Das neue Verhältnis zwischen Religionsgemeinschaften und Staat in Luxemburg – ein Vorbild für Deutschland?
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Leonie Derksen
Am 26. Januar 2015 unterzeichneten die Religionsgemeinschaften in Luxemburg ein Abkommen mit der Regierung, welches das bisher geltende Verhältnis zum Staat umwandelte. Innerhalb weniger Jahre wurde das luxemburgische System, welches im Kern dem deutschen System der freundlichen Kooperation von Staat und (katholischer) Kirche sehr ähnelt, von Grund auf verändert.
Diese Entwicklung nimmt die Autorin zum Anlass, Ursachen und Fortschritte sowie das neue Verhältnis von Staat und Kirche in Luxemburg rechtlich nachzuzeichnen. Daraus lassen sich Rückschlüsse ziehen bei der Beantwortung der Frage, ob eine solche Reform auch in Deutschland denkbar sein könnte.
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- 978-3-631-83730-6
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- Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2020. 188 S.
- Cover
- Titel
- Copyright
- Autorenangaben
- Über das Buch
- Zitierfähigkeit des eBooks
- Vorwort
- Inhaltsübersicht
- I. Einleitung
- II. Das Staatskirchenrecht in Luxemburg vor dem 26. Januar 2015
- 1. Das Konkordat von 1801
- a) Zustandekommen des Konkordats
- b) Inhalt des Konkordats
- c) Die Entwicklung des Staatskirchenverhältnisses nach dem Konkordat von 1801
- d) Der Streit um die Gültigkeit des Konkordats von 1801
- 2. Das Staatskirchenverhältnis in der luxemburgischen Verfassung
- 3. Entwicklung des Staatskirchenverhältnisses im 20. Jahrhundert
- 4. Die Konventionen von 1998
- III. Die Ausgestaltung des staatskirchlichen Verhältnisses in Luxemburg bis zum Jahr 2015
- 1. Finanzierung und Besoldung
- a) Staatliche Direktbesoldung
- b) Streit um den Grund der staatlichen Besoldung
- 2. Die katholische Kirche im Schulwesen
- 3. Die Kirchenfabriken
- a) Aufgaben der Kirchenfabriken
- b) Zusammensetzung der Kirchenfabriken
- c) Aufsicht und Finanzierung
- 4. Der Rechtsstatus der Religionsgemeinschaften
- Exkurs: das Erzbistum von Luxemburg
- 5. Das Priesterseminar
- 6. Zusammenfassung
- IV. Hintergründe zur Trennung von Staat und Kirche in Luxemburg
- 1. Langer Stillstand im staatskirchenrechtlichen Verhältnis
- 2. Abwendung der Gesellschaft und Politik von der Kirche/den kirchlichen Institutionen
- 3. Die Euthanasiedebatte
- 4. Der Missbrauchsskandal
- 5. Die Gleichberechtigungsforderung der muslimischen Glaubensgemeinschaft
- 6. Der Bericht über die Zuwendungen an die katholische Kirche
- 7. Das Ende der Ära von Jean-Claude Juncker
- V. Das Staatskirchenrecht in Luxemburg seit den Konventionen vom 26. Januar 2015
- 1. Finanzierung der Religionsgemeinschaften durch eine öffentliche Sockelfinanzierung
- a) Verfassungsreform des Art. 106
- b) Verfassungswidrigkeit der ersten Konvention?
- 2. Abschaffung des Religionsunterrichts
- 3. Neuordnung der Kirchenfabriken
- a) Der Fonds
- b) Eigentumsverhältnisse an den Kirchengebäuden
- c) Verbot der finanziellen Unterstützung durch die Kommunen und Ausnahmen
- 4. Der Rechtsstatus der Religionsgemeinschaften
- 5. Das Priesterseminar
- VI. Würdigung des luxemburgischen Staat-Kirchen-Modells
- 1. Anerkennung der verfassungsrechtlichen luxemburgischen Grundlagen durch alle Religionsgemeinschaften
- 2. Gleichbehandlung aller Religionsgemeinschaften
- 3. Autonomie der Religionsgemeinschaften
- 4. Transparenz
- 5. Rat der konventionierten Religionsgemeinschaften
- 6. Kritik
- a) Die European Values Studie von 2013 als Grundlage für den Sockelbetrag
- b) Finanzierung der Religionsgemeinschaften durch alle Steuerzahler/innen
- c) Abschaffung des Religionsunterrichts
- d) Keine vollständige Trennung von Kirche und Staat
- VII. Das luxemburgische Staatskirchenmodell als Vorbild für Deutschland?
