Lade Inhalt...

Automatisierter Journalismus – Rechte und vertragliche Schuldverhältnisse

von Julius Remmers (Autor:in)
©2021 Dissertation 276 Seiten

Zusammenfassung

Im modernen Journalismus werden im zunehmenden Maße inkürzester Zeit Nachrichtentexte generiert und veröffentlicht (sog.automatisierter Journalismus). Der Autor untersucht hierzu viele ungeklärteoder nicht hinreichend geklärte praxisrelevante Rechtsfragen. Dabei fokussierter sich auf die rechtliche Einordnung computergenerierter Nachrichtentexte (insbesondereim Urheberrecht) und auf die vertraglichen Schuldverhältnisse zwischen den amautomatisierten Journalismus beteiligten Akteuren: Datenlieferant,Computerprogrammhersteller und -anbieter sowie Medienunternehmen. Einen engenBezug zur Praxis gewinnt der Autor insbesondere dadurch, dass er dievertragsrechtliche Prüfung anhand von Musterverträgen zweier im Bereich desautomatisierten Journalismus tätigen Unternehmen vornimmt.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Vorwort
  • Inhaltsverzeichnis
  • Einleitung
  • A. Rechtliche Problemstellung und Relevanz
  • I. Computergenerierte Nachrichtentexte
  • II. Vertragliche Schuldverhältnisse
  • B. Gang der Untersuchung
  • 1. Kapitel Grundlagen des automatisierten Journalismus
  • A. Hintergrund
  • I. Datenmengen
  • II. Ökonomischer Druck
  • III. Fortgeschrittene Technologien
  • B. Bezeichnung der Nachrichtentextgenerierung
  • I. Roboterjournalismus
  • II. Journalismus-Bot
  • III. Automatisierter Journalismus
  • C. Funktionsweise
  • I. Textgenerierung
  • 1. Abgrenzung zu NLG und NLU
  • 2. Computerprogramm
  • a) Definition
  • b) Abgrenzung zur Software und Hardware
  • 3. Algorithmen
  • a) Allgemeines Verständnis
  • b) Algorithmen in Computerprogrammen
  • c) Big Data
  • 4. Typen der Computerprogramme für die Nachrichtentextgenerierung
  • a) Regelbasiertes Computerprogramm
  • b) Künstlich intelligentes Computerprogramm
  • c) Status quo und Ausblick
  • 5. Arbeitsschritte
  • II. Fazit
  • D. Einsatzfelder
  • I. Sportnachrichten
  • II. Finanznachrichten
  • III. Wettermeldungen
  • IV. Feinstaubmeldungen
  • V. Lokalnachrichten
  • VI. Fazit
  • E. Textgeneratoren
  • F. Akteure
  • I. Datenlieferant
  • II. Computerprogrammhersteller
  • III. Computerprogrammanbieter
  • IV. Medienunternehmen
  • G. Vor- und Nachteile des automatisierten Journalismus
  • I. Vorteile
  • II. Nachteile
  • III. Stellungnahme
  • H. Zusammenfassung
  • 2. Kapitel Rechtliche Grundlagen bei computergenerierten Nachrichtentexten
  • A. Kennzeichnungspflicht computergenerierter Nachrichtentexte
  • I. Kennzeichnungspflicht de lege ferenda
  • II. Erweiterte Impressumspflicht als Alternative
  • III. Fazit
  • B. Urheberrechtlicher Schutz von computergenerierten Nachrichtentexten
  • I. Derivativer Schutz
  • II. Schutz von computergenerierten Nachrichtentexten
  • 1. Unbearbeiteter computergenerierter Nachrichtentext
  • a) Als „Ausdrucksform“ des Computerprogramms nach § 69a Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 UrhG
  • b) Schriftwerk nach § 2 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 UrhG
  • aa) Individualität
  • bb) Gestaltungshöhe
  • cc) Persönliche Schöpfung
