Josef Gieles: Studentenbriefe 1939-1942
Widerständiges Denken im Umfeld der Weißen Rose- 2., durchgesehene Auflage
Edited By Heinrich Kanz
BRIEFE 1939
Extract
München, 11.IX.39. Liebe Eltern! Nun, da ich endgültig wohne und alle Fragen geklärt sind, kann ich Euch schreiben. Ich wohne seit heute morgen mit einem aus Frankfurt zusammen. In der Annahme, daß mit dem Nachtzug, mit dem ich auch kam, heute mehr kämen, ging ich um 7 Uhr an den Bahnhof und da stiegen sie denn auch massenweise aus. Ich habe mir den, der mir am angenehmsten war, gleich herausgesucht. Unser Zimmer kostet 45.- RM, es entfallen also auf jeden 22.50. Dazu kommt noch 25 ch für Frühstück, das aus einer großen Tasse Kaffee und 2 Brötchen besteht. Es ist zwar etwas wenig und man wird noch etwas dazu essen müssen, aber immerhin ist es sehr angenehm, im Hause frühstücken zu können und außerdem noch viel billiger als sonst irgendwo. Jetzt nachdem man alles bezahlen muß, merkt man erst mal, was man zu Hause eigentlich so gut lebt. Trotzdem brauche ich auch hier keinen Hunger zu leiden. Ein billiges Lokal zum Mittagessen findet sich auch und abends werden wir uns selbst verpflegen. Wir können uns Tee kochen oder gekocht kriegen und dazu Brot, Wurst, Fisch, Obst usw. essen. Wenn mans sich so überlegt, haben wirs doch schön. Vor allen Dingen ist man nicht gehetzt und an keinen Zug gebunden. Auch sind die Entfernungen nicht so groß als in Ffm. zu den Kliniken 5 Minuten, zum Hbf 100 m, zur Universität gut 10 Min....
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