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Das musikalische Aufführungsrecht in Deutschland im 19. Jahrhundert

von Felix Rasch (Autor:in)
©2019 Dissertation 268 Seiten
Reihe: Rechtshistorische Reihe, Band 485

Zusammenfassung

Das Aufführungsrecht ist das erste unkörperliche Recht des Urheberrechts. Dessen Entstehung stellt diese Arbeit anhand der Gesetzesentwicklung von 1837 bis 1901 dar. Der Autor stellt fest, dass die deutsche Entwicklung des musikalischen Aufführungsrechts vergleichsweise langsam und spät erfolgte. So bezog sich die gesetzgeberische Diskussion zunächst nur auf das dramatische Aufführungsrecht, während die Schutzwürdigkeit musikalischer Werke noch nicht anerkannt war. Der Autor untersucht die Ursachen für diese späte Entwicklung anhand der gesellschaftlichen Vorbedingungen für ein musikalisches Aufführungsrecht. Dabei zeigt er insbesondere die Kausalität zwischen dem Bestehen eines öffentlichen Konzertwesens und einer lohnenswerten Rechteverwertung durch die Komponisten auf.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Vorwort
  • Inhaltsverzeichnis
  • Abkürzungsverzeichnis
  • A. Einleitung
  • B. Die Grundlagen des Aufführungsrechts
  • I. Das Aufführungsrecht nach dem geltenden Urheberrechtsgesetz
  • II. Definition der Aufführung im 19. Jahrhundert
  • III. Frühe Gesetze und Gesetzesbemühungen zum Aufführungsrecht
  • 1. Frühe unbefugte Aufführungen
  • 2. Die Gesetze Englands zum Aufführungsrecht
  • 3. Beaumarchais und die Comédie Française
  • 4. Erste französische Gesetze
  • 5. Anwendbarkeit des französischen Rechts in Deutschland
  • IV. Die Urheberrechtsentwicklung in Deutschland als Bedingung
  • 1. Das Nachdruckzeitalter
  • a) Nord – Süd Gefälle des Nachdrucks
  • b) Erste vereinzelte Nachdruckverbote
  • 2. Die verfassungsrechtlichen Grundlagen des Deutschen Bundes
  • a) Verhandlungen auf dem Wiener Kongress
  • b) Artikel 18 d der Deutschen Bundesakte
  • c) Gesetzgebungskompetenz des Deutschen Bundes
  • d) Das Nachdruckverbot des Deutschen Bundes
  • V. Die Komponisten und das Aufführungsrecht
  • 1. Das gesellschaftliche Umfeld der Komponisten
  • a) Das aufkommende urheberrechtliche Bewusstsein der Hofkomponisten
  • b) Der Niedergang der Höfe
  • 2. Die öffentliche Musikkultur
  • 3. Frühe Etablierung des Theaterbetriebs
  • 4. Das Aufführungsrecht im 17. und 18. Jahrhundert
  • a) Überlegungen der Komponisten im 17. und 18. Jahrhundert
  • b) Gewohnheitsrechtliche Anerkennung des Aufführungsrechts
  • c) Erste Forderungen der Dramatiker
  • 5. Die Situation der Komponisten
  • a) Komponisten als Konzertunternehmer
  • b) Das Manuskript als Unsicherheitsfaktor
  • aa) Der Manuskriptendiebstahl
  • bb) Appelle der Komponisten
  • cc) Vermiedene Herausgabe der Werke
  • c) Schutz durch Revers
  • d) Parallelverwertung des Klavierauszugs
  • e) Verschollene Werke
  • f) Aufschieben der Veröffentlichung und die musikalische Politik
  • aa) Fortwährende Veränderung der Werke
  • bb) Vermarktung der Werke
  • 6. Forderungen der Komponisten zum Aufführungsrecht im 19. Jahrhundert
  • a) Beethovens Auseinandersetzung über die Schlachtensinfonie
  • b) Hummels Initiative gegen den Nachdruck
  • c) Rufe nach einer Komponistenvereinigung
