicht Konzern Vertragsmuster
Erschienen
Frankfurt am Main, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2017. XXVI, 250 S.

Biographische Angaben

Tobias Hamm (Autor:in)

Tobias Hamm studierte Rechtswissenschaften an der Eberhard-Karls-Universität zu Tübingen und wurde an der Ludwig-Maximilians-Universität zu München promoviert. Er ist als Rechtsanwalt und Dozent auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts tätig.

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