  • dd) Problem der Zurechenbarkeit
  • (1) Unmittelbarkeitszusammenhang
  • (a) Anknüpfung an die Persönlichkeit
  • (b) Selektionsentscheidung
  • (c) Selektion der Datensätze
  • (d) Nachvollziehbarkeit
  • (e) Menschlicher Beitrag
  • (f) Fazit
  • (2) Vergleich mit Computerprogramm mit Zufallsgenerator
  • (3) Vergleich mit Übersetzungscomputerprogramm
  • (4) Vergleich mit § 9 S. 2 Nr. 3 PatG
  • ee) Fazit
  • c) Schutz nach §§ 87a ff. und § 4 UrhG
  • aa) Begrifflichkeiten der §§ 87a ff. und § 4 UrhG
  • bb) Schutz von Datensammlungen für Nachrichtentextgenerierung
  • (1) Datenbank gem. § 87a UrhG
  • (a) Sammlung von Werken, Daten oder anderen unabhängigen Elementen
  • (b) Systematische oder methodische Anordnung
  • (c) Einzelne Zugänglichkeit
  • (d) Wesentliche Investition
  • (e) Datenbankhersteller
  • (2) Datenbankwerk gem. § 4 Abs. 2 UrhG
  • cc) Schutz von computergenerierten Nachrichtentexten gem. §§ 87a ff. und § 4 UrhG
  • dd) Derivativer Schutz eines Computerprogramms als Datenbankwerk gem. § 4 Abs. 2 UrhG
  • ee) Fazit
  • d) Notwendigkeit für einen Schutz nach dem Urheberrecht de lege ferenda
  • aa) Bedarf eines urheberrechtlichen Schutzes im weiten Sinne
  • bb) Rechtliche Ausgestaltung
  • (1) Neues Urheberrecht
  • (2) Ausschließliches Nutzungsrecht
  • (3) Neues Leistungsschutzrecht
  • (a) Mindestanforderung
  • (b) Inhaberschaft
  • (c) Schutzdauer
  • (d) Fazit
  • 2. Bearbeiteter Nachrichtentext
  • 3. Ergebnis
  • C. Zusammenfassung
  • 3. Kapitel Vertragliche Schuldverhältnisse zwischen den Akteuren
  • A. Vertragliches Schuldverhältnis zwischen Computerprogrammanbieter und Medienunternehmen
  • I. Vertragstypologische Einordnung
  • 1. Relevanz
  • 2. Einordnungskriterium
  • 3. Vertragssystematik
  • 4. Softwareüberlassungsvertrag
  • a) Typen von Softwareüberlassungsverträgen
  • aa) ASP-Vertrag
  • bb) SaaS-Vertrag
  • cc) XaaS-Verträge
  • dd) Cloud Computing-Vertrag
  • b) Abgrenzung
  • c) Subsumtion des Vertragsverhältnisses zwischen Computerprogrammanbieter und Medienunternehmen
  • d) Vertragstypologische Einordnung des SaaS-Vertrags
  • aa) Reiner SaaS-Vertrag
  • (1) Problem der Mietsache gem. § 535 Abs. 1 BGB
  • (2) Pachtrechtliche Regelungen
  • (3) Sonstige vertragsrechtliche Regelungen
  • bb) Gemischter SaaS-Vertrag
  • (1) Gemischter Vertrag
  • (2) Verlagsvertrag sui generis
  • (3) Verkehrstypischer Vertrag
  • (4) Atypischer Vertrag
  • (5) Rechtsfolge des gemischten Vertrags
  • (6) Subsumtion des Vertragsverhältnisses zwischen Computerprogrammanbieter und Medienunternehmen
  • cc) Fazit
  • II. Besonderheiten in der Vertragsgestaltung und Rechtsfolgen
  • 1. AGB
  • 2. Verfügbarkeitsbeschränkungsklauseln
  • a) Rechtsnatur und Auswirkung auf die Kontrollfähigkeit
  • b) Musterverträge
  • aa) Variante 1: AX Semantics AGB
  • (1) AGB-Prüfung nach §§ 307 ff. BGB
  • (2) Rechtsfolge
  • bb) Variante 2: Retrescos AGB
  • (1) AGB-Prüfung nach §§ 307 ff. BGB
  • (2) Rechtsfolge
  • (3) Gesetzeslücke
  • (4) Notwendigkeit einer Ausnahmeregelung
  • (5) Rechtliche Herleitung
  • (6) Subsumtion der „Unerheblichkeit“
  • cc) Variante 3: Weder vertraglich geregelte Verfügbarkeitsregelungen noch Rechtsfolgen
