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Internationale Verweisungen und forum (non) conveniens im europäischen Konzerninsolvenzrecht

von Julia Alexandra Müller (Autor:in)
©2019 Dissertation 310 Seiten

Zusammenfassung

Dieses Buch beschäftigt sich mit den vielfältigen Problemen im Umgang mit internationalen konzerngebundenen Unternehmen in der Insolvenz. Waren in der alten Europäischen Insolvenzverordnung Konzernunternehmen noch völlig unbekannt, stellt die neue Europäische Insolvenzverordnung sinnvolle Instrumentarien zum Umgang mit sogenannten Unternehmensgruppen in der Insolvenz zur Verfügung. Die neue Europäische Insolvenzverordnung könnte aber um ein weiteres Instrument ergänzt werden, das den Beteiligten mehr Flexibilität ermöglicht und die Wettbewerbsfähigkeit des Europäischen Insolvenzrechts stärkt. Die Autorin leitet hierfür einen Lösungsansatz her. Sie überprüft inwiefern dieser in die neue Europäische Insolvenzverordnung implementiert werden könnte und wie sich dieser Lösungsansatz in das Gesamtgefüge um die Novellierung des europäischen und auch deutschen Insolvenzrechts einfügt.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Herausgeberangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Vorwort
  • Vorwort der Reihenherausgeber
  • Inhaltsverzeichnis
  • Abkürzungsverzeichnis
  • Einleitung
  • A Untersuchungsgegenstand
  • B Gang der Untersuchung
  • C Ziel der Arbeit
  • Teil 1: Grundlagen
  • A Die Insolvenz und der Konzern
  • I Der Konzernbegriff, ein Phänomen des deutschen Rechts?
  • 1 Begriff des Konzerns im deutschen Recht
  • 2 Rechtliche Bedeutung des Konzerns in Deutschland
  • 3 Konzern im handelsrechtlichen Sinne
  • 4 Betriebswirtschaftliche Bedeutung
  • 5 Internationales Verständnis
  • II Konzernblindheit der InsO de lege lata
  • III Schlussfolgerungen und zusammenfassendes Ergebnis
  • B Zur Problematik der grenzüberschreitenden Insolvenz konzerngebundener Unternehmen
  • C Insolvenzverfahren unter der VO (EG) Nr. 1346/2000 und die Auswirkungen auf konzerngebundene Unternehmen
  • I Ausgangslage
  • II Ziele der EuInsVO 2000
  • III Anwendungsbereich
  • IV Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen (COMI) als Dreh- und Angelpunkt für die internationale Zuständigkeit des Hauptverfahrens
  • 1 Die Vermutungsregel bei Gesellschaften und juristischen Personen – eine Hilfe für konzerngebundene Unternehmen?
  • 2 (K)ein Konzerngerichtsstand über den COMI-Begriff
  • 3 Verlegung des COMI
  • 4 Folgerungen
  • V Das Sekundärinsolvenzverfahren
  • 1 Allgemeines
  • 2 Keine Abkehr vom Universalitätsprinzip
  • 2.1 Eröffnung von Sekundärinsolvenzverfahren
  • 2.2 Vermeintlich liquidierender Charakter130 des Sekundärinsolvenzverfahrens
  • a) Bedeutung für das deutsche Recht
  • b) Bedeutung für ausländische Rechtsordnungen
  • c) Stellungnahme
  • 3 Konkrete Auswirkungen auf konzerngebundene Unternehmen
  • 3.1 Verhältnis zwischen Haupt- und Sekundärinsolvenzverfahren
  • 3.1.1 Befugnisse des Hauptinsolvenzverwalters
  • 3.1.2 Verwalter des Sekundärinsolvenzverfahrens
  • 3.1.3 Abgrenzung der Befugnisse zwischen Haupt- und Sekundärverwalter
  • 3.1.4 Wirkungen der Eröffnung eines Sekundärinsolvenzverfahrens
  • a) Territoriale Beschränkung
  • b) Umgang mit einem erzielten Überschuss
  • c) Subordinationsverhältnis
  • d) Stellung der Gläubiger
  • 3.2 Kein „Konzerninsolvenzrecht“ über den Niederlassungsbegriff
  • 3.3 Vorbildfunktion der Vorschriften über die Koordination von Haupt- und Sekundärinsolvenzverfahren
  • 3.3.1 Information und Unterrichtung
  • 3.3.2 Zusammenarbeit
  • 3.3.3 Besondere Informations- und Kooperationspflicht
  • 3.3.4 Keine konkreten Sanktionen bei Nichtbefolgung
  • 3.3.5 Konkretisierung der Kooperationspflichten durch die European Communication und Cooperation Guidelines
  • 3.3.6 Meinungsstand
  • 3.4 Erläuterung der Funktionen des Sekundärinsolvenzverfahrens
  • 3.4.1 Schutz- und Unterstützungsfunktion als Interessenausgleich
  • 3.4.2 Die paradoxe Folge für einige Konzernkonstellationen
  • 3.4.3 Keine Rechtfertigung einer Abschaffung des Sekundärinsolvenzverfahrens
  • 4 Zusammenfassung
  • D Praktischer Umgang mit grenzüberschreitenden Insolvenzen konzerngebundener Unternehmen
  • I Schaffung eines ungestörten Konzerngerichtsstands am Beispiel der “Nortel Group” und der Einfluss von Sekundärinsolvenzverfahren am Fall „Collins & Aikman“
  • 1 Nortel Group
  • 2 Vermeidung von Sekundärinsolvenzverfahren am Fall Collins & Aikman264
  • II Schlussfolgerungen
  • E Zusammenfassende Stellungnahme zu den Auswirkungen der Nichtberücksichtigung konzerngebundener Unternehmen
  • F Grundlegende Lösungsmodelle
  • I Verfahrensrechtliche (formelle) Lösungen
  • 1 Verfahrenskoordination
  • 2 Verfahrenskonzentration
  • 3 Verfahrensmäßige Konsolidierung unter Beibehaltung der rechtlichen Selbstständigkeit der Unternehmen
