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Didaktische Analyse der Metapher

Theoretische und empirische Rekonstruktion von Verstehensanforderungen und Verstehenspotenzialen

von Marie Lessing-Sattari (Autor:in)
©2017 Dissertation 517 Seiten

Zusammenfassung

Diese Untersuchung verfolgt das Ziel, Metaphorik als Anlass von problementdeckenden Verstehensprozessen und als kognitiv-konstruktiven Unterrichtsgegenstand zu modellieren. Damit widerspricht sie der Tendenz unserer Unterrichtskultur, die Metapher als bloßes Stilmittel zu entproblematisieren, wodurch das metaphorische Erkenntnispotenzial im Deutschunterricht ungenutzt bleibt. Die Autorin entwickelt zunächst die metaphorische Struktur und das verstehende Subjekt getrennt voneinander. Die anschließende Lautes-Denken-Studie nimmt sodann exemplarisch die Interaktion von Struktur und Subjekt in den Blick und leitet daraus Irritation, Ähnlichkeitsdenken und Erkenntnisbildung als zentrale Verstehensanforderungen und Bildungspotenziale ab.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Danksagung
  • Inhaltsverzeichnis
  • 1. Einleitung
  • 2. Problemaufriss – Verstehensanforderungen und Verstehenspotenziale von Metaphorik in Deutsch-Lehrwerken der Sekundarstufe
  • 2.1 Reihe deutsch.kombi plus
  • 2.1.1 deutsch.kombi plus – Grundausgabe
  • 2.1.2 deutsch.kombi plus – Erweiterungsausgabe
  • 2.2 Reihe wortstark Plus
  • 2.3 Reihe Deutschbuch
  • 2.4 Zusammenfassung und Problemaufriss
  • 3. Struktur und Beschaffenheit – Herausforderungen für das Metaphernverstehen
  • 3.1 Komponenten der Metapher
  • 3.1.1 Tenor und Vehikel
  • 3.1.2 Fokus und Rahmen
  • 3.1.3 Die doppelt prädikative Struktur der Metapher
  • 3.2 Ko- und Kontext der Metapher
  • 3.2.1 Ko(n)textbruch
  • 3.2.2 Ko(n)textentgrenzung
  • 3.2.3 Metaphernfelder
  • 3.3 Kreativität und Konventionalität der Metapher
  • 3.3.1 Kreativität: zwischen Schöpfungsgedanken und pragmatischer Einsicht
  • 3.3.2 Konventionalisierung, Lexikalisierung, Remetaphorisierung: die dynamische Metapher
  • 3.3.3 Metaphern als Idiome
  • 3.4 Funktion der Metapher
  • 3.4.1 „Ausdruck der Nichtausdrückbarkeit“
  • 3.4.2 Metapher und Referenz
  • 3.4.3 Verständlich machen – Manipulation – ästhetische Erfahrung
  • 3.5 Bildlichkeit der Metapher?
  • 3.5.1 Exkurs: das Bild in Ideenlehre, Phänomenologie und Psychologie
  • 3.5.2 Die Bilder vom Sprachbild
  • 3.5.3 Schlussfolgerungen
  • 3.6 Anforderungsstruktur der Metapher: Zusammenfassung und Hypothesen
  • 4. Subjekt und Verstehensprozess – Voraussetzungen für das Metaphernverstehen
  • 4.1 Leistungen und Desiderate der Metaphernverstehensforschung
  • 4.1.1 Entwicklung des Metaphernverstehens
  • 4.1.2 Direkte oder sequenzielle Verarbeitung
  • 4.1.3 Bedeutungsbildung: Vergleich, Interaktion und die Frage der Emergenz
  • 4.1.4 Differenzierung von Verstehenshandlungen
  • 4.1.5 Metaphern in journalistischen und literarischen Texten verstehen
  • 4.1.6 Zusammenfassung der Leistungen und Desiderate
  • 4.2 Verstehen als konstruktiver Prozess im Rahmen der Construction-Integration-Theorie
  • 4.2.1 Hierarchieniedrige und hierarchiehohe Prozesse
  • 4.2.2 Repräsentationsebenen
  • 4.2.3 Möglichkeiten und Grenzen des CI-Modells bei der Beschreibung von Metaphernverstehensprozessen
  • 4.3 Verstehen und Problemlösen: ein integratives Modell zur Beschreibung von Metaphernverstehensprozessen
  • 4.3.1 Die Metapher als Problem
  • 4.3.2 Metaphernverstehen als Problemlösen
  • 4.3.3 Metaphernidentifikation als Schnittstelle von automatischen und problemlösenden Prozessen
  • 4.4 Lesermerkmale und Leseraktivitäten als Determinanten von Metaphernverstehensprozessen
  • 4.4.1 Lexikalischer Zugriff
  • 4.4.2 Vorwissen und Inferenzbildung
  • 4.4.3 Metakognition, Lesestrategien und Lesemodus
  • 4.4.4 Lesemotivation
  • 4.5 Zusammenfassung der theoretischen Vorannahmen und Konsequenzen für das Forschungsdesign
  • 5. Struktur und Subjekt – exemplarische Rekonstruktion von Verstehenspotenzialen und Verstehensanforderungen
  • 5.1 Metaphernverstehen verstehen: das qualitative Forschungsdesign
  • 5.1.1 Fall- und Materialauswahl
  • 5.1.2 Methodisches Vorgehen bei der Datenerhebung: Lautes Denken
  • 5.1.3 Erhebungstext: Reflexion der Vorannahmen zur Anforderungsstruktur
  • 5.1.4 Methodisches Vorgehen bei der Datenauswertung: sequenzielle Analyse und zusammenfassende Interpretation (SEQINT)
  • 5.2 Fallrekonstruktion: Verstehensprozesse, Strategien und Probleme im Umgang mit Metaphorik
  • 5.2.1 Tim
  • 5.2.2 Nina
  • 5.2.3 Stefan
  • 5.3 Fallvergleich: problementdeckende Verstehenshandlungen im Umgang mit dem Metaphernfeld
  • 5.3.1 Metaphernidentifikation
  • 5.3.2 Metaphorische Bedeutungsbildung
  • 5.3.3 Aufbau von Textverständnis und Gegenstandserkenntnis
  • 5.4 Schlussfolgerungen aus dem Fallvergleich: exemplarische Bildungspotenziale und Verstehensanforderungen von Metaphorik
  • 5.4.1 Irritation
  • 5.4.2 Ähnlichkeitsdenken
  • 5.4.3 Erkenntnis
  • 6. Orientierungspunkte einer kognitiv-konstruktiven Gegenstandskonstitution
  • 6.1 Didaktische Entscheidungshilfe: Textauswahl
  • 6.2 Didaktische Entscheidungshilfe: Knotenpunkte methodischer Intervention
  • 7. Literaturverzeichnis
  • 8. Anhang
  • 8.1 Erhebungstext
  • 8.2 „Tim“ (ECO4): sequenzielle Analyse und zusammenfassende Interpretation
  • 8.3 „Nina“ (LEO24): sequenzielle Analyse und zusammenfassende Interpretation
  • 8.4 „Stefan“ (LIO3): sequenzielle Analyse und zusammenfassende Interpretation
  • Reihenübersicht