  • C. Das Aufführungsrecht als Erstveröffentlichungsrecht
  • I. Die juristischen Überlegungen in Deutschland
  • 1. Vom Musikwerk als Kunstwerk hin zum Geisteswerk
  • 2. Die Anerkennung des Aufführungsrechts in der Rechtswissenschaft
  • a) Vom Nachdruckverbot zum Aufführungsrecht
  • b) Die Abstraktion des Werkes vom körperlichen Träger
  • c) Eduard Gans zum Aufführungsrecht
  • II. Preußische Initiative für das Aufführungsrecht
  • 1. Überlegungen im preußischen Ministerium für Gesetzesrevision
  • 2. Lebrun-Prozess in Preußen
  • 3. Berliner Entwurf von 1833
  • 4. Petition der Dramatiker und Komponisten
  • 5. Reaktionen auf die Petition
  • 6. Höchstinstanzliche Entscheidung im Lebrun-Prozess
  • III. Wiederaufnahme der preußischen Bemühungen im Deutschen Bund
  • 1. Kommissionsgutachten im Deutschen Bund
  • 2. Das Aufführungsrecht in Reichweite
  • 3. Anhaltender Widerstand in Preußen
  • 4. Das Aufführungsrecht bis zur Veröffentlichung in Preußen
  • 5. Keine Entscheidung über das Aufführungsrecht im Deutschen Bund
  • IV. Das preußische Gesetz vom 11. Juni 1837
  • V. Die Erweiterung des Bundesbeschlusses am 22. April 1841
  • 1. Entstehung
  • a) Österreichischer Meinungsumschwung
  • b) Staatsvertrag zwischen Österreich und Sardinien
  • c) Einigung im Deutschen Bund
  • 2. Inhalt
  • VI. Bewertung
  • D. Das eingeschränkte Aufführungsrecht
  • I. Allgemein
  • 1. Sächsische Gesetzgebung von 1844 und 1846
  • 2. Österreichisches Gesetz von 1846
  • 3. Die SACEM und das Zuckerwasser
  • a) Die Bourget-Prozesse554
  • b) Gründung der SACEM
  • 4. Aufkommende Tantiemenzahlungen in Deutschland
  • a) Frustration über die geringe Entlohnung
  • b) Möglichkeit einer deutschen Verwertungsanstalt
  • c) Willkürliche Tantiemenzahlungen
  • 5. Der Aufführungsvorbehalt
  • II. Das preußische Gesetz von 1854
  • 1. Ladenbergs Bemühungen in Preußen
  • a) Vorschläge für ein Kunst- und Theatergesetz
  • b) Gesetzesentwürfe über die Kunst- und Theaterangelegenheiten
  • c) Entwurf eines Theatergesetzes
  • 2. Der Sachverständigenverein zum Aufführungsrecht
  • 3. Wiederaufnahme der Beratungen
  • 4. Inhalt
  • III. Die Ausweitung des Bundesbeschlusses vom 12. März 1857
  • 1. Entstehung
  • a) Initiative des Intendanten Küstner
  • b) Bericht des Bundesversammlungsausschusses
  • c) Verhandlungen in der Bundesversammlung
  • 2. Inhalt
  • 3. Probleme in der Umsetzung des Bundesbeschlusses
  • IV. Bewertung
  • E. Das uneingeschränkte dramatische Aufführungsrecht
  • I. Allgemein
  • 1. Aufschwung der öffentlichen Konzertkultur
  • 2. Die Änderung des musikalischen Aufführungsbegriffes
  • 3. Musikverlage und das Aufführungsrecht
  • 4. Das Aufführungsrecht in der Rechtswissenschaft
  • II. Der Frankfurter Entwurf eines Urheberrechtsgesetzes von 1864
  • 1. Vorarbeiten im Börsenverein
  • 2. Der internationale Urheberrechtskongress von 1858
  • 3. Verhandlungen über den Frankfurter Entwurf
  • a) Das Aufführungsrecht unabhängig von der Veröffentlichung
  • b) Diskussion über den Schutz musikalischer Werke
  • c) Andauernde Schlechterstellung musikalischer Werke
  • d) Beibehaltung des Aufführungsvorbehalts
  • 4. Einigung auf den Frankfurter Entwurf
  • 5. Deutliche Kritik des Börsenvereins
