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Geschaffen nach ihrer Art

Was unterscheidet Tiere und Menschen?

von Ulrich Beuttler (Band-Herausgeber:in) Hansjörg Hemminger (Band-Herausgeber:in) Markus Mühling (Band-Herausgeber:in) Martin Rothgangel (Band-Herausgeber:in)
©2017 Sammelband 147 Seiten

Zusammenfassung

Ist der Mensch ein Primat unter Primaten? Oder ist er doch trotz seiner Entstehung aus dem Tierreich wesenhaft vom Tier verschieden? Aus der Perspektive von Naturwissenschaft, Philosophie und Theologie untersucht dieser Band die Frage, wie es mit der evolutionären Herkunft des Menschen steht, und wie mit seinem Verhältnis zu seinen nächsten Verwandten, den großen Affen. Was ist von der Tierrechtsbewegung zu halten, wie sieht das Alte Testament die Beziehung von Mensch und Tier, wie sehen die theologischen Schlüsse dazu aus? Der Inhalt beruht auf den Vorträgen der Jahrestagung 2016 der Karl-Heim-Gesellschaft und wurde durch weitere Beiträge ergänzt.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Inhaltsverzeichnis
  • Mensch und Tier – Einleitung
  • Ein Primat erforscht sich selbst (Hansjörg Hemminger)
  • Sind Menschenaffen kultivierbar? Zur Geschichte und Gegenwart der Differenz von Mensch und Menschenaffe (Hans Werner Ingensiep)
  • Semiose in der Evolution von Primaten und Menschen (Agustín Fuentes / Marc Kissel / Jeffrey Peterson)
  • Anthropologie jenseits des Menschen (Tim Ingold)
  • Sind auch Tiere natürliche Rechtspersonen? Von der kosmologischen Anthropozentrik zur deontologischen Ratiozentrik in der Tierethik (Heike Baranzke)
  • „Das Schicksal des Menschen und das Schicksal des Viehs – einerlei Schicksal haben sie“ (Koh 3,19). Oder: Was unterscheidet und was verbindet Menschen und Tiere in alttestamentlicher Sicht? (Peter Riede)
  • Menschen und Tiere – geschaffen im Bild Gottes (Markus Mühling)
  • Autorenverzeichnis

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Mensch und Tier – Einleitung

Weder ein Engel noch ein Tier sei der Mensch, sagte Blaise Pascal vor fast 400 Jahren, und es sei gefährlich, sich für das eine oder das andere zu halten. „Ni ange ni bête“ – dem ersten Teil dieser Verneinung dürften die meisten unserer Zeitgenossen zustimmen. Denn dass der Mensch eigentlich ein Geistwesen ist, oder dass er ein höheres Bewusstsein jenseits aller Materie habe, glaubt derzeit nur eine Minderheit von Esoterikern und Spiritualisten. Die Mehrheit fragt umgekehrt: Ist der Mensch nicht auch nur ein Tier? Diese Frage war der Titel der Jahrestagung der Karl Heim Gesellschaft 2016, und die Beiträge von Referentinnen und Referenten sind – ergänzt von wichtigen zusätzlichen Artikeln – in diesem Jahrbuch enthalten.

Der Biologe Hansjörg Hemminger, Mitherausgeber des Jahrbuchs und Autor dieser Einleitung, beginnt mit einem Überblick über die Forschungsfelder der Naturwissenschaft, die sich mit dem Verhältnis von Mensch und Tier befassen. Ein Primat erforscht sich selbst heißt sein Thema; vorgestellt werden Disziplinen von der Genetik über Verhaltensforschung und Paläoanthropologie bis zur vergleichenden Kognitionsforschung. Im nächsten Beitrag Sind Menschenaffen kultivierbar? Zur Geschichte und Gegenwart der Differenz von Mensch und Menschenaffe geht der Biologe und Philosoph Hans Werner Ingensiep den sich wandelnden Vorstellungen nach, die man sich in Europa von den großen Menschenaffen machte und macht. Diese Vorstellungen spiegeln das Menschenbild sowie das Naturbild der jeweiligen Epoche wider und reichen von einer Dämonisierung der großen Affen bis zur Idee, sie seien fast so etwas wie unkultivierte Menschen. Heute schreiben ihnen viele Forscher personale Rechte zu, daher endet der Autor mit Überlegungen zur Rolle des Begriffs „Person“ in Recht und Ethik. Der folgende Beitrag stammt von den Anthropologen Agustín Fuentes, Marc Kissel & Jeffrey Peterson und wurde für das Jahrbuch aus dem Englischen übersetzt: Semiose in der Evolution von Primaten und Menschen. Semiose, die Erzeugung und Verwendung von Zeichen und Symbolen, ist ein zentraler Teil der menschlichen Fähigkeit, zu denken, zu kommunizieren und miteinander zu kooperieren. Die Autoren arbeiten im Vergleich mit den Primatenvorfahren des Menschen heraus, dass diese Fähigkeit eine Schlüsselstellung in der Evolution der menschlichen „ökologischen Nische“ einnahm. Ein weiterer Anthropologe, Tim Ingold, nimmt Leserinnen und Leser aus Naturwissenschaft und Theologie mit in eine Gedankenwelt, die ihnen weithin fremd sein dürfte, nämlich in eine geisteswissenschaftlich angelegte Anthropologie. Der ebenfalls aus dem Englischen übersetzte Beitrag Anthropologie ← 7 | 8 → jenseits des Menschen betrachtet einige der theoretischen Konzepte, die das Zusammenleben von Mensch und Tier zu erfassen suchen, mit kritischem Blick. Grundlagen solcher Konzepte sind einmal die Transaktion von Gütern zwischen Mensch und Tier, dann tierische und menschliche Strategien zur Durchsetzung eigener Ziele im sozialen Kontext, im Gegensatz dazu Tiere, die lediglich als Mittel für menschliche Zwecke angesehen werden usw. Die üblichen Vorstellungen davon, was soziale Beziehungen überhaupt sind, sieht der Autor ebenfalls kritisch und plädiert dafür, sowohl den biologischen Begriff „Art“ aufzugeben, als auch die Anthropologie, die Wissenschaft vom Menschen, auf Tiere auszuweiten.

