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Die Erweiterungen der G7

Macht, Wohlstand und Ideen als Bestimmungsfaktoren des institutionellen Wandels

von Klaas Schüller (Autor:in)
©2018 Dissertation 358 Seiten

Zusammenfassung

Als Zusammenschluss der führenden westlich orientierten Staaten ist die G7 eine der zentralen Institutionen der internationalen Politik. Seit ihrer Entstehung im Jahr 1975 wurde die G7 durch die Hinzuziehung zusätzlicher Teilnehmer mehrfach erweitert, bis sie im Jahr 2009 schließlich ihre maximale Größe erreichte. Die Studie zeichnet diese oftmals umstrittenen Erweiterungen nach und rekonstruiert sie anhand der Bestimmungsfaktoren „politische Macht", „wirtschaftlicher Wohlstand" und „Ideen". Hierdurch entsteht ein umfassendes Bild der Genese der G7 entlang der großen Umbrüche der Weltpolitik von den wirtschaftlichen Krisen der 1970er Jahre über das Ende des Kalten Krieges bis zum Aufstieg der Schwellenländer und der G20 im frühen 21. Jahrhundert.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Der Autor
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Inhaltsverzeichnis
  • 1 Einleitung
  • 2 Die G7 im Überblick
  • 2.1 Typologische Zuordnung
  • 2.2 Aufgaben
  • 2.3 Aufbau
  • 2.4 Entscheidungsverfahren
  • 2.5 Wirkungsweise
  • 2.6 Probleme
  • 3 Forschungsdesign, theoretischer Rahmen, Quellen und Methoden
  • 3.1 Überblick
  • 3.2 Forschungsdesign
  • 3.3 Theoretischer Rahmen
  • 3.3.1 Politische Macht als Bestimmungsfaktor des Akteursverhaltens
  • 3.3.2 Wirtschaftlicher Wohlstand als Bestimmungsfaktor des Akteursverhaltens
  • 3.3.3 Ideen als Bestimmungsfaktor des Akteursverhaltens
  • 3.4 Quellen und Methoden
  • 4 Die Auswahl der ursprünglichen Teilnehmer (1975)
  • 4.1 Ablauf und Akteurskonstellation
  • 4.2 Motive der Akteure
  • 4.3 Ausblick
  • 5 Kanada (1976)
  • 5.1 Ablauf und Akteurskonstellation
  • 5.2 Motive der Akteure
  • 5.3 Ausblick
  • 6 Die Europäische Gemeinschaft (1977)
  • 6.1 Ablauf und Akteurskonstellation
  • 6.2 Motive der Akteure
  • 6.3 Ausblick
  • 7 Australien (1976 bis 1979)
  • 7.1 Ablauf und Akteurskonstellation
  • 7.2 Motive der Akteure
  • 7.3 Ausblick
  • 8 Indien (1983)
  • 8.1 Ablauf und Akteurskonstellation
  • 8.2 Motive der Akteure
  • 8.3 Ausblick
  • 9 Entwicklungsländer (1989)
  • 9.1 Ablauf und Akteurskonstellation
  • 9.2 Motive der Akteure
  • 9.3 Ausblick
  • 10 Russland (1989 bis 1998)
  • 10.1 Ablauf und Akteurskonstellation
  • 10.2 Motive der Akteure
  • 10.3 Ausblick
  • 11 Indonesien (1993)
  • 11.1 Ablauf und Akteurskonstellation
  • 11.2 Motive der Akteure
  • 11.3 Ausblick
  • 12 Internationale Organisationen (ab 1996)
  • 12.1 Ablauf und Akteurskonstellation
  • 12.2 Motive der Akteure
  • 12.3 Ausblick
  • 13 Nicht-staatliche Akteure (ab 1998)
  • 13.1 Ablauf und Akteurskonstellation
  • 13.2 Motive der Akteure
  • 13.3 Ausblick
  • 14 Afrikanische Staaten (ab 2001)
  • 14.1 Ablauf und Akteurskonstellation
  • 14.2 Motive der Akteure
  • 14.3 Ausblick
  • 15 Die Schwellenländer der G5 (2003 bis 2009)
  • 15.1 Ablauf und Akteurskonstellation
  • 15.2 Motive der Akteure
  • 15.3 Ausblick
  • 16 Staaten des Nahen Ostens und Nordafrikas (2004)
  • 16.1 Ablauf und Akteurskonstellation
  • 16.2 Motive der Akteure
  • 16.3 Ausblick
  • 17 Exkurs: Die Aufwertung der G20 (ab 2008)
  • 17.1 Ablauf und Akteurskonstellation
  • 17.2 Motive der Akteure
  • 17.3 Ausblick
  • 18 Zusammenfassung und Analyse
  • 18.1 Ausprägung und Verhältnis der Bestimmungsfaktoren
  • 18.1.1 Die Ausprägung der Bestimmungsfaktoren aus der Sicht der Akteure
  • 18.1.2 Politische Macht als Bestimmungsfaktor
  • 18.1.3 Wirtschaftlicher Wohlstand als Bestimmungsfaktor
  • 18.1.4 Ideen als Bestimmungsfaktor
  • 18.1.5 Das Verhältnis der Bestimmungsfaktoren
  • 18.2 Phasen des institutionellen Wandels
  • 18.3 Weitere Tendenzen im Zeitverlauf
  • 18.4 Einwände und offene Fragen
  • 19 Schluss: Die Vergangenheit und die Zukunft der G7
  • Abkürzungsverzeichnis
  • Tabellenverzeichnis
  • Abbildungsverzeichnis
  • Quellenverzeichnis