- 1. Staatskirchenrecht in Deutschland
- a) Verfassungsgrundsatz der Religionsfreiheit in Deutschland
- b) Art. 140 GG in Verbindung mit den Weimarer Kirchenartikeln
- aa) Verbot der Staatskirche
- bb) Körperschaftsstatus und Steuererhebungsrecht der Religionsgemeinschaften
- cc) Religionsunterricht
- c) Möglichkeiten einer Änderung des deutschen Staatskirchenrechts
- aa) Änderung des Grundgesetzes
- bb) Beendigung von Kirchenverträgen
- 2. Vorbildfunktion des luxemburgischen Staatskirchenmodells
- a) Denkanstoß für ein anderes Kirchensteuermodell
- b) Gleichbehandlung aller Religionsgemeinschaften
- c) Abschaffung des Religionsunterrichts
- VIII. Ausblick und Zusammenfassung
- 1. Zusammenfassung
- 2. Schlussbemerkungen
- Anhang
- Gesetzessammlung zum neuen luxemburgischen Verhältnis zwischen Staat und Religionsgemeinschaften
- Literaturverzeichnis
III. Die Ausgestaltung des staatskirchlichen Verhältnisses in Luxemburg bis zum Jahr 2015
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Wie eingangs dargestellt, bestand bis zu den Konventionen vom 26. Januar 2015 eine enge Verflechtung zwischen katholischer Kirche und Staat, insbesondere durch die Verfassungsbestimmung des Art. 106 der luxemburgischen Verfassung.144 Auch in den Aufgabengebieten der Schule und bei der Verwaltung der Kirchenfabriken überschnitten sich die Tätigkeitsfelder teilweise erheblich.145 Um die Unterschiede zwischen dem alten und dem neuen Verhältnis zwischen Staat und Kirche zu erkennen, wird zunächst das bis zum Jahr 2015 geltende Modell vorgestellt.
In den europäischen Ländern haben sich aufgrund verschiedener geschichtlicher Entwicklungen unterschiedliche Kirchenfinanzierungsmodelle gebildet.146 Zwei Grundformen lassen sich dabei unterscheiden. Die eine Grundform der Kirchenfinanzierung ist die einer „mehr oder weniger vollständigen Finanzierung der Kirche durch den Staat“. Die andere ist die „überwiegende Finanzierung der Kirche durch ihre Mitglieder.“147 Entweder wird für den kirchlichen Haushalt aus Steuermitteln aufgekommen, oder die Religionsgemeinschaften finanzieren sich über ein Spenden- und Kollektensystem.148
Luxemburg wählte für sich, ebenso wie sein Nachbarland Belgien, die zuerst genannte Form der Kirchenfinanzierung.149 In Fortführung der napoleonischen ←39 | 40→Regelungen150 wurde durch die Verfassung bestimmt, dass die Gehälter und Pensionen der Kultusdiener vom Staatshaushalt getragen wurden, gem. Art. 106 der luxemburgischen Verfassung.151 In Luxemburg wurde damit anders als in Deutschland keine Kirchensteuer erhoben, die Amtsträger der Kirchen wurden direkt aus dem Staatshaushalt besoldet.
Zur Zeit der Verfassungsgebung von 1848 und 1868 betraf die Regelung des Art. 106 ausschließlich die katholische Religionsgemeinschaft.152 Dennoch wurde der Wortlaut „Kultusdiener“ im...