  • II Materielle Lösungen
  • 1 Substantielle Konsolidierung
  • 2 Konzerninsolvenzplanverfahren
  • III Eignung der Lösungsmodelle für eine europäische Lösung
  • 1 Vorzugswürdigkeit von Koordinationsvorschriften
  • 2 Eingeschränkte Eignung von Lösungen zur Verfahrenskonzentration und -konsolidierung
  • 3 Keine materiellen Lösungsansätze
  • IV Empfehlungen der UNCITRAL zum nationalen und internationalen Umgang mit konzerngebundenen Unternehmen in der Insolvenz
  • 1 Allgemeines
  • 2 Teil 3 des “Legislative Guides”
  • 2.1 Konkreter Inhalt und Struktur
  • 2.1.1 Zum Begriff der “enterprise group”
  • 2.1.2 Inländische Insolvenzverfahren
  • a) Verfahrenskoordination
  • b) Die Stellung der Insolvenzanträge
  • c) Konsolidierung der Haftungsmassen
  • 2.1.3 Grenzüberschreitende Insolvenzverfahren von Unternehmensgruppen
  • 2.2 Stellungnahme
  • V Zusammenfassende Stellungnahme
  • Teil 2: Die neue Europäische Insolvenzverordnung als Startschuss für ein Europäisches Insolvenzrecht für Konzerngesellschaften? Oder bleibt alles anders?
  • A Grundlagen
  • I Systematik
  • II Hintergrund
  • B Wesentliche Änderungen
  • I Erweiterung des Anwendungsbereichs
  • II Definition der gerichtlichen Zuständigkeit bei der Eröffnung des Insolvenzverfahrens
  • III Internetbasierte Insolvenzregister mit Daten über grenzüberschreitende Insolvenzverfahren und einheitliche Formulare
  • IV Sekundärinsolvenzverfahren
  • V Einführung erster Regelungen zur „Konzerninsolvenz“
  • C Auswirkungen
  • I Virtuelles Sekundärinsolvenzverfahren oder: die Stärkung des Universalitätsprinzips der EuInsVO
  • 1 Herkunft/Entstehungsgeschichte
  • 2 Zweck
  • 3 Inhalt der Zusicherung
  • 3.1 Wahrung der nationalen Verteilungs- und Vorzugsrechte
  • 3.2 Die tatsächlichen Annahmen die der Zusicherung zugrunde liegen
  • 4 Der Begriff der lokalen Gläubiger
  • 5 Das Billigungsverfahren
  • 6 Rechtsfolge bei Zustandekommen einer verbindlichen Zusicherung
  • 7 Haftung
  • 8 Umgang mit den Regelungen im deutschen Recht
  • 8.1 Der Gesetzesentwurf zur Durchführung der EuInsVO 2015
  • 8.1.1 Hauptinsolvenzverfahren in Deutschland
  • 8.1.2 Hauptinsolvenzverfahren in einem anderen Mitgliedstaat
  • 8.1.3 Stellungnahme
  • 8.2 § 56 InsO
  • 9 Kritik an der Vorschrift
  • 10 Zusammenfassende Stellungnahme
  • II Definition der Unternehmensgruppe – der Konzern im europäischen, insolvenzrechtlichen Sinne?
  • 1 Kontroll-Kriterium
  • 2 Das Kontroll-Kriterium und die Rolle der Bilanz-Richtlinie
  • 2.1 Die tatsächliche Erstellung eines konsolidierten Abschlusses und die Konsolidierungspflicht
  • 2.2 Folgerungen für die Erfassung von Gleichordnungskonzernen
  • 2.3 Stellungnahme
  • 2.4 Folgerungen für das deutsche Recht
  • 3 Zusammenfassung
  • III Kooperations- und Koordinationsvorschriften
  • 1 Struktur
  • 2 Eröffnung eines Insolvenzverfahrens iSd. EuInsVO 2015 als Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Vorschriften
  • 3 Stufe 1: Dezentral geführte Verfahren mit Informationsfluss und Eruierung der Handlungsmöglichkeiten und einzelner übergreifender Handlungsmöglichkeiten
  • 3.1 Zwingende Vorschriften?!
  • 3.1.1 Erleichterung der wirksamen Abwicklung bzw. Verfahrensführung
  • 3.1.2 Vereinbarkeit mit den für die Verfahren geltenden Vorschriften
  • 3.1.3 Kein Interessenkonflikt
  • 3.2 Zusätzliche Verwalterbefugnisse
  • 3.3 Zusammenarbeit und Kommunikation der Verwalter untereinander
  • 3.3.1 Formen der Zusammenarbeit
  • 3.3.2 Durchführung der Zusammenarbeit
  • 3.4 Durchführung der gerichtlichen Zusammenarbeit
  • 3.5 Zusammenarbeit und Kommunikation zwischen Verwaltern und Gerichten
  • 3.6 Kritikpunkte
  • 3.7 Zusammenfassende Stellungnahme
  • 4 Stufe 2: Das Gruppen-Koordinationsverfahren – Zentralisierung der Informationen mit bedingter Durchsetzungsmöglichkeit
  • 4.1 Antrag auf Eröffnung eines Gruppen-Koordinationsverfahrens
  • 4.2 Inhalt des Antrags
  • 4.3 Opt-Out und nachträgliches Opt-In
  • 4.4 Wahlgerichtsstand und Prioritätsregel
  • 4.5 Eröffnungsvoraussetzungen
  • 4.5.1 Eröffnungsverfahren
  • 4.5.2 Entscheidung über die Eröffnung
  • 4.6 Befugnisse des Koordinators
  • 4.7 Gruppen-Koordinationsplan
  • 4.7.1 Wiederherstellung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und Solvenz der Gruppe
  • 4.7.2 Beilegung gruppeninterner Streitigkeiten
  • 4.7.3 Vereinbarungen zwischen Verwaltern
  • 4.8 Die Leitprinzipien des Koordinationsverfahrens
  • 4.8.1 Keine Schlechterstellung von Gläubigern
  • 4.8.2 Keine Vorschläge zu Verfahrenskonsolidierungen und Konsolidierungen der Vermögensmassen
  • 4.9 Rechtsnatur des Gruppenkoordinationsplanes
  • 4.9.1 Keine Zustimmungserfordernisse aber beschränkte Anhörungsrechte
  • 4.9.2 Rechtsfolgen
  • 4.10 Nutzen des Gruppen-Koordinationsverfahrens
  • 4.10.1 Meinungsstand
  • a) Freiwilligkeit
  • b) Bürokratischer Aufwand