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1.   Einleitung

Die Metapher hat einen festen Platz im Deutschunterricht. Doch was legitimiert und kennzeichnet sie eigentlich als Lerngegenstand und in welchen Lernbereichen ist sie relevant? Bedenkt man, dass Metaphorik als ein zentrales (wenn auch nicht konstitutives) Merkmal von literarischen Texten gilt, scheint die Antwort auf der Hand zu liegen. Will man Schülerinnen und Schüler dazu befähigen, selbsttätig literarische Texte verstehen und nutzen zu können, müssen sie u. a. in der Lage sein, Metaphern zu verstehen. In den Bildungsstandards für den Mittleren Schulabschluss wird diese Fähigkeit gefasst als „wesentliche Fachbegriffe zur Erschließung von Literatur kennen und anwenden, insbesondere Erzähler, Erzählperspektive, Monolog, Dialog, sprachliche Bilder, Metapher, Reim, lyrisches Ich“ (Bildungsstandards MSA 2003, S. 14) sowie als „sprachliche Gestaltungsmittel in ihren Wirkungszusammenhängen und in ihrer historischen Bedingtheit erkennen: z. B. Wort-, Satz- und Gedankenfiguren, Bildsprache (Metaphern)“ (ebd.). Die Bildungsstandards für den Mittleren Schulabschluss verorten die Metapher also im Kompetenzbereich literarische Texte verstehen und nutzen und orientieren sich damit an einer langen Tradition „unterrichtlichen Brauchtums“ (Ivo 1977, S. 5), das literarische Texte und insbesondere die Lyrik als zentralen Ort der Metapher begreift (Katthage 2004, S. 118). In der Auseinandersetzung mit aktuellen Lehrwerken für den Deutschunterricht gewinnt man den Eindruck, dass sich das unterrichtliche Brauchtum nicht nur durch eine Konzentration auf lyrische Texte auszeichnet, sondern häufig durch ein entproblematisiertes Metaphernkonzept, das ebenfalls in den Bildungsstandards aufscheint: Die Metapher wird als ein Wort in uneigentlicher Verwendung oder als ein verkürzter Vergleich betrachtet (Katthage 2009, S. 20; Wilczek 2014, S. 4). Der Umgang mit Metaphorik, die dergestalt modelliert wird, erfolgt entsprechend entweder als Übersetzung in ein wörtliches Substitut oder aber verbleibt auf der Ebene einer Stilmittelidentifizierung (siehe Kapitel 2). Werden Metaphern in lyrischen Texten gesucht, gefunden und als solche benannt, d. h. mit dem korrekten Stilmittelnamen belegt, handelt es sich zwar um das typische schulische Analyseritual „Sammeln von Stilmitteln“, jedoch wohnt dieser Handlung schwerlich ein bildendes Moment im konstruktivistischen Sinn inne:

Die Lehrer-Meinung, dass ein genaues Erkennen der Struktur literarischer Texte generell eine Voraussetzung für ein angemessenes Verstehen ist, wirkt sich auf die Unterrichtspraxis dergestalt aus, dass die Chance der Schüler/innen, im Verstehensprozess Probleme als Analyseanlässe zu entdecken, stark eingeschränkt wird, weil bereits der erste, potentiell problementdeckende Verstehensprozess durch Analyseverfahren gelenkt wird. (Zabka 2012a, S. 47) ← 11 | 12 →

Dass sich der entproblematisierte Metaphernbegriff und das damit verknüpfte reduktionistische Verstehensmodell so hartnäckig halten, erklärt Gerd Katthage damit, „dass sie die Metapher methodisch unmittelbar zu operationalisieren“ vermögen (Katthage 2004, S. 121). Im unterrichtlichen Brauchtum bedeutet eine Metapher zu verstehen oftmals, sie im Rahmen einer Katalogpraxis zu etikettieren und in einem 1:1-Verfahren (Y steht für X) zu dekodieren (Katthage 2009, S. 21–23). Die Entproblematisierung des komplexen Charakters der Metapher ermöglicht also eine konkrete Handlungsabfolge und dient damit einem reibungslosen Unterrichtsablauf. Eingebettet ist diese methodische Dimension zudem in einen größeren kulturellen Zusammenhang. Der Literaturwissenschaftler Benjamin Biebuyck stellt hierzu fest, dass sich unsere Interpretationsgemeinschaft „vor der chaotisierenden Wirkung der poietischen Metapher zu schützen“ suche (Biebuyck 1998, S. 308). Sie statte sich daher mit entsprechenden Deutungsvorschriften bzw. Interpretationsparadigmen aus, die dem Rezipienten oder der Rezipientin eine „restituierte Sicherheit“ vorspiegeln (ebd., S. 309). Dabei handelt es sich unter anderem um das oben skizzierte „Substitutionsparadigma“, in dessen hermeneutisches Schema das Kind im Laufe des Sozialisationsprozesses enkulturiert werde (ebd.):

Der scheue, an Interpretationspragmatik orientierte Rezipient wagt es […] nicht, selber das (literarische) Wort zu ergreifen: er verweigert sich der Selbstentfaltung, die ihm die Metapher bietet, und gibt sich damit zufrieden, die vom Autor intendierte eigentliche Bedeutung ausfindig zu machen. (ebd., S. 312)

Das unterrichtliche Brauchtum, den komplexen Charakter der Metapher zu entproblematisieren, wird also einerseits dadurch legitimiert, dass das Phänomen im Unterricht methodisch handhabbar erscheint und andererseits dadurch, dass es in ein kulturell tradiertes, hermeneutisch vermeintlich erleichterndes Interpretationsparadigma einführt.2 ← 12 | 13 →

Dieser skizzierten Traditionslinie soll mit der vorliegenden Arbeit eine Gegenstandskonstitution entgegengesetzt werden, die Metaphorik als Anlass von „problementdeckende[n] Verstehensprozess[en]“ (Zabka 2012a, S. 47) modelliert und damit die Möglichkeit zur „Selbstentfaltung“ (Biebuyck 1998, S. 312), die die Metapher bietet, fruchtbar macht. Der Umstand, dass Metaphern in ihrer „chaotisierenden Wirkung“ (ebd., S. 308) im Verstehensprozess ein kognitives Problem darstellen können, wird dabei nicht als etwas betrachtet, das didaktisch entproblematisiert werden muss. Im Gegenteil wird diesem Umstand ein besonderer Bildungswert beigemessen, den es im Folgenden zu ermitteln gilt. Damit rücken solche Metaphern in den Mittelpunkt des Interesses, deren Bedeutung sich nicht „in einem Nu“ (Zymner 2003, S. 143) einstellt, sondern erst durch problemlösende Interpretationsprozesse entwickelt wird. Ob eine Metapher zum Anlass für einen problementdecken Verstehensprozess genommen wird, hängt nun aber neben strukturseitigen auch wesentlich von subjektseitigen Einflussfaktoren ab. Die Metapher wird also als eine komplexe sprachliche Struktur betrachtet, die mit dem rezipierenden Subjekt notwendigerweise in einer Wechselwirkung steht – sei es, dass die Struktur das Subjekt stolpern lässt oder bei der Bedeutungsbildung als Textinformation mit dem Wissen des Subjekts interagiert (Christmann/Scheele 2001, S. 262). Das zugrunde liegende kognitiv-konstruktive Interpretationsparadigma fordert selbstständige und kreative Rezipientinnen und Rezipienten, die sich aktiv in den Verstehensprozess einbringen, und in der Auseinandersetzung mit der Metapher neue Erkenntnisse und Einsichten gewinnen.