  • 3. Vergütungsklauseln
  • a) Allgemeines
  • b) Fälligkeit
  • aa) Meinungsstreit und Stellungnahme
  • (1) Gesetzliche Vorleistungspflicht
  • (2) Vertragliche Regelung zur Vorleistungspflicht
  • (3) Vertraglicher Ausschluss des Zurückbehaltungsrechts
  • bb) Musterverträge
  • c) Rechtsfolge bei Zahlungsverzug
  • d) Rechtsfolge bei einer unwirksamen Klausel
  • e) Preisanpassungsklauseln
  • aa) Preisklauselverbot nach § 1 Abs. 1 PrKlG
  • bb) Kontrollfähigkeit i.S.d. § 307 Abs. 3 S. 1 BGB
  • cc) Unwirksamkeit gem. § 307 ff. BGB
  • III. Haftung des Computerprogrammanbieters gegenüber dem Medienunternehmen bei fehlerhaftem Nachrichtentextinhalt
  • 1. Mängelhaftung
  • a) Sachmängel
  • aa) Fehlerhafter Algorithmus
  • bb) Fehlerhafte Daten
  • cc) Verfügbarkeitsausfall
  • dd) Zwischenergebnis
  • b) Rechtsmängel
  • c) Schaden
  • d) Haftungssubjekt
  • e) Anspruchskürzung
  • aa) Sorgfaltspflicht der redaktionellen Prüfung
  • (1) Maßstab und Umfang
  • (2) Anwendung beim automatisierten Journalismus
  • (3) Rechtsfolge bei Verstoß
  • bb) Fazit
  • f) Rechtsfolge
  • aa) Vertragliche Rechtsfolge am Beispiel der Musterverträge
  • bb) Gesetzliche Rechtsfolge
  • 2. Deliktsrechtliche Haftung
  • a) Haftung aus unerlaubter Handlung
  • aa) Haftungssubjekt
  • (1) Computerprogramm
  • (2) Computerprogramm-/Softwarehersteller
  • (3) Computerprogramm-/Softwareanbieter
  • bb) Verletzung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb
  • b) Produkthaftung
  • c) Fazit
  • B. Vertragliches Schuldverhältnis zwischen Softwarehersteller und Computerprogrammanbieter
  • I. Vertragstypologische Einordnung
  • II. Haftung des Softwareherstellers gegenüber dem Computerprogrammanbieter
  • 1. Sachmangel
  • 2. Rechtsfolge beim Mangel
  • C. Vertragliches Schuldverhältnis zwischen Datenlieferant und Medienunternehmen
  • I. Vertragstypologische Einordnung
  • 1. Normierte Vertragstypen
  • 2. Sonstige Vertragstypen
  • II. Haftung des Datenlieferanten
  • 1. Sachmangel
  • a) Verzögerte Bereitstellung
  • b) Fehlerhafte Daten
  • c) Verfügbarkeitsausfall
  • d) Zwischenergebnis
  • 2. Schaden
  • 3. Anspruchskürzung
  • D. Zusammenfassung
  • I. Vertragliches Schuldverhältnis zwischen Computerprogrammanbieter und Medienunternehmen
  • 1. Vertragstypologische Einordnung
  • 2. Besonderheiten in der Vertragsgestaltung und Rechtsfolgen
  • 3. Haftung des Computerprogrammanbieters gegenüber dem Medienunternehmen bei fehlerhaftem Nachrichtentextinhalt
  • II. Vertragliches Schuldverhältnis zwischen Softwarehersteller und dem Computerprogrammanbieter
  • 1. Vertragstypologische Einordnung
  • 2. Haftung des Softwareherstellers gegenüber dem Computerprogrammanbieter
  • III. Vertragliches Schuldverhältnis zwischen Datenlieferant und Medienunternehmen
  • 1. Vertragstypologische Einordnung
  • 2. Haftung des Datenlieferanten
  • Gesamtfazit
  • Anhang
  • A1 (deutsche Fassung des Softwarenutzungsvertrags von AX Semantics)
  • A2 (Vertrag für die Nutzung der Textgenerierungsplattform „rtr textengine.io“)
  • A3 (Allgemeine Geschäftsbedingungen der Retresco GmbH für die Textgenerierungsplattform „rtr textengine.io“)
  • Literaturverzeichnis
  • Reihenübersicht

