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Möglichkeiten und Grenzen zum vertraglichen Schutz eines haftpflichtigen Dritten im Rahmen einer Sachversicherung

Dargestellt am Beispiel der Sachversicherung

von Ioannis Bonis (Autor:in)
©2017 Dissertation XII, 147 Seiten

Zusammenfassung

In vielen Sachversicherungen, wie etwa in der Gebäudeversicherung, sieht die höchstrichterliche Rechtsprechung einen konkludenten Regressverzicht zu Gunsten eines haftpflichtigen Dritten, etwa des Mieters, wenn der Dritte den Schaden nur leichtfahrlässig verursacht hat. Da die Abgrenzung der leichten von der groben Fahrlässigkeit in der Praxis Schwierigkeiten bereitet, initiierten die Sach- und Haftpflichtversicherer im Jahre 2009 das Teilungsabkommen-Mieterregress, das die Regressabwicklung unter Ausschaltung des Dritten erleichtern sollte. Der Autor beleuchtet die Regressabwicklung in der Gebäudeversicherung nach den geänderten Rahmenbedingungen. Er entwickelt anhand von Beispielen aus Rechtsprechung und Literatur und basierend auf der Gesetzessystematik geeignete Rechtsprinzipien, die die Regressabwicklung erleichtern sollen. Das Buch untersucht dabei zentrale Themen des Versicherungsvertragsrechts, wie den Mieterregress, die grob fahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalls, den Quotenanspruch sowie den Regressverzicht.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Inhaltsverzeichnis
  • Abkürzungsverzeichnis
  • Kapitel 1: Einleitung
  • A. Einführung in die Problematik und Zielsetzung
  • B. Gang der Untersuchung
  • Kapitel 2: Grundlagen
  • A. Funktion und Rechtsnatur von § 86 VVG −Die Abgrenzung des § 86 VVG von anderen Ausgleichsmechanismen
  • B. Anwendungsbereich des § 86 VVG
  • I. Allgemeines zum Anwendungsbereich
  • II. Anwendbarkeit des § 86 VVG bei Personenversicherungen mit pauschalierter Deckung eines konkreten Bedarfs
  • C. Voraussetzungen des Forderungsübergangs nach § 86 VVG
  • I. Leistung des VR
  • II. Übergangsfähige Ersatzansprüche
  • 1. Ansprüche aus Garantie
  • 2. Bereicherungsansprüche
  • III. Ersatzanspruch gegen einen Dritten und Möglichkeiten zum Schutz des Dritten
  • 1. Allgemeines
  • 2. Die Mitversicherung des Sachersatzinteresses des potentiell Haftpflichtigen im Rahmen einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG)
  • 3. Die Rechtsstellung des ersatzpflichtigen Dritten bei Vereinbarung eines Regressverzichts in der Sachversicherung
  • 4. Haftungsbeschränkungen
  • 5. Schutz des haftpflichtigen Dritten im Rahmen der Versicherung des Sacherhaltungsinteresses für fremde Rechnung?
  • 6. Eigenversicherung des Haftpflichtrisikos durch den potentiell Haftpflichtigen
  • 7. Schutz des Dritten infolge Verzichtsabkommen
  • IV. Umfang des Anspruchsübergangs
  • 1. Allgemeines − Das sog. Kongruenzprinzip
  • 2. Differenztheorie und Quotenvorrecht
  • Kapitel 3: Die versicherungsrechtliche Regressabwicklung bei Vereinbarung eines Regressverzichts in der Gebäudeversicherung
  • A. Allgemeines
  • B. Der Mieterregress
  • I. Haftungssituation
  • II. Der haftungsrechtliche Lösungsansatz
  • III. Die versicherungsrechtliche Lösung
  • 1. Kritik an der versicherungsrechtlichen Lösung
  • 2. Eigene Auffassung
  • 3. Zurechnungsmaßstab
  • 4. Reichweite des Regressverzichts
  • 5. Zusammenfassung der unmittelbaren Konsequenzen der versicherungsrechtlichen Lösung
  • IV. Der Ausgleichsanspruch des Sach- gegen den Haftpflicht-VR
  • 1. Analoge Anwendung der Regelungen über die Mehrfachversicherung (§ 78 VVG, § 59 VVG a.F.)
  • 2. Die Berechnung des Ausgleichsanspruchs nach § 59 Abs. 2 VVG a. F. analog