  • III. Das Gesetz des Norddeutschen Bundes vom 1. Juni 1870
  • 1. Entstehung
  • a) Forderungen in der Öffentlichkeit
  • b) Entwurf eines Bundesgesetzes
  • c) Stellungnahme des Börsenvereins
  • 2. Verhandlungen des Reichstags
  • 3. Inhalt
  • 4. Bewertung
  • 5. Differenzierung zwischen dramatisch-musikalischen und musikalischen Werken
  • F. Das uneingeschränkte musikalische Aufführungsrecht
  • I. Allgemein
  • 1. Das Aufführungsrecht in den Verlagsverträgen
  • 2. Die Verlagsinteressen
  • a) Das Netzwerk von Hases in Leipzig
  • b) Schwierige Realisierung des Aufführungsrechts
  • 3. Das Aufführungsrecht vor Gericht
  • 4. Die Verwertung des Aufführungsrechts durch Dritte
  • 5. Die Genossenschaft dramatischer Autoren und Komponisten
  • 6. Die Forderungen der Musikalienhändler
  • II. Die Fortentwicklung in der deutschen Rechtswissenschaft und im internationalen Recht
  • 1. Das Aufführungsrecht in der deutschen Rechtswissenschaft
  • 2. Das Aufführungsrecht im internationalen Recht
  • III. Das Urheberrechtsgesetz des Deutschen Reichs vom 19. Juni 1901
  • 1. Erster Entwurf im Reichsjustizamt
  • 2. Eingaben der Lobbyverbände
  • 3. Die Tantiemenbewegung
  • 4. Aufnahme der Verhandlungen über ein Reichsurheberrechtsgesetz
  • 5. Gründung der Leipziger Anstalt
  • a) Erster Widerstand der Komponisten
  • b) Erwachen der Komponisten
  • c) Boykott der Leipziger Anstalt
  • d) Bündnis mit den Berliner Verlegern
  • 6. Der Regierungsentwurf vom 13. Juli 1899
  • a) Vereinsparagraph
  • b) Der Cosima-Paragraph
  • 7. Eingaben der Komponisten und Verleger
  • a) Denkschrift der Genossenschaft Deutscher Komponisten
  • b) Denkschrift der ALAI
  • c) Eingabe des Vereins der Deutschen Musikalienhändler
  • d) Reaktion der Genossenschaft Deutscher Komponisten
  • 8. Die Lesungen zum Urheberrechtsgesetz im Reichstag
  • 9. Einigung auf das Reichsurhebergesetz
  • a) Reichstagsdebatten zum Aufführungsrecht
  • b) Reichstagsdebatten zur Verlängerung der Schutzfrist
  • 10. Das Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der Literatur und Tonkunst (LUG) vom 19. Juni 1901
  • a) Uneingeschränktes Aufführungsrecht für musikalische Werke
  • b) Der Vereinsparagraph
  • 11. Bewertung
  • a) Die Problematik des § 27 LUG
  • b) Auswirkung des musikalischen Aufführungsrechts auf den Musikbetrieb
  • IV. Reaktion der Komponisten auf das LUG
  • G. Thesen
  • I. Späte Entwicklung des Aufführungsrechts
  • II. Kleinstaaterei als Hindernis
  • III. Die Entwicklung der Hausmusikkultur und des Konzertwesens als Bedingung
  • 1. Die ökonomische Verwertung des Aufführungsrechts
  • 2. Später Aufschwung des Konzertwesens
  • 3. Privater Konsum von Musikwerken
  • 4. Zusammenfassung
  • IV. Emanzipation vom Nachdruckbegriff
  • V. Musik im Schatten der Literatur
  • VI. Entwicklung des musikalischen Werkbegriffs
  • VII. Bedeutung des musikalischen Aufführungsrechts für die Urheber
  • VIII. Einfluss der Verleger
  • IX. Komponisten – Verlegerbeziehung
  • X. Das (geringe) Engagement der Komponisten
  • XI. Der Zweck des Aufführungsrechts
  • H. Kurzzusammenfassung
  • I. Literaturverzeichnis
  • I. Ungedruckte Quellen
  • II. Gedruckte Quellen
  • III. Literatur bis 1945
  • IV. Literatur ab 1945
  • V. Internetquellen

