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Fachkraft-Kind-Relation versus Betreuungsschlüssel – Realität oder Fiktion?

Eine empirische Untersuchung im Bundesland Bayern

von Tanja Feder (Autor:in)
©2019 Dissertation 336 Seiten

Zusammenfassung

Im Rahmen des aktuell diskutierten Fachkräftemangels im Elementarbereich beleuchtet der Band die Betreuungsrelation in bayerischen Kindertagesstätten. Mithilfe einer Forschungstrias zeigt die Autorin einen Abriss über die Rahmenbedingungen in Kindertagesstätten sowie deren Auswirkungen auf das Personal auf. Die Forschung ergibt eine Differenz zwischen der formalen und realen Betreuungsrelation. Die Annahme, dass die Qualifikation des Personals den wichtigsten Faktor für die Qualität der Kinderbetreuung darstellt, bestätigt sich aus Sicht des Personals nicht. Die individuellen Qualitätsansprüche beeinflussen eine gelingende Teamarbeit und eine gute Betreuungsrelation. Auch das subjektive Erleben der Mitarbeiter_innen stellt einen wichtigen Faktor dar.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autoren-/Herausgeberangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Inhaltsverzeichnis
  • Abkürzungsverzeichnis
  • Einleitung
  • 1 Gesellschaftliche Entwicklungen
  • 1.1 Die Entwicklung der Bildungserziehung
  • 1.2 Wohlfahrtsstaat zwischen Frauenerwerbsarbeit und Kinderbetreuung
  • 1.3 Kindeswohl
  • 1.4 Familiäre Reaktionen auf die gesellschaftliche Entwicklung
  • 2 Entwicklungsgeschichte der Kindertagesstätten
  • 2.1 Frühpädagogik und KiTa – eine Begriffsdefinition
  • 2.2 Ost-West-Vergleich
  • 2.3 Ausbau der U3-Betreuung
  • 2.4 Nutzung außerfamiliärer Betreuungsformen
  • 3 Das Berufsfeld der Erzieher_in
  • 3.1 Historische Entwicklung
  • 3.2 Entwicklung der schulischen Ausbildung
  • 3.3 Entwicklung der Akademisierung
  • 3.4 Fachschule vs. Hochschule
  • 3.5 Das Personal in Kindertagesstätten
  • 4 Förderung der Kindertagesstätten
  • 4.1 Rechtsanspruch (KiFöG & TAG)
  • 4.2 Finanzierung
  • 4.3 Bedarfsplanung
  • 5 Qualität in Kindertagesstätten
  • 5.1 Kriterien pädagogischer Qualität
  • 5.2 Qualitätssysteme in Kindertagesstätten
  • 5.2.1 QUIK
  • 5.2.2 DKGS
  • 5.2.3 KES-R & KES
  • 5.2.4 Netzwerk Kinderbetreuung der europäischen Kommission/ Bertelsmann
  • 5.2.5 QuaSi (Qualität in Kindertagesstätten nach dem Situationsansatz)
  • 5.2.6 Kronberger Kreis
  • 5.2.7 IQUE (integrierte Qualitäts- und Personalentwicklung)
  • 5.2.8 EFQM (European Foundation of Quality Management)
  • 5.2.9 TQ – Trägerqualität
  • 5.2.10 DIN ISO 9000ff
  • 5.3 Qualitätskonzepte in der Kindertagesbetreuung
  • 5.4 Bildungspläne
  • 6 Betreuungsschlüssel
  • 6.1 Entwicklung der Betreuungsschlüssel
  • 6.2 Personalschlüssel vs. Fachkraft-Kind-Relation
  • 6.3 Berechnung des Personalschlüssels
  • 6.4 Mittelbare pädagogische Arbeit
  • 6.5 Regionale Betreuungsschlüssel
  • 7 Bisherige empirische Befunde
  • 7.1 Ergebnisse ausgewählter Studien
  • 7.2 Rückschlüsse für vorliegende Untersuchung
  • 8 Empirische Untersuchung
  • 8.1 Forschungshypothesen
  • 8.2 Untersuchungsaufbau
  • 8.3 Untersuchungskonzept
  • 8.4 Empirisches Untersuchungsdesign
  • 8.4.1 Entwicklung des Interviewleitfaden & Durchführung der qualitativen Untersuchung
  • 8.4.2 Entwicklung & Durchführung der Panelbefragung
  • 8.4.3 Entwicklung des Fragebogens & Durchführung der quantitativen Untersuchung
  • 8.5 Akquiseverfahren
  • 9 Auswertung der Untersuchungsergebnisse
  • 9.1 Auswertung der Experteninneninterviews
  • 9.1.1 Qualität
  • 9.1.2 Rahmenbedingungen
  • 9.1.3 Betreuungsschlüssel
  • 9.1.4 Fördervoraussetzungen
  • 9.1.5 Kategorienbildung
  • 9.2 Auswertung der Panelbefragung
  • 9.3 Auswertung der Fragebögen
  • 9.3.1 Demographische Daten
  • 9.3.2 Themenbereich Qualität
  • 9.3.3 Themenbereich Rahmenbedingungen
  • 9.3.4 Themenbereich Betreuungsschlüssel
  • 10 Hypothesenprüfung
  • 11 Diskussion der Ergebnisse
  • 12 Zusammenfassung
  • 13 Literaturverzeichnis
  • 14 Anlagen
  • 14.1 Anschreiben für die erste Teilnehmer_innenakquise
  • 14.2 Interviewleitfaden
  • 14.3 Tabellen Interviewauswertung
  • 14.4 Kategorien aus den Interviews
  • 14.5 Entwicklung des Befragungsinstruments
  • 14.6 Rekrutierung der Studienteilnehmer_innen
  • 14.7 Berechnungsgrundlage der Betreuungsrelation (Panel)
  • 14.8 Fragebogen
  • 15 Tabellenverzeichnis
  • 16 Abbildungsverzeichnis
  • Reihenübersicht

