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Die relativistische Ethik und die neue plurale Welt

Ein Essay über die wahrscheinliche Weltordnung in der 2. Hälfte des 21. Jahrhunderts

von Klaus Mayer-Meixner (Autor:in)
©2017 Monographie 188 Seiten

Zusammenfassung

Die relativistische Ethik und die politische Pluralität liefern die neue politische Weltordnung. Das bereits 1789 erfundene politische Relativitätssystem, an das der Autor anknüpft, steht gegen den Jahrtausende alten Politdarwinismus reiner Machtausübung. Offensichtlich befinden sich die großen alten Imperien und Hegemonien derzeit in einem Zerfallsprozess. Sie stehen für die Vergangenheit. Auf der Seite der Zukunft entwickelt sich hingegen die neue Welt eines globalen politischen Pluralismus. Diese neue Welt besteht aus einer größeren oder großen Zahl souveräner Staaten und souveräner Staaten-Communitys. Sie werden jeweils mehrheitlich das Kunststück vollbringen, ihre gemeinsamen Rechtsgrundlagen aus ihrer Vielfalt heraus zu definieren.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Inhalt
  • Einleitung
  • Die relativistische/integrale Ethik: Säkularität-Souveränität-Pluralität-Relativität-Solidarität und Recht
  • Die alten religiösen Ethiken
  • Die liberale Ethik
  • Die europäische Krise und die Angelsachsen 1814–1991
  • Der Paradigmenwechsel
  • Die Chancen der europäischen Krise
  • Die Souveräne und Demokratische Föderation in Europa SDFE
  • Die Relativierung des Demokratie-Konzepts
  • Das neue Souveräne Europa
  • Die neue Gewaltenteilung
  • Die Verfassung der SDFE
  • Die plebiszitär-präsidiale Regierung der Föderation
  • Die parlamentarische Regierung der Föderation
  • Die SDFE und das allmähliche Ende der angelsächsischen Hegemonie
  • Die mögliche EurAsean Community of Sovereign States EACSS und die mögliche WorldWide Community of Sovereign States WWCSS
  • Die Pluralität und die Relativität souveräner Währungen
  • Resümee
  • Literatur

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Einleitung

Manager zukunftsorientierter Unternehmen stellen sich die Fragen: Woher kommen wir? Wo stehen wir derzeit? Wohin wollen wir? Ihre Investitionsentscheidungen treffen sie in Einschätzung ihrer Antwort auf die Frage: Wohin wollen wir? Diese Frage ist nichts Irreales – weder für wirtschaftliche noch für politische Manager. Politische und unternehmerische Manager haben Ziele und Hoffnungen und sie sind bereit, Anstrengungen zu unternehmen und Zeit und Geld zu investieren, um diese Ziele zu erreichen. Diese Ziele und Hoffnungen und die Bereitschaft zu Investitionen sind potentielle und damit reale Wirklichkeiten. Entsprechend der physikalischen Unterscheidung zwischen kinetischer und potentieller Energie ist es zulässig, auch in der Politik und in der Wirtschaft zwischen kinetisch-prozessualen und potentiellen Wirklichkeiten zu unterscheiden. Die potentiellen Wirklichkeiten beziehen sich auf die Zukunft, auf das, was in Zukunft wünschenswert ist. Ohne diese potentiellen Wirklichkeiten läuft nichts in der Politik und nichts in der Wirtschaft. Die Ethik des politischen Relativismus ist derzeit noch zum größeren Teil eine potentielle Wirklichkeit und erst zum geringeren Teil eine kinetisch-prozessuale Wirklichkeit. Nichts hindert uns, ihren kinetisch-prozessualen Anteil erheblich zu verstärken. Der Leser möge Verständnis dafür aufbringen, dass der vorliegende Text eine gewisse Menge potentieller Wirklichkeiten enthält, die noch gar nicht existieren, die aber bei Bedarf – bei entsprechender Nachfrage – in kinetisch-prozessuale Wirklichkeiten transformiert werden können.

Der historische Zeitraum, für den wir über mehr oder minder verlässliche politische Informationen verfügen, erstreckt sich vom Ende der Eiszeit vor 10–12 000 Jahren bis zur Gegenwart. Die politischen Makrostrukturen dieses Zeitraums wurden stets von politischen Darwinisten und vom Geist des politischen Darwinismus geformt. Sie scheuten und scheuen nicht den Kampf um die Beute und sie waren bereit, in diesem Kampf auch den eigenen Untergang, wenn möglich aber den Untergang anderer Gruppen, Völker und Staaten in Kauf zu nehmen. Der Geist des politischen Darwinismus existiert heute manifest oder latent in den regionalen politischen Konflikten und nicht minder in der gegenwärtigen neokolonialen globalen ← 7 | 8 → Politik. Aber parallel dazu existieren seit mindestens 3000 Jahren immer auch nicht-aggressive Versuche, die menschliche Spezies zu humanisieren und zu kultivieren: Konfuzius, der Jesus der Bergpredigt, Buddha, Benedikt von Nursia, Jean Jaques Rousseau, Johann Heinrich Pestalozzi. Der Erfolg dieser Anstrengungen ließ fast immer zu wünschen übrig. Andererseits war es aber stets das Anliegen der jeweils siegreichen politischen Darwinisten nach der Tötung oder Niederringung ihrer Feinde, die restliche Bevölkerung zu kultivieren, um damit das eigene Herrschaftssystem zu stabilisieren. Auch so entstand Kultur. Soll aber die menschliche Spezies für alle Zukunft von den politischen Darwinisten kultiviert werden?