Klaas Schüller

Die Erweiterungen der G7

Macht, Wohlstand und Ideen als Bestimmungsfaktoren des institutionellen Wandels

image

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen

Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Zugl.: Bremen, Univ. Diss., 2017

Umschlaggestaltung: © Olaf Gloeckler, Atelier Platen, Friedberg

Umschlagabbildung: Bundesregierung

Bildnachweis: © Jürgen Gebhardt

D 46

ISBN 978-3-631-74769-8 (Print)

E-ISBN 978-3-631-74770-4 (E-PDF)

E-ISBN 978-3-631-74771-1 (EPUB)

E-ISBN 978-3-631-74772-8 (MOBI)

DOI 10.3726/b13404

© Peter Lang GmbH

Internationaler Verlag der Wissenschaften

Berlin 2018

Alle Rechte vorbehalten.

Peter Lang – Berlin · Bern · Bruxelles

New York · Oxford · Warszawa · Wien

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Diese Publikation wurde begutachtet.

www.peterlang.com

Der Autor

Klaas Schüller studierte Politikwissenschaft und Wirtschaftswissenschaft an der Universität Bremen. Er wurde an der Bremen International Graduate School of Social Sciences im Bereich „Global Governance and Regional Integration“ promoviert.

Klaas Schüller

Die Erweiterungen der G7

Als Zusammenschluss der führenden westlich orientierten Staaten ist die G7 eine der zentralen Institutionen der internationalen Politik. Seit ihrer Entstehung im Jahr 1975 wurde die G7 durch die Hinzuziehung zusätzlicher Teilnehmer mehrfach erweitert, bis sie im Jahr 2009 schließlich ihre maximale Größe erreichte. Die Studie zeichnet diese oftmals umstrittenen Erweiterungen nach und rekonstruiert sie anhand der Bestimmungsfaktoren „politische Macht“, „wirtschaftlicher Wohlstand“ und „Ideen“. Hierdurch entsteht ein umfassendes Bild der Genese der G7 entlang der großen Umbrüche der Weltpolitik von den wirtschaftlichen Krisen der 1970er Jahre über das Ende des Kalten Krieges bis zum Aufstieg der Schwellenländer und der G20 im frühen 21. Jahrhundert.