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Abkürzungsverzeichnis

BayBEP Bayerischer Bildungs- und Erziehungsplan

BayKiBiG Bayerisches Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz

BEP Bayerischer Bildungs- und Erziehungsplan

BGB Bürgerliches Gesetzbuch

BIP Bruttoinlandsprodukt

BMFSJ Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

BMJV Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz

BRD Bundesrepublik Deutschland

BTR Betreuungsrelation

BTS Betreuungsschlüssel

DJI Deutsches Jugendinstitut

FBBE Frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung

FKR Fachkraft-Kind-Relation

GG Grundgesetz

JFMK Jugend- und Familienministerkonferenz

KföG Kinderförderungsgesetz

KJHG Kinder- und Jugendhilfegesetz

KICK Kinder- und Jugendhilfeweiterentwicklungsgesetz

KiFöG Kinderförderungsgesetz des Bundes

KiTa Kindertagesstätte

KiTaG Kinderbetreuungsgesetz

OECD Organisation for Economic Co-operation and Development
(Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung)

pQB Pädagogische Qaulitätsbegleiter_innen

SFHG Schwangeren- und Familienhilfegesetz

SGB VIII Sozialgesetzbuch – Achtes Buch

StMAS Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration

TAG Tagesbetreuungsausbaugesetz

U3 unter drei Jahren (Kinder)

Ü3 über drei Jahre bis zum Schuleintritt (Kinder)

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Einleitung

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit den Arbeitsrahmenbedingungen des pädagogischen Personals in bayerischen Kindertageseinrichtungen. Im Fokus liegen dabei die reelle Fachkraft-Kind-Relation sowie deren Auswirkungen auf die Arbeitsbedingungen der Pädagog_innen. Die aufgeführten Aspekte wurden mittels eines Methodenmixes aus Expert_inneninterviews, Panelbefragung und vollstandardisiertem Fragebogen ergründet.

Die Forschung zeigt im Hinblick auf die Betreuungsrelation – und hier insbesondere zu den Kernbetreuungszeiten – eine Differenz zwischen den formalen und realen Werten. Zudem kann die zumeist in den öffentlichen Diskursen debattierte Annahme, dass die Qualifikation des Personals den wichtigsten Faktor für die Qualität der Kinderbetreuung darstellt aus Sicht des Personals nicht bestätigt werden. Die individuellen Qualitätsansprüche beeinflussen eine gelingende Teamarbeit und eine gute Betreuungsrelation. Weiterhin zeigt sich das subjektive Erleben der KiTa-Mitarbeiter_innen als ein nicht zu unterschätzter Faktor in Bezug auf die Umsetzung der Qualität, die Arbeit am Kind (Kindzentriertheit) und das Wohlbefinden der Mitarbeiter_innen.

Die Forschungsergebnisse werden hinsichtlich der strukturellen Rahmenbedingungen in Verbindung mit weiteren Studienergebnissen analysiert und Anschlussmöglichkeiten für die Praxis wie auch weitere Forschung aufgezeigt.

The presented work concerns the working conditions oft pedagogical staff in Bavarian childcare facilities. In focus are the actual proportions of specialists to children and the effect on the working conditions of the pedagogical staff. The discussed aspects were based on a mixture of methods including experts’ interviews, panel surveys and standardised questionnaire.