←16 | 17→

Einleitung

Aus den beiden Begriffen „Massen“ und „Medien“ lassen sich zwei weitere Begriffe bilden:

Massenmedien und Medienmassen.

Der Begriff „Massenmedien“ beschreibt Medien, mit denen eine große Anzahl an Rezipienten1 erreicht werden können.2 Hierfür kann allein eine einzige Schlagzeile in einem Online-Zeitungsartikel ausreichen. Massenmedien beziehen sich somit auf die Anzahl der Rezipienten. Medienmassen hingegen beziehen sich auf die Vielzahl der Medienarten. Denn unabhängig davon, wie viele Rezipienten die Medieninhalte konsumieren, sind Medienmassen dadurch gekennzeichnet, dass neben die klassischen Medienarten, wie Tageszeitungen, Radio usw., weitere neuere Medienarten getreten sind, wie Blogs oder Podcasts.

Im Kontext des sog. „automatisierten Journalismus“3 haben diese beiden Begriffe eine große Bedeutung.

Mithilfe der Textgenerierung, die eine technische Grundvoraussetzung für den automatisierten Journalismus ist,4 können einerseits Medienhäuser eine erhöhte Anzahl an Nachrichtentexten produzieren und veröffentlichen und somit eine Vielzahl an Rezipienten erreichen (Massenmedien). Andererseits können andere Personen und Unternehmen mit der Textgenerierung ohne große finanzielle Aufwände auf diversen Medienplattformen Nachrichtentexte verfassen lassen (Medienmassen).

Ein für die automatisierte Nachrichtentextgenerierung erforderliches Computerprogramm5 benötigt mittlerweile nur noch ca. 15 Sekunden für das Verfassen eines Nachrichtentextes, nachdem die hierfür erforderlichen Daten verfügbar gemacht worden sind.6

←17 | 18→

Es lässt sich also festhalten, dass die neuartige Innovation der Textgenerierung den gesamten Journalismus revolutioniert.

A. Rechtliche Problemstellung und Relevanz

Aus rechtlicher Perspektive finden sich zum automatisierten Journalismus bisher sehr wenige Veröffentlichungen,7 obwohl der automatisierte Journalismus insbesondere im Zivilrecht eine Reihe von neuen rechtlichen Fragen aufwirft.

Der Bedarf einer rechtlichen Untersuchung ist hauptsächlich darin zu sehen, dass sich die zwei eigenständigen Bereiche „Journalismus“ und „Textgenerierung“8 im automatisierten Journalismus überschneiden und dadurch rechtliche Besonderheiten auftreten. Von daher ist das Ziel dieser Arbeit, viele ungeklärte rechtliche Fragen im Bereich des automatisierten Journalismus zu beantworten. Den Schwerpunkt dieser Arbeit bildet daher der zivilrechtliche Bereich. Hierbei sind zwei Bereiche zu unterscheiden. Einerseits liegt der Fokus auf den computergenerierten Nachrichtentexten an sich (I.), andererseits sind die vertraglichen Schuldverhältnisse zwischen den am automatisierten Journalismus beteiligten Akteuren zu untersuchen (II.).

