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Die Haftungsverfassung der Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung

von Benedikt Statz (Autor:in)
©2017 Dissertation XVIII, 264 Seiten

Zusammenfassung

Die Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung (PartG mbB) als jüngste Erweiterung des deutschen Gesellschaftsrechtssystems bildet den (vorläufigen) Schlusspunkt eines über Jahrzehnte dauernden gesetzgeberischen Bemühens, Freiberuflern eine geeignete Rechtsform für die gemeinsame Berufsausübung zur Verfügung zu stellen. Der Autor untersucht umfassend die Haftungsverhältnisse der PartG mbB und ob es dem Gesetzgeber gelungen ist, dem Bedürfnis von Freiberuflern nach einer Haftungsbegrenzung kraft Rechtsform, genauer in Form einer Personengesellschaft, gerecht zu werden. Da jede haftungsbeschränkte Rechtsform eine Belastung des Rechtsverkehrs bedeutet, zeigt der Autor ferner auf, ob der Gesetzgeber bei der PartG mbB ein angemessenes Gläubigerschutzkonzept implementiert hat.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Vorwort
  • Inhaltsverzeichnis
  • Abkürzungsverzeichnis
  • A. Einleitung
  • I. Ausgangslage
  • 1. Bedürfnis bei Freiberuflern nach einer Haftungsbegrenzung kraft Rechtsform
  • 2. Bisherige Rechtsformen nach deutschem Recht
  • 3. Präferenz für die Rechtsform der LLP nach englischem Recht
  • II. Einführung der PartG mbB
  • III. Ziel und Gang der Untersuchung
  • 1. Ziel der Untersuchung
  • 2. Gang der Untersuchung
  • B. Rechtsdogmatische Grundlagen der PartG mbB
  • I. PartG mbB als Rechtsformvariante
  • II. Strukturmerkmale der PartG mbB
  • III. Systematik der Haftungsbeschränkung
  • 1. Grundkonzeption der Haftungsbeschränkung
  • a. Tatbestandsseite
  • b. Rechtsfolgenseite
  • 2. Haftungsbeschränkung durch Versicherungsschutz
  • a. Bisherige Legitimation einer gesellschaftsrechtlichen Haftungsbeschränkung
  • b. Legitimation einer gesellschaftsrechtlichen Haftungsbeschränkung bei der PartG mbB
  • c. Dogmatische Betrachtung der Legitimation einer Haftungsbeschränkung durch Versicherungsschutz
  • C. Die Entstehung der PartG mbB
  • I. Neugründung
  • 1. Abschluss eines Partnerschaftsvertrages
  • 2. Unterhalten einer spezifischen Berufshaftpflichtversicherung
  • 3. Bedeutung des Namenszusatzes (§ 8 Abs. 4 S. 3 PartGG)
  • a. Inhaltliche Anforderungen
  • b. Bedeutung des Namenszusatzes für die Haftungsbeschränkung
  • c. Rechtsfolgen eines fehlenden oder fehlerhaften Namenszusatzes
  • 4. Wirksamkeit der PartG mbB
  • 5. Anmeldungs- und Eintragungsverfahren
  • II. Umwandlung einer bestehenden Gesellschaft
  • 1. Wechsel von einer „normalen“ Partnerschaft zu einer PartG mbB
  • a. Voraussetzungen
  • i. Beschluss der Partnerversammlung über den Abschluss der spezifischen Berufshaftpflichtversicherung
  • ii. Bedeutung der Eintragung des Namenszusatzes in das Partnerschaftsregister
  • b. Rechtsdogmatische Einordnung
  • 2. Wechsel von einer GbR zu einer PartG mbB
  • 3. Umwandlung einer bestehenden Kapitalgesellschaft
  • a. Vorbereitung
  • b. Beschlussfassung
  • c. Vollziehung
  • 4. Umwandlung einer bestehenden LLP
  • III. Zusammenfassung
  • D. Reichweite der Haftungsbeschränkung gemäß § 8 Abs. 4 S. 1 PartGG
  • I. Haftung der PartG mbB
  • II. Umfang der Haftungsbeschränkung nach § 8 Abs. 4 S. 1 PartGG
  • 1. Verbindlichkeiten der Partnerschaft
  • 2. Ansprüche aus Schäden wegen fehlerhafter Berufsausübung