Der Bildungswert von solchen Metaphern soll im Folgenden anhand einer didaktischen Analyse rekonstruiert werden, die sich an dem Modell von Thomas Zabka (2012b) orientiert. Mit der didaktischen Analyse literarischer Texte entwickelt Zabka ein Verfahren, durch das die Verstehenspotenziale und Verstehensanforderungen literarischer Texte eingeschätzt werden können. Von Wolfgang Klafki, auf den die didaktische Analyse zurückgeht (Klafki 1958), übernimmt Zabka dabei den wichtigen Grundgedanken, dass der Bildungswert eines Lerngegenstandes nicht objektivistisch festgestellt werden kann, sondern sich durch eine doppelte Relativität auszeichnet – nämlich in Abhängigkeit von der besonderen Schülerschaft sowie der normativen Formulierung von Unterrichtszielen (Klafki 1958, S. 455; Zabka 2012b, S. 140f.). Zabka macht sich neben literaturdidaktischen Erkenntnissen auch Ergebnisse der jüngeren kognitionspsychologischen Textverstehensforschung zunutze und stellt der Frage nach dem spezifischen Bildungs- und Verstehenspotenzial eines Textes die Frage nach diesbezüglichen Verstehensanforderungen an die Seite. Wenn Lehrpersonen einen spezifischen literarischen Text didaktisch analysieren, prüfen sie nicht nur, in ← 13 | 14 → welchen Zieldimensionen literarischen Lernens der Text wirksam werden kann, sondern antizipieren auch, welche Verstehensoperationen zur Zielerreichung notwendig erscheinen und unter welchen Bedingungen sie zu erwarten sind:

Um einschätzen zu können, welches Verstehen spontan erwartbar, durch Intervention erreichbar oder aber nicht erreichbar ist, müssen die urteilenden Lehrkräfte angeben, unter welchen Bedingungen in den Köpfen ihrer Schülerinnen und Schüler vermutlich bestimmte Verstehensprozesse erfolgen. (Zabka 2012b, S. 143)

Vor diesem Hintergrund muss ein didaktisches Konstrukt, das die Metapher als Anlass von problementdeckenden Verstehens- und Erkenntnisprozessen erfassen will, nicht nur nach den Potenzialen fragen, sondern auch, ob diese überhaupt erreicht werden können, d. h. welche Herausforderungen sich für Lernende hierbei struktur- und subjektseitig stellen. Die vorliegende Arbeit unternimmt daher den Versuch, Verstehenspotenziale und Verstehensanforderungen von Metaphern zu ermitteln, die Anlass zu problementdeckenden Verstehensprozessen bieten können. Von Thomas Zabkas Ansatz, der die didaktische Analyse als Kern der Unterrichtsvorbereitung auffasst (ebd., S. 141), unterscheidet sich das weitere Vorgehen allerdings dahingehend, dass die didaktische Analyse als Instrument zur Ausarbeitung eines didaktischen Konstrukts dienen wird.

Mit dieser Verlagerung von der konkreten Planungs- auf die Konstruktebene orientiert sich die Studie an Jakob Ossners Auffassung von Fachdidaktik als einer „Wissenschaft von der Zielgenerierung“ (Ossner 2001, S. 26). Von einer „praktischen Wissenschaft“ (Ossner 1993) wie der Fachdidaktik erwarte man Antworten auf die Frage „Was soll im Unterricht des Faches Deutsch getan werden?“ (Ossner 2016, S. 148). Die Antworten darauf setzt Ossner dezidiert nicht auf der Ebene von konkreten Unterrichtsmodellen an, sondern sieht es als Aufgabe der Deutschdidaktik in Anbetracht der verschiedenen fachwissenschaftlichen Ansätze, die es in der Regel zu (Lern-)Gegenständen gibt, Entscheidungen zu treffen und diese Entscheidungen sowie die damit verbundenen Zielperspektiven transparent und nachvollziehbar zu machen (ebd., S. 150).

Lehrkräfte brauchen nicht das Versprechen, dass sich der Erfolg einstellt, weil sie genau dieses oder jenes tun – sie wissen eh um die Wahrheit des lateinischen Sprichwortes si duo idem faciunt, non est idem –, sondern Konstrukte, die sie selbst durchschauen können, damit sie vor Ort Wirkungen bei ihren SchülerInnen erzeugen können. (ebd., S. 164)

Aus dem Gedankengang folgen zwei Konsequenzen für die Ausrichtung und das Handlungsfeld einer Deutschdidaktik, die sich in diesem Denkrahmen verortet: (a) Wenn die Fachdidaktik Lehrkräften Entscheidungshilfen bereitstellen will, muss zum einen der normative Horizont, in dem das jeweilige Konstrukt ← 14 | 15 → steht, offengelegt und dabei zu alternativen Konstrukten und den mit ihnen verbundenen Zielen und Vorannahmen ins Verhältnis gesetzt werden (Ossner 2001, S. 27). (b) Zum anderen gilt es, die Gegenstandskonstitution nicht nur normativ, sondern auch empirisch zu fundieren, weil der Bildungswert und die Verstehensanforderungen eines Gegenstandes eben nicht (nur) fachwissenschaftlich verbürgt sind – was eine vermittlungswissenschaftlich orientierte Fachdidaktik behaupten würde (Ivo 1977, S. 37) –, sondern in Abhängigkeit zu spezifischen Schülerinnen und Schülern stehen.