Die erste makropolitische Pluralisierung und Relativierung der polit-darwinistischen Systeme geschah in der europäisch-US-amerikanischen Aufklärung: 1776 kam es zur US-Unabhängigkeitserklärung vom britischen Kolonialreich und 1787 trat die US-Verfassung in Kraft. Einigermaßen parallel dazu ereignete sich die Französische Revolution in 1789. Damit wurden abgesehen von der vorausgeeilten Schweiz erstmals in der Geschichte der Menschheit politisch-relativistische Systeme verwirklicht. Alle Achtung! Aber in welchem Zustand befindet sich dieses US-Amerika und befindet sich dieses Europa mehr als 200 Jahre später? Wir reagieren enttäuscht. Was wir sehen ist, dass wir auch heute immer noch in einer Welt des bereits seit 10 Jahrtausenden währenden Politdarwinismus leben. Wir leben in einer Welt, in der der jeweils Stärkere mit effizienten Waffen, mit großen Geldvolumina und mit psychischer Indoktrination die jeweils Schwächeren zur Unterwerfung und zur Disziplin zwingt. Nach dem Ersten und dem Zweiten Weltkrieg etablierten die angelsächsischen Führungsgruppen im Rahmen ihrer Hegemonie ihre internationale Macht: ihr Währungssystem, ihre Finanzmärkte, ihre militärische See- und Luftmacht, ihre Handelsmacht. Dieses differenzierte und zentral gesteuerte System ist heute für die europäischen Staatsbürger und für deren zumeist regional programmierte Politiker kaum durchschaubar und nicht beeinflussbar.

Seit der Französischen Revolution vor mehr als 200 Jahren befindet sich Europa geistig und politisch nicht mehr auf der Höhe der Zeit. Seine selbstbestimmte politisch-relativistische Evolution wurde 1814 mit dem Wiener Kongress unterbrochen. In der absolutistischen Restitutionsphase von 1814 bis 1914 und dann bis 1945 ereigneten sich der 1870er Krieg und die Weltkriege 1914–1945. Danach kam es zur angelsächsisch-sowjetischen Hegemonie. ← 8 | 9 → Trotz der Unterbrechung ihrer selbstbestimmten politischen Evolution hielten einige geistig offene Europäer ihren Geist der Aufklärung in latenter Form lebendig. Nun, in den ersten Jahrzehnten des 21. Jahrhunderts löst sich dieser politisch-administrative Erstarrungszustand. Der Geist der Aufklärung gerät in Europa allmählich wieder in Bewegung. Eine immer größere Zahl der Europäer sieht das gegenwärtige Nato-EU-System als nicht mehr zeitgemäß. Die Europäer sehen sich auch in beinahe allen weltpolitischen Fragen als fremdbestimmt. Andererseits sind ab dem 2. und 3. Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts die weltpolitischen Verhältnisse optimal für die Neuaktivierung der relativistischen Ethik und für die Neu-Institutionalisierung des von ihnen bereits vor 200 Jahren „erfundenen“ Pluralitäts- und Relativitätssystems.

Der Autor erlaubt sich, Fragen zu stellen: Sind die Europäer, ist die Menschheit auf ihrem heutigen geistigen und kulturellen Entwicklungsstand zumindest in Teilen psychopolitisch in der Lage, aus sich heraus und wenigstens auf Zeit die Ethik des politischen Relativismus zu adaptieren und politisch zu implementieren? Aber was sind das für Fragen! Bereits 1789 hat die Mehrheit der Franzosen diese Frage mit einem klaren Ja beantwortet. Und ein nicht kleiner Teil der Menschheit wird heute, 200 Jahre später diese Frage – wenn sie gestellt wird – wahrscheinlich gleichfalls mit einem Ja beantworten.

Die Europäer sind und bleiben solange politisch fremdbestimmt, solange sie kein politisches Machtzentrum bilden. Ihre politische Zukunft ist aber nicht das Europa der alten Nationalstaaten und sie ist auch nicht das Europa der EU und schon gar nicht das Europa des angelsächsisch gesteuerten Nato-EU-Systems. Die innovative politische Zukunft Europas kann, wenn sie gewünscht wird, eine neue Welt der relativistischen Ethik und der politischen Pluralität sein. Die Ethik des politischen Relativismus kennt keine bevorzugten Staatsbürger und keine bevorzugten Staaten: Die Staatsbürger innerhalb des Staates sind gleich und die Staaten innerhalb der Staaten-Communities sind gleich. Europa pluralisieren und relativieren heißt, dass die Europäer Systeme gleicher politischer Staatsbürger und gleicher Staaten schaffen. Europas innenpolitische Pluralisierung und Relativierung und Rechtsfindung geschieht in Form der Etablierung eines effizienten „voting of citizens systems“. Europas außenpolitische Pluralisierung und Relativierung und Rechtsfindung geschieht in Form der Etablierung eines effizienten „voting of states systems“. ← 9 | 10 →

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Die relativistische/integrale Ethik: Säkularität-Souveränität-Pluralität-Relativität-Solidarität und Recht

Details

Seiten
188
Jahr
2017
ISBN (PDF)
9783631733073
ISBN (ePUB)
9783631733080
ISBN (MOBI)
9783631733097
ISBN (Hardcover)
9783631724798
DOI
10.3726/b11831
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2019 (April)
Schlagworte
Säkularität Integrale Ethik Plebiszite Neue Gewaltenteilung Internationale Communities Souveräne Währungen
Erschienen
Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2017. 188 S.

Biographische Angaben

Klaus Mayer-Meixner (Autor:in)

Klaus Mayer-Meixner studierte Geschichte und Soziologie in Wien. Die Habilitation erfolgte in Linz. Er ist emeritierter Professor für Wirtschafts- und politische Soziologie in Bonn.

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