Der Geist der Freude
Studien zu den Vorlagen, zur Textgestaltung und zu den Konzeptionen der Jugendwerke des «anderen» Goethe
Jochen Bertheau
I. Begriffe
Extract
A. Wer ist „der andere Goethe“? Ein Titel wie „Der andere Goethe“ wirkt provozierend. Hat man denn bisher zwei Goethe unterschieden? den einen wirklich vernachlässigt? und welchen? Provozierend kommt von lat. pro vocare, wörtlich „seine Stimme für jemand einlegen“. Hat denn der junge Goethe es wirklich nötig, dass man seine Stimme für ihn einlegt? Gibt es nicht ausdrücklich Werkausgaben unter dem Titel „Der junge Goethe“, von Max Morris, Hanna Fischer- Lamberg, Karl Eibl (wobei die Ausgabe von Morris immer noch die vollständigste und im Kommentar maßgebliche Edition ist)?1 Wo gibt es denn sonst ähnliche Ausgaben der Jugendwerke von vergleichbar großen langlebigen Dichtern, von Jean Paul, Hoffmann, Heine, Gerhart Hauptmann etc.? Nirgends, außer bei Karl Marx, der aber kein Dichter war. Und dennoch orientiert man den europäischen Rang Goethes vor allem am Denker der Reife- zeit. Wer einfach zitiert „Goethe hat einmal gesagt, dass...“, erhält internationalen Beifall, selbst wenn er Mephisto aus dem Faust zitiert, hinter dessen Aussagen oft teuflische Niedertracht steckt. Dieser Reifezeit nach der Italienischen Reise entstammen zwar neben dem Faust nur wenige Werke, die anerkannt und volkstümlich wurden - ebenso wie etwa Schillers Dramen. Selbst der Großteil der bedeutenden Gedichte Goethes entstammt der Zeit von 1768 bis 1785, fast alle großen Werke Goethes, Dramen, Romane wurden in der Jugendzeit begonnen, oft auch vervollständigt, bis sie der reife Goethe unter dem Einfluss neuer Mentoren teilweise umarbeitete. Beim Götz hat sich die...
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