  • c) Beantragung der Verfahrensaussetzung und Aufhebung einer solchen
  • d) Art. 65 EuInsVO 2015 als Erfolgsbremse?
  • 4.10.2 Zusammenfassende Stellungnahme
  • 5 Stufe 3: Zentralisierung und Verteilung der Verwalterbefugnisse
  • 5.1 Bündelung der Verwalterbefugnisse als neues Instrument zur Bewältigung von Konzerninsolvenzen?
  • 5.1.1 Anwendbares Recht
  • 5.1.2 Gerichtliche Zuständigkeit
  • 5.1.3 Sicherstellung der Gläubigerrechte
  • 5.1.4 Ergebnis
  • a) Theoretische Ebene
  • b) Praktische Ebene am Beispiel des deutschen Rechts
  • 5.2 Aufteilung/Verteilung bestimmter Aufgaben
  • D Bewertung und zusammenfassendes Ergebnis
  • Teil 3: Eine weitere europäische Initiative
  • A Der Richtlinienvorschlag zum präventiven Restrukturierungsrahmen
  • I Zielsetzung, Anwendungsbereich und wesentlicher Inhalt des Vorschlags
  • II Kohärenz mit den bestehenden Vorschriften in diesem Bereich
  • III Auswirkungen auf die nationalen Insolvenzrechte
  • B Schlussfolgerungen
  • Teil 4: Mögliche Auswirkungen der neuen Europäischen Insolvenzverordnung auf die Entwicklung eines Europäischen Insolvenzrechts
  • A Rechtspolitische Ziele und Dimensionen der neuen Europäischen Insolvenzverordnung
  • I Impetus die Haftungstrennung zu bewahren
  • II Einbeziehung nationaler Gesetzgeber
  • III Interessenpluralismus mit vorgegebener Gewichtung
  • IV Ausklammerung von solventen Konzerngesellschaften
  • B Folgen
  • I Vorüberlegung
  • II Institutioneller Wettbewerb der nationalen Gesetzgeber im Insolvenzrecht?
  • 1 Allgemeines
  • 1.1 Voraussetzungen
  • 1.2 Vorteile
  • 1.3 Nachteile
  • 2 Anwendung auf die Weiterentwicklung eines Europäischen Insolvenzrechts
  • 2.1 Mobilität/Schaffung von Gestaltungsmöglichkeiten – Theorie
  • 2.2 Reaktion der Rechtsanwender (Nachfrager) – Praxis
  • 2.2.1 Beispiele, die auf Wettbewerbsintensität hindeuten
  • a) Der Fall Deutsche Nickel AG und der Fall Schefenacker und die Wahlentscheidung für das englische Recht
  • b) Die PIN Group und der Insolvenzstandort Deutschland
  • 2.2.2 Zwischenergebnis: Rechtswahl lediglich auf faktischer Ebene
  • 2.3 Die Reaktionsmöglichkeiten der jeweiligen Staaten (Anbieter)
  • 2.4 Keine Änderungen der Rahmenbedingungen durch die EuInsVO 2015
  • 3 Ergebnis zur Entwicklung eines institutionellen Wettbewerbs unter der EuInsVO 2015
  • III „Europa der unterschiedlichen Geschwindigkeiten“ als Folge für das europäische Insolvenzrecht?
  • 1 Europarechtliche Auslegung
  • 2 Unterschiedliche Geschwindigkeiten als Grundlage für divergente Entwicklungen
  • 3 Erfahrungen
  • 4 Stellungnahme
  • IV Zusammenfassendes Ergebnis: Schleichende Anpassung und Angleichung der nationalen Insolvenzrechte
  • Teil 5: Regelungsvorschlag
  • A Ein modernes und an den praktischen Bedürfnissen orientiertes Insolvenzrecht für Unternehmensgruppen
  • I Vorüberlegungen
  • 1 Balance der widerstreitenden Interessen
  • 1.1 Gründe der Schuldner für die Bevorzugung bestimmter Foren und einer Zentralen Abwicklung
  • 1.2 Gläubigerinteressen und Beseitigung der Informationsasymmetrie
  • 1.2.1 Forum Shopping im Lichte der EuInsVO 2015
  • 1.2.2 Schlussfolgerung
  • II Weichenstellung
  • 1 Rechtsträgerprinzip
  • 2 Die grundsätzliche Maßgeblichkeit des COMI
  • 3 Gleichlauf von Forum und ius
  • 4 Keine Konsolidierung von Verfahren oder Insolvenzmassen
  • III Modifizierte Übertragung der Regelungen über das virtuelle Sekundärinsolvenzverfahren auf das Verhältnis Mutter- Tochtergesellschaften
  • IV Darstellung des Lösungsansatzes
  • 1 Allgemeines
  • 2 Wesentliche Unterschiede zum Haupt- und Sekundärinsolvenzverfahren
  • 2.1 Geborene und gekorene Dezentralität
  • 2.2 Keine Prüfung von Insolvenzeröffnungsgründen
  • 2.3 Ein Rechtsträger und daher grundsätzlich ein Verfahren
  • 2.4 Keine untergeordnete Stellung oder Vorrang des Verfahrens über die Muttergesellschaft
  • 2.5 Zusammenfassende Stellungnahme und Schlussfolgerung: Lediglich eine vergleichbare Situation
  • 3 Sinn und Zweck dieses Ansatzes
  • V Lösungsmöglichkeiten mit geringerer „Eingriffsintensität“
  • 1 „Aussetzung“ der Verwertung im nationalen Verfahren oder Unterbrechung des Verfahrens
  • 1.1 Die Aussetzung
  • 1.2 Die Unterbrechung
  • 1.3 Zusammenfassende Stellungnahme
  • 2 Gruppen-Koordinationsverfahren
  • 3 Insolvenzverwaltungsverträge bzw. Protocols
  • 4 Zentralisierung der Verwalterbefugnisse nach Art. 56 Abs. 2 Unterabsatz 2 EuInsVO 2015
  • 5 Ergebnis
  • VI Bestimmung und Anforderungen an den Verwalter eines „führenden Verfahrens“ – faktische Bestellung eines Insolvenzverwalters für alle Verfahren
  • B Auswirkungen auf die gerichtliche Zuständigkeit
  • I Nachträgliche Zuständigkeit des Gerichts des „führenden Verfahrens“ für Unternehmen einer Unternehmensgruppe
  • 1 Gerichtliche Verweisungsmöglichkeiten
  • 1.1 Verweisungsmöglichkeiten nach deutschem Recht
  • 1.2 Verweisungsmöglichkeiten nach der (neuen) Europäischen Insolvenzverordnung