  • a. Konkretisierung des Tatbestandsmerkmals
  • b. Von der Haftungsbeschränkung erfasste Anspruchsarten
  • i. Vertragliche Ansprüche
  • ii. Deliktische Ansprüche
  • iii. Vor- und nachvertragliche Schadensersatzansprüche
  • iv. Bereicherungsrechtliche Ansprüche
  • v. Sonstige erfasste Anspruchsarten
  • 3. Einfluss des Versicherungsrechts auf den Umfang der Haftungsbeschränkung
  • III. Persönliche Haftung der Partner (§ 8 Abs. 1 S. 1 PartGG)
  • E. Die Berufshaftpflichtversicherung der PartG mbB
  • I. „Unterhalten“ der Berufshaftpflichtversicherung
  • 1. Begriffsbestimmung
  • a. Abschluss des Versicherungsvertrages
  • b. Bestehen des Versicherungsschutzes
  • c. Zwischenergebnis
  • 2. Einzelfragen
  • a. Möglichkeit einer Rückwärtsversicherung
  • b. Zulässigkeit eines „vorläufigen Versicherungsschutzes“
  • c. Bedeutung der Prämienzahlung für den Versicherungsschutz
  • d. Rechtsfolgen der Unwirksamkeit des Versicherungsvertrages
  • II. Allgemeine Anforderungen
  • 1. Charakteristika der Berufshaftpflichtversicherung i.S.v. § 8 Abs. 4 PartGG
  • 2. „Zu diesem Zweck durch Gesetz vorgegebene Berufshaftpflichtversicherung“
  • 3. Weitere allgemeine Anforderungen
  • III. Berufsrechtliche Vorgaben bei einer PartG mbB von Rechtsanwälten (§ 51a BRAO)
  • 1. Mindestversicherungssumme (§ 51a Abs. 2 S. 1 BRAO)
  • 2. Jahreshöchstleistung (§ 51a Abs. 2 S. 2, 3 BRAO)
  • 3. Haftungsausschlüsse (§ 51a Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 51 Abs. 3 Nr. 2–5 BRAO)
  • 4. Vereinbarung eines Selbstbehalts
  • IV. Berufsrechtliche Anforderungen an eine interprofessionelle PartG mbB
  • V. Rechtsfolgen einer unzureichenden Versicherung
  • VI. Regressansprüche des Versicherers und Haftungsbeschränkung
  • 1. Regressansprüche bei Selbstbehalt und wissentlicher Pflichtverletzung
  • 2. Regressansprüche in den Fällen von § 117 Abs. 1 und 2 VVG
  • 3. Regressansprüche im Fall des § 86 Abs. 1 VVG
  • VII. Geltendmachung eines Schadens wegen fehlerhafter Berufsausübung (Schadensregulierung)
  • F. Haftungsfragen bei Veränderung der Gesellschaftsstruktur und des Gesellschafterbestandes
  • I. Haftung der Gesellschafter bei Wechsel in eine PartG mbB
  • 1. Grundüberlegungen
  • 2. Abgrenzung von Alt- und Neuverbindlichkeiten
  • 3. Begrenzung der Nachhaftung für Altverbindlichkeiten
  • II. Haftung des Neu-Gesellschafters bei Eintritt in eine PartG mbB
  • III. Haftung des ausgeschiedenen Gesellschafters
  • IV. Haftung bei Beendigung der PartG mbB
  • 1. Wechsel in eine herkömmliche Partnerschaft
  • a. Voraussetzungen
  • b. Haftungsfolgen für die Gesellschafter
  • 2. Auflösung und Liquidation der PartG mbB
  • a. Überblick über den Ablauf der Liquidation
  • b. Auswirkungen des Liquidationsverfahrens auf die Haftungsverfassung
  • 3. Wegfall des vorletzten Gesellschafters
  • V. Exkurs: Gesellschafterhaftung für Altverbindlichkeiten bei Umwandlung aus einer Kapitalgesellschaft
  • G. Haftung kraft Registerpublizität und nach Rechtsscheingrundsätzen
  • I. Haftung des Scheingesellschafters
  • 1. Gesellschafterstellung kraft Publizität des Partnerschaftsregisters
  • a. Fehlende Eintragung des Ausscheidens eines Gesellschafters
  • b. Eintragung eines Nicht-Gesellschafters
  • 2. Gesellschafterstellung nach allgemeinen Rechtsscheingrundsätzen
  • a. Haftung des Scheingesellschafters
  • b. Berücksichtigung des Schein-Gesellschafters bei der spezifischen Berufshaftpflichtversicherung i.S.v. § 8 Abs. 4 PartGG