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Inhaltsverzeichnis

1Einleitung

2Die G7 im Überblick

2.1Typologische Zuordnung

2.2Aufgaben

2.3Aufbau

2.4Entscheidungsverfahren

2.5Wirkungsweise

2.6Probleme

3Forschungsdesign, theoretischer Rahmen, Quellen und Methoden

3.1Überblick

3.2Forschungsdesign

3.3Theoretischer Rahmen

3.3.1Politische Macht als Bestimmungsfaktor des Akteursverhaltens

3.3.2Wirtschaftlicher Wohlstand als Bestimmungsfaktor des Akteursverhaltens

3.3.3Ideen als Bestimmungsfaktor des Akteursverhaltens

3.4Quellen und Methoden

4Die Auswahl der ursprünglichen Teilnehmer (1975)

4.1Ablauf und Akteurskonstellation

4.2Motive der Akteure

4.3Ausblick

5Kanada (1976)

5.1Ablauf und Akteurskonstellation

5.2Motive der Akteure

5.3Ausblick← 6 →

6Die Europäische Gemeinschaft (1977)

6.1Ablauf und Akteurskonstellation

6.2Motive der Akteure

6.3Ausblick

7Australien (1976 bis 1979)

7.1Ablauf und Akteurskonstellation

7.2Motive der Akteure

7.3Ausblick

8Indien (1983)

8.1Ablauf und Akteurskonstellation

8.2Motive der Akteure

8.3Ausblick

9Entwicklungsländer (1989)

9.1Ablauf und Akteurskonstellation

9.2Motive der Akteure

9.3Ausblick

10Russland (1989 bis 1998)

10.1Ablauf und Akteurskonstellation

10.2Motive der Akteure

10.3Ausblick

11Indonesien (1993)

11.1Ablauf und Akteurskonstellation

11.2Motive der Akteure

11.3Ausblick

12Internationale Organisationen (ab 1996)

12.1Ablauf und Akteurskonstellation

12.2Motive der Akteure

12.3Ausblick← 6 | 7 →

13Nicht-staatliche Akteure (ab 1998)

13.1Ablauf und Akteurskonstellation

13.2Motive der Akteure

13.3Ausblick

14Afrikanische Staaten (ab 2001)

14.1Ablauf und Akteurskonstellation

14.2Motive der Akteure

14.3Ausblick

15Die Schwellenländer der G5 (2003 bis 2009)

15.1Ablauf und Akteurskonstellation

15.2Motive der Akteure

15.3Ausblick

16Staaten des Nahen Ostens und Nordafrikas (2004)

16.1Ablauf und Akteurskonstellation

16.2Motive der Akteure

16.3Ausblick

17Exkurs: Die Aufwertung der G20 (ab 2008)

17.1Ablauf und Akteurskonstellation

17.2Motive der Akteure

17.3Ausblick

18Zusammenfassung und Analyse

18.1Ausprägung und Verhältnis der Bestimmungsfaktoren

18.1.1Die Ausprägung der Bestimmungsfaktoren aus der Sicht der Akteure

18.1.2Politische Macht als Bestimmungsfaktor

18.1.3Wirtschaftlicher Wohlstand als Bestimmungsfaktor

18.1.4Ideen als Bestimmungsfaktor

18.1.5Das Verhältnis der Bestimmungsfaktoren← 7 | 8 →

18.2Phasen des institutionellen Wandels

18.3Weitere Tendenzen im Zeitverlauf

18.4Einwände und offene Fragen

19Schluss: Die Vergangenheit und die Zukunft der G7

Abkürzungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Quellenverzeichnis← 8 | 9 →

Einleitung

Als die „Gruppe der Sieben“ (G7)1 ins Leben gerufen wurde, lag einer ihrer wesentlichen Vorteile in ihrer Überschaubarkeit. Es war eine vergleichsweise kleine Runde von sechs Staats- und Regierungschefs und ihrer Finanz- und Außenminister, die 1975 auf Schloss Rambouillet bei Paris zusammenkam. Die Anwesenden waren sich darin einig, dass es gerade diese Beschränkung war, die diesen Gipfel so wertvoll machte. Nur im kleinen Kreis war es nach ihrer Ansicht möglich, sich persönlich und direkt über aktuelle politische und wirtschaftliche Probleme auszutauschen und dabei ein Maß an Informalität und Flexibilität zu wahren, das sich wohltuend von anderen multilateralen Formaten der internationalen Beziehungen absetzte. Statt verbindliche Beschlüsse zu fassen, stand für die Beteiligten im Vordergrund, zu einem besseren gegenseitigen Verständnis zu gelangen, Vertrauen zu schaffen, abweichende Positionen einander anzunähern und gemeinsame politische Lösungsansätze zu erwägen. Die Begrenzung des Teilnehmerkreises auf wenige handverlesene Akteure war ein Kernbestandteil dieses Ansatzes.2