I. Computergenerierte Nachrichtentexte

Im Rahmen der von den vertraglichen Schuldverhältnissen losgelösten Untersuchung der computergenerierten Nachrichtentexte an sich sind zwei relevante Fragen bisher unzureichend diskutiert worden.

Die erste Frage betrifft die im Medienrecht zu verordnende Kennzeichnungspflicht computergenerierter Nachrichtentexte.9 Praktische Relevanz erfährt diese Frage dadurch, dass manche computergenerierten Nachrichtentexte mit dem Namen des hierfür verwendeten Computerprogramms oder des Anbieters bzw. Herstellers dieses Computerprogramms gekennzeichnet werden. Aus dem deutschen Recht lässt sich solch eine Kennzeichnungspflicht de lege lata jedoch ←18 | 19→nicht herleiten. Deswegen wird teilweise eine solche Kennzeichnungspflicht de lege ferenda gefordert, sodass diese Frage einen hohen Grad an Aktualität aufweist. Es bedarf daher einer rechtlichen Untersuchung, ob und wenn ja, wie eine solche Kennzeichnungspflicht de lege ferenda bestehen soll.

Die zweite Frage ist, ob Rechte an computergenerierten Nachrichtentexten nach dem Urheberrechtsgesetz bestehen, und wenn dies der Fall ist, wem diese Rechte zustehen.10 Aus vertragsrechtlicher Perspektive würde im Falle eines solchen Schutzes das Urhebervertragsrecht11 hinsichtlich der Verwertung relevant werden. Auch wenn ein computergenerierter Nachrichtentext sehr ähnlich zu einem von Menschenhand geschriebenen Nachrichtentext sein kann, unterscheiden sich beide Arten in dem Schaffensvorgang, der einerseits „computergeneriert“ und andererseits „menschlich“ ist.12 Dieser Schaffensvorgang wirkt sich entscheidend auf den Schutz nach dem Urheberrechtsgesetz aus, sodass im Ergebnis unbearbeitete computergenerierte Nachrichtentexte, die im automatisierten Journalismus dem Regelfall entsprechen, nach dem Urheberrechtsgesetz nicht geschützt sind.13 In der Literatur wird zwar ausführlich diskutiert, ob und worin der Schutz von Erzeugnissen eines künstlich intelligenten Computerprogramms nach dem Urheberrechtsgesetz de lege ferenda zu bestehen hat.14 Diese Diskussion lässt jedoch, soweit ersichtlich, den automatisierten Journalismus unberücksichtigt, sodass es einer umfangreichen rechtlichen Untersuchung des Schutzes nach dem Urheberrechtsgesetzes de lege lata und de lege ferenda bedarf.15

II. Vertragliche Schuldverhältnisse

Im Bereich der vertraglichen Schuldverhältnisse sind die Einordnung und die Rechtfolgen der vertraglichen Schuldverhältnisse zwischen folgenden im automatisierten Journalismus beteiligten Akteuren in den Blick zu nehmen: Datenlieferant, Computerprogrammhersteller, Computerprogrammanbieter16 und ←19 | 20→Medienunternehmen.17 Im weiten Sinne würden der Rezipient eines computergenerierten Nachrichtentextes und ein Dritter, der von dem Inhalt eines computergenerierten Nachrichtentextes betroffen ist, ebenfalls zu den Akteuren zählen. Streng genommen sind diese beiden Akteure nicht an der automatisierten Nachrichtentextgenerierung beteiligt, sondern konsumieren lediglich bereits fertig gestellte computergenerierte Nachrichtentexte. Deswegen umfasst der Anwendungsbereich dieser Arbeit weder Schuldverhältnisse zwischen einem der oben genannten Akteure und Dritten18 noch vertragliche Schuldverhältnisse zwischen einem der oben genannten Akteure und Rezipienten19.