  • II. Haftung bei fehlendem oder fehlerhaftem Namenszusatz nach § 8 Abs. 4 S. 3 PartGG
  • 1. Haftungsfolgen einer unterlassenen Registereintragung
  • 2. Haftungsfolgen bei unterlassener oder fehlerhafter Führung des Namenszusatzes im Rechtsverkehr
  • a. Grundüberlegungen
  • i. Leitlinien einer Haftung wegen eines Verstoßes gegen § 8 Abs. 4 S. 3 PartGG
  • ii. Relevante Fallgruppen
  • iii. Bedeutung der korrekten Eintragung des Namenszusatzes in das Partnerschaftsregister
  • b. Haftung der Gesellschaft
  • c. Haftung des nach außen Handelnden bei Auftreten als Gesellschafter
  • d. Haftung des nach außen Handelnden bei Auftreten als Vertreter
  • i. Meinungsstand
  • ii. Stellungnahme
  • iii. Anwendung von § 179 Abs. 2 BGB analog?
  • e. Ausdehnung der Haftung auf die (übrigen) Gesellschafter
  • H. Durchgriffshaftung und Haftung wegen Insolvenzverschleppung
  • I. Durchgriffshaftung bei der PartG mbB
  • 1. Vorüberlegungen
  • 2. Existenzvernichtungshaftung
  • a. Existenzvernichtungshaftung nach der Rechtsprechung des BGH
  • b. Übertragbarkeit des Ansatzes auf die PartG mbB
  • 3. Haftung wegen Vermögensvermischung
  • 4. Haftung wegen materieller Unterkapitalisierung
  • a. Durchgriffshaftung wegen materieller Unterkapitalisierung im Recht der GmbH
  • b. Übertragbarkeit des Ansatzes auf die PartG mbB
  • 5. Haftung wegen Unterversicherung
  • 6. Haftung wegen unangemessener Risikoüberwälzung auf die Gläubiger
  • II. Haftung wegen Insolvenzverschleppung
  • 1. Grundlagen einer Insolvenzverschleppungshaftung
  • 2. Meinungsstand
  • 3. Stellungnahme
  • I. Innenhaftung bei der PartG mbB
  • I. Problemlage
  • II. Nachschussansprüche der Gesellschaft
  • III. Regress gegen den einen Haftungsfall verursachenden Gesellschafter
  • 1. Geltung des Haftungsmaßstabs nach § 708 BGB
  • 2. Haftungsausschluss zugunsten der Gesellschafter
  • 3. Einfluss der persönlichen Berufshaftpflichtverletzung des berufsfehlerhaft handelnden Partners
  • IV. Ausgleich im Innenverhältnis bei deliktischer Haftung eines Partners
  • 1. Regress gegenüber der Gesellschaft
  • 2. Regress gegenüber den übrigen Gesellschaftern
  • J. Gesamtbetrachtung der Haftungsverfassung der PartG mbB
  • I. Haftungsrisiken für die Gesellschafter
  • 1. Inhalt und Umfang der Haftungsbeschränkung
  • 2. Haftungsrisiken im Zusammenhang mit dem zu unterhaltenden Versicherungsschutz
  • 3. Haftungsrisiken im Zusammenhang mit der Entstehung der PartG mbB
  • 4. Haftungsrisiken bei Veränderung der Gesellschaftsstruktur
  • 5. Haftungsrisiken für den ein- und austretenden Gesellschafter
  • 6. Haftungsrisiken bei nicht ordnungsgemäßer Führung des Namenszusatzes
  • 7. Durchgriffshaftung
  • 8. Innenhaftung
  • II. Vorteile einer PartG mbB für die Gesellschafter
  • 1. Partielle Haftungsbeschränkung
  • 2. Weitere Vorteile
  • III. Gläubigerschutz bei der PartG mbB
  • 1. Notwendigkeit von Gläubigerschutz
  • 2. Gläubigerschutzkonzept der PartG mbB
  • a. Versicherungsschutz
  • i. Ausgestaltung der Berufshaftpflichtversicherung als „faktische Pflichtversicherung“
  • ii. Keine Schutzlücken bei Veränderungen der Gesellschaftsstruktur
  • iii. Ausfallrisiken der Gläubiger
  • iv. Angemessenes Gläubigerschutzniveau durch Versicherungsschutz
  • b. Finanzverfassung der PartG mbB
  • c. Publizität
  • d. Insolvenzrecht
  • K. Schlussbetrachtung
  • Literaturverzeichnis
  • Reihenübersicht