Trotz dieses grundsätzlich restriktiven Zuschnitts erfolgten im Laufe der Zeit zahlreiche Erweiterungen der G7, d.h. Vergrößerungen des Teilnehmerkreises dieses Formats. Nachdem 1975 die Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Italien, Japan, die USA und das Vereinigte Königreich erstmals in der G7 vertreten gewesen waren, stießen 1976 Kanada und 1977 die Europäische Gemeinschaft hinzu und avancierten zu dauerhaften Mitgliedern. Nach einem mehrjährigen Vorlauf wurde 1998 Russland als Mitglied in die G7 aufgenommen. Zusätzlich vergrößerte sich der Teilnehmerkreis der G7 durch die ad-hoc-Mitwirkung etlicher Akteure, die einmalig oder über einen längeren Zeitraum ← 9 | 10 →hinweg in dieser Institution präsent waren, ohne dabei Mitglieder zu sein. Hierzu zählten zahlreiche internationale Organisationen (ab 1996) und nichtstaatliche Akteure (ab 1998), mehrere afrikanische Staaten (ab 2001) und die Schwellenländer der G5 (Brasilien, China, Indien, Mexiko und Südafrika, 2003 bis 2009). Andere Erweiterungsversuche der G7 waren demgegenüber nicht oder nur teilweise erfolgreich. Australien bemühte sich Ende der 1970er Jahre ebenso wie Indien 1983 vergeblich um den Zutritt zur G7. 1989 wurden diverse Entwicklungsländer, die zunächst auf dem G7-Gipfel zu Gast sein sollten, lediglich in eine Reihe kurz zuvor durchgeführter Veranstaltungen eingebunden. In ähnlicher Weise reduzierte sich die Einbeziehung Indonesiens, das ebenfalls eine vollwertige Teilnahme angestrebt hatte, 1993 auf einige bilaterale Treffen am Rande des G7-Gipfels. Einige Staaten aus dem Nahen Osten und Nordafrika akzeptierten schließlich eine Einladung zum G7-Gipfel 2004, während andere Staaten aus dieser Gruppe von einer Teilnahme absahen.3

Das Ziel dieser Arbeit besteht darin, die Erweiterungen der G7 aus politikwissenschaftlicher Perspektive zu beschreiben und zu erklären. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, was die Akteure – die bestehenden Mitglieder der G7 einerseits und die als Teilnehmer infrage kommenden außenstehenden Akteure andererseits – dazu bewegte, die einzelnen Erweiterungsschritte der G7 zu befürworten oder abzulehnen. Um eine größere Vollständigkeit und eine hinreichende Varianz der berücksichtigten Fälle sicherzustellen, untersuche ich neben den tatsächlich vollzogenen Erweiterungen auch die oben genannten nicht oder nur teilweise erfolgreichen Erweiterungsversuche der G7. Bei diesen ist ebenfalls von Interesse, was die Akteure dazu brachte, die betreffenden Schritte zu befürworten oder abzulehnen. Bei der Darstellung der Erweiterungen und der Erweiterungsversuche geht es somit gleichermaßen um eine Rekonstruktion der auf den Teilnehmerkreis der G7 bezogenen Entscheidungsprozesse der Akteure.

