Lade Inhalt...

Übersetzen und Dolmetschen: Berufsbilder, Arbeitsfelder, Ausbildung. Ein- und Ausblicke in ein sich wandelndes Berufsfeld der Zukunft

70 Jahre Innsbrucker Institut für Translationswissenschaft

von Lew N. Zybatow (Band-Herausgeber:in) Alena Petrova (Band-Herausgeber:in) Andy Stauder (Band-Herausgeber:in) Michael Ustaszewski (Band-Herausgeber:in)
©2017 Sammelband 310 Seiten

Zusammenfassung

Die Beiträge dieses Bandes geben Auskunft, wie Forschung und Lehre am Institut für Translationswissenschaft (INTRAWI) aufgestellt sind, um mit der Entwicklung der Translationsbranche Schritt zu halten. Die fortschreitende Globalisierung und Digitalisierung stellt die Translation vor immer neue Herausforderungen. Die Arten der Translation und die Anforderungen an professionelle Übersetzer und Dolmetscher ändern sich rasant. Die Autoren betrachten unter anderem die Entwicklung der Translationswissenschaft und ihrer Theorien, analysieren Fragen der Terminologie in der Translation und Probleme an der Schnittstelle Digitalisierung-Translationsmarkt-Translationspraxis. Sie fokussieren auch Themen wie moderne Fachkommunikation, Audiovisuelle Translation sowie neue Fragen und Formen der Übersetzungs- und Dolmetschdidaktik.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Inhaltsverzeichnis
  • Vorwort der Herausgeber
  • Teil 1: 70 Jahre InTraWi
  • 1. Translationswissenschaft: Selbstverständnis in Innsbruck
  • Translationswissenschaft – woher und wohin? (Lew N. Zybatow)
  • Philologie als Haltung (Wolfgang Pöckl)
  • Literaturübersetzen – Aspekte der Forschung, Lehre und Übersetzungskritik (Alena Petrova)
  • Some Reflections on the Use of Bilingual Dictionaries in Translation (Pius ten Hacken)
  • What can word formation offer to translation practice? A case study of German compounds and their English equivalents (Maria Koliopoulou)
  • 2. Translation 4.0
  • Translation 4.0 – Eine Perspektivenverschiebung (Peter Sandrini)
  • Transferenda mutantur. Multimediale Übersetzung: von der Ausnahme zum Regelfall (Andy Stauder)
  • Vom Dramaset zu Tramacet® & Co.: Mediatisierte Medien in der Pharmawerbung (Cornelia Feyrer)
  • Übersetzungsorientierter Interkomprehensionsunterricht à la Innsbruck: Rück- und Ausblick (Michael Ustaszewski)
  • 3. Translationsdidaktik
  • Übersetzen und Dolmetschen: Rollenbilder, Arbeitsfelder, Implikationen für den Unterricht (Mascha Dabić)
  • „Das können wir nicht: Wir sind ja keine Übersetzer!“ (Martina Mayer)
  • Translationsorientierter Schreibunterricht – wie kann so etwas aussehen? (Astrid Schmidhofer)
  • Geschichte, Erinnerung und Identität in den Werken Anne Enrights und Edna O’Briens: Originale und Übersetzungen im Dialog (Katharina Walter)
  • Teil 2: Festakt zur Verabschiedung von Univ.-Prof. Dr. Lew Zybatow Laudationes
  • Zum Geleit
  • Laudationes
  • Univ.-Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Tilmann Märk, Innsbruck
  • em. o. Univ.-Prof. Mag. Dr. Dr. h.c. Wolfgang Zach, Innsbruck
  • Ao. Univ.-Prof. Dr. Vlasta Kučiš, Maribor
  • Prof. Dr. Gyde Hansen, Kopenhagen
  • em. o. Univ.-Prof. Dr. Ingeborg Ohnheiser, Innsbruck
  • Prof. Dr. Michaela Albl-Mikasa, Zürich/Winterthur
  • Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Pöckl, Innsbruck
  • Assoz. Prof. Dr. Alena Petrova, Innsbruck
  • Reihenübersicht