Das Handlungsfeld der Deutschdidaktik ist folglich mit Dorothee Wieser (2016) und in der Tradition Hubert Ivos durch ein notwendiges Zusammenspiel von Konstruktion, Rekonstruktion und Normfragen gekennzeichnet: „Zieht man sich auf eine Position zurück, verlässt man das fachdidaktische Spiel. Entscheidend ist vielmehr, die Fäden straff zu halten, d. h. für den steten reflektierten Bezug der drei Positionen zu sorgen“ (Wieser 2016, S. 138). In ihrer doppelten Relativität bemüht sich die didaktische Analyse auch auf der Konstruktebene, diesen Anspruch einzulösen. Die Frage nach den Verstehensanforderungen und Verstehenspotenzialen eines Gegenstandes ist immer durch eine Positionierung im gegenwärtigen Diskurs mit Blick auf gesellschaftliche Bildungsziele geprägt (siehe a) und erfordert, dass das Vermögen von Schülerinnen und Schülern erforscht und einbezogen wird (siehe b). Was bedeutet das nun für die vorliegende Arbeit?

Ossners Feststellung, dass es zu einem Gegenstand meist verschiedene fachwissenschaftliche Ansätze gibt (Ossner 2001, S. 27; Ossner 2016, S. 157), trifft im besonderen Maße auf die Metapher zu: Gestalt, Funktion und Wirkung der Metapher werden seit Aristoteles aus unterschiedlichsten disziplinären Perspektiven betrachtet, wie beispielsweise die fünfundzwanzig Theorien veranschaulichen, die Eckhard Rolf in seiner Monografie Metaphertheorien zu systematisieren versucht (Rolf 2005). Die Fachdidaktik kann nun einen Beitrag dazu leisten, dass sich Lehrpersonen in Anbetracht solcher außerdidaktischer Lagerstreitigkeiten didaktisch begründet entscheiden können (Ossner 2001, S. 27). Aktuell wird der unterrichtsbezogene fachdidaktische Diskurs von zwei Konstrukten bestimmt, die versuchen, Impulse für die Reform oder Erweiterung der skizzierten Traditionslinie unterrichtlichen Brauchtums zu setzen.3 Hierbei handelt es sich um ← 15 | 16 → Konzepte, die die Metapher als vorsprachliche Struktur des Denkens (Köpcke/Spieß 2013; Müller/Ziegler 2006; Wilczek 2014) oder als Sprachbild (Katthage 2004; Katthage 2006) auffassen. Der erste Ansatz geht auf die kognitive Metapherntheorie von George Lakoff und Mark Johnson zurück (Lakoff/Johnson 1980). Im Kern geht diese Theorie davon aus, dass sprachliche Metaphern auf konzeptuell-kognitiven Metaphern basieren und deckt anhand von alltagssprachlichen Äußerungen auf, wie sehr unser Denken und unser Weltbild durch diese konzeptuelle Metaphorik strukturiert sind (Jäkel 2003, S. 24f.):

Für den Umgang mit Metaphern im Unterricht bedeutet dies, dass Metaphern nicht nur erkannt und benannt, sondern auch die zugrunde liegenden Projektionen aufgedeckt und diskutiert werden können. Der pädagogische Mehrwert eines solchen Metaphernzugangs liegt darin, dass der Einfluss lebensweltlicher Selbstverständlichkeiten auf die Sprache sichtbar wird. (Müller/Ziegler 2006, S. 6)

Sprachliche Metaphern wie du vergeudest meine Zeit sind dieser Vorstellung folgend immer nur Ableitungen einer vorsprachlichen, kognitiven Struktur, die metaphorisch angelegt ist, beispielsweise ZEIT ist GELD (siehe einleitend in Kapitel 3). Der andere Ansatz, die Metapher als Sprachbild zu begreifen, hat eine lange Tradition, die auf der Prämisse basiert, „die Metapher funktioniere bildanalog […] [und] sei so etwas wie eine bildliche Rede“ (Gehring 2009, S. 85). Für den Deutschdidaktiker Gerd Katthage liegt darin großer didaktischer Wert, weil durch die Verbindung von metaphorischer und medialer Bildlichkeit eine „transmediale Kompetenz“ gefördert werden könne (Katthage 2004, S. 62):

Ein an der Metapher geschultes Vermögen, mit Bildern analytisch, kreativ, ästhetisch, imaginativ, sinnlich, also wahrnehmungsintensiv umzugehen, enthält das Potenzial, anderen Formen von Bildlichkeit ebenso zu begegnen. Die Rede von visuellen Metaphern oder davon, Bilder zu lesen, impliziert die Einsicht einer transmedialen Vermischung von Bildern und Sprachbildern und liefert einen metapherndidaktischen Beitrag für die medienpädagogische Forderung, Bildkompetenz zu vermitteln [Hervorhebungen im Original]. (ebd., S. 63)

Da eine intensivere Auseinandersetzung mit den zugrunde liegenden Annahmen an anderen Stellen erfolgt (siehe einleitend in Kapitel 3 und Kapitel 3.5), bleibt vorerst festzuhalten, dass die Metapher als ein komplexes sprachliches Phänomen, das im Verstehensprozess ein kognitives Problem darstellt und Anlass zu problementdeckenden Verstehensprozessen bietet, nicht der Kern dieser didaktischen Konstrukte ist: Das Konstrukt, das sich auf die kognitive Metapherntheorie beruft, bestimmt vorrangig solche Metaphern als Lerngegenstand, die gerade keine Herausforderungen für das Verstehen stellen, weil sie als kognitive Phänomene der Sprache zugrunde liegen und somit keine Probleme im ← 16 | 17 → Verstehensprozess bereiten.4 Und der didaktische Ansatz, der mit der metaphorischen Bildtheorie arbeitet, begreift die Metapher als Bildgebungsverfahren, beschränkt ihre Funktion auf Anschaulichkeit und begrenzt den Weg zur metaphorischen Bedeutung auf bildhafte Vorstellungstätigkeit.