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A. Einleitung

Man weiß, daß Mozarts ganze Einnahmen für ein unsterbliches Meisterwerk Don Giovanni in 300 Gulden bestanden hat, die ihm der Theaterunternehmer Guardasoni zu Prag dafür bezahlte, während alle Theater in Europa ihre Cassen durch die Vorstellungen dieser Oper füllten, ja in England der Fall vorkam, daß ein Theaterunternehmer, welcher sich auf ähnliche Weise bereichert hatte, von einem Andern, der ihm den Rath dazu gegeben, bloß dafür auf eine Tantieme von mehreren tausend Pfund belangt wurde. Man weiß, daß Beethoven für das Meisterwerk Fidelio überhaupt mehr nicht als 800 Gulden von dem Theater an der Wien bezog, deßhalb aber auf fernere dramatische Arbeiten verzichtet hat. Man weiß, welchen Mühseligkeiten und Streithändeln sich Maria von Weber unterziehen mußte, um nur eine kärgliche Belohnung für seine genialen Productionen zu retten. Und den Dramaturgen ist es zu keiner Zeit besser ergangen.1

Mit diesen Worten setzte sich der sächsische Gesandte im Jahr 1836 in der Bundesversammlung für die Einführung eines musikalischen Aufführungsrechts ein. Zur endgültigen Umsetzung kam es allerdings erst 65 Jahre später. Dabei ist das Kulturphänomen der öffentlichen Aufführung keineswegs erst im 19. Jahrhundert aufgetaucht. So kam es bereits in der Antike zu bühnenmäßigen Aufführungen von theatralischen Werken.2 Schon im alten Rom implizierte die Übergabe des Manuskriptes etwa zugleich die Erlaubnis zur Uraufführung des Werkes.3 Nach der ersten Aufführung konnte das Werk sodann durch jeden anderen auf die Bühne gebracht werden.4 Diese Rechtsauffassung bestand noch über ein Jahrtausend fort.

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Ein Rechtsanspruch auf Entlohnung der öffentlichen Aufführung wurde den Urhebern erstmals im Jahr 1793 in Frankreich zugebilligt. In Deutschland legte 1837 das preußische Urheberrechtsgesetz den Grundstein für das musikalische Aufführungsrecht. Vollendet wurde das Aufführungsrecht allerdings erst Anfang des 20. Jahrhunderts.

Diese Arbeit stellt die Entwicklung des musikalischen Aufführungsrechts in Deutschland vom Aufführungsrecht als Erstveröffentlichungsrecht im Jahr 1837 bis hin zum uneingeschränkten Aufführungsrecht im Jahr 1901 dar.

Die Darstellung folgt dabei der Chronologie der Rechtsentwicklung. Als Quellen dienen zunächst Primärquellen, welche sich aus gedruckten und ungedruckten Dokumenten zusammensetzen. Letztere stammen aus dem Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, aus dem Bundesarchiv in Dahlem sowie aus dem Sächsischen Staatsarchiv in Leipzig. Die gedruckten Primärquellen entstammen weitestgehend den Protokollen der Bundesversammlung des Deutschen Bundes und des Norddeutschen Bundes sowie den Reichstagsprotokollen. Zudem bedient sich die Arbeit auch rechtswissenschaftlicher und musikwissenschaftlicher Literatur, um die Gesetzesentwicklung durch eine Darstellung der gesellschaftlichen und politischen Grundlagen einzuordnen.

Besondere Beachtung finden zudem die Komponisten, die zum einen dem Rechtszustand ausgesetzt waren, zum anderen jedoch versuchten, die eigenen Rechte zu schützen. Dabei wird zu beobachten sein, dass der Kampf der Komponisten nach einer fairen Vergütung keinesfalls selbstverständlich war, sondern zunächst der Loslösung von wirtschaftlichen Abhängigkeiten, sei es vom Hofstaat, sei es vom Verlag, bedurfte. Die Darstellung der Entwicklung des musikalischen Aufführungsrechts, unter Berücksichtigung dieses Beziehungsgeflechts, ist Anliegen dieser Arbeit.