← 8 | 9 →

Vorwort der Herausgeber

Im Jahr 2015 jährte sich die Geburtsstunde des Instituts für Translationswissenschaft (INTRAWI) zu Innsbruck, das auf der Sitzung des Fakultätskollegiums der Philologischen Fakultät der Universität am 21. November 1945 mit dem „Antrag, ein Institut für das Dolmetschwesen an der Universität zu errichten“ (s. Schmid 1998, 15) aus der Taufe gehoben wurde, zum 70. Male. Nachdem die Jubiläumsschriften zum 50. Geburtstag (s. Holzer & Feyrer 1998) und zum 60. Geburtstag (s. Zybatow 2007) vor allem Gastbeiträge enthielten, ist es Ziel dieses Bandes, das Institut selbst, d.h. ausschließlich Forschungsergebnisse der HochschullehrerInnen, wissenschaftlichen MitarbeiterInnen und Senior Lecturers des Instituts, vorzustellen. Ist es uns doch in dem vergangenen Jahrzehnt der Institutsgeschichte gelungen, das sich bereits zur 60-Jahr-Feier abzeichnende eigene Profil „Translationswissenschaft made in Innsbruck“ weiter auszuprägen und kontinuierlich und umfassend auszubauen.

Angesichts der bereits 70jährigen Geschichte des Instituts drängt sich natürlich die Frage auf, wieso es dem INTRAWI erst im 7. Jahrzehnt seines Bestehens gelungen ist, institutsweit ein Bewusstsein für Forschung zu entwickeln. Die Gründe dafür sind vielschichtig und vor allem mit der Historie des Instituts zu erklären. Von 1945–1990 war das Institut, gegründet als Institut für Dolmetscherausbildung und 1972 in Institut für Übersetzer- und Dolmetscherausbildung (IÜD) umbenannt, ausschließlich mit Lehraufgaben betraut, die in den Händen von Bundeslehrern und externen Lehrbeauftragten ohne Forschungsaufgaben lagen. Erst 1990 mit der Einrichtung einer eigenen Professur erlangte das Institut wissenschaftliche Eigenständigkeit. Mit der Berufung von Frau Prof. Dr. Annemarie Schmid als erster Lehrstuhlinhaberin und der von ihr erkämpften wissenschaftlichen Assistentenstellen wurden überhaupt erst Kapazitäten und Bedingungen für wissenschaftliches Arbeiten geschaffen. Da Frau Prof. Schmid aus gesundheitlichen Gründen im Jahr 1995 frühzeitig emeritiert wurde und die Nachbesetzung ihrer Professur mit Herrn Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Pöckl erst im Jahr 2003 erfolgte, fand ihre unermüdliche Gründungsarbeit keine nahtlose Fortsetzung. Allerdings konnte im Jahr 1999 eine noch von Frau Prof. Schmid erkämpfte zweite Professur mit Herrn Univ.-Prof. Dr. Lew Zybatow besetzt werden, was zu einer raschen Belebung und Intensivierung der wissenschaftlichen Aktivität führte. Die neuerliche Umbenennung in Institut für Translationswissenschaft im Jahr 2000 spiegelt nicht nur das mittlerweile etablierte Selbstbild des Fachs als autonomer Disziplin wider, sondern rechtfertigt sich auch unmittelbar durch die erkennbare Stärkung der ← 9 | 10 → wissenschaftlichen Komponente am Institut. So wurde von Lew Zybatow noch im Jahr 1999 die Internationale Innsbrucker Ringvorlesung zur Translationswissenschaft ins Leben gerufen (deren 7. Ausgabe sich im Jahr 2013 jährte), zu ihrer Publikation die Reihe „Forum Translationswissenschaft“ beim Peter Lang Verlag gegründet, in der inzwischen 20 Bände publiziert wurden. Ebenfalls 1999 wurde Lew Zybatow zusammen mit der Internationalen Forschergruppe „EuroCom“ von der Europäischen Kommission und der Österreichischen Regierung mit dem „Europasiegel für innovative Sprachprojekte“ ausgezeichnet. Zur weltweiten Förderung der Translationswissenschaft und des translationswissenschaftlichen Nachwuchses wurde von Lew Zybatow als Präsident der IATI (International Academy for Translation and Interpreting) im Jahr 2004 in Innsbruck die internationale IATI-Sommerschule für Translation und Translationswissenschaft „SUMMERTRANS“ mit einer integrierten PhD-Summer School gegründet, deren 7. Wiederkehr 2016 ebenfalls in Innsbruck stattfand. Neben Prof. Zybatow als Veranstalter, Kursprogrammverantwortlicher und Kursleiter waren auch zahlreiche andere international namhafte Translationswissenschaftler und viele Kolleginnen und Kollegen aus Innsbruck jeweils als Kursleiter beteiligt. Die dadurch erreichte internationale Sichtbarkeit der Innsbrucker Translationswissenschaft ging einher mit der Gründung von Forschungsschwerpunkten am Institut wie MultiTransInn (Multimediale Translation Innsbruck), EuroComTranslat, Literaturübersetzung, Dolmetschwissenschaft, Fachsprachen und Übersetzung (vor allem in den Bereichen Recht und Medizin) sowie kontrastive Textologie, die durch gezielte Vorschläge von Diplom-/MA-Arbeitsthemen auch den Studierenden die Möglichkeit boten, an translationswissenschaftlicher Forschung teilzuhaben bzw. ihre Neigung zum Forschen zu entdecken und sich für ein Doktoratsstudium zu entscheiden.