Vor dem Hintergrund dieser alternativen Konstrukte wird deutlich, dass das Ziel, das problementdeckende Bildungspotenzial und diesbezügliche Verstehensanforderungen von Metaphern auszuloten, die im Verstehensprozess ein Problem darstellen, auf anderen normativen Setzungen basiert. Zum einen ist dies die Annahme der interaktionistischen Textverstehenstheorie, dass Textverstehen keine „passive, vom Text determinierte Rezeption“ (Christmann/Groeben 1999, S. 145) ist, sondern „eine kognitiv-aktive (Re-)Konstruktion von Information darstellt, in der die im Text enthaltene ‚Botschaft‘ aktiv mit dem Vor- und Weltwissen der Rezipienten/innen verbunden wird“ (ebd., S. 146). Die kognitive Konstruktivität der Interaktion von Text- und Lesermerkmalen gilt sowohl für hierarchieniedrige als auch hierarchiehohe Textverstehensprozesse. Wenn aber etwas sprachlich Geäußertes im ersten Verstehensprozess keinen Sinn ergibt, z. B. weil es sich um eine Metapher handelt, deren Bedeutung nicht unmittelbar zugänglich ist, kommt der bewussten kognitiv-konstruktiven Aktivität eine besondere Rolle zu (Christmann/Scheele 2001, S. 262–264). Solche Metaphern sind „als paradigmatischer Fall für kognitive Konstruktivität“ (ebd., S. 263) im besonderen Maße durch eine Wechselbezüglichkeit oder auch „Reziprozität von Struktur und Subjekt“ (Zimmermann 2000, S. 29) gekennzeichnet. „Konkret heißt das, dass im hermeneutischen Geschehen das aneignende Sprachsubjekt ebenso denknotwendig bleibt, wie die vorausliegende Sprachstruktur“ (ebd., S. 27). Die zu ermittelnden kognitiv-konstruktiven Bildungspotenziale sowie diesbezügliche Verstehensanforderungen beziehen sich auf diese Art von Metaphorik.

Unter dem Eindruck der interaktionistischen Textverstehenstheorie wurde zum anderen in den letzten Jahren immer stärker das Verhältnis von Text- und Lesermerkmalen bei der Einschätzung von Verstehensleistungen sowie Textschwierigkeiten in den Blick genommen (Artelt et al. 2007; Hurrelmann 2002; Schweitzer 2007; Winkler 2010; Winkler 2013). Cordula Artelt systematisiert diese ← 17 | 18 → Determinantenstruktur mittels eines Tetraedermodells, in dem sie die textbezogenen Kategorien „Beschaffenheit des Textes“ und „Leseanforderungen“ mit den subjektbezogenen Kategorien „Lesermerkmale“ und „Leseraktivitäten“ in Beziehung setzt (Artelt et al. 2007, S. 12). Fragt die vorliegende Studie nun nach den kognitiv-konstruktiven Verstehensanforderungen und Verstehenspotenzialen von Metaphorik, dann muss sie dabei das Verhältnis von struktur- und subjektseitigen Einflussfaktoren berücksichtigen – denn, ob eine Metapher als Anlass für einen problementdeckenden Verstehensprozess genommen wird und inwiefern sich hierbei Herausforderungen stellen, hängt von der jeweiligen Struktur und dem jeweils rezipierenden Subjekt bzw. der Ausprägung der Determinanten in einer spezifischen Text-Leser-Interaktion ab. Dies macht es notwendig, die subjektive Grundlage des Textverstehens ernst zu nehmen. Für die Anlage der vorliegenden Studie folgt aus diesen Vorannahmen, dass die Verstehenspotenziale und Verstehensanforderungen eben nicht nur sachanalytisch ermittelt werden können, sondern anhand des Zusammenspiels von spezifischen Text- bzw. Metaphernstrukturen mit Lesermerkmalen in konkreten Verstehensprozessen, d. h. auf Basis empirischer Daten zu rekonstruieren sind.