  • 1.2.1 Einführung einer Verweisungsvorschrift in die EuInsVO
  • 1.2.2 Blick auf das europäische internationale Zivilverfahrensrecht
  • a) EuGVVO
  • b) Art. 15 EuEheVO
  • c) Art. 6 lit. a) i. V. m. Art. 7 lit. a) EuErbVO
  • 1.2.3 Das europäische internationale Zivilverfahrensrecht und die forum-non-conveniens-Doktrin
  • 1.2.4 Folgerungen für die Europäische Insolvenzverordnung
  • a) Die bindende Verweisung – Eine Kompetenzfrage? – Der Umkehrschluss aus der Kompetenz für die Festlegung der internationalen Zuständigkeit
  • b) Der Anklang des (non)-conveniens-Gedanken in der neuen Europäischen Insolvenzverordnung
  • 1.2.5 Zulässigkeit einer nicht bindenden Verweisung – Eine Art forum (non) conveniens für Unternehmensgruppen?
  • a) Forum non conveniens in seiner Ursprungsform
  • aa) Kritikpunkt 1: Rechtssicherheit
  • bb) Kritikpunkt 2: Die Bindung des Richters an Recht und Gesetz
  • cc) Kritikpunkt 3: Der Anspruch auf Justizgewährung und Anspruch auf den gesetzlichen Richter
  • b) Der forum non conveniens Ansatz des europäischen Zivilverfahrensrechts
  • c) Überwindung der Kritikpunkte durch Koppelung an die Abgabe einer wirksamen Zusicherung
  • 1.2.6 Zusammenfassung und Zwischenergebnis
  • 1.2.7 Eignung einer nicht bindenden Verweisung
  • 2 Zusammenfassendes Ergebnis
  • II Rechtliche Qualifizierung des Zusicherungsmodells mit Blick auf die Zuständigkeit im Verhältnis Insolvenzverwalter/Gläubiger
  • C Zwischenstand
  • D Vereinbarkeit mit dem ordre public Vorbehalt, der lex fori concursus und insolvenzrechtlichen Grundsätzen
  • I Zeitpunkt der Abgabe der Zusicherung als wesentliche Weichenstellung
  • 1 Ziele und Grenzen der zeitlichen Anknüpfung
  • 1.1 Vereinbarkeit mit Art. 7 EuInsVO 2015
  • 1.1.1 Wortlaut
  • 1.1.2 Entstehungsgeschichte und Telos
  • 1.1.3 Systematik
  • 1.2 Handlungsvarianten
  • 1.2.1 Die reine Verweisungslösung unter Anerkennung der Eröffnungsentscheidung und deren Wirkungen
  • 1.2.2 Die erneute Verfahrenseröffnung
  • 1.2.3 Die Verweisung nach Antragstellung
  • 1.2.4 Entscheidung für die vorzugswürdige Lösung
  • 2 Vereinbarkeit mit § 56 InsO
  • 3 Haftung
  • 4 Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung
  • 5 Forderungsanmeldung
  • II Vereinbarkeit mit den Zielrichtungen der neuen EuInsVO
  • III Bedürfnis nach einem Konzerngerichtsstand auf europäischer Ebene
  • IV Überschuss
  • V Mögliche Interessenkollision
  • VI Einbeziehung von Sekundärinsolvenzverfahren
  • 1 Der theoretische Fall des Nichtzustandekommens einer verbindlichen Zusicherung für das Sekundärinsolvenzverfahren
  • 2 Gleichlauf unter Anlehnung an § 245 InsO?
  • 3 Übertragung auf das Zusicherungsmodell
  • VII Zusammenfassung
  • VIII Gleichlauf von forum und ius im Insolvenzrecht
  • IX Konkrete Einordnung in die Struktur der Vorschriften zu den Unternehmensgruppen in der neuen EuInsVO
  • E Bewährung am konkreten Fall
  • I KPNQwest group
  • II Babcock-Borsig AG
  • III Schlussfolgerung
  • F Eignung der Regelungen am Beispiel des Gesetzes zur Erleichterung der Bewältigung von Konzerninsolvenzen
  • I Wesentliche Weichenstellungen
  • 1 Gläubigerinteresse als Bedingung für die Flexibilität des Schuldners
  • 2 Absehen von Konsolidierungslösungen
  • 3 Entscheidung für flexible Koordinierungsmechanismen
  • 4 (Wahl-)Verfahrenskonzentration unter Anwendung des Prioritätsprinzips
  • 5 Bestellung eines Insolvenzverwalters
  • 6 Allgemeine Bestimmungen zur Zusammenarbeit von Gerichten, Verwaltern und Gläubigerausschüssen
  • 7 Koordinationsverfahren bzw. der Koordinationsplan als besonderes Instrument
  • 8 Definition der Unternehmensgruppe
  • II Stellungnahme und Konsequenz für das europäische Recht
  • G Ergebnis
  • Teil 6: Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse
  • A Der Konzern im wirtschaftlichen und insolvenzrechtlichen Spannungsfeld
  • B Die Entstehung eines „faktischen Konzerninsolvenz(verfahrens)rechts“ unter der EuInsVO 2000
  • C Die EuInsVO 2015 und die Aufrechterhaltung der grundsätzlichen Systematik
  • D Das europäische EU-rechtliche Konzernverständnis
  • E Ein Insolvenzverfahrensrecht für Unternehmensgruppen
  • F Keine Konsolidierung der Haftungsmassen oder Verfahren
  • G Weitere europäische Projekte und das Problem der Freiwilligkeit
  • H Forum Shopping: Problem und gleichzeitig ein Wegweiser
  • I Der Anteil der Praxis und insbesondere der Gerichte an der neuen Europäischen Insolvenzverordnung
  • J Interessen und deren Interdependenz als zwingender gemeinsamer Nenner
  • K Haupt- und Sekundärinsolvenzverfahren
  • L Kein COMI bzw. einheitlicher Gerichtsstand für Unternehmensgruppen
  • M Die Europäische Insolvenzverordnung und internationale Verweisungen
  • N Zu einem einheitlichen Insolvenzrecht in der EU
  • Teil 7: Ausblick
  • Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