The research shows that in regards to the proportions of children specialists to children, and particularly during core hours, a difference between the theoretical an actual value. Although it is often postulated in open discourse that the qualification of staff is the most important factor for the quality of child care, in the view of the childcare specialists this is not the case. The individual quality demands are affected by successful teamwork and good proportions of specialists to children.

Furthermore, the research shows that the subjective experiences of the KiTa-co-workers is an important factor in reference to the realisation of quality, direct interactions with the children and well-being of the co-workers.

The research results were based on the structural working conditions and were analysed in connection with further study results and demonstrates possibilities for further research. ← 1 | 2 →

Der öffentliche Diskurs über die institutionelle Kindertagesbetreuung beschäftigt sich derzeit insbesondere mit dem Fachkräftemangel, dem Rechtsanspruch auf einen KiTa-Platz und dem quantitativen Ausbau der Kindertagesstätten. Studien über den Elementarbereich befassen sich in erster Linie mit dem Wohlergehen der Kinder, der Interaktion zwischen Kindern und Personal sowie der sozial-emotionalen und kognitiven Entwicklung der Heranwachsenden (siehe hierzu Kapitel 7). Die Schlagzeilen der Presse hingegen drehen sich zumeist in reißerischen Formulierungen um den „schlechten“ Betreuungsschlüssel (Beispielsweise: „Alptraumjob Erzieherin“ (Hollstein & Brühl, 2010), „Kitas ausgebaut, Erzieher ausgebrannt“ (Otto, 2013) oder „Sag mir wo die Erzieher sind!“ (Kröger, 2015)). Erst in jüngerer Zeit rückt das Personal in den Mittelpunkt der öffentlichen Diskussion. Allerdings liegt der Fokus des öffentlichen Interesses vorwiegend auf der Qualifikation des Personals und der Qualitätsentwicklung im Arbeitsfeld KiTa (Siehe hierzu den Aufruf von mehr als 50 Professor_innen aus dem Bereich der FBBE mit ihrer Forderung an die Bundesregierung, ein bundesweit gültiges Qualitätsentwicklungsgesetz für Kindertagesstätten auf dem Weg zu bringen (initiiert wurde dieser Aufruf von Prof. Dr. Susanne Viernickel, Prof. Dr. Irene Dittrich und Prof. Dr. Rahel Dreyer (BAG BEK e.V., 2017), oder das Gutachten des Aktionsrats Bildung, in dessen Handlungsempfehlungen konkrete Schritte zur Professionalisierung des frühpädagogischen Personals formuliert werden (Aktionsrat Bildung, 2012, S. 69ff.)). Das Wohlergehen des Personals in den Einrichtungen blieb zunächst ein nur spärlich beachtetes Feld. Die KiTa-Mitarbeiter_innen als Person, die Auswirkungen der Arbeitsrahmenbedingungen auf das Personal sowie die Belange der Pädagog_innen finden erst nach und nach Beachtung (vgl. z.B. die Studien „Wie gehts im Job?“ (GEW & DJI, 2007), „Aqua“ (Schreyer, Krause, Brandl, & Nicko, 2014) und „Stege“ (Viernickel & Voss, 2012)). Wenngleich sich die Lobby der Erzieher_innen, verstärkt durch die Gewerkschaft Ver.di, zunehmend für die Belange der Pädagog_innen einsetzt, scheinen Gesellschaft und Politik für scheinbar notwendige Interventionen noch nicht ausreichend sensibilisiert.

Die Relevanz des Themas zeigt sich unter anderem durch die aktiven Bemühungen der Gewerkschaften (u.a. Ver.di), die für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen der KiTa-Mitarbeiter_innen eintreten, zu Streiks aufrufen und damit erste Erfolge in den Tarifrunden erzielten. Zudem belegen ← 2 | 3 → erste Studien zum Thema Erzieher_innengesundheit, Strukturqualität und/ oder Arbeitsqualität einen Zusammenhang zwischen der Strukturqualität in Kindertagesstätten und der Belastung der Erzieher_innen (vgl. hierzu u.a. die Ergebnisse der Studien DGB-Index „Gute Arbeit“ (Fuchs & Trischler, 2008, S. 18f.) und „Stege“ (Viernickel & Voss, 2012, S. 114)). Der Fokus der Gewerkschaften hingegen liegt vorwiegend auf einer Optimierung der Wertschätzung des Berufsstandes (durch u.a. bessere Bezahlung) (Ver.di, 2015) und der Verbesserung der Arbeitsbedingungen (u.a. durch eine bessere Betreuungsrelation) (GEW; Ver.di, 2011). Zu ergründen gilt es nun, welche der genannten Faktoren die KiTa-Mitarbeiter_innen selbst am wichtigsten einschätzen, was sie am meisten belastet und unter welchen Betreuungsrelationen sie in ihren Einrichtungen arbeiten bzw. wie sie den gesetzlich vorgegebenen Betreuungsschlüssel einschätzen. Zudem soll eruiert werden, wie der Wert des statistischen Bundesamtes einzuschätzen bzw. zu interpretieren ist. Was genau sagt dieser rechnerische Wert aus? Ist er mit der reellen Situation in den Einrichtungen gleichzusetzen bzw. welche Unterschiede ergeben sich zwischen rechnerischem Wert und der Realität aus Sicht der Erzieher_innen? Gegenstand der Untersuchung sind die Kindertageseinrichtungen im Bundesland Bayern.