Der Untersuchungszeitraum der Arbeit erstreckt sich von der Entstehung der G7 1975 bis zum Jahr 2009. Nahezu alle in dieser Zeitspanne erfolgten Erweiterungen und Erweiterungsversuche der G7 werden im Folgenden in eigenen Kapiteln thematisiert. Nicht aufgegriffen werden lediglich einzelne ad-hoc-Erweiterungen, die in analytischer Hinsicht keinen Mehrwert gegenüber den einbezogenen Fällen aufwiesen. Das Ende des Untersuchungszeitraums fällt mit der maximalen Ausdehnung der G7 im Jahr 2009 zusammen, als 37 Staaten und internationale Organisationen auf dem Gipfel von L’Aquila in Italien vertreten ← 10 | 11 →waren. Anschließend zeichnete sich eine Verkleinerung der G7 ab, die erstens mit der Aufwertung der G20 – einige Kontakte zwischen den traditionellen westlichen Industrieländern und den Schwellenländern sowie internationalen Organisationen und nicht-staatlichen Akteuren fanden nun dort statt – und zweitens mit dem Ausschluss des vormaligen Mitglieds Russlands im Jahr 2014 zusammenhing. Die trotz des prinzipiell restriktiven Ansatzes auf eine Vergrößerung des Teilnehmerkreises hinauslaufende Entwicklung der G7 seit 1975 war damit 2009 an einem Höhe- und Endpunkt angelangt. Zwar wirkten auch in den folgenden Jahren zusätzliche Teilnehmer auf ad-hoc-Basis an der G7 mit, doch die Erweiterungen befanden sich nun weniger stark im Fokus der Institution.

Den Kern dieser Arbeit bilden die empirischen Kapitel 4 bis 17, in denen die Erweiterungen und Erweiterungsversuche der G7 sowie als Exkurs die Aufwertung der G20 analysiert werden. Diese Kapitel verfügen über einen einheitlichen Aufbau. Auf eine Darstellung des Ablaufs – d.h. einer Beschreibung der auf die jeweilige Erweiterung oder den jeweiligen Erweiterungsversuch bezogenen Interaktionen der Beteiligten – folgt eine nach den drei Bestimmungsfaktoren „politische Macht“, „wirtschaftlicher Wohlstand“ und „Ideen“ aufgeschlüsselte Darstellung der Motive der Akteure. Hierbei beginne ich stets mit den Motiven jener Akteure, von denen in dem betreffenden Fall die Initiative zur Erweiterung der G7 ausging. Basierend auf den ausgewerteten Quellen schildere ich, welche machtpolitischen, wirtschaftlichen und ideellen Aspekte aus dem Blickwinkel der Akteure eine Rolle spielten und ob und inwieweit die Akteure diese Aspekte als positiv oder negativ bewerteten. Anhand der Darstellung der Motive wird somit ersichtlich, welche Gesichtspunkte in die Abwägungen und Entscheidungen der Akteure einflossen und sie die infrage stehende Erweiterung befürworten oder ablehnen ließen. Jedes empirische Kapitel wird durch einen Ausblick ergänzt, in dem ich darlege, wie sich das Verhältnis zwischen der G7 und dem Erweiterungskandidaten nachfolgend weiterentwickelte. Wo dies relevant ist, umfasst dieser Ausblick den Zeitraum von der Erweiterung oder dem Erweiterungsversuch bis zum G7-Gipfel am 26. und 27.5.2016 in Japan.

Vorbereitet wird der empirische Hauptteil zunächst von einer allgemeinen Charakterisierung der G7, ihren Aufgaben, ihrem Aufbau, ihren Entscheidungsverfahren, ihrer Wirkungsweise und ihren Problemen.4 Daraufhin stelle ich das Forschungsdesign dieser Studie vor und gehe auf die Fallauswahl und die vorkommenden Fallarten ein.5 Anschließend leite ich die die Analyse anleitenden ← 11 | 12 →Bestimmungsfaktoren „politische Macht“, „wirtschaftlicher Wohlstand“ und „Ideen“ aus den politikwissenschaftlichen Denkschulen des Realismus, des Liberalismus und des Konstruktivismus theoretisch her und kläre sie begrifflich.6 Danach komme ich auf die von mir verwendeten Quellen und Methoden zu sprechen.7 An den empirischen Hauptteil knüpft eine Zusammenfassung und Analyse an.8 In diesem Teil erörtere ich die Ausprägung der drei Bestimmungsfaktoren in der Gesamtheit der untersuchten Fälle sowie das Verhältnis der Bestimmungsfaktoren zueinander.9 Ferner identifiziere ich unterschiedliche Phasen des institutionellen Wandels der G7 und benenne weitere fallübergreifende Tendenzen im Zeitverlauf.10 Eine Diskussion möglicher Einwände gegen die vorliegende Studie und ein Hinweis auf offene Fragen vervollständigen diesen Abschnitt.11 Den Abschluss der Arbeit bildet ein resümierender Rückblick auf die Befunde sowie ein Ausblick auf die zukünftige Entwicklung des Teilnehmerkreises der G7.12