a. A. andere Ansicht

a. F. alte Fassung

Aufl. Auflage

BB Betriebs-Berater

Bd. Band

BGB Bürgerliches Gesetzbuch

BGBl. Bundesgesetzblatt

BGH Bundesgerichtshof

BGHZ Entscheidungssammlung des Bundesgerichtshofs

BMJV Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz

Bsp. Beispiel

BT-Drucks. Bundestags-Drucksache

bzw. beziehungsweise

d. h. das heißt

DB Der Betrieb

ders. derselbe

dies. dieselbe/dieselben

DStR Deutsches Steuerrecht

DZWIR Deutsche Zeitschrift für Wirtschafts- und Insolvenzrecht

EuGH Europäischer Gerichtshof

EuInsVO Europäische Insolvenzverordnung

EuR Zeitschrift Europarecht

EuZW Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht

EWiR Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht

f./ff. folgende [Seite]/folgende [Seiten]

FS Festschrift

ggf. gegebenenfalls

GPR Zeitschrift für Gemeinschaftsprivatrecht

h. M. herrschende Meinung

Halbs. Halbsatz

Hrsg. Herausgeber

i. d. R. in der Regel

i. S. d. im Sinne des/im Sinne der

i. S. v. im Sinne von

i. V. m. in Verbindung mit

←25 | 26→

InsO Insolvenzordnung

IPRax Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts

JZ JuristenZeitung

Kap. Kapitel

KTS Zeitschrift für Insolvenzrecht

LG Landgericht

m.w.N. mit weiteren Nachweisen

MDR Monatsschrift für Deutsches Recht

NJW Neue Juristische Wochenschrift

NZI Neue Zeitschrift für Insolvenz- und Sanierungsrecht

OLG Oberlandesgericht

RIW Recht der internationalen Wirtschaft

s. o./s. u. siehe oben/siehe unten

sog. sogenannt

usw. und so weiter

vgl. vergleiche

Vor. Vorbemerkung

WM Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht, Wertpapier-Mitteilungen Teil IV

z. B. zum Beispiel

ZEuP Zeitschrift für Europäisches Privatrecht

ZGR Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht

ZHR Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht

ZInsO Zeitschrift für Insolvenz- und Sanierungsrecht

ZIP Zeitschrift für Wirtschaftsrecht und Insolvenzpraxis

zit. Zitiert

ZRP Zeitschrift für Rechtspolitik

Die in dieser Arbeit verwendeten Abkürzungen ergeben sich im Übrigen aus Kirchner, Hildebert, Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 8. Auflage, Berlin 2015.