  • 3. Der Einfluss des Regressverzichtsabkommens (RVA) auf den Ausgleichsanspruch nach § 59 Abs. 2S. 1 VVG a. F. analog
  • 4. Beweislast und Verjährung
  • 5. Anwendbarkeit des Quoten- und Befriedigungsvorrechts auf den Ausgleichsanspruch
  • 6. Verhältnis des Ausgleichsanspruchs zum § 86 Abs. 1 VVG
  • V. Das Teilungsabkommen (TA) Mieterregress zwischen den Gebäude- und Allgemeinen Haftpflicht-VR
  • C. Auswirkungen des neuen VVG auf den Mieterregress
  • I. Aufgabe des Alles-oder-nichts-Prinzips und quotaler Regressverzicht
  • 1. Dogmatische Herleitung des quotalen Regressverzichts
  • 2. Eigene Auffassung
  • II. Ausgleichsanspruch und VVG-Reform
  • D. Übertragung der Grundsätze des versicherungsrechtlichen Lösungsansatzes auf benachbarte Fälle
  • I. Hausratversicherung
  • II. Technische Versicherungen
  • III. Schutz des schädigenden Mieters im Rahmen einer WEG
  • IV. Anwendbarkeit der versicherungsrechtlichen Lösung auf den Direktanspruch des Gebäude-VR nach § 115 VVG gegen den Haftpflicht-VR des Mieters
  • V. Rückgriffsanspruch des Vermieters gegen den Mieter wegen vom Mieter verursachter Haftpflichtschäden
  • VI. Ausgleichsanspruch des vorleistenden Haftpflicht-VR gegen den Schadens-VR nach § 78 Abs. 2 VVG analog
  • VII. Nicht bestimmungsgemäße Nutzung der Mietsache
  • Kapitel 4: Die Regressabwicklung im Rahmen des TA-Mieterregress
  • A. Allgemeines
  • B. Funktion und Zweck von TA
  • I. Ausgangslage
  • II. Partielle Überwälzung des Ausfall- und Einstandsrisikos
  • III. Wechselseitige Kompensierung der Risikozuweisung
  • C. Die technische Ausgestaltung des TA
  • I. Die vereinbarte Quote
  • II. Abkommenlimits
  • D. Rechtsnatur von TA
  • I. Meinungen in der Rechtslehre
  • II. Gesamtwürdigung
  • E. Die rechtliche Ausgestaltung des TA
  • I. Regressverzicht zu Gunsten des Schädigers
  • 1. Dogmatische Begründung des Regressverzichts
  • 2. Reichweite der Stillhaltepflicht und Verjährungshemmung
  • II. Die Vertragsparteien
  • III. Gegenstand des vertraglichen Anspruchs
  • IV. Verhältnis des TA zu Dritten
  • F. Anwendungsvoraussetzungen des TA-Mieterregress
  • I. Anforderungen an das Deckungsverhältnis zwischen Haftpflicht-VR und Schädiger
  • 1. Störungen im Deckungsverhältnis und ihre Auswirkungen auf die Anwendbarkeit des TA
  • 2. Grenzfälle in Bezug auf die Auswirkung des gestörten Deckungsverhältnisses auf das TA
  • II. Anwendungsvoraussetzungen des TA in Bezug auf den TA-Gläubiger
  • 1. Leistungspflicht des VR
  • 2. Umfang des abkommensmäßigen Quotenanspruchs
  • 3. Übergangsfähigkeit des Ersatzanspruchs und Ersatzanspruch gegen einen Dritten
  • III. Eingrenzung des Anwendungsbereichs des TA
  • 1. Zusammenhang zwischen Schadensereignis und versichertem Risiko
  • 2. Der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB)
  • G. Die abkommensmäßige Regressabwicklung bei Mehrheit von Gläubigern oder Schuldnern
  • I. Mehrheit von Schuldnern
  • 1. Auswirkungen des TA auf die Rechtsstellung von mehreren Schuldnern im Außenverhältnis
  • 2. Auswirkungen des TA auf die Rechtsstellung von mehreren Schuldnern im Innenverhältnis
  • II. Mehrheit von Gläubigern
  • 1. Gesamtgläubigerschaft
  • 2. Die Regressabwicklung beim Vorliegen einer Gesamtgläubigerschaft
  • 3. Gesamtgläubigerschaft und Erschöpfung der Versicherungssumme
  • Kapitel 5: Die Regressabwicklung im Rahmen des RVA
  • A. Funktion von RVA
  • B. Geltungsbereich des RVA
  • C. Rechtsnatur des RVA
  • D. Anwendungsvoraussetzungen
  • E. Reichweite des Regressverzichts
  • F. Mehrheit von Regressgläubigern
  • Kapitel 6: Zusammenfassung und Ausblick
  • Literaturverzeichnis

