Der Geist der Freude
Studien zu den Vorlagen, zur Textgestaltung und zu den Konzeptionen der Jugendwerke des «anderen» Goethe
Jochen Bertheau
IV. Methoden und Mentoren
Extract
A. Goethe als Mitbegründer der Germanistik und ihrer Methoden 1. Ein Goethe-Zitat und seine Folgen Man weiß, dass um 1800 unter „Germanistik“ noch die Beschäftigung mit juristischen Quellen im germanischen Sprachbereich verstanden wurde, ebenso unter Romanistik die Beschäftigung mit dem Römischen Recht. Dann aber wird damals daraus zunächst die Literaturgeschichte. Eine ganz besondere Leistung hierin erbrachte Goethe mit dem 7. Buch von Dichtung und Wahrheit (und, oft vergessen, mit dem Anfang des 10. Buches). Aber Goethes Beitrag zu den germanistischen Methoden geht viel weiter. „Alles, was vorher von mir bekannt geworden, sind nur Bruchstücke einer großen Confession, welche vollständig zu machen dieses Büchlein ein gewagter Versuch ist.“105 Dieser Satz mit der bedenklichen syntaktischen Fügung („Alles...sind“) wird häufig bei der Deutung von Werken Goethes zitiert, selten vollständig. Unter „Büchlein“ versteht Goethe sein umfangreichstes Werk, seine fragmentarisch gebliebenen Lebenserinnerungen unter dem Titel Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Das Fragment endet zwar etwas zufällig 1775 mit der Übersiedlung nach Weimar, die als gewagtes, wohl zum Scheitern verurteiltes Unternehmen beschrieben wird (man denke an den Vergleich mit Phaëton aus Egmont, der die Sonnenpferde nicht zu lenken weiß und abstürzen wird). Nach Goethes Plan sollte das „Büchlein“ bis 1793 oder gar 1809 reichen und auch die dichterischen Bearbeitungen der Italienischen Reise und der Campagne in Frankreich umfassen. Das Wort „vorher“ im Zitat bezieht sich jedenfalls auf alle vor 1809 entstandenen Werke, aber nicht unbedingt auf danach...
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