Zum Vorgehen

„Die Konstituierung des fachspezifischen Gegenstandes […] erfolgt vor allem in unterrichtspraktischer Arbeit“ (Ivo 1977, S. 183). Nimmt man diese Beobachtung Hubert Ivos zum Verhältnis von Fachdidaktik und unterrichtlichem Brauchtum ernst, muss die fachdidaktische Arbeit bei der Beschreibung und Erklärung eben jener Verhältnisse ansetzen, um damit die Stellen auszuweisen, an denen alternative Konzeptionen möglich und sinnvoll erscheinen. In einem ersten Schritt wird daher auf Basis ausgewählter Deutsch-Lehrwerksreihen für die Sekundarstufe I ermittelt, wie die Metapher aktuell als fachlicher Lerngegenstand konstituiert wird, d. h. welche Verstehenspotenziale und Verstehensanforderungen die Rahmung und Kombination von Informationstexten, Definitionen, Aufgabestellungen und Primärtexten anlegen (siehe Kapitel 2). Der Befund, dass Gegenstand und Situierung kaum Anlässe für problementdeckende Verstehensprozesse schaffen, gibt den Anstoß für eine entsprechende didaktische Analyse der Metapher im Rahmen der vorliegenden Arbeit. Eine solche Rekonstruktion der kognitiv-konstruktiven Bildungspotenziale, aber auch Verstehensanforderungen soll Orientierungspunkte für einen problementdeckenden Umgang mit Metaphorik im Unterricht entwickeln.

Bevor metaphorische Struktur und verstehendes Subjekt im empirischen Teil der Studie aufeinander bezogen werden, sollen zunächst die beiden Koordinaten ← 18 | 19 → im Sinngeschehen versuchsweise getrennt voneinander beschrieben werden, um ihre jeweiligen Facetten detaillierter und im Anschluss deren Interaktion präziser erfassen zu können (Lessing/Wieser 2013, S. 104). Die Annäherung an die fachdidaktische Frage nach den Verstehensanforderungen und Verstehenspotenzialen der Metapher erfolgt somit vorerst in einem fachwissenschaftlichen und theoretischen Rahmen. Metaphorische Struktur, Verstehensprozess und verstehendes Subjekt werden hier in ihren Facetten möglichst umfassend aus kognitiv-konstruktiver Perspektive dargelegt, wobei den struktur- und subjektseitigen Dimensionen, die den Problemcharakter der Metapher determinieren, eine besondere Aufmerksamkeit gewidmet wird. Im strukturbezogenen Teil werden mikrostrukturale und makrostrukturale sowie funktionale Aspekte von Metaphorik als textseitige Determinanten von Verstehensprozessen rekonstruiert (siehe Kapitel 3). Metaphorik wird hierbei als sprachlich-konzeptuelles Phänomen entwickelt, das sich durch eine impertinente Prädikationsstruktur, Ko- bzw. Kontextbruch, Ko- bzw. Kontextdetermination, intratextuelle Metaphernkorrespondenz und verschiedene Konventionalisierungsgrade auszeichnet und dessen Funktion mit der Textfunktion interagiert. Somit eröffnet jede Metapher eine spezifische Anforderungsbasis, mit der ihre Rezipientinnen und Rezipienten konstruktiv umgehen müssen, um zu einem Verständnis zu gelangen. Im subjektbezogenen Kapitel wird diesbezüglich ein Beschreibungsmodell für das Verstehen von Metaphorik als kognitiv-konstruktivem Bedeutungsphänomen entwickelt, mit dessen Hilfe im empirischen Teil der Studie individuelle Metaphernverstehensprozesse rekonstruiert werden können (siehe Kapitel 4). Metaphernverstehen wird hierbei im Rahmen von Textverstehen betrachtet. Je nach Lesemodus, der u. a. von Motivation, Textfunktion und metaphorischer Zugänglichkeit abhängt, ist das aktuelle Metaphernverstehen auf einem Kontinuum zwischen Verstehen „in einem Nu“ (Zymner 2003, S. 143) und komplexer Problemlösung bzw. „explizierender Interpretation“ (Pieper 2013b, S. 45) ausgeprägt.

Vor diesem Hintergrund werden in der empirischen Studie die zu ermittelnden Potenziale und Anforderungen auf solche Metaphern begrenzt, die im Verstehensprozess ein Problem darstellen, d. h. komplexer Problemlösungen bzw. Interpretationshandlungen bedürfen (siehe Kapitel 5). Aus den theoretischen Vorannahmen zur Struktur von Metaphorik und metaphorischen Verstehensprozessen folgt, dass diese Verstehensanforderungen und Bildungspotenziale nur exemplarisch anhand konkreter Verstehensprozesse hinsichtlich bestimmter Texte mit spezifischen Metaphern ermittelt werden können. Daher wird ein qualitativ-gegenstandsorientiertes Forschungsdesign angelegt und zunächst rekonstruiert, wie ausgewählte Schülerinnen und Schüler bestimmte Metaphern ← 19 | 20 → in einem spezifischen Textzusammenhang verstehen. Die besondere Schülerschaft, von der die Ermittlung des gegenstandsbezogenen Bildungswertes abhängt, wird sich auf der Konstruktebene der didaktischen Analyse an abstrakten Kriterien der Fallauswahl orientierten, d. h. keine konkrete Schülergruppe (beispielsweise eine bestimmte Schulklasse) darstellen. Auch wenn sich kein eindeutiges Entwicklungsmuster von kognitiver Entwicklung und Rezeptionsfähigkeit feststellen lässt (Pieper 2010b, S. 153), herrscht in der entwicklungspsychologischen und didaktischen Metaphernforschung darüber Konsens, dass in der Regel ab dem zwölften Lebensjahr mit der Entwicklung von Abstraktionsfähigkeit und metasprachlichen Fähigkeiten die Grundlagen für ein problementdeckendes Metaphernverstehen ausgebildet sind (Bertau 1996, S. 253; Pieper 2010b, S. 150–153; Winner et al. 1976, S. 295f.). Gerade in der Sekundarstufe I ist der Umgang mit Metaphorik, die sich einer unmittelbaren Bedeutungsbildung entzieht, folglich ein wichtiges Lernfeld, weil zentrale Voraussetzungen für die Ausbildung einer vertieften und reflektierten Verstehensfähigkeit gegeben sind. Aus diesem Grund wird die Frage nach den kognitiv-konstruktiven Bildungspotenzialen und Verstehensanforderungen von Metaphorik auf die Sekundarstufe I begrenzt und die besondere Schülerschaft als Lernende im neunten Schuljahr konkretisiert. Um dabei das Spektrum der metaphorischen Verstehensanforderungen und Verstehenspotenziale exemplarisch erfassen zu können, muss sich die Auswahl der zu untersuchenden Schülerinnen und Schüler an dem Anspruch orientieren, die Variationsbreite und Unterschiedlichkeit zu erschließen, die im Feld enthalten ist (Flick 2007, S. 165).

