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Die Besteuerung von Auslandsmitarbeitern in der Entwicklungszusammenarbeit

von Sarah Anna Dreher (Autor:in)
©2016 Dissertation XXIV, 239 Seiten

Zusammenfassung

Auslandsmitarbeitern in der Entwicklungszusammenarbeit (Entwicklungshelfer, entsandte Fachkräfte etc.) stellen sich verschiedene steuerliche Probleme, die darin begründet liegen, dass ihre Tätigkeit einen Auslandsbezug aufweist und ihre Vergütungen regelmäßig staatlich finanziert werden. Die Autorin geht auf die innerstaatlichen Kassenstaatsregelungen ein und analysiert, unter welchen Voraussetzungen die im Ausland tätigen Mitarbeiter überhaupt in Deutschland steuerpflichtig sind und welche Möglichkeiten zur Vermeidung einer etwaigen Doppelbesteuerung der Einkünfte bestehen. Weiterhin untersucht sie die relevanten Sonderregelungen der Doppelbesteuerungsabkommen und erörtert das Verhältnis zu den Steuerklauseln der Rahmenabkommen über Technische Zusammenarbeit mit Entwicklungsländern.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Vorwort
  • Inhaltsverzeichnis
  • Abkürzungsverzeichnis
  • Einleitung
  • A. Problemdarstellung
  • B. Gang der Untersuchung
  • Kapitel 1: Deutsche Entwicklungszusammenarbeit
  • A. Überblick über die deutsche Entwicklungspolitik
  • B. Entwicklungszusammenarbeit
  • C. Entwicklungsländer, Schwellenländer, Partnerländer etc. (Begrifflichkeiten)
  • D. Akteure in der Entwicklungszusammenarbeit
  • I. BMZ
  • II. Durchführungsorganisationen
  • 1. KfW Entwicklungsbank
  • 2. Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft mbH (DEG)
  • 3. Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH
  • 4. Centrum für internationale Migration und Entwicklung
  • III. Entwicklungshelfer
  • IV. Nichtregierungsorganisationen
  • 1. Kirchliche Nichtregierungsorganisationen
  • 2. Entwicklungszusammenarbeit politischer Stiftungen
  • 3. Andere Nichtregierungsorganisationen
  • V. Private Dienstleister und Lieferanten (Consultingwirtschaft)
  • Kapitel 2: Persönliche Einkommensteuerpflicht
  • A. Unbeschränkte Steuerpflicht
  • B. Erweiterte unbeschränkte Steuerpflicht
  • I. Hintergrund und Rechtfertigung der Regelung
  • II. Rechtsfolgen der erweiterten unbeschränkten Steuerpflicht
  • III. Erweiterte unbeschränkte Steuerpflicht von Auslandsmitarbeitern
  • 1. Kein Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt im Inland
  • 2. Deutsche Staatsangehörigkeit
  • 3. Dienstverhältnis zu einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts – auch bei mittelbaren Beschäftigungsverhältnissen mit der öffentlichen Hand?
  • 4. Arbeitslohn aus inländischer öffentlicher Kasse
  • a) Verständnis der Rechtsprechung zum öffentlich-rechtlichen Kassenbegriff
  • b) Definition der Finanzverwaltung
  • c) Zwischenergebnis
  • IV. Lediglich beschränkte Steuerpflicht im Wohnsitz-oder Aufenthaltsstaat
  • V. Ergebnis: Geringe Relevanz der erweiterten unbeschränkten Steuerpflicht für Auslandsmitarbeiter in der Entwicklungszusammenarbeit
  • C. Beschränkte Steuerpflicht (§ 1 Abs. 4 i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 4b) EStG)
  • I. Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit i.S.d. § 19 EStG
  • 1. Einkünfte i.S.d. § 19 EStG
  • 2. Problem: Einkünfteerzielungsabsicht von Entwicklungshelfern
  • II. Vorliegen eines Dienstverhältnisses
  • III. Gewährung aus inländischen öffentlichen Kassen, ohne dass ein Zahlungsanspruch gegenüber einer solchen bestehen muss
  • 1. Definition der öffentlichen Kasse
  • 2. Definition des Teilbegriffs „Kasse“
  • 3. Werden Mitarbeitern von privatrechtlich organisierten Gesellschaften der öffentlichen Hand Einkünfte aus öffentlichen Kassen gewährt?
  • a) Organisationsrechtliche Theorie
  • b) Materiell-rechtliche Theorie
  • c) Restriktive Auffassung
  • d) Stellungnahme
  • i) Organisationsrechtliche Theorie
  • (1) Öffentlich-rechtliches Gebilde
  • (2) Dienstaufsicht
  • (3) Prüfung der Finanzgebarung durch die öffentliche Hand
  • (4) Abgrenzungsprobleme
  • (5) Zwischenergebnis
  • ii) Materiell-rechtliche Theorie
  • iii) Restriktive Auffassung
  • iv) Erfordernis einer gesetzgeberischen Klarstellung
  • IV. Ergebnis
  • Kapitel 3: Steuerbefreiungen
  • A. § 3 Nr. 12, 13 EStG
  • I. § 3 Nr. 12 S. 1 EStG
  • II. § 3 Nr. 12 S. 2 EStG
  • III. § 3 Nr. 13 EStG
  • B. § 3 Nr. 64 EStG
  • I. § 3 Nr. 64 S. 1 EStG: Auslandsbedienstete juristischer Personen des öffentlichen Rechts
  • II. § 3 Nr. 64 S. 2 EStG Auslandsmitarbeiter, die aus öffentlichen Kassen bezahlt werden
  • 1. Arbeitslohnzahlung aus öffentlicher Kasse
  • 2. Aufbringung der Kosten aus öffentlichen Mitteln
  • 3. Ermittlung des Arbeitslohns nach den Grundsätzen des Bundesbesoldungsgesetzes
  • III. § 3 Nr. 64 S. 3 EStG
  • C. Ergebnis
  • Kapitel 4: Steueranrechnung nach § 34c Abs. 1 EStG
  • A. Vorliegen ausländischer Einkünfte i.S.d. § 34d EStG
  • I. Ausländische Einkünfte gem. § 34d Nr. 5 EStG
  • II. Ausländische Einkünfte i.S.d. § 34d Nr. 3 EStG
  • III. Anrechenbare ausländische Steuern
  • IV. Kein bestehendes DBA
  • B. Ergebnis
  • Kapitel 5: Auslandstätigkeitserlass
  • A. Sinn und Zweck des ATE
  • B. Regelungsinhalt des ATE
  • I. Kein DBA mit Tätigkeitsstaat
  • II. Keine Zahlung aus inländischen öffentlichen Kassen
  • III. Entwicklungshilfe als begünstigte Tätigkeit
  • 1. Auftragnehmer-Eigenschaft der Arbeitgeber
  • 2. Inländischer Arbeitgeber
  • a) Vereinbarkeit des ATE mit Unionsrecht
  • b) Konsequenzen
  • 3. Deutsche öffentliche Entwicklungshilfe im Rahmen der Technischen oder Finanziellen Zusammenarbeit
  • a) Erforderlicher Zusammenhang mit der deutschen öffentlichen Entwicklungshilfe
  • b) Begriff der öffentlichen Entwicklungshilfe
  • c) Beschränkung auf deutsche öffentliche Entwicklungshilfe unionsrechtskonform?
  • d) Im Rahmen der Technischen oder Finanziellen Zusammenarbeit
  • IV. Auslandsaufenthalt von mindestens drei Monate
  • C. Rechtsfolge
  • D. Ergebnis
  • Kapitel 6: Doppelbesteuerungsabkommen (DBA)
  • A. Art. 15 OECD-MA
  • I. Subsidiarität
  • II. Regelungsinhalt
  • 1. Art. 15 Abs. 1 S. 1 HS. 2 OECD-MA: Grundsatz: Arbeitsortsprinzip
  • 2. Art. 15 Abs. 2 OECD-MA: Ausnahme vom Arbeitsortprinzip
  • a) 183 Tage-Regel
  • b) Zahlungen durch Arbeitgeber, der nicht im Tätigkeitsstaat ansässig ist
  • c) Keine Tragung der Vergütungen von einer ausländischen Betriebsstätte oder einer festen Einrichtung des Arbeitgebers
  • III. Ausgleich der Doppelbesteuerung
  • IV. Ergebnis
  • B. Art. 19 OECD-MA
  • I. Das Kassenstaatsprinzips in den DBA
  • 1. Hintergrund und Rechtfertigung
  • 2. Kritik
  • a) Anknüpfung an die Person des Steuerpflichtigen
  • b) Fehlende Vergleichbarkeit der Auslandsbediensteten mit Diplomaten
  • c) Europarechtliche Bedenken
  • II. Regelungsinhalt von Art. 19 Abs. 1 OECD-MA
  • 1. Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen
  • 2. Mögliche Schuldner der Vergütung
  • a) Zahlung für dem Kassenstaat geleistete Dienste
  • b) In Ausübung öffentlicher Funktionen
  • c) Kassenstaat als Schuldner der Vergütung
  • d) Kassenstaat als Dienstherr
  • III. § 50d Abs. 7 EStG
  • 1. Bedeutung
  • 2. Tatbestandsvoraussetzungen
  • a) Einkünfte i.S.d. § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG
  • b) Gewährung der Einkünfte aus einer öffentliche Kasse einer juristischen Person des öffentlichen Rechts i.S.d. Kassenstaatsartikels des jeweils einschlägigen DBA
  • c) Dienstverhältnis mit einer anderen Person
  • d) Zahlung aus ganz oder im Wesentlichen aus öffentlichen Mitteln
  • 3. Zwischenergebnis
  • IV. Ergebnis
  • C. EZ-Klauseln im Kassenstaatsartikel
  • I. Wortlaut der EZ-Klauseln
  • II. Sinn und Zweck der EZ-Klauseln
  • III. Tatbestandsvoraussetzungen der EZ-Klauseln
  • 1. Persönliche Voraussetzungen
  • a) Auslegungsgrundsätze von Doppelbesteuerungsabkommen
  • b) Fachkräfte
  • i) Definition des Rahmenabkommens über Technische Zusammenarbeit
  • ii) Definitionen des BMZ-Medienhandbuchs und der GTZ-Begriffswelt
  • iii) Besonderes Fachwissen erforderlich?
  • c) Weitere Formulierungen: Sachverständige, Experten
  • d) Freiwillige Helfer
  • e) Ortskräfte
  • f) Entsendung
  • i) Definition des Begriffs „entsenden“
  • ii) Weitere Anforderungen an das Beschäftigungsverhältnis?
  • g) Zustimmung des Partnerlandes
  • h) Selbständige
  • 2. Sachliche Voraussetzungen
  • a) Vergütungen
  • b) Entwicklungshilfeprogramm eines Vertragsstaats, eines seiner Länder oder einer ihrer Gebietskörperschaften
  • i) Begriff „Entwicklungshilfeprogramm“
  • ii) Verwendung des Begriffs „Programm der wirtschaftlichen Zusammenarbeit“
  • iii) Politische Trägerschaft des Vertragsstaats, seiner Länder oder einer ihrer Gebietskörperschaften
  • (1) Problem: Formelle politische Trägerschaft liegt aufgrund des Antragssystems stets beim Partnerland
  • (2) Meinungsstand
  • (3) Stellungnahme
  • c) Ausschließliches Bereitstellen der Mittel durch Bund, Länder und deren Gebietskörperschaften
  • i) Begriff „Mittel“
  • ii) Begriff „bereitstellen“
  • (1) Unentgeltlichkeit erforderlich?
  • (2) Anwendbarkeit auf Mitarbeiter von privaten Consultingunternehmen
  • iii) Ausschließlich durch den Vertragsstaat, seinen Ländern oder deren Gebietskörperschaften
  • (1) Problem: Worauf bezieht sich das Wort „ausschließlich“
  • (2) Sonderfall Art. 19 Abs. 3 DBA-Bangladesch
  • (3) Was bedeutet ausschließlich?
  • (4) Anteilige Finanzierung von Entwicklungshilfeprogrammen durch andere Träger oder Eigenfinanzierung der Durchführungsorganisationen
  • (5) Bezug auf Personalkosten
  • (6) Gemeinschaftsfinanzierung von Bund, Ländern und Gemeinden
  • (7) Mitfinanzierung der konkreten Personalkosten durch das Partnerland
  • (8) Refinanzierung der Kosten
  • iv) Aufteilung der Vergütungen
  • (1) Grundsatz: Keine Aufteilung
  • (2) Ausschließlichkeit beim Einsatz von Auslandsmitarbeitern in verschiedenen Projekten
  • IV. Ergebnis
  • D. Regelungen zur Technischen Zusammenarbeit in den Art. 20 OECD-MA entsprechenden Regelungen der jeweiligen DBA
  • I. Wortlaut der Regelung
  • II. Sinn und Zweck der Regelung
  • III. Tatbestandsvoraussetzungen
  • 1. Mitarbeiter eines Programms der Technischen Zusammenarbeit „dieses“ Vertragsstaats
  • a) Mitarbeiter
  • b) Begriff der Technischen Zusammenarbeit
  • c) Programmbegriff
  • d) Welcher Vertragsstaat muss beteiligt sein?
  • e) Was ist unter der Beteiligung des Vertragsstaats zu verstehen?
  • f) Regierung
  • 2. Aufenthalt
  • a) Begriff des Aufenthalts
  • b) Zweck des Aufenthaltes: lediglich Tätigkeit als Mitarbeiter eines Programms der Technischen Zusammenarbeit
  • c) Vorübergehender Aufenthalt
  • 3. Ansässigkeit im anderen Vertragsstaat vor Einreise
  • IV. Rechtsfolge: Steuerfreistellung
  • 1. Steuerfreistellung aller Überweisungen aus dem Ausland für Unterhalt, Studium oder Ausbildung
  • a) Überweisungen aus dem Ausland
  • b) Unterhaltszahlung als Zweck der Leistung
  • 2. Erstreckung auf Vergütungen
  • V. Verhältnis der TZ-Steuerfreistellung zu den Art. 15 OECD-MA entsprechenden Artikeln und zur EZ-Klausel der einschlägigen DBA
  • 1. Auffassungen des Schrifttums zu den Regelungen im OECD-MA
  • 2. Übertragbarkeit der Auffassungen des Schrifttums auf die TZ-Steuerfreistellung
  • 3. TZ-Steuerfreistellung und der EZ-Klausel im Kassenstaatsartikel
  • VI. Ergebnis
  • E. Selbständige
  • Kapitel 7: Rahmenabkommen
  • A. Einführung
  • B. Einzelne Steuerklauseln der Rahmenabkommen
  • C. Rechtsnatur
  • I. Bedeutung der Unterscheidung zwischen Verträgen nach Art. 59 Abs. 2 Sätze 1 und 2 GG
  • II. Abkommen nach Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG
  • III. Abkommen nach Art. 59 Abs. 2 S. 2 GG
  • IV. Verschiedene Formen von Verwaltungsabkommen
  • D. Sinn und Zweck der Steuerklauseln
  • E. Verhältnis zu DBA
  • I. Auffassung des FG Rheinland-Pfalz v 30.04.2007 – 5 K 2884/03
  • II. Gegenmeinung (herrschende Meinung)
  • III. Stellungnahme
  • F. Regelungsinhalt der Steuerklauseln
  • I. Entsandte Fachkräfte
  • II. Vergütungen für Leistungen im Rahmen dieses Abkommens aus Mitteln der Bundesregierung
  • 1. Mittel der Bundesregierung
  • 2. Keine Auszahlung durch öffentliche Kasse erforderlich
  • 3. Aufteilung möglich
  • 4. Abweichende Formulierungen einzelner Abkommen
  • a) Keine Beschränkung auf Leistungen im Rahmen des Abkommens
  • b) Allgemeine Steuerbefreiungen
  • c) Verweis auf die Vorrechte der Sachverständigen der Vereinten Nationen
  • III. Steuern und öffentliche Abgaben
  • IV. Steuerbefreiung für im Auftrag der Bundesregierung tätige Firmen
  • a) Firmenbegriff
  • b) Einschränkung für im Partnerland ansässige Firmen
  • G. Ergebnis
  • Kapitel 8: Besteuerungsvorbehalte
  • A. Einführung
  • B. Besteuerungsvorbehalte in DBA
  • I. Anwendung auf den Quellenstaat
  • II. Anwendung im Ansässigkeitsstaat
  • 1. Nichtbesteuerung im Sinne der DBA-Rückfallklauseln
  • 2. Einkunftsbezogene Rückfallklauseln
  • 3. Allgemeine Rückfallklauseln
  • 4. Sog. Einkünfte-Herkunftsbestimmungen
  • III. Nachweis
  • C. § 50d Abs. 8 EStG
  • I. Regelungsinhalt des § 50d Abs. 8 EStG
  • II. Erforderlicher Nachweis
  • III. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit von § 50d Abs. 8 EStG
  • D. Ergebnis
  • Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse
  • Anhang: Übersicht über die deutschen Abkommen mit aktuellen und ehemaligen Entwicklungs-und Schwellenländern
  • Literaturverzeichnis

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Abkürzungsverzeichnis

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Einleitung

A. Problemdarstellung

Eine Tätigkeit in der Entwicklungszusammenarbeit ist fast denknotwendig verbunden mit Auslandseinsätzen. Diese grenzüberschreitende Tätigkeit führt dazu, dass der einzelne Auslandsmitarbeiter1 einer Besteuerung in verschiedenen Staaten ausgesetzt sein kann – oder überhaupt keiner. Bedingt durch zahlreiche Sonderregelungen auf uni- sowie bilateraler Ebene zur Besteuerung von Mitarbeitern in der Entwicklungszusammenarbeit sowie die unterschiedliche Ausgestaltung der konkreten Tätigkeit treten zahlreiche steuerliche Probleme auf. Diese beruhen vor allem im Bereich der staatlich finanzierten Entwicklungszusammenarbeit auf dem völkerrechtlichen Kassenstaatsprinzip, das in vielfältigen Regelungen sowohl auf nationaler als auch auf bilateraler Ebene Einzug gefunden hat.

Diese Probleme haben in der jüngsten Vergangenheit die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf sich gezogen. Nachdem Vorsitzender Richter des Ersten Senats am BFH, Dietmar Gosch, in einem Fachaufsatz die „Keinmalbesteuerung“ entsandter Fachkräfte der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit mbH (GIZ), die weite Teile der staatlichen Entwicklungszusammenarbeit durchführt, kritisierte2, reagierte die Presse mit Artikeln, in denen von einem „Steuerprivileg“3 oder sogar von „Steuerflucht“4 der GIZ-Mitarbeiter berichtet wurde.

Diese Diskussion nahmen die obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder zum Anlass, die Rechtsfragen in diesem Zusammenhang zu erörtern. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass die im Ausland tätigen Mitarbeiter der GIZ auch bei Aufgabe ihres Wohnsitzes in Deutschland regelmäßig mit ihren Einkünften in Deutschland (beschränkt) steuerpflichtig seien und eine Besteuerung der ← 1 | 2 → Mitarbeiter vorbehaltlich einer anderen Regelung im jeweils einschlägigen DBA in Deutschland zu erfolgen habe.5