Bedingt durch den stetigen Ausbau der Kindertagesbetreuungsangebote hat der Bedarf an pädagogischem Personal zwischen den Jahren 2006 und 2010 um 19% zugenommen. Auch für die kommenden Jahre ist ein weiterer Zuwachs des Bedarfs zu erwarten. Welche Größenordnung dieser annehmen wird, ist derzeit noch nicht genau abzuschätzen (Schilling, 2012, S. 9). In diesem Kontext müssen Faktoren wie die strukturellen Beschäftigungsbedingungen und der länderspezifischen Betreuungsschlüssel umfassend analysiert werden. Das Thema Betreuungsschlüssel hat in den letzten Jahren sowohl für die Arbeitgeber als auch für die Arbeitnehmer_innen stark an Bedeutung gewonnen. Für die KiTa-Träger wird die Fachkraftgewinnung und -bindung durch das momentan defizitäre Fachkraftangebot hierdurch zu einer zentralen Aufgabe (Grgic, Matthes, & Stüber, 2014, S. 7). Scheinbar haben Arbeitnehmer durch das Überangebot an Erzieher_innenstellen die freie Arbeitsplatzwahl. Sie können beliebig oft den Arbeitgeber wechseln, bis sie die für sich ideale Stelle gefunden haben.

Die oben aufgeführten Faktoren bedingen Differenzen in der Mitarbeiter_innenbefindlichkeit – sollte man zumindest annehmen. Der Betreuungsschlüssel ← 3 | 4 → auf dem Papier und in der Realität scheint insbesondere zu den Kernbetreuungszeiten nicht übereinzustimmen (hierauf deuten die Ergebnisse der Forscher_innengruppe um Viernickel bei ihrer Studie in NRW hin (Viernickel & Voss, 2012, S. 52)). Dieses Phänomen zeigte sich auch schon in der Praxis, wurde jedoch aufgrund der Diskussion um den Fachkräftemangel von den Betroffenen zunächst als ein partielles Problem eingestuft. Auf diesen Sachverhalt sind auch Viernickel et al. in ihrer Studie „Schlüssel zu guter Bildung, Erziehung und Betreuung“ (Viernickel, Nentwig-Geseman, Nicolai, Schwarz, & Zenker, 2013, S. 28) gestoßen. Offensichtlich ergeben sich Schwierigkeiten, den tatsächlichen Schlüssel zu ermitteln. Das Problem ist wohl die rechnerische Ermittlung als Grundlage der Bedarfsplanung und der Refinanzierung sowie die Klärung des benötigten Zeitkontingents „außerpädagogischer“ Tätigkeiten (ebd., S. 25). Weiterhin nehmen Viernickel et al. eine Differenzierung zwischen den Bergriffen „Personalschlüssel“ und „Fachkraft-Kind-Relation“ vor. Diese Unterscheidung im Hinblick auf die reelle Betreuungssituation ergibt durchaus einen Sinn, insbesondere in Bezug auf die rechnerische und die reale Komponente (ebd., S. 25). Aus diesem Grund erscheint es sinnvoll, sich bei einer Untersuchung der Tatbestände (respektive der Fachkraft-Kind-Relation) sowie deren Auswirkungen auf eine festgelegte Kernzeit zu beziehen. Aus der frühpädagogischen Praxis geht hervor, dass eine Vielzahl der Einrichtungen ihre Kernzeit in die Vormittagsstunden legt. Die Festlegung eines Zeitraums für die reelle Fachkraft-Kind-Ermittlung auf acht bis zwölf Uhr erscheint daher geeignet, da in diesem Zeitfenster in vielen Häusern die meisten Kinder anwesend sind. Von qualitativ hochwertigen sowie guten Betreuungsbedingungen sollten alle Kinder gleichermaßen profitieren können. Andererseits würde eine Privilegierung von „Randzeit-Kindern“ stattfinden, von der in Zeiten der Chancengleichheit Abstand genommen werden sollte.