Einleitung

Konzern-Insolvenzrecht als Rechtsgebiet?!

Das Konzern-Insolvenzrecht ist rechtssystematisch erst teilweise erschlossen. Es handelt sich um eines jener Rechtsgebiete, die erst auf der Grundlage wachsender praktischer Erfahrung zu einem rechtssystematisch geschlossenen Ganzen zusammengefügt werden können. Das darf jedoch nicht bedeuten, dass die Wissenschaft dem Phänomen der Insolvenzen im Konzern in abwartend kontemplativer Passivität gegenüberstehen sollte. […], die Wissenschaft ist aufgerufen, am Entstehungsprozess eines solchen Konzerninsolvenzrechts teilzuhaben.1

Diese prophetische Mahnung, von Karsten Schmidt bereits im Jahre 1983 formuliert, scheint ungehört verhallt. Mangelt es doch bis heute an befriedigenden Lösungen für den Umgang mit konzerngebundenen Unternehmen in der Insolvenz. Die Begriffe „Flexibilität“ und „Rechtssicherheit“ spielen in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle. Kann man sie überhaupt auf einen gemeinsamen Nenner bringen? Wissenschaft und Praxis beschäftigen sich seit Jahrzehnten mit der Regelung bzw. dem optimalen Umgang mit konzerngebundenen Unternehmen in der Insolvenz, ohne bisher zu einem befriedigenden Ergebnis gelangt zu sein. Auch gerichtliche Entscheidungen hierzu sind zahlreich. Nun hat der europäische Gesetzgeber reagiert und erstmals Regelungen zu sogenannten Unternehmensgruppen formuliert. Auch der deutsche Gesetzgeber hat nunmehr im April 2017 das Gesetz zur Erleichterung der Bewältigung von Konzerninsolvenzen beschlossen.2 Ob dieses „Rechtsgebiet“ allerdings tatsächlich zu einem rechtssystematisch geschlossenen Ganzen zusammengefügt werden kann, bleibt abzuwarten. Mit der neuen Europäischen Insolvenzverordnung3 hat sich der europäische Gesetzgeber, vor den meisten nationalen Gesetzgebern, jedoch einen Schritt nach vorne gewagt.

Interessant ist das einleitende Zitat aber auch noch aus einem weiteren Gesichtspunkt. Denn es enthält einen Verweis auf die mögliche Rechtsfindung auf diesem Gebiet und sieht hier drei erforderliche Komponenten: 1. Die praktische Erfahrung, 2. der Anteil der Wissenschaft an diesem Prozess und 3. das ←27 | 28→Erfordernis des Tätigwerdens des Gesetzgebers. Dies ist ein hervorragendes Beispiel dafür, dass rechtliche Theorie und tatsächliche Rechtspraxis nicht unberücksichtigt bleiben dürfen. Es muss ein Recht geschaffen werden, das sich den Bedürfnissen der Praxis anpasst und nicht ein solches, das die Anpassung der Praxis an das Recht erfordert.4 Denn ein Recht, das sich nicht an den Bedürfnissen der Praxis orientiert, wird in einer globalisierten Welt schnell irrelevant. Sind die Parteien doch immer dazu geneigt, sich das Recht zu suchen, das ihren praktischen Bedürfnissen am nächsten kommt.

A Untersuchungsgegenstand

Zum sog. „Konzerninsolvenzrecht“ sind bereits zahlreiche Dissertationen erschienen, die sich auch mit Konstellationen auf europäischer Ebene befassen. Untersuchungsgegenstand und Schwerpunkt dieser Arbeit ist daher die neue Europäische Insolvenzverordnung, die seit dem 26. Juni 2017 in allen Mitgliedstaaten bis auf Dänemark gilt. Es sollen hierbei alle Vorschriften analysiert werden, die Auswirkungen auf konzerngebundene Unternehmen haben können. Insbesondere soll sich mit der Frage auseinandergesetzt werden, ob die neue Europäische Insolvenzverordnung den ersten Schritt hin zu einem europäischen Insolvenzrecht bzw. Insolvenzverfahrensrecht für Konzernunternehmen darstellt und wie sich hierdurch die Rechtssetzung auf EU-Ebene verändern kann. Damit unterscheidet sich diese Arbeit nach Thematik5 und Schwerpunkt6 von bereits erschienen Dissertationen zum Themenkomplex „Konzerninsolvenz“. Zur Klarstellung wird an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass immer, wenn von konzernverbundenen Unternehmen die Rede ist, nur Kapitalgesellschaften gemeint sind. Auch wenn es denkbar ist, entsprechende Lösungsansätze auf materieller Ebene zu suchen, beschränkt sich diese Arbeit auf die Herausarbeitung eines verfahrensrechtlichen Lösungsmodells.