All diese Aktivitäten führten dazu, dass die Forschungsevaluation des Instituts durch ein internationales Gutachterteam im Jahre 2009, bei der die EvaluatorInnen darauf achten sollten, „dass das Institut für Translationswissenschaft mit seiner besonders starken Ausrichtung auf die Berufspraxis angehender Übersetzer und Dolmetscher den Ansprüchen einer Forschungsuniversität gerecht wird“, sehr erfolgreich war. In der Zusammenfassung der Evaluierung heißt es: „Insgesamt ergab sich für die Gruppe der Evaluatoren im Hinblick auf die Forschung ein ausgesprochen positives Bild. Allerdings ist nicht zu übersehen, dass die Ausstattung des Instituts […] vor allem personell nicht ausreichend ist. […] [E]ine zusätzliche Professorenstelle […] sowie eine Sicherung des wissenschaftlichen Nachwuchses in Form von drei wissenschaftlichen Nachwuchsstellen [wären] Garant für ein weiterhin erfreuliches Forschungsprofil.“ Gesagt von den Evaluatoren, getan von der Institutsleitung mit großer Unterstützung der Universitätsleitung, wurde 2013 ← 10 | 11 → eine dritte Professur für Translationswissenschaft mit Herrn Univ.-Prof. Dr. Pius ten Hacken besetzt und wurden in den vergangenen Jahren drei wissenschaftliche Nachwuchsstellen eingerichtet. Doch nicht nur die drei Professuren und die PostDoc-Stellen zur Habilitation haben das wissenschaftliche Klima wesentlich verbessert. Auch die Tatsache, dass heute die sprach- und translationspraktische Lehre nicht mehr in den Händen von externen Lehrbeauftragten liegt, sondern von am Institut angestellten Senior Lecturers mit hohem Engagement für eine forschungsgeleitete Lehre wahrgenommen wird, sorgte für eine Fortsetzung der erfolgreichen Entwicklung. Die akademische Ausrichtung des Instituts ist unumkehrbar durchgesetzt. Alle in Forschung und Lehre am Institut Beschäftigten gehören zum wissenschaftlichen Personal. Die verbesserte personelle Ausstattung des Instituts war auch ein Unterpfand dafür, dass im Jahr 2011 – nach über 10 Jahren Internationale Innsbrucker Ringvorlesungen zur Translationswissenschaft und den Sommerschulen „SUMMERTRANS“ – eine neue Konferenzserie TRANSLATA am Institut am Ufer des Inn aus der Taufe gehoben werden konnte, deren Ziel es ist, die translatologische Grundlagenforschung weiter voranzutreiben und dazu ein breites internationales Diskussionsforum für erfahrene und angehende Translationswissenschaftler, Translationslehrende, professionelle Übersetzer und Dolmetscher zu schaffen. Aufgrund einer starken internationalen Resonanz ist die INNSBRUCKER TRANSLATA von Anfang an zu einer der weltweit größten Konferenzen der Disziplin geworden. Das hat sich bei der TRANSLATA II eindrucksvoll fortgesetzt und TRANSLATA III ist für 2017 geplant. Die jüngste Glanzleistung ist das von den wissenschaftlichen Nachwuchsforschern Dr. Michael Ustaszewski und Dr. Andy Stauder eingeworbene, von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften geförderte Drittmittelprojekt „TransBank: A Meta-Corpus for Translation Research“, das zusätzliche Forscherstellen am Institut schafft und von großer Relevanz für die Translationsforschung, -didaktik und –praxis ist. Die vielen Initiativen und Projekte im Bereich der Lehre (s. Mayer in diesem Band) tragen zur effektiveren Ausbildung der Studierenden bei. Sehr wichtig in diesem Kontext war die Gründung des ITC (Innsbruck Translation Center) 2013 durch Prof. Zybatow, Dr. Stauder und Dr. Ustaszewski, um Synergieeffekte zwischen Forschung, Translationstechnologien, Translationspraxis und Translationsausbildung zu erzielen und zu nutzen und u.a. durch mehr Berufspraxisbezug das Studium am Institut für Studierende attraktiver zu machen. Die hier initiierten Projekte zur Übersetzung von Praxisaufträgen der Studierenden in der Lehre, z.B. die Übersetzung des Buches Lampedusa von Gilles Reckinger aus dem Deutschen ins Italienische von Studierenden unter Anleitung des erfahrenen Lehrenden Javerio Carpentieri bringen den wichtigen Berufs- und ← 11 | 12 → Praxisbezug in die Ausbildung und machen das Studium in Innsbruck für die Studierenden effektiver und attraktiver.