Folgende vertragliche Schuldverhältnisse sind zwischen den im automatisierten Journalismus beteiligten Akteuren zu betrachten:

- Computerprogrammanbieter und Medienunternehmen (3. Kap. A.),

- Softwarehersteller20 und Computerprogrammanbieter (3. Kap. B.), und

- Datenlieferant und Medienunternehmen bzw. Computerprogrammanbieter/ -hersteller (3. Kap. C.).

Die Besonderheit dieser vertraglichen Schuldverhältnisse ist, dass die automatisierte Nachrichtentextgenerierung jeweils eine zentrale Rolle einnimmt und hiervon der jeweiligen Vertragsinhalt und/oder die jeweilige Haftungslage beeinflusst wird.

Das Urhebervertragsrecht wird in dieser Arbeit außer Betracht gelassen, da dieses beim automatisierten Journalismus im Hinblick auf das Computerprogramm bzw. die Software keine Besonderheiten aufweist und bei computergenerierten Nachrichtentexten mangels Schutzes nach dem Urheberrechtsgesetz21 keine Relevanz hat.

←20 | 21→

Zu den vertraglichen Schuldverhältnissen im automatisierten Journalismus wurden bisher, soweit ersichtlich, keine umfangreichen rechtlichen Untersuchungen veröffentlicht, sodass auch hier Bedarf für eine umfangreiche rechtliche Untersuchung besteht.

B. Gang der Untersuchung

Diese Arbeit gliedert sich in drei Kapitel. Im ersten Kapitel werden die Grundlagen des automatisierten Journalismus vorgestellt. Das zweite Kapitel setzt den Fokus einerseits auf die Kennzeichnungspflicht computergenerierter Nachrichtentexte und andererseits auf den rechtlichen Schutz von computergenerierten Nachrichtentexten nach dem Urheberrechtsgesetz. Im dritten Kapitel werden die oben genannten drei vertraglichen Schuldverhältnisse genauer untersucht.22

Innerhalb dieser vertraglichen Schuldverhältnisse sind insbesondere die vertragstypologische Einordnung23 und die Haftung24 zu untersuchen. Die Haftung kann sich neben der vertraglichen Haftung auch aus dem Deliktsrecht ergeben, da die vertragliche Haftung die deliktsrechtliche Haftung nicht ausschließt.25 Folglich ist die Haftung gegenüber Dritten, die also keine Vertragspartei sind, nicht Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit.26

←21 | 22→

1 Zur angenehmeren Lesbarkeit dieser Arbeit wird bei Personenbezeichnungen nur die männliche Sprachform gewählt. Hiermit sind jedoch beide Geschlechter gemeint.

2 So auch Schierbaum, Sorgfaltspflichten von professionellen Journalisten und Laienjournalisten im Internet, S. 84.

3 Zur Begrifflichkeit des „automatisierten Journalismus“ siehe 1. Kap. B. III.

4 Siehe hierzu in 1. Kap. A.

5 Haarkötter, Tendenz 2017, 24 (24).

6 Jensen, brand eins 2015, 100 (100).

7 So auch Oster, MedienWirtschaft 2019, 32 (33); Giessmann/Goutrié/Herzog, in: Dachselt/Weber, Mensch und Computer 2018 - Tagungsband, 02.-05. September 2018, Dresden, S. 225 (226). Soweit ersichtlich gibt es an juristisch umfangreichen Untersuchungen bisher lediglich eine Dissertation zum „Roboterjournalismus“: Habel, Roboterjournalismus.