← XIV | XV →

Abkürzungsverzeichnis

← XVIII | 1 →

A.   Einleitung

I.   Ausgangslage

1.   Bedürfnis bei Freiberuflern nach einer Haftungsbegrenzung kraft Rechtsform

Die Einführung der Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung (PartG mbB) ist vor dem Hintergrund von zwei rechtstatsächlichen Entwicklungstendenzen zu betrachten, mit denen sich Freiberufler schon seit Jahrzehnten konfrontiert sehen, die sich aber in jüngster Vergangenheit in ihrer Intensität weiter verstärkt haben:

Auf der einen Seite steht ein ungebrochener Trend der freiberuflichen Berufsausübung weg von der klassischen Einzelpraxis, hin zu Berufsausübungsgesellschaften und großen freiberuflichen Dienstleistungsunternehmen1. Diese Entwicklung reflektiert, dass sich freiberufliche Leistungserbringung in einer immer komplexer werdenden Dienstleistungsgesellschaft einem zunehmend verstärkten nationalen und internationalen Wettbewerbs-, und damit einhergehenden Spezialisierungsdruck ausgesetzt sieht2. Die ständig umfangreicher und vielfältiger werdenden fachlichen Anforderungen an die einzelnen Professionen erfordern neben fundierten Grundkenntnissen auch außerordentliches Spezialwissen. Gleichzeitig verlangt der Markt nicht nur nach unterschiedlichen Fachrichtungen einer Profession, sondern auch nach verschiedenen Professionen „aus einer Hand“3. Die Nachfrage nach freiberuflichen Dienstleistungen besteht nicht länger nur regional, sondern zunehmend überregional und auch international4. Einen so gelagerten Beratungsbedarf können Berufsträger regelmäßig nur noch im Verbund abdecken. Neben dem sich wandelnden Anspruch an die Beratungsleistung, bedeutet der Zusammenschluss auch unter Kostengesichtspunkten Vorteile: Zum einen bringt die gemeinschaftliche Nutzung von personellen und sachlichen Hilfsmitteln Kostenersparnisse mit sich5. Zum anderen erfordert die Leistungserbringung häufig einen hohen Kapitaleinsatz – bspw. für medizinische ← 1 | 2 → Geräte oder umfangreiche EDV-Ausstattungen, den ein Einzelner kaum aufzubringen, geschweige denn zu amortisieren vermag6.