Als Erhebungsgegenstand wird hier bewusst ein nicht-literarischer Text gewählt, weil die Ermittlung von Bildungspotenzialen bezüglich eines problementdeckenden und problemlösenden Umgangs in solchen Textsortenzusammenhängen ein wesentliches Desiderat deutschdidaktischer Forschung darstellt. Die rekonstruierten Verstehensprozesse, Strategien und Probleme werden sodann zum einen daraufhin befragt, welche Bildungspotenziale Metaphern in einem nicht-literarischen Text bergen, wenn ihre Bedeutung nicht unmittelbar zugänglich ist, und zum anderen daraufhin, welche Anforderungen sie an das Verstehen von Schülerinnen und Schülern im neunten Schuljahr stellen. Exemplarisch wird also ermittelt, welche Verstehenshandlungen notwendig und erwünscht sind, aber auch inwiefern sie überhaupt ohne didaktische Intervention von Schülerinnen und Schülern erwartet werden können. In diesem Zusammenhang soll auch ein tentativer Ausblick auf mögliche Verstehensanforderungen und -potenziale von Metaphorik in literarischen Texten entwickelt werden. ← 20 | 21 →

Anhand dieser Erkenntnisse und Annahmen werden im abschließenden Kapitel Orientierungspunkte einer kognitiv-konstruktiven Gegenstandskonstitution der Metapher im Deutschunterricht entwickelt (siehe Kapitel 6). Ein besonderes Augenmerk liegt hier auf Kriterien zur Textauswahl und Knotenpunkten methodischer Intervention. Es werden Text- und Metaphernmerkmale reflektiert, die tendenziell problementdeckende Verstehensprozesse auslösen; aber auch zentrale Komponenten der Problementdeckung identifiziert, die der Unterstützung durch Unterrichtsmaßnahmen bedürfen. ← 21 | 22 →


2 Dies erklärt vermutlich auch, warum Entproblematisierung als Umgangsmöglichkeit mit der paradoxalen Schwierigkeit, „ein Forschungswissen zu vermitteln, das als Forschungswissen (zunächst) nicht vermittelt werden kann“ (Kämper-van den Boogaart et al. 2011, S. 13), bei der Metapher nicht greift. Die Idee, die Paradoxie zu temporalisieren, indem entproblematisiertes Wissen gelernt, verlernt, neu gelernt, wieder verlernt wird usw., geht in Bezug auf die Metapher nicht auf, weil sie zum einen Lehrpersonen einen operationalen Umgang und Lernenden über die Identifikationsleistung Gratifikation ermöglicht. Zum anderen bezieht die entproblematisierte Metapher ihre Legitimation eben nicht nur aus den Anforderungen einer Lehrsituation, sondern ist in das skizzierte substitutive Interpretationsparadigma unserer Interpretationsgemeinschaft eingebettet, das die Entproblematisierung nicht als Zwischenschritt einer temporalisierten Paradoxie, sondern als Ziel begreift.

Details

Seiten
517
Jahr
2017
ISBN (PDF)
9783631727904
ISBN (ePUB)
9783631727911
ISBN (MOBI)
9783631727928
ISBN (Hardcover)
9783631727447
DOI
10.3726/b11439
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2017 (Juli)
Schlagworte
Metaphernverstehen Deutschunterricht Verstehensprozess Lautes Denken Irritation
Erschienen
Frankfurt am Main, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2017. 517 S., 1 s/w Abb., 1 s/w Tab.

Biographische Angaben

Marie Lessing-Sattari (Autor:in)

Marie Lessing-Sattari arbeitet als Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Fachbereich Didaktik der deutschen Sprache und Literatur an der Technischen Universität Dresden.

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Titel: Didaktische Analyse der Metapher
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