8 Die Textgenerierung gehört zum Bereich der Computerlinguistik: Ertel, Grundkurs Künstliche Intelligenz, S. XI.

9 Siehe 2. Kap. A.

10 Siehe 2. Kap. B.

11 Zum Beispiel die Vergütungsregelungen nach §§ 32, 32a UrhG.

12 Zur Funktionsweise der Textgenerierung siehe 1. Kap. C.

13 Im Ergebnis siehe 2. Kap. B. II. 3.

14 Unter anderem: Dornis, GRUR 2019, 1252 (1252 ff.); Ehinger, K&R 2019, 12 (12 ff.); Legner, ZUM 2020, 807 (807 ff.); Papastefanou, WRP 2020, 290 (290 ff.).

15 Siehe im Detail 2. Kap. B.

16 In manchen Konstellationen ist nicht von einem Computerprogramm, sondern von einer Software die Rede, sodass auch die Begrifflichkeiten „Softwarehersteller“ und „Softwareanbieter“ verwendet werden. Zur Unterscheidung siehe 1. Kap. C. I. 2. b).

17 3. Kap. A. – C. Zu den einzelnen Akteuren siehe 1. Kap. F.

18 Ein gesetzliches Schuldverhältnis zwischen einem Medienunternehmen und einem Dritten kann beispielsweise entstehen, wenn durch einen inhaltlich fehlerhaften computergenerierten Nachrichtentext in die Rechte eines Dritten, etwa Persönlichkeitsrechte, eingegriffen wird.

19 In diesem vertraglichen Schuldverhältnis kommt insbesondere eine Haftung des Medienunternehmens gegenüber dem Rezipienten in Betracht, wenn dem Rezipienten beispielsweise aufgrund eines inhaltlich fehlerhaften computergenerierten Nachrichtentextes ein Schaden entsteht. Diese Haftungsfrage stellt jedoch beim automatisierten Journalismus keine Besonderheit dar und wird somit in dieser Arbeit außer Betracht gelassen.

20 Zu den Begrifflichkeiten „Computerprogramm“ und „Software“ siehe 1. Kap. C. I. 2. b).

21 Im Ergebnis siehe 2. Kap. B. II. 3.

22 Siehe Einleitung A. I.

23 Siehe 3. Kap. A. I., B. I, C. I.

24 Siehe 3. Kap. A. III., B. II., C. II.

25 So auch die herrschende Meinung: Hager in: Staudinger, 2017, Vorbemerkung zu §§ 823 ff., Rn. 38.

26 Siehe Einleitung A. II.

Details

Seiten
276
Jahr
2021
ISBN (PDF)
9783631863565
ISBN (ePUB)
9783631863572
ISBN (MOBI)
9783631863589
ISBN (Hardcover)
9783631857182
DOI
10.3726/b18787
DOI
10.3726/b18814
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2021 (Juli)
Erschienen
Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2021. 276 S., 19 s/w Abb.

Biographische Angaben

Julius Remmers (Autor:in)

Julius Alexander Remmers studierte Rechtswissenschaften an der Georg-August-Universität in Göttingen. Vor Beginn seines Referendariats am Hanseatischen Oberlandesgericht Hamburg absolvierte er einen LL.M. in „Innovation, Technology and the Law“ an der University of Edinburgh.

Zurück

Titel: Automatisierter Journalismus – Rechte und vertragliche Schuldverhältnisse
book preview page numper 1
book preview page numper 2
book preview page numper 3
book preview page numper 4
book preview page numper 5
book preview page numper 6
book preview page numper 7
book preview page numper 8
book preview page numper 9
book preview page numper 10
book preview page numper 11
book preview page numper 12
book preview page numper 13
book preview page numper 14
book preview page numper 15
book preview page numper 16
book preview page numper 17
book preview page numper 18
book preview page numper 19
book preview page numper 20
book preview page numper 21
book preview page numper 22
book preview page numper 23
book preview page numper 24
book preview page numper 25
book preview page numper 26
book preview page numper 27
book preview page numper 28
book preview page numper 29
book preview page numper 30
book preview page numper 31
book preview page numper 32
book preview page numper 33
book preview page numper 34
book preview page numper 35
book preview page numper 36
book preview page numper 37
book preview page numper 38
book preview page numper 39
book preview page numper 40
278 Seiten