Das Hauptaugenmerk des Instituts gilt sowohl der Internationalität als auch der eigenen Forschung und Lehre vor Ort. Die Innsbrucker Translationswissenschaft steht heute für multimediales, literarisches und Fachübersetzen sowie Konferenzdolmetschen. Dies sind auch die drei möglichen Spezialisierungsrichtungen im Masterstudium Translationswissenschaft: 1. Fachkommunikation, 2. Literatur- und Medienkommunikation, 3. Konferenzdolmetschen. Dabei ist es ein besonderes Markenzeichen von Innsbruck, dass die translationswissenschaftliche Grundlagenforschung nicht von diesen Spezialisierungsrichtungen separat, sondern für sie betrieben wird. Im Gegensatz zu den Trends in der sog. „modernen“ und postmodernen Translationswissenschaft ist und bleibt für Innsbruck die ‚translation proper‘ der zentrale Gegenstand der Translationswissenschaft, d.h. der Vorgang und das Ergebnis der professionellen Translation in all ihren Arten und in ihrer ganzen Komplexität (s. Zybatow in diesem Band).

Da die fortschreitende Globalisierung und Digitalisierung die Kommunikation und die damit verbundene Translation vor immer größere Herausforderungen stellt, verändern sich die Arten der Translation und die Anforderungen an professionelle Übersetzer und Dolmetscher rasant, so dass es in diesem Jubiläumsband auch darum geht, wie Forschung und Lehre am Institut für Translationswissenschaft aufgestellt sind, um mit dieser stürmischen Entwicklung der Translationsbranche Schritt zu halten.

Die Beiträge gliedern sich in 3 Kapitel:

  1. Translationswissenschaft: Selbstverständnis in Innsbruck
  2. Translation 4.0
  3. Translationsdidaktik

1.  Translationswissenschaft: Selbstverständnis in Innsbruck

Universitätsprofessor Dr. Lew Zybatow (Professur für Translationswissenschaft) zieht unter dem Titel „Translationswissenschaft – woher und wohin?“ eine Zwischenbilanz über die Entwicklung der vergleichsweise jungen Disziplin ‚Translationswissenschaft‘ und skizziert ihre Entwicklung von den Anfängen in Leipzig über ihre Neuorientierung (Snell-Hornby 1986) bis hin zu ihrer völligen Abkehr von der eigentlichen Translation (‚translation proper‘) im postmodernen Verständnis, dem er die Notwendigkeit der Rückbesinnung auf die seit Jahrtausenden empirisch gegebene Translation entgegensetzt, für deren Erklärung entsprechende Theorien entwickelt werden müssen. Wie man zu adäquaten und explanativen ← 12 | 13 → Theorien für die verschiedenen Arten der Translation gelangen kann, wird anhand der Audiovisuellen Translation, des Simultandolmetschens und der Übersetzung von Lyrik illustriert.