Auf der anderen Seite ist die Situation der freiberuflichen Berufsausübung von zunehmenden Haftungsrisiken gekennzeichnet7. Diese Entwicklung deckt sich mit Erkenntnissen von Berufshaftpflichtversicherern, die seit einigen Jahren eine spürbare Zunahme der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen beobachten, etwa von Mandanten gegen Anwälte8 oder von Patienten gegen Ärzte und Krankenhausträger9. Auf die Frage, welche Gründe diese Haftungsentwicklung hat, lässt sich keine pauschale Antwort finden. Zweifellos haben ein gesteigerter Wettbewerbs- und Zeitdruck, strengere Maßstäbe der Rechtsprechung an die berufliche Sorgfalt und die zunehmende Komplexität der jeweiligen Fachbereiche einen entscheidenden Einfluss. Hinzu kommt ein gesteigertes Anspruchsdenken auf Gläubigerseite10, verbunden mit der zunehmenden Bereitschaft – gerade bei Mandaten aus der Wirtschaft – im Falle mutmaßlicher Falschberatung den Regressweg zu beschreiten11.

Damit lässt sich festhalten: für Freiberufler besteht ein andauernder Trend zur gemeinschaftlichen Berufsausübung, gleichzeitig sehen sie sich immer größeren Haftungsrisiken ausgesetzt. Dieser rechtstatsächliche Befund begründet ein Bedürfnis von Freiberuflern nach angemessenen gesellschaftsrechtlichen Organisationsmöglichkeiten, die insbesondere auch der sich aus den erheblichen Haftungsgefahren ergebenden Notwendigkeit einer Haftungsbeschränkung bestmöglich gerecht werden.

2.   Bisherige Rechtsformen nach deutschem Recht

Treffen Freiberufler die Entscheidung, sich zur gemeinschaftlichen Berufsausübung zusammenzuschließen, so sehen sie sich mit der Frage nach einer geeigneten Rechtsform konfrontiert. Die Rechtsformwahl stellt eine der grundlegenden organisatorischen Entscheidungen der gemeinsamen wirtschaftlichen Betätigung dar12 und erfolgt unter Berücksichtigung einer Vielzahl von Entscheidungsgesichtspunkten13. Im Allgemeinen14 und für Freiberufler in Anbetracht der zunehmenden ← 2 | 3 → Haftungsrisiken im Speziellen rückt dabei die Möglichkeit der Haftungsbeschränkung in den Vordergrund. Sofern Angehörige freier Berufe sich zu einem „Risikomanagement durch Rechtsformwahl“15 entschlossen hatten, bot ihnen das deutsche Gesellschaftsrecht vor Einführung der PartG mbB unterschiedlich effektive Möglichkeiten, einschließlich der den jeweiligen Rechtsformen eigenen Vor- und Nachteilen.

Die unter Freiberuflern noch heute verbreitetste Verbandsform ist die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)16. Eine sachgerechte Möglichkeit zur Beschränkung der persönlichen Haftung bietet diese Rechtsform indes nicht17. Tritt die GbR nach außen im Rechtsverkehr auf, so trifft die Gesellschafter nach gefestigter Rechtsprechung des BGH eine unmittelbare, persönliche, akzessorische und gesamtschuldnerische Haftung nach § 128 HGB analog18. Außerdem wendet der BGH § 130 HGB auf neu eintretende Gesellschafter an19. Gesellschaftern einer GbR bleibt damit einzig die Haftungsbeschränkung mittels vertraglicher Abrede, die allerdings aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen keine gleichwertige Alternative zu einer Haftungsbeschränkung kraft Rechtsform darstellt20.