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Abkürzungsverzeichnis

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Kapitel 1:   Einleitung

A.   Einführung in die Problematik und Zielsetzung

Gegenstand der vorliegenden Untersuchung ist die für die Versicherungspraxis sowie die Rechtsdogmatik sehr wichtige und aktuelle Frage der Regressabwicklung im Falle einer vertraglichen Regressbeschränkung, die den Schutz eines haftpflichtigen Dritten im Rahmen einer bestehenden Sachversicherung bezweckt.

Folgendes Beispiel soll dabei die gegebene Problematik veranschaulichen: Die gegen Feuer versicherte Wohnung des VN1/Vermieters wird durch eine leicht fahrlässige Handlung des Mieters in Brand gesetzt und beschädigt. Der Geschädigte ist nach dieser Konstellation Gläubiger von zwei Ansprüchen: Er hat erstens Schadensersatzanspruch gegen den schädigenden Mieter nach §§ 280 Abs. 1 i. V. m. 535 und nach 823 ff. BGB und zweitens Anspruch auf die Versicherungsleistung nach dem VV gegen den Schadens-VR. Wenn der Schadens-VR dem VN Versicherungsdeckung gewährt, indem er die Versicherungsleistung erbringt und den VN entschädigt, stellt sich die Frage, wie mit dem zweiten Anspruch des Geschädigten, dem Schadensersatzanspruch gegen den Mieter, zu verfahren ist. Bliebe der VN nach seiner Entschädigung durch den VR weiter Gläubiger des Schadensersatzanspruchs gegen den Dritten, bedeutete das eine ungerechtfertigte Bereicherung, denn er stünde nach dem Versicherungsfall besser da als vorher: Sein Schaden könnte zweimal kompensiert werden. Darüber hinaus ist zu hinterfragen, ob der Schädiger auf Grund der Versicherungsleistung von seiner Haftung befreit werden könnte, indem er sich diese dem bürgerlich-rechtlichen Schaden anrechnen lässt.

Diese Problematik wurde vom Gesetzgeber durch Statuierung eines gesetzlichen Forderungsübergangs geregelt. Zentrale Regelung in dem Zusammenhang ist § 86 Abs. 1 VVG: „Steht dem VN ein Ersatzanspruch gegen einen Dritten zu, geht dieser Anspruch auf den VR über, soweit der VR den Schaden ersetzt. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des VN geltend gemacht werden.“ Das heißt, der VN verliert seinen Ersatzanspruch gegen den schädigenden Dritten, soweit er vom VR entschädigt worden ist. Das wiederum bedeutet allerdings keine Befreiung des Dritten, denn dieser bleibt nach der Versicherungsleistung nunmehr ← 1 | 2 → gegen den VR passiv legitimiert. Die Regelung entspricht weitgehend derjenigen der a. F. des VVG (§ 67 VVG a. F.).2

Nicht selten gibt es dennoch Lebenskonstellationen, die die versicherungsrechtliche „cessio legis“ (Regress) gegen den haftpflichtigen Dritten trotzdem als unbillig erscheinen lassen. Das trifft z. B. im obigen Beispiel zu, wo die leicht fahrlässige Herbeiführung des Schadens als Erscheinung des allgemeinen Lebensrisikos jederzeit mehr oder weniger jeden treffen kann. Ein Regress gegen den leicht fahrlässigen Mieter, der meistens zugleich auch die Kosten für die Sachversicherung des Vermieters mitträgt, könnte dann existenzbedrohende Dimensionen erreichen. Dies legt es nahe, im Rahmen einer bestehenden Sachversicherung nicht nur den Eigentümer der Sache zu schützen, sondern auch außenstehende Dritte in den Schutz der Sachversicherung einzubeziehen, wenn sie schutzwürdig sind. Dies geschieht meistens durch eine Regressbeschränkung.