Inhaltlich gelange ich zu dem Ergebnis, dass sich die Erweiterungen der G7 mittels der drei im Blickpunkt stehenden Bestimmungsfaktoren zufriedenstellend erklären lassen. Bei allen Vergrößerungen des Teilnehmerkreises lagen auf die politische Macht, den wirtschaftlichen Wohlstand oder auf Ideen bezogene Motive vor, die stark genug waren, um das grundsätzliche Interesse an einer kompakten, nicht zu viele Mitwirkende umfassende Institution zu überwinden. Im Hinblick auf die politische Macht setzten die Akteure darauf, durch die Erweiterungen ihren Einfluss auf politische Entscheidungsprozesse auszubauen und ihre immateriellen Ressourcen – ihr Prestige und ihren Status – aufzubessern. Im Hinblick auf ihren wirtschaftlichen Wohlstand versprachen sich die Akteure von den Erweiterungen eine erfolgreichere Koordination ihrer ökonomischen Beziehungen und darüber hinaus direkte finanzielle Vorteile. Im Hinblick auf ihre Ideen hielten die Akteure die Erweiterungen aufgrund ihrer Orientierung an Ordnungsmodellen wie dem Kapitalismus und der liberalen Demokratie sowie aufgrund ihrer Bindung an Normen für angezeigt. Die durchgängige Wiederkehr dieser Motive lässt eine Konsistenz erkennen, die die Positionierungen und das daraus resultierende Verhalten der Akteure sehr weitgehend plausibel macht. Bei der genauen Gewichtung dieser immer wieder auftauchenden Motive ← 12 | 13 →von Erweiterung zu Erweiterung legten die Akteure gleichwohl eine gewissen Flexibilität an den Tag, sodass es unangebracht wäre, hier von einem eindeutigen, sämtliche Fälle durchziehenden Muster zu sprechen. Vielmehr verfügten die Akteure über die Zeit hinweg über einen relativ konstanten Fundus an Motiven, auf den sie situativ, d.h. in Abhängigkeit von aktuell wahrgenommenen Erfordernissen, zurückgriffen.

Zum gleichen Befund komme ich hinsichtlich der nicht oder nur teilweise erfolgreichen Erweiterungsversuche der G7. In diesen Fällen lässt sich ein verhältnismäßig stabiles Spektrum von Motiven identifizieren, die den Akteuren die betreffenden Erweiterungen nicht oder nur mit deutlichen Abstrichen als erstrebenswert erscheinen ließen. Im Hinblick auf ihre politische Macht nahmen die Akteure an, dass die betreffenden Erweiterungen ihren Einfluss auf politische Entscheidungsprozesse negativ tangierten, ihre Autonomie einschränkten sowie ihre immateriellen Ressourcen beeinträchtigten. Im Hinblick auf ihren wirtschaftlichen Wohlstand befürchteten die Akteure infolge dieser Erweiterungen eine abnehmende, die ökonomische Koordination erschwerende Funktionalität der G7 sowie direkte finanzielle Verluste. Im Hinblick auf ihre Ideen sprach die Orientierung der Akteure an wirtschaftlichen und politischen Ordnungsmodellen sowie die Bindung an Normen gegen die Durchführung dieser Erweiterungen. Obgleich ein situatives Moment auch in diesen Fällen eine gewisse Rolle spielte, wird das Verhalten der Akteure angesichts ihres Rückgriffs auf einen relativ konstanten Fundus an Motiven hier ebenfalls sehr weitgehend verständlich.