Im Vergleich zum Zusammenschluss in einer GbR bietet die im Jahr 1995 speziell für Angehörige freier Berufe geschaffene Partnerschaftsgesellschaft21 eine günstigere Haftungssituation. Auch hier haften zunächst gemäß § 8 Abs. 1 PartGG alle Gesellschafter akzessorisch neben der Gesellschaft, jedoch sieht § 8 Abs. 2 PartGG eine entscheidende Einschränkung für Berufsfehler vor: waren nur einzelne Partner mit der Bearbeitung eines Mandats befasst, so konzentriert sich die Haftung wegen fehlerhafter Berufsausübung auf diese Partner. Diese Haftungskonzentration ändert aber nichts daran, dass weiterhin mindestens ein Partner persönlich für den Berufsfehler einzustehen hat und außerhalb des Anwendungsbereiches von § 8 Abs. 2 PartGG weiterhin alle Partner unbeschränkt persönlich haften. Ferner bietet § 8 Abs. 2 PartGG in seiner Anwendung nicht immer die nötige Rechtssicherheit, da weiterhin zahlreiche Auslegungsfragen ungeklärt sind oder von der Rechtsprechung zum Nachteil der Gesellschafter entschieden wurden22. So hat der BGH23 etwa in jüngerer Vergangenheit festgestellt, dass ein Partner nach § 8 Abs. 2 PartGG ← 3 | 4 → auch für solche Berufsfehler einzustehen habe, die bereits vor seiner Zuziehung, also ohne seine Beteiligung, begangen wurden und die er auch nicht mehr hätte korrigieren können. Entscheidend sei nur, dass er nach seinem Eintritt mit der „Bearbeitung des Auftrags befasst“ gewesen sei. § 8 Abs. 2 PartGG sei als verschuldensunabhängige Handelndenhaftung zu verstehen.

Eine umfassende Haftungsbeschränkung können Freiberufler nur mit der Wahl einer Kapitalgesellschaft erreichen (vgl. § 13 Abs. 2 GmbHG, § 1 Abs. 1 S. 2 AktG)24. Allerdings muss die vollständige Freizeichnung von der persönlichen Inanspruchnahme mit einer Reihe von Nachteilen, gerade im Verhältnis zu Personengesellschaften, erkauft werden: es gelten strengere Vorschriften in Bezug auf Gründung, Organisation und Gesellschafterwechsel25. Kapitalgesellschaften unterliegen Bilanzierungs- sowie Publizitätspflichten (§§ 238 ff., 325 HGB)26, und sind körperschaftssteuer-, sowie kraft Rechtsform gewerbesteuerpflichtig (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG, § 2 Abs. 2 GewStG)27. Hinzu kommt, dass die Berufsausübung in einer Kapitalgesellschaft vielfach mit strengen berufsrechtlichen Regelungen verbunden ist (bspw. §§ 59c ff. BRAO für eine Rechtsanwalts-Kapitalgesellschaft28)29. In diesem Zusammenhang ist insbesondere ein von der Gesellschaft zu unterhaltender (erhöhter) Versicherungsschutz zu nennen (bspw. § 59j BRAO für eine Rechtsanwalts-Kapitalgesellschaft), der unter Kostengesichtspunkten negativ ins Gewicht fällt30. Aufgrund dieser Nachteile haben sich Kapitalgesellschaften in der Praxis bei der Rechtsformwahl von Freiberuflern weitgehend nicht durchsetzen können31.