Der Forderungsübergang nach § 86 Abs. 1 VVG ist somit nicht unbeschränkt. Vielmehr unterliegt er diversen normativen und vertraglichen Beschränkungen. Es handelt sich nämlich bei § 86 VVG gemäß § 87 VVG um eine halbzwingende Regelung, von der lediglich nicht zum Nachteil des VN abgewichen werden darf. Der Regress des VR gegen den schädigenden Dritten kann also bisweilen ausgeschlossen bzw. beschränkt sein, selbst wenn im konkreten Fall die Voraussetzungen des Anspruchsübergangs nach § 86 Abs. 1 VVG erfüllt sind. Eine Regressbeschränkung gestaltet sich dabei auf unterschiedliche Art und Weise. Ist der Schädiger beispielsweise selbst im VV des Geschädigten mitversichert, ist der Regress gegen ihn ausgeschlossen, da er nicht mehr als Dritter i. S. v. § 86 VVG angesehen werden kann.3 Ferner darf ein ausdrücklicher Regressverzicht im Rahmen von Teilungs- oder Regressverzichtsabkommen vereinbart werden.4 Eine Regressbeschränkung lässt sich weiterhin auf eine vertragliche ← 2 | 3 → Absprache zwischen VN und Schädiger zurückführen, in der eine Haftung des Schädigers von vornherein ausgeschlossen oder beschränkt wird. Dann kann der Dritte vom VR nicht in Regress genommen werden, weil gegen ihn kein Ersatzanspruch mehr besteht. Eine Regressbeschränkung – meistens in Form eines Regressverzichts – kann gleichermaßen zwischen dem Schadens-VR und dem VN im Rahmen des VV vereinbart werden. In diesem Falle wird der Regressverzicht zu Gunsten des Schädigers entweder ausdrücklich im VV festgelegt5 oder durch Auslegung des VV bejaht6. Und schließlich sieht das Gesetz diverse normative Regressbeschränkungen vor, die unter der Rubrik der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) zusammengefasst werden können. So ist nach § 86 Abs. 3 VVG der Regress des Schadens-VR gegen den schädigenden Dritten ausgeschlossen, wenn der Dritte bei Eintritt des Schadens in häuslicher Gemeinschaft mit dem Geschädigten VN lebt.

Die nachfolgenden Ausführungen nehmen vor allem die vertraglichen Regressbeschränkungen in den Blick, denn ein Regressverzicht kann ex definitionem nicht anders als durch Vertrag zwischen den betreffenden Parteien vereinbart werden. Aus diesem Grunde soll auf die normativen Regressbeschränkungen lediglich am Rande, sofern es für die weitere Entwicklung der Untersuchung notwendig ist, eingegangen werden.

Details

Seiten
XII, 147
Jahr
2017
ISBN (PDF)
9783631724866
ISBN (ePUB)
9783631724873
ISBN (MOBI)
9783631724880
ISBN (Paperback)
9783631724859
DOI
10.3726/b11251
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2017 (April)
Schlagworte
Regressverzicht Mieterregress Haftpflichtversicherung Teilungsabkommen Regressverzichtsabkommen
Erschienen
Frankfurt am Main, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2017. XII, 147 S.

Biographische Angaben

Ioannis Bonis (Autor:in)

Ioannis Bonis studierte Rechtswissenschaften an der Demokrit-Universität Thrakien (Griechenland) und absolvierte die Masterstudiengänge für Versicherungsrecht an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster und für Deutsches Recht (LL.M) an der Universität Mannheim. Er wurde an der Philipps-Universität Marburg promoviert und ist in Griechenland sowie in Deutschland als Rechtsanwalt tätig.

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