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- Über das Buch
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- Inhaltsübersicht
- I. Einleitung
- II. Das Staatskirchenrecht in Luxemburg vor dem 26. Januar 2015
- 1. Das Konkordat von 1801
- a) Zustandekommen des Konkordats
- b) Inhalt des Konkordats
- c) Die Entwicklung des Staatskirchenverhältnisses nach dem Konkordat von 1801
- d) Der Streit um die Gültigkeit des Konkordats von 1801
- 2. Das Staatskirchenverhältnis in der luxemburgischen Verfassung
- 3. Entwicklung des Staatskirchenverhältnisses im 20. Jahrhundert
- 4. Die Konventionen von 1998
- III. Die Ausgestaltung des staatskirchlichen Verhältnisses in Luxemburg bis zum Jahr 2015
- 1. Finanzierung und Besoldung
- a) Staatliche Direktbesoldung
- b) Streit um den Grund der staatlichen Besoldung
- 2. Die katholische Kirche im Schulwesen
- 3. Die Kirchenfabriken
- a) Aufgaben der Kirchenfabriken
- b) Zusammensetzung der Kirchenfabriken
- c) Aufsicht und Finanzierung
- 4. Der Rechtsstatus der Religionsgemeinschaften
- Exkurs: das Erzbistum von Luxemburg
- 5. Das Priesterseminar
- 6. Zusammenfassung
- IV. Hintergründe zur Trennung von Staat und Kirche in Luxemburg
- 1. Langer Stillstand im staatskirchenrechtlichen Verhältnis
- 2. Abwendung der Gesellschaft und Politik von der Kirche/den kirchlichen Institutionen
- 3. Die Euthanasiedebatte
- 4. Der Missbrauchsskandal
- 5. Die Gleichberechtigungsforderung der muslimischen Glaubensgemeinschaft
- 6. Der Bericht über die Zuwendungen an die katholische Kirche
- 7. Das Ende der Ära von Jean-Claude Juncker
- V. Das Staatskirchenrecht in Luxemburg seit den Konventionen vom 26. Januar 2015
- 1. Finanzierung der Religionsgemeinschaften durch eine öffentliche Sockelfinanzierung
- a) Verfassungsreform des Art. 106
- b) Verfassungswidrigkeit der ersten Konvention?
- 2. Abschaffung des Religionsunterrichts
- 3. Neuordnung der Kirchenfabriken
- a) Der Fonds
- b) Eigentumsverhältnisse an den Kirchengebäuden
- c) Verbot der finanziellen Unterstützung durch die Kommunen und Ausnahmen
- 4. Der Rechtsstatus der Religionsgemeinschaften
- 5. Das Priesterseminar
- VI. Würdigung des luxemburgischen Staat-Kirchen-Modells
- 1. Anerkennung der verfassungsrechtlichen luxemburgischen Grundlagen durch alle Religionsgemeinschaften
- 2. Gleichbehandlung aller Religionsgemeinschaften
- 3. Autonomie der Religionsgemeinschaften
- 4. Transparenz
- 5. Rat der konventionierten Religionsgemeinschaften
- 6. Kritik
- a) Die European Values Studie von 2013 als Grundlage für den Sockelbetrag
- b) Finanzierung der Religionsgemeinschaften durch alle Steuerzahler/innen
- c) Abschaffung des Religionsunterrichts
- d) Keine vollständige Trennung von Kirche und Staat
- VII. Das luxemburgische Staatskirchenmodell als Vorbild für Deutschland?
- 1. Staatskirchenrecht in Deutschland
- a) Verfassungsgrundsatz der Religionsfreiheit in Deutschland
- b) Art. 140 GG in Verbindung mit den Weimarer Kirchenartikeln
- aa) Verbot der Staatskirche
- bb) Körperschaftsstatus und Steuererhebungsrecht der Religionsgemeinschaften
- cc) Religionsunterricht
- c) Möglichkeiten einer Änderung des deutschen Staatskirchenrechts
- aa) Änderung des Grundgesetzes
- bb) Beendigung von Kirchenverträgen
- 2. Vorbildfunktion des luxemburgischen Staatskirchenmodells
- a) Denkanstoß für ein anderes Kirchensteuermodell
- b) Gleichbehandlung aller Religionsgemeinschaften
- c) Abschaffung des Religionsunterrichts
- VIII. Ausblick und Zusammenfassung
- 1. Zusammenfassung
- 2. Schlussbemerkungen
- Anhang
- Gesetzessammlung zum neuen luxemburgischen Verhältnis zwischen Staat und Religionsgemeinschaften
- Literaturverzeichnis