Die Möglichkeit, durch Wahl einer GmbH & Co. KG32 die Vorteile einer Kapitalgesellschaft (insbesondere keine Haftung einer natürlichen Person) mit denen einer ← 4 | 5 → Personengesellschaft (jedenfalls zum Teil) zu verbinden33, ist Freiberuflern weitgehend34 versperrt. Eine KG ist eine Personenhandelsgesellschaft und setzt gemäß § 161 Abs. 1 HGB als Gesellschaftszweck den Betrieb eines Handelsgewerbes voraus. Nach tradierter Auffassung betreiben Freiberufler allerdings kein Gewerbe35. Diese Sichtweise hat der BGH mit seiner Entscheidung zur Unzulässigkeit einer Rechtsanwalts-GmbH & Co. KG unlängst wieder bekräftigt36.

Im Ergebnis ist zu konstatieren, dass es Angehörigen freier Berufe an einer deutschen Gesellschaftsform fehlt, welche die Vorteile einer Haftungsbeschränkung mit denen einer Personengesellschaft kombiniert37. Während für Gewerbetreibende diese Lücke die GmbH & Co. KG zu schließen vermag, fehlt es Freiberuflern an einer gleichwertigen Verbandsform38.

3.   Präferenz für die Rechtsform der LLP nach englischem Recht

Angesichts dieser Schwächen im deutschen Gesellschaftsrechtskonzept für Freiberufler verwundert es nicht, dass ein zunehmendes Interesse von Freiberuflern, insbesondere von Rechtsanwälten39, an der englischen Limited Liability Partnership (LLP)40 aufkam41.

Die LLP ist eine hybride Gesellschaftsform, die auch Freiberuflern offensteht und durch eine günstige Kombination von Merkmalen einer Personen- und Kapitalgesellschaft gekennzeichnet ist42. Während das Innenverhältnis weitgehend die Struktur einer Personengesellschaft aufweist43 und die LLP steuerrechtlich grundsätzlich ← 5 | 6 → wie eine solche zu behandeln ist44, richten sich die Außenbeziehungen vornehmlich nach dem Recht der Kapitalgesellschaften45. Entscheidend dabei ist, dass die LLP über eine eigene Rechtspersönlichkeit verfügt und die Haftung umfassend auf das Gesellschaftsvermögen begrenzt ist – ohne dass ein gesetzliches Mindestkapital vorgesehen ist46.

In Anbetracht der Rechtsprechung des EuGH zur Niederlassungsfreiheit (Art. 49, 54 AEUV) bestehen keine Bedenken gegen das Auftreten einer nach englischem Recht gegründeten LLP mit tatsächlichem Verwaltungssitz in Deutschland47. Allerdings sind zahlreiche rechtliche Fragen in Bezug auf eine in Deutschland tätige LLP ungeklärt48, insbesondere, ob nicht auch den hierzulande beratenden Partner eine persönliche Haftung nach englischem Deliktsrecht trifft49.

Auch wenn in tatsächlicher Hinsicht eine „Flucht in die LLP“, wie vielfach in Bezug auf Rechtsanwälte kolportiert50, schon mangels empirischen Nachweises zumindest stark bezweifelt werden durfte51, geriet dennoch das deutsche Gesellschaftsrecht aufgrund des durch die Rechtsprechung des EuGH ausgelösten „Wettbewerbs der Rechtsformen“52 international durch die LLP unter Druck. Denn die englische Rechtsordnung bot Freiberuflern (zumindest potentiell) die Möglichkeit einer umfassenden Haftungsbeschränkung in Verbindung mit personengesellschaftsrechtlichen Vorzügen an und deutsche Freiberufler machten von diesem Angebot vermehrt Gebrauch53. ← 6 | 7 →