←28 | 29→

B Gang der Untersuchung

Die Untersuchung ist in 7 Teile untergliedert. Teil 1 leitet das Thema ein, indem vorab ausgewählte Erscheinungsformen des Konzerns dargestellt werden, die in Bezug auf etwaige Insolvenzen einer besonderen Handhabung bedürfen. Diese Betrachtung hängt wesentlich mit der betriebswirtschaftlichen Komponente zusammen, welche insbesondere Auswirkungen auf etwaige Konzernstrategien und die Konzernführung hat. Nicht in jedem Konzern hat die Insolvenz eines konzerngebundenen Unternehmens Auswirkungen auf weitere Gesellschaften des Konzerns, sodass im Falle einer Insolvenz auch nicht unweigerlich besondere Maßnahmen erforderlich sind. Auf europäischer/internationaler Ebene spielen hierbei insbesondere die unterschiedlichen nationalen Rechtsordnungen eine Rolle, die in den meisten Fällen nicht über ein systematisches Konzernrecht wie in Deutschland verfügen. Daher folgt im Anschluss eine Betrachtung des Konzernphänomens auf europäischer Ebene. Dies sei als Grundlagenwissen vorangestellt, um die Problematik rund um die Insolvenz konzerngebundener Unternehmen besser verstehen zu können. Das Rechtsträgerprinzip, welches gerade im Rahmen der Insolvenz deutlich zum Vorschein kommt, spielt hierbei eine tragende Rolle. Der Kern der Arbeit beschäftigt sich mit der neuen Europäischen Insolvenzverordnung und deren Auswirkungen auf konzerngebundene Kapitalgesellschaften. Hierbei soll der Blick darauf gelenkt und die Frage untersucht werden, ob die neuen konzernrechtlichen Regelungen der Verordnung einen Mehrwert darstellen und die Abwicklung und Sanierung von konzerngebundenen Gesellschaften im europäischen Umfeld erleichtern können. Hierzu wird zunächst der Zustand unter der Verordnung (EG) Nr. 1346/2000, sowie in gebotener Kürze, die vorgeschlagenen Regelungsmodelle unter der alten Rechtslage dargestellt. Abschließend folgt ein eigener Vorschlag bzw. Ausblick, der auf den Regelungen der neuen Europäischen Insolvenzverordnung aufbaut und diese mit dem Ziel, die Akzeptanz der Anwendung zu erhöhen, ergänzt und sich in das nun vorhandene Regelungssystem integrieren lässt.

C Ziel der Arbeit

Das Ziel der Arbeit besteht darin, zu untersuchen, wie sich die Regelungen der neuen Europäischen Insolvenzverordnung auswirken und welche Möglichkeiten unter ihr eröffnet werden. Darüber hinaus soll der Frage nachgegangen werden, wie sich die Rechtssetzung in der Europäischen Union auf solchen Gebieten zukünftig ausgestalten könnte. Es wird ein Versuch unternommen, das Vorgehen der EU zu analysieren, um hieraus Schlussfolgerungen für die ←29 | 30→künftige Rechtssetzung zu ziehen. Der eigene, auf verfahrensrechtlicher Ebene angesiedelte Vorschlag verfolgt das Ziel, bereits gewonnene Erfahrungen aus dem Sekundärinsolvenzverfahren auch für konzerngebundene Unternehmen fruchtbar zu machen und zu überprüfen, ob sich die neuen Regelungen über das virtuelle Sekundärinsolvenzverfahren auch für diese eignen und wie eine entsprechende Regelung ausgestaltet sein sollte. In Teil 7 „Ausblick“ folgt zur Veranschaulichung der theoretischen Darstellung dieses Ansatzes ein Formulierungsvorschlag.

←30 | 31→

1 K.Schmidt, ZGR 1983, S. 513 f.

2 Vgl. BT-Drucksache 18/407 zum Entwurf und zum Gesetz: Bundesgesetzblatt Jahrgang 2017 Teil I Nr. 22, ausgegeben zu Bonn am 13.4.2017.

3 Verordnung (EU) 2015/848 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.5.2015 über Insolvenzverfahren (Neufassung).

4 Beck ist der Ansicht, dass sich ein „Konzerninsolvenzrecht“ in allen Details mit „der Realität der Konzerne“ auseinandersetzen muss, DZWIR 2014, 381, 388.

5 Bspw.: Mohrs, Die konzerngebundene Kapitalgesellschaft in der Insolvenz; Rotstegge, Konzerninsolvenz; Rühlemann, Verfahrenskonzentration und Konzerninsolvenz; Schmollinger, Der Konzern in der Insolvenz; Verhoeven, Die Konzerninsolvenz.

6 Dirmeier befasst sich in seiner Dissertation: Der Konzern in der Insolvenz mit der Entstehungsgeschichte der neuen Europäischen Insolvenzverordnung und untersucht schwerpunktmäßig den Reformationsbedarf sowie die Eignung von Reformüberlegungen auf nationaler wie auf europäischer Ebene.

Teil 1: Grundlagen

Den Schwerpunkt dieser Arbeit bildet die neue Europäische Insolvenzverordnung. Es ist jedoch unerlässlich, vorab einzelne Begrifflichkeiten zu klären und unter Heranziehung der alten Europäischen Insolvenzverordnung darzustellen bzw. zu prüfen, ob und inwiefern konzerngebundene Unternehmen bzw. die Konzerngebundenheit auch insolvenz(verfahrens)rechtlich berücksichtigt werden muss.