Die Fachkraft-Kind-Relation (nachfolgend auch Betreuungsschlüssel oder Personalschlüssel) gibt Aufschluss darüber, wie viele Kinder rein rechnerisch von einer pädagogischen Kraft betreut werden. Die gesetzlich vorgeschriebenen Mindestbetreuungsschlüssel werden durch Bund, Länder und Kommunen anteilig refinanziert (Paritätischer Wohlfahrtsverband, 2015, S. 41).

Laut eben aufgeführter Parameter fehlen Fachkräfte durchschnittlich 33,5% Tage/Jahr. Diese Fehlzeiten werden im gesetzlich vorgegebenen Mindestbetreuungsschlüssel nicht bedacht (Erläuterungen hierzu in Kapitel 6.3). ← 4 | 5 → Zu den krankheitsbedingten Fehltagen kommen Zeiten für mittelbare pädagogische Tätigkeiten und anderweitige Ausfälle. Diese Zeiten fehlen bei der Arbeit am Kind, werden jedoch bei der Berechnung der offiziellen Statistik in den Betreuungsschlüssel nicht als Fehlzeit berücksichtigt (Statistisches Bundesamt, 2015, S. 4; Viernickel & Fuchs-Rechlin, 2016, S. 16).

Durch die in der Berechnung nicht berücksichtigten Fehl- und Ausfallzeiten des Personals kommt es unmittelbar zu einer negativen Verzerrung der Fachkraft-Kind-Relation (Viernickel, Nentwig-Geseman, Nicolai, Schwarz, & Zenker, 2013, S. 41). De facto: Der Betreuungsschlüssel ist in der Realität deutlich schlechter anzunehmen, als aus den Erhebungen des statistischen Bundesamtes hervorgeht.

Durch das am 01. August 2013 in Kraft getretene Gesetz zum Anspruch auf einen KiTa-Platz von Kindern ab dem vollendeten ersten Lebensjahr hat in den letzten Jahren ein massiver Ausbau der Kindertagesstätten stattgefunden (Statistisches Bundesamt, 2016; Grgic, Matthes, & Stüber, 2014, S. 1; Rauschenbach & Schilling, 2010, S. 8). Zu bedenken ist hierbei jedoch ebenfalls, ob und inwiefern ausreichend qualifiziertes Personal für die Betreuung und die Gewährleistung des Personalschlüssels auf dem Markt zur Verfügung steht (Grgic, Rauschenbach, & Schilling, 2010, S. 1).

Im Folgenden beziehen sich die Begriffe Erzieher_innen, Pädagog_innen, pädagogische Mitarbeiter_innen, pädagogische Fachkräfte oder KiTa-Mitarbeiter_innen sowie KiTa-Personal immer auf alle pädagogisch Tätigen in Kindertageseinrichtungen, die mindestens über eine zweijährige pädagogische Ausbildung verfügen. Sollten sich die Ausführungen auf einen bestimmten Personen- oder Berufskreis beziehen, wird dies explizit aufgeführt.

Gleiches gilt für den Begriff KiTa, dieser inkludiert die beiden außerfamiliären Betreuungsformen Krippe (0 bis 3 Jahre) und Kindergarten (3 Jahre bis zum Schuleintritt), ausgenommen eine der beiden Formen wird explizit genannt.

Details

Seiten
336
Jahr
2019
ISBN (PDF)
9783631785072
ISBN (ePUB)
9783631785089
ISBN (MOBI)
9783631785096
ISBN (Hardcover)
9783631781777
DOI
10.3726/b15415
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2019 (Februar)
Schlagworte
Kindertagesstätten Mitarbeiterzufriedenheit Kita-Mitarbeiter Kindergarten Betreuungsrelation Betreuungsqualität Arbeitsbedingungen
Erschienen
Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien. 2019. 336 S., 35 s/w Abb., 36 s/w Tab.

Biographische Angaben

Tanja Feder (Autor:in)

Tanja Feder studierte Soziale Arbeit in Regensburg. Berufsbegleitend zu ihrer Arbeit als Einrichtungsleitung im Elementarbereich absolvierte sie ein Masterstudium an der Hochschule Potsdam, bevor sie an der Universität Vechta ihr Promotionsprojekt begann. Sie arbeitet als Lehrkraft an der OTH in Regensburg.

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