II.   Einführung der PartG mbB

Vor diesem Hintergrund führte der Gesetzgeber die PartG mbB als jüngste Erweiterung des deutschen Gesellschaftsrechtssystems ein. Eingeleitet wurde das Gesetzgebungsverfahren54 mit Veröffentlichung eines Referentenentwurfs des Bundesjustizministeriums am 15.2.201255. Darauf folgte am 15.8.2012 ein Regierungsentwurf, der dem Deutschen Bundestag zugeleitet wurde56. Dort wurde der Gesetzesentwurf nach erster Lesung an die zuständigen Ausschüsse überwiesen57. Am 12.6.2013 gab der Rechtsausschuss in seinem Bericht eine Beschlussempfehlung ab, der einige Änderungen enthielt, das Grundkonzept des Gesetzesentwurfs aber unberührt ließ58. Unter Zugrundelegung dieser Beschlussempfehlung stimmte der Bundestag in zweiter und dritter Lesung dem Gesetzesentwurf zu. Am 19.7.2013 trat das „Gesetz zur Einführung einer Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung und zur Änderung des Berufsrechts der Rechtsanwälte, Patentanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer“ schließlich in Kraft59.

Maßgebliches Anliegen des Gesetzgebers war es, Freiberuflern eine deutsche Alternative zur LLP an die Hand zu geben60. Allgemeiner gefasst wird man aufgrund der dargestellten Ausgangslage sagen müssen, dass es darum ging, eine Gesellschaft anzubieten, die die Vorzüge einer Personengesellschaft mit einer Haftungsbeschränkung (für Berufsfehler) auf das Gesellschaftsvermögen verbindet61.

Kernstück der Neuregelung ist ein neu eingefügter Absatz 4 in § 8 PartGG, nach dem die Haftung für Schäden wegen fehlerhafter Berufsausübung auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt ist, sofern eine zu diesem Zweck durch Gesetz vorgegebene Berufshaftpflichtversicherung von der Partnerschaft unterhalten wird. Flankiert wird die Einführung der PartG mbB durch einen in § 4 PartGG neu angefügten Absatz 3 sowie eine Neufassung von § 7 Abs. 5 PartGG. Die Ausgestaltung der spezifischen Berufshaftpflichtversicherung i.S.v. § 8 Abs. 4 PartGG soll durch die jeweiligen Berufsgesetze erfolgen. Anfangs stand die PartG mbB nur den Berufsgruppen der Rechtsanwälte, Patentanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer ← 7 | 8 → offen. Mittlerweile wurde die Gesellschaft durch entsprechende berufsrechtliche Regelungen auch für andere Freiberufler wie bspw. Architekten und (beratende) Ingenieure geöffnet62.

In der Praxis hat die PartG mbB seit ihrer Einführung regen Zuspruch erfahren. Bis Ende 2015 hat sich die Zahl auf 2957 Gesellschaften erhöht, was eine Zunahme von 74% gegenüber dem Vorjahr bedeutet. Die PartG mbB nimmt damit einen Anteil von über 24% von allen Partnerschaften ein63.

Eine solche positive Aufnahme der neuen Organisationsform deutete bereits eine Umfrage des Soldan Instituts aus dem Jahr 2011 bei Rechtsanwälten an, nach der sich 71% der Befragten für die Schaffung einer Personengesellschaft ohne persönliche Gesellschafterhaftung bei Berufsfehlern aussprachen64.

III.   Ziel und Gang der Untersuchung

Details

Seiten
XVIII, 264
Jahr
2017
ISBN (PDF)
9783631728024
ISBN (ePUB)
9783631728031
ISBN (MOBI)
9783631728048
ISBN (Hardcover)
9783631725054
DOI
10.3726/b11888
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2019 (April)
Schlagworte
Rechtsdogmatische Grundlagen Durchgriffshaftung Innenhaftung Gläubigerschutzkonzept Rechtsscheingrundsätze
Erschienen
Frankfurt am Main, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2017. XVIII, 264 S.

Biographische Angaben

Benedikt Statz (Autor:in)

Benedikt Statz studierte Rechtswissenschaften an der Universität zu Köln, wo er auch promoviert wurde. Er absolvierte sein Rechtsreferendariat in Köln, Singapur, Düsseldorf sowie London und ist als Rechtsanwalt in einer internationalen Wirtschaftskanzlei in Düsseldorf tätig.

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