Folgende Begriffsklärungen und Definitionen sind zu beachten:

Als Deutschland zählt zunächst das Gebiet des Deutschen Bundes. Ab der Gründung des Norddeutschen Bundes 1866 und 1871 des Deutschen Reichs wird Österreich als eigenständiger Staat behandelt. Ab diesem Zeitpunkt wird nur noch die Entwicklung im Staatsgebiet des Deutschen Reichs dargestellt.

Zudem ist zu berücksichtigen, dass in den Gesetzesmaterialien variierende Begriffe für die Urheber aufkommen. Dabei wird zwischen Komponisten und Dramatikern, also Autoren musikalischer Werke und dramatischer Literatur, die zur Theateraufführung konzipiert ist, unterschieden.

Häufig wurden unter dem Begriff Autoren auch Komponisten mit einbezogen. Ist hingegen in dieser Arbeit nur von den Dramatikern oder den Komponisten die Rede, werden stets auch nur diese gemeint. Dabei ist zu beachten, dass in ←18 | 19→den Primärquellen teilweise von Dramatikern auch als Dichter gesprochen wird, während Komponisten auch als Tonsetzer oder Tondichter bezeichnet werden.

Von großer Bedeutung ist darüber hinaus die Differenzierung zwischen den einzelnen Werkgattungen. Auf der einen Seite stehen die dramatischen Werke. Diese bezeichnen die dramatischen Werke der Literatur und wurden zum Teil auch als theatralische Werke bezeichnet. Dem gegenüber steht die Gruppe der Musikwerke, die wiederum in die Gruppe der dramatisch-musikalischen Werke und der musikalischen Werke unterteilt wird. Diese Abgrenzung zwischen dramatisch-musikalischen und musikalischen Werken war im 19. Jahrhundert hoch umstritten. Es ist jedoch festzustellen, dass mit dramatisch-musikalischen Werken solche Werke bezeichnet wurden, die für die bühnenmäßige Aufführung bestimmt waren – also klassischerweise Opern. Musikalische Werke werden dagegen nur zu Gehör gebracht. Diese Bezeichnung bezieht sich mithin unter anderem auf Solowerke, Orchesterwerke, Chorwerke etc.

Zu den strittigen Fällen zählten beispielsweise Oratorien. Oratorien geben einen Bibeltext auf dramatische Weise wieder und werden dennoch meistens zu den musikalischen Werken gezählt. Gleiches gilt für die konzertante Aufführung von Opern. Ebenso ist der Komponist eines dramatischen Werkes ein Opernkomponist. Diese Streitfragen werden im Verlauf der Arbeit jeweils im Einzelnen herausgearbeitet.

Zu beachten ist zudem, dass sich die Nachdruckdebatte zunächst hauptsächlich auf Schriftwerke bezog. Ebenso ging auch die Entwicklung des Aufführungsrechts von den Dramatikern aus. Daher ist es nicht möglich, die Arbeit nur auf den Schutz musikalischer Werke vor unberechtigter Aufführung zu beschränken. Um jedoch ein Ausufern der Darstellung sowie eine Wiederholung von Inhalten bereits vorliegender Arbeiten zu vermeiden, wird auf Aspekte des theatralischen Aufführungsrechts nur in den Fällen eingegangen, in denen es für eine plausible Darstellung der Entwicklung des musikalischen Aufführungsrechts unerlässlich ist.

Nicht zuletzt beziehen sich die Gesetzgebungsmaterialien häufig in der Einzahl auf den Komponisten und den Dramatiker. Soweit diese Diktion übernommen wird, spiegelt dies den damaligen Sprachgebrauch wider. Keinesfalls sollen Dramatikerinnen und Komponistinnen, von denen zwar keine Beteiligung an der Entwicklung des Aufführungsrechts überliefert ist, von diesem Sprachgebrauch ausgeklammert werden.

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1 ProtBV 1836, Beilage 6 zur 10. Sitzung, S. 469.

2 Schickert, Der Schutz der literarischen Urheberschaft im Rom der klassischen Antike, S. 97.

3 Opet, Theaterrecht, S. 271; Opet, AcP 1895, 151 (157); Kohler, Autorrecht, S. 334; Schickert, Schutz der literarischen Urheberschaft im Rom der klassischen Antike, S. 95.