Die G7 ist eine wissenschaftlich vergleichsweise wenig beachtete Institution. Während zu internationalen Organisationen wie den Vereinten Nationen oder der Europäische Union zahlreiche politikwissenschaftliche Publikationen vorliegen, ist die Literaturauswahl zur G7 weniger umfangreich. Als maßgeblich sind in diesem Bereich zunächst die Monographien von Nicholas Bayne zu nennen, die sich schwerpunktmäßig mit der Entwicklung dieser Einrichtung anhand ihrer Gipfeltreffen befassen.13 Darüber hinaus sind die Veröffentlichungen von Peter Hajnal von Bedeutung, in denen die Beschreibung des institutionellen Aufbaus der G7 sowie die Rolle nicht-staatlicher Akteure im Vordergrund stehen.14 Ferner sind die Werke von John Kirton zu nennen, der als langjähriger Beobachter der G7 vor allem als Herausgeber diverser Sammelbände hervorgetreten ist.15 ← 13 | 14 →Einen besonderen Schwerpunkt auf den Aspekt der Legitimation der G7 legen derweil die Arbeiten von Jennifer Gronau.16 Hinzu kommen Schriften, die sich aus einer geschichtswissenschaftlichen oder biografischen Perspektive mit der G7 oder einzelnen Entscheidungsträgern im Kontext dieser Institution beschäftigen.17 Die vorliegende Arbeit ergänzt die genannte Literatur, indem sie erstmals eine durchgängige, sich über einen Zeitraum von 35 Jahren erstreckende und theoriegeleitete Darstellung und Analyse der G7 unter dem Gesichtspunkt ihrer Erweiterungen enthält. Bereits vorhandene Publikationen zu einzelnen Erweiterungen dieser Einrichtung werden dabei berücksichtigt und in den entsprechenden Kapiteln zitiert. Der folgende Text leistet damit einen Beitrag zur detaillierten Untersuchung eines speziellen, aber zentralen Aspekts der G7 nach einem einheitlichen Schema und zugleich zur Erforschung dieser bedeutenden internationalen Institution und ihrer Entwicklung insgesamt.


Für die G7 waren im Laufe ihres Bestehens unterschiedliche Bezeichnungen gebräuchlich. Bis in die späten 1980er Jahre wurde dieses Format üblicherweise „Wirtschaftsgipfel“ oder „Weltwirtschaftsgipfel“ genannt. Ab den 1990er Jahren setzte sich der Name „G7“ durch. Von 1998 bis 2014 – während der Mitgliedschaft Russlands – wurde der Name „G8“ („Gruppe der Acht“) verwendet. Infolge des Ausschlusses Russlands kehrte man zum Namen „G7“ zurück. Aus Gründen der Einheitlichkeit verwende ich in dieser Arbeit durchgängig den Begriff „G7“. Der Ausdruck „G7-Mitgliedsstaaten“ bezeichnet daher jeweils alle Staaten, die diesem Zusammenschluss bzw. dieser Institution zum betreffenden Zeitpunkt als Mitglieder angehörten (für eine Übersicht der Mitgliedsstaaten im Zeitverlauf siehe Tabelle 1, S. 30).

DOS 2009e: 335; Garavoglia 1984: 5; Putnam/Bayne 1987: 32 f.; ebd.: 149.

Details

Seiten
358
Jahr
2018
ISBN (PDF)
9783631747704
ISBN (ePUB)
9783631747711
ISBN (MOBI)
9783631747728
ISBN (Hardcover)
9783631747698
DOI
10.3726/b13404
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2018 (Mai)
Schlagworte
Gruppe der Sieben Gruppe der Acht Weltwirtschaftsgipfel Internationale Institutionen Internationale Organisationen Internationale Beziehungen Außenpolitik Mitgliedsstaaten Teilnehmer Beitritt Gruppe der Zwanzig Schwellenländer Outreach Entwicklungsländer Nicht-staatliche Akteure Nichtregierungsorganisationen Zivilgesellschaft Heiligendamm-Prozess
Erschienen
Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2018. 357 S., 2 s/w Abb., 40 Tab.

Biographische Angaben

Klaas Schüller (Autor:in)

Klaas Schüller studierte Politikwissenschaft und Wirtschaftswissenschaft an der Universität Bremen. Er wurde an der Bremen International Graduate School of Social Sciences im Bereich «Global Governance and Regional Integration» promoviert.

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Titel: Die Erweiterungen der G7
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