Mit dem Beitrag der katholischen Theologin Heike Baranzke verändert sich die Perspektive des Sammelbands: die Anliegen der Tierrechtsbewegung und grundsätzliche Rechtsfragen kommen wie bereits bei Hans Werner Ingensiep nun verstärkt in den Blick. Sie fragt: Sind auch Tiere natürliche Rechtspersonen? Von der kosmologischen Anthropozentrik zur deontologischen Ratiozentrik in der Tierethik und argumentiert, dass jede „Rechtspersonalität“ verbunden ist mit ethischer Urteilskompetenz, so dass die Übertragung auf Tiere widersprüchlich erscheint. Die Beziehung Mensch-Tier sei insofern grundsätzlich asymmetrisch. Diese Tatsache mache es aber durchaus möglich, und erfordere es sogar, Tiere in die moralische und positiv-rechtliche Verantwortung des Menschen mit einzubeziehen. Der evangelische Theologe Peter Riede führt den Blick in die Geschichte mit einer Auslegung des Alten Testaments fort. Er zitiert im Titel seines Beitrags Kohelet, den Prediger: „Das Schicksal des Menschen und das Schicksal des Viehs – einerlei Schicksal haben sie“ (Koh 3,19). Oder: Was unterscheidet und was verbindet Menschen und Tiere in alttestamentlicher Sicht? Der Autor erläutert, wie in der Sicht des Alten Testaments Mensch und Tier stets aufeinander bezogen sind. Die Tiere sind wie der Mensch Lebewesen, von Gott geschaffen, leidensfähig und sterblich. Sie teilen ein Geschick und die göttliche Fürsorge gilt beiden. Unterschieden ist der Mensch vom Tier vor allem durch den Herrschaftsauftrag, der ihm Verantwortung für das Ganze der Schöpfungswelt überträgt. Schließlich wendet sich der evangelische Theologe Markus Mühling der systematisch-theologischen Frage nach dem Verhältnis von Mensch und Tier zu. Sein Beitrag Menschen und Tiere – geschaffen im Bild Gottes zeigt, dass die Verheißung, die den Menschen als Bild Gottes sieht, keine fundamentale Unterscheidung vom Tier und von der übrigen Schöpfung meint. Die ganze Schöpfung, so der Autor, wird zum Bild Gottes. Das bedeutet nicht, dass die praktisch offensichtlichen Unterschiede zwischen Tier und Mensch keine theologische Bedeutung hätten. Aus ihnen folgt zum Beispiel die Haushalterschaft des Menschen für die ganze Schöpfung. ← 8 | 9 →

Ein herzlicher Dank gilt allen, die an diesem Jahrbuch mitgewirkt haben: Den Mitherausgebern Markus Mühling, Ulrich Beuttler und Martin Rothgangel, der Geschäftsführerin der Karl-Heim-Gesellschaft Marion Schütz-Schuffert, dem Verlag und ganz besonders Charlotte Worreschk, die mit vielen Gestaltungs- und Ordnungsarbeiten reichlich beschäftigt war. Ohne die Autorinnen und Autoren der Beiträge wäre dieser Band nicht möglich gewesen, ihnen gilt ein ganz besonderer Dank. Aber am wichtigsten nicht nur für diese Publikation, sondern für die Arbeit der Karl-Heim-Gesellschaft insgesamt sind ihre zahlreichen Mitglieder, Freunde und Förderer und die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Jahrestagungen. Die Frage der Tagung 2016, ob der Mensch auch nur ein Tier sei, lässt sich – informiert vom Inhalt dieses Jahrbuchs – mit der Gegenfrage beantworten: Was heißt hier „nur“? Alle Geschöpfe, auch der Mensch, sind geschaffen nach ihrer Art. Und Blaise Pascal hatte Recht: Der Mensch hat von seinem Schöpfer nicht den Auftrag, in die Welt des Vormenschlichen zurückzufallen oder in die Sphäre der Engel aufzusteigen. Er hat den Auftrag, menschlich zu werden.

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Hansjörg Hemminger

Details

Seiten
147
Jahr
2017
ISBN (PDF)
9783631732335
ISBN (ePUB)
9783631732342
ISBN (MOBI)
9783631732359
ISBN (Hardcover)
9783631732328
DOI
10.3726/b11650
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2017 (August)
Schlagworte
Evolution des Menschen Tierintelligenz Tierrechte Schöpfung Schöpfungsverantwortung
Erschienen
Frankfurt am Main, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2017., 147 S., 6 s/w Abb.

Biographische Angaben

Ulrich Beuttler (Band-Herausgeber:in) Hansjörg Hemminger (Band-Herausgeber:in) Markus Mühling (Band-Herausgeber:in) Martin Rothgangel (Band-Herausgeber:in)

Ulrich Beuttler ist Privatdozent für Systematische Theologie in Erlangen. Hansjörg Hemminger ist Naturwissenschaftler und kirchlicher Weltanschauungsbeauftragter i.R. Markus Mühling ist Professor für Systematische Theologie und Religionsphilosophie in Lüneburg. Martin Rothgangel ist Professor für Religionspädagogik in Wien.

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