4 Schickert, Schutz der literarischen Urheberschaft im Rom der klassischen Antike, S. 97.

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B. Die Grundlagen des Aufführungsrechts

Einführend werden die Grundlagen des Aufführungsrechts erläutert. Zunächst wird die geltende Rechtslage (dazu I.) sowie zeitgenössische Definitionsansätze der Aufführung (II.) und der Ursprung des Aufführungsrechts in anderen Staaten dargestellt (III.). Anschließend wird die dem Aufführungsrecht vorhergehende Urheberrechtsentwicklung in Deutschland abgebildet (IV.), bevor auf die Rechtslage der Dramatiker und Komponisten eingegangen wird (V.).

I. Das Aufführungsrecht nach dem geltenden Urheberrechtsgesetz

Das Aufführungsrecht gemäß § 19 Abs. 2 des Gesetzes für Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (UrhG) vom 1. Januar 1966 umfasst die beiden selbstständig nebeneinanderstehenden Rechte, ein Werk der Musik durch persönliche Darbietung öffentlich zu Gehör zu bringen (Abs. 2, 1. Alt.) und ein Werk öffentlich bühnenmäßig darzustellen (Abs. 2, 2. Alt.). Damit gehört das Aufführungsrecht gemäß § 15 Abs. 2 UrhG zu den ausschließlichen Nutzungsrechten des Urhebers.

Wie aus dem Gesetzeswortlaut hervorgeht, unterscheidet das geltende Recht zwischen dem bühnenmäßigen und dem musikalischen Aufführungsrecht. Diese Unterscheidung ersetzte die im 19. Jahrhundert übliche Differenzierung zwischen dem dramatischen, dramatisch-musikalischen und dem musikalischen Aufführungsrecht. Die Abgrenzung zwischen dem bühnenmäßigen und dem musikalischen Aufführungsrecht erfolgt an Hand der Frage, ob der Charakter der Darstellung als bühnenmäßige anzusehen ist.5 Eine bühnenmäßige Aufführung im Sinne von § 19 Abs. 2, 2. Alt. UrhG ist demnach gegeben, wenn ein gedanklicher Inhalt durch ein für das Auge oder für Auge und Ohr bestimmtes bewegtes Spiel im Raum dargeboten wird.6 Dies umfasst beispielsweise die Darstellung in einer Theater- oder Opernaufführung.

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In bestimmten Konstellationen können eine bühnenmäßige und eine musikalische Aufführung auch zusammenfallen. Die ist der Fall, wenn etwa eine Pantomime von untermalender Musik begleitet wird, die nicht aufgrund eines engen inneren Zusammenhangs integrierender Bestandteil der Darstellung ist.7

Die Differenzierung zwischen der bühnenmäßigen und der musikalischen Aufführung ist von großer praktischer Relevanz. So gilt die Einschränkung der öffentlichen Wiedergabe nach § 52 Abs. 3 UrhG nicht für bühnenmäßige Darstellungen, welche stets nur mit Einwilligung des Berechtigten zulässig ist.8

Von Bedeutung ist die Unterscheidung vor allem in der Rechteverwertung:

Details

Seiten
268
Jahr
2019
ISBN (PDF)
9783631804520
ISBN (ePUB)
9783631804537
ISBN (MOBI)
9783631804544
ISBN (Hardcover)
9783631792025
DOI
10.3726/b16242
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2019 (Oktober)
Schlagworte
Hofkomponiste Verlagsverträge Aufführungsvorbehalt AFMA Tantiemen Urheberrechtsgesetz Manuskriptendiebstahl Revers Nachdruckverbot Verwertungsanstalt
Erschienen
Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2019., 268 S.

Biographische Angaben

Felix Rasch (Autor:in)

Felix Rasch studierte Rechtswissenschaften an der Universität Hamburg, der Université Paris 1 Panthéon Sorbonne sowie der Humboldt-Universität zu Berlin. Er absolvierte von 2016 bis 2018 das Rechtsreferendariat am Oberlandesgericht Hamburg. Die Promotion erfolgte im November 2018 an der Humboldt-Universität zu Berlin. Seit 2019 ist er in Hamburg als Rechtsanwalt tätig.

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