A Die Insolvenz und der Konzern

Die Insolvenz und der Konzern – diese beiden Begriffe mögen kurz sein, werfen allerdings viele Fragen auf, insbesondere dann, wenn man versucht diese Begriffe zu „vereinen“. So wird von dem Begriff der „Konzerninsolvenz“ oder gar „Konzerninsolvenzrecht“7 gesprochen. Es handelt sich dabei um eine Bezeichnung, die zumindest unter der geltenden Rechtslage nicht einmal existent zu sein scheint.8 Gemeint sind damit Fälle, in denen zumindest zwei Unternehmen eines Konzerns insolvenzrechtlich betroffen sind. So gesehen können sie sich also durchaus in einer Situation befinden, die man als Konzerninsolvenz bezeichnen kann, auch wenn ein Konzern als solcher nicht insolvent werden kann.9 Existieren daneben auch Regelungen, die sich mit solchen Situationen befassen, so wird man wohl tatsächlich zumindest im übertragenen Sinne von einem „Konzerninsolvenzrecht“ sprechen können.

I Der Konzernbegriff, ein Phänomen des deutschen Rechts?

Wenn man die Frage stellt, was ein Konzern ist, was ihn ausmacht, so wird man insbesondere im grenzüberschreitenden Bereich uneinheitliche Aussagen erhalten. Das liegt nicht unbedingt daran, dass der Begriff „Konzern“ und noch viel ←31 | 32→wichtiger das, was sich dahinter verbirgt, so abstrakt wäre, als dass er/es sich in jedem Falle einer Definition verschließen würde. Es liegt vielmehr daran, dass es sich um ein Gebilde handelt, das seiner konkreten Ausgestaltung nach und in seiner Entwicklung relativ frei ist.

1 Begriff des Konzerns im deutschen Recht

Unter einem Konzern im engeren Sinne versteht man „jede Zusammenfassung mehrerer rechtlich selbstständiger Unternehmen unter einer einheitlichen Leitung“.10 Dabei handelt es sich nicht um eine in Gesetz gegossene Legaldefinition dieses Begriffs. Denn das Aktiengesetz liefert in § 15 AktG lediglich einen sog. Sammelbegriff der verbundenen Unternehmen11, zu denen auch Konzernunternehmen nach § 18 AktG zu zählen sind. Die eingangs genannte Definition wird dabei aus § 18 AktG abgeleitet. Davon umfasst sind sowohl der Unterordnungskonzern12, als auch der Gleichordnungskonzern13. Zudem behandeln die §§ 291–310 AktG Arten von Unternehmensverträgen, die das Aktiengesetz bereitstellt14 und enthalten damit das sog. materielle Konzernrecht.15 Weiterhin begründen die §§ 20 bis 22 AktG diverse Mitteilungspflichten.16

Das Aktiengesetz hält damit Vorschriften bereit, die beschreiben, welche Voraussetzungen vorliegen müssen, um von einem Konzern17 bzw. einer ←32 | 33→Konzerngebundenheit sprechen zu können und welche Rechtsfolgen hiermit verbunden sind. Das deutsche Recht liefert somit systematische Regelungen, die weit über das hinausgegen, was Rechtsordnungen18 der anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union bereithalten.19 Der Begriff der einheitlichen Leitung durch Beherrschungsvertrag oder durch Eingliederung bildet in diesem Zusammenhang das Hauptanknüpfungsmerkmal.20

2 Rechtliche Bedeutung des Konzerns in Deutschland

Auch wenn der rechtlichen Struktur eines Konzerns kaum Grenzen gesetzt sind, so handelt es sich gerade nicht um eine juristische Einheit mit eigener Rechtspersönlichkeit.21 Denn der juristische Zweck, der gesellschaftsrechtlich hinter der rechtlichen Selbstständigkeit steht, besteht gerade in der Vermögenstrennung und damit auch der Trennung der Haftungsrisiken.22 Diese rechtsträgerspezifische Haftungstrennung und die Eigenständigkeit der jeweiligen konzerngebundenen Unternehmen führen dazu, dass die einzelnen Gesellschaften zunächst auch vor „negativen (Vermögens-) Entwicklungen“ anderer Gesellschaften ←33 | 34→geschützt sind.23 Im Ergebnis handelt es sich bei den im Aktiengesetz vorhandenen Regelungen um solche, die die Zulässigkeit sowie die gesellschaftsrechtlichen Voraussetzungen für die Entstehung von Unternehmensverbindungen normieren und die darüber hinaus Schutz für das abhängige Unternehmen, die außenstehenden Aktionäre sowie die Gläubiger bezwecken.24 Damit lassen sie insbesondere die konkrete Ausgestaltung der Verbindung dahin gehend offen, ob ein Konzern zentral oder dezentral geführt wird.

3 Konzern im handelsrechtlichen Sinne

Details

Seiten
310
Jahr
2019
ISBN (PDF)
9783631785935
ISBN (ePUB)
9783631785942
ISBN (MOBI)
9783631785959
ISBN (Hardcover)
9783631783122
DOI
10.3726/b15443
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2019 (April)
Schlagworte
Unternehmensgruppen Europarecht Internationales Verfahrensrecht Konzernrecht Insolvenzrecht
Erschienen
Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2019. 309 S.

Biographische Angaben

Julia Alexandra Müller (Autor:in)

Julia Alexandra Müller studierte Rechtswissenschaften an der Universität des Saarlandes und dem Europa Institut in Saarbrücken mit Schwerpunkt im deutschen und internationalen Vertrags- und Wirtschaftsrecht sowie im Europarecht und im europäischen und internationalen Menschenrechtsschutz. Sie wurde an der Universität des Saarlandes promoviert. Derzeit arbeitet Sie als Rechtsanwältin bei Gleiss Lutz in Frankfurt am Main.

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Titel: Internationale Verweisungen und forum (non) conveniens im europäischen Konzerninsolvenzrecht
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