Universitätsprofessor Dr. Wolfgang Pöckl (Professur für Translationswissenschaft) widerspricht mit seinem Beitrag „Philologie als Haltung“ energisch der Behauptung mancher modernen Übersetzungstheorie, dass Ausgangstexte grundsätzlich keinen objektiv festlegbaren Sinn haben, sondern nur ein Informationsangebot darstellen, das wir nach unseren individuellen Möglichkeiten verstehen (und als Übersetzer weitervermitteln). Stattdessen fordert er von der ÜbersetzerIn – unter Einhaltung philologischer Prinzipien – die Anstrengung, den Verstehenshorizont zu rekonstruieren, mit dem der Produzent eines Textes bei seinem Publikum gerechnet hat, d.h. den Text in seiner ursprünglichen Form als auch in seiner Intention zu verstehen. Die Wichtigkeit dieser philologischen Tugenden illustriert Pöckl an drei sehr unterschiedlichen Beispielen (Bsp. 1: aus dem Zusammenhang gerissene Zitate aus der klassischen und christlichen Antike (Cicero, Horaz, Hl. Hieronymus); Bsp. 2: Übersetzungskritiken (Vergleich von Ausgangstext und Übersetzung), bei denen nicht genau recherchiert wird, welcher Ausgangstext der Übersetzung zugrunde liegt; Bsp. 3: innersprachliche Übersetzungen des Weihnachtsliedes Stille Nacht unter Berücksichtigung des Sprachwandels).

Assoziierte Professorin Dr. Alena Petrova, die mit ihrer Habilitation zum Thema „Literarisches Übersetzen als Gegenstand der Translationswissenschaft und der Translationsdidaktik“ (2014) die erste Venia für Translationswissenschaft am INTRAWI erhalten hat, nähert sich in ihrem Beitrag „Literaturübersetzen – Aspekte der Forschung, Lehre und Übersetzungskritik“ den Grundgrößen für eine Theorie des Literarischen Übersetzens und stellt ihr linguistisch-semiotisches Analyseverfahren literarischer Ausgangstexte vor.

Universitätsprofessor Dr. Pius ten Hacken (Professur für Translationswissenschaft mit den Schwerpunkten Terminologie und Englisch) räumt in dem Beitrag „Some Reflections on the Use of Bilingual Dictionaries in Translation“ mit dem Mythos auf, dass einsprachige Wörterbücher für professionelles Übersetzen die „besseren“, da eine Beschreibung der entsprechenden Sprache seien. Ausgangspunkt seiner Reflexionen ist seine Überzeugung: „There is no sense of ‘language’ such that a dictionary can be seen as the description of a language“. Einsprachige Wörterbücher sind ebenso wie zweisprachige Wörterbücher Informationsquellen. Es hängt von der gesuchten Art an Information ab, welches Wörterbuch zu bevorzugen ist. Die einsprachigen Wörterbücher geben Auskunft über die Bedeutung eines Wortes im Kontext der entsprechenden Sprache. Zweisprachige ← 13 | 14 → Wörterbücher helfen bei der Äquivalenzsuche. Ausschlaggebend für den Erfolg der Äquivalenzsuche ist, ob der Übersetzer die Wörterbuchinformation verstehen und interpretieren kann. Wenn das Wörterbuch hilft, Informationen aus dem mentalen Lexikon des Übersetzers abzurufen, kann er es mit Vertrauen nutzen.

Dr. Maria Koliopoulou (Universitätsassistentin) zeigt in ihrem Beitrag „What can word formation offer to translation practise? A case study of German compounds and their English eqivalents“, dass die Interdisziplinarität zwischen Translationswissenschaft und Linguistik sich nicht auf Semantik, Pragmatik, Textlinguistik u. ä. beschränken muss, sondern auch scheinbar genuin linguistische Bereiche, wie z.B. die Wortbildung, bei der Wahl von Übersetzungsstrategien eine Rolle spielen. Deshalb fragt sie in ihrem Beitrag, was neuere Forschungen zur Wortbildung in Bezug auf die Komposita der Übersetzungspraxis anzubieten haben. Ihre qualitative und quantitative korpusbasierte Fallstudie untersucht die Wiedergabe deutscher Komposita im Englischen anhand des Parallelkorpus der deutschen und englischen Version des Curriculums für das Masterstudium Translationswissenschaft auf der Website des Instituts.

2.  Translation 4.0

Assistenzprofessor Dr. Peter Sandrini arbeitet in seinem Beitrag unter dem Titel „Translation 4.0 – Eine Perspektivenverschiebung“ die grundlegenden Veränderungen heraus, die sich durch die Digitalisierung und den allgegenwärtigen Einsatz von Translationstechnologie für die Translation ergeben. Während vor 4.0 die Translation auf die persönliche und individuelle kommunikative und sprachliche Kompetenz des Translators abstellte, unterscheidet Sandrini auf dem sich konstant erweiternden Übersetzungsmarkt mit einer verstärkten Nachfrage nach Translationsdienstleistungen drei verschiedene Translationsbereiche: 1) philologisch-akademischer Bereich, dessen Gegenstand das Übersetzen von Literatur, philosophischen und wissenschaftlichen Texten ist, 2) kooperativer Bereich der offenen bzw. freien Translation, die auf Zusammenarbeit und freiwilligen Leistungen beruht und von Anwender- und Fan-Communities durchgeführt wird. 3) gewerbsmäßiger Bereich der Translation, wobei entsprechende Dienstleistungen auf dem Markt angeboten und nachgefragt werden.

Dr. Andy Stauder (Universitätsassistent) untersucht in seinem Beitrag „Transferenda mutantur. Multimediale Übersetzung: von der Ausnahme zum Regelfall“ die multimediale Übersetzung unter den Bedingungen von 4.0. Er zeigt, dass die multimediale Übersetzung – nach einer früheren Randstellung – zum Regelfall der Übersetzung geworden ist. Nachdem die mediale Quantität und Komplexität in den vergangenen Jahrzehnten nahezu explodiert ist, fragt Stauder, wie eine ← 14 | 15 → langfristige Perspektive für die multimediale Translation auch in der Bildung und Ausbildung ermöglicht werden kann, wenn sich die Branche doch so schnell verändert. Die Antwort sieht er im Bereich der Metakompetenzen, die durch übersetzerische Bildung gefördert werden. Unter „Bildung“ versteht er die Möglichkeit, umfassendes Wissen zu einem Bereich zu sammeln, ohne dass dieses unmittelbar auf eine konkrete Anwendung bezogen sein muss.

Assistenzprofessorin Dr. Cornelia Feyrer, zu deren Expertise u. a. die Medizinische (Fach)Kommunikation und –translation gehört, reflektiert in ihrem Beitrag „Vom Dramaset zu Tramaset® & Co.: Mediatisierte Medien in der Pharmawerbung“ über die multimedialen Veränderungen in der Pharmawerbung. Anhand ausgewählter hispanophoner Beispiele zeigt Feyrer, wie in der Pharmawerbung Elemente aus Film, Fernsehen und Fantasy (z.B. Superman, Batman, Spiderman, Herr der Ringe, Samurai, CSI, 24) benutzt werden, um „emotionales Verkaufen“ zu ermöglichen. Große Pharmaunternehmen realisieren ihre Produktwerbungen länder-, sprach- und kulturübergreifend, was mit Blick auf den Sprach- und Kulturtransfer bedeutet, dass lokalisiert und adaptiert werden muss.

Dr. Michael Ustaszewski (Universitätsassistent/PostDoc mit QV (Qualifikationsvereinbarung)) stellt in seinen Beitrag „Übersetzungsorientierter Interkomprehensionsunterricht à la Innsbruck: Rück- und Ausblick“ das unikal am INTRAWI im Curriculum für Translationswissenschaft verankerte EuroComTranslat-Modul vor. Generell zielt Interkomprehensionsunterricht auf den Erwerb von rezeptiven Kompetenzen in Sprachen ab, welche mit einer oder mehreren den Lernenden mental verfügbaren Sprachen verwandt sind. Die Grundidee hinter dem Einsatz der Interkomprehension in der Übersetzerausbildung ist, dass (angehende) ÜbersetzerInnen dank der fortgeschrittenen mehrsprachigen Kenntnisse und translatorischen Transferkompetenz in vergleichsweise kurzer Zeit zusätzlich passive Arbeitssprachen (d.h. zum Anfertigen professioneller Herübersetzungen) als wertvolle, marktrelevante Zusatzqualifikationen erlernen können. Das Wahlmodul EuroComTranslat führt in einem Semester zum Erwerb einer neuen Arbeitssprache und zur Aneignung der Interkomprehensionsmethode für die eigene professionelle Fort- und Weiterbildung.

3.  Translationsdidaktik

Mascha Dabić (Senior Lecturer) befasst sich in ihrem Beitrag „Übersetzen und Dolmetschen: Rollenbilder, Arbeitsfelder, Implikationen für den Unterricht“ mit den in Sandrinis Translationsbereich 1) fallenden Translationsdienstleistungen und zeigt, dass die neuen Entwicklungen noch nicht bei allen Studierenden angekommen sind. Sie beschreibt die stereotypen Rollenbilder und Arbeitsfelder von ← 15 | 16 → Dolmetschern und Übersetzern in der Vorstellung der Studierenden, vergleicht diese mit der Realität und zieht daraus Implikationen für den Unterricht. Konkret diskutiert werden das Konferenzdolmetschen, das Kommunaldolmetschen sowie das literarische Übersetzen. Drei sehr unterschiedliche Arbeitsfelder, mit denen Dabić aus eigener Berufserfahrung bestens vertraut ist.

Martina Mayer (Senior Lecturer) macht mit ihrem Beitrag „Das können wir nicht: Wir sind ja keine Übersetzer!“ deutlich, wie die Studierenden bereits im BA-Studium auf den philologisch-akademischen Translationsbereich vorbereitet werden. Sie stellt eine Fallstudie zur Steigerung von Übersetzungskompetenz und translatorischem Selbstbewusstsein durch universitäre Übersetzungsprojekte vor, im Rahmen derer die Studierenden Translate für einen Kunden erstellen. In diesem Fall handelte es sich um die druckreife Übersetzung der Ausstellungstexte für die Wanderausstellung Sur les pas de TagoreAuf den Spuren von Tagore des Vereins Tagore Sangam aus dem Französischen ins Deutsche. Da das dreijährige BA-Studium Translationswissenschaft bereits zum ersten berufsqualifizierenden Universitätsabschluss für gemeinsprachliches Übersetzen und Verhandlungsdolmetschen führen soll, ist es unabdingbar, dass die Professionalisierung bereits im Bachelorstudiengang einsetzt, wozu die auch von anderen Lehrkräften durchgeführten Übersetzungsprojekte gute Voraussetzungen schaffen.

Details

Seiten
310
Jahr
2017
ISBN (PDF)
9783631734919
ISBN (ePUB)
9783631734926
ISBN (MOBI)
9783631734933
ISBN (Hardcover)
9783631734902
DOI
10.3726/b11818
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2017 (September)
Schlagworte
Translationswissenschaft Translationsdidaktik Translation 4.0 Literarisches Übersetzen Multimediales Übersetzen Konferenzdolmetschen und Community Interpreting
Erschienen
Frankfurt am Main, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2017. 310 S., 7 s/w Abb., 14 s/w Tab.

Biographische Angaben

Lew N. Zybatow (Band-Herausgeber:in) Alena Petrova (Band-Herausgeber:in) Andy Stauder (Band-Herausgeber:in) Michael Ustaszewski (Band-Herausgeber:in)

Lew Zybatow ist Professor am Institut für Translationswissenschaft der Universität Innsbruck und IATI-Präsident sowie Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Übersetzungs- und Dolmetschwissenschaft. Alena Petrova ist Assoziierte Professorin und Institutsleiterin des Instituts für Translationswissenschaft der Universität Innsbruck. Andy Stauder und Michael Ustaszewski sind wissenschaftliche Mitarbeiter am Institut für Translationswissenschaft der Universität Innsbruck.

Zurück

Titel: Übersetzen und Dolmetschen: Berufsbilder, Arbeitsfelder, Ausbildung. Ein- und Ausblicke in ein sich wandelndes Berufsfeld der Zukunft
book preview page numper 1
book preview page numper 2
book preview page numper 3
book preview page numper 4
book preview page numper 5
book preview page numper 6
book preview page numper 7
book preview page numper 8
book preview page numper 9
book preview page numper 10
book preview page numper 11
book preview page numper 12
book preview page numper 13
book preview page numper 14
book preview page numper 15
book preview page numper 16
book preview page numper 17
book preview page numper 18
book preview page numper 19
book preview page numper 20
book preview page numper 21
book preview page numper 22
book preview page numper 23
book preview page numper 24
book preview page numper 25
book preview page numper 26
book preview page numper 27
book preview page numper 28
book preview page numper 29
book preview page numper 30
book preview page numper 31
book preview page numper 32
book preview page numper 33
book preview page numper 34
book preview page numper 35
book preview page numper 36
book preview page numper 37
book preview page numper 38
book preview page numper 39
book preview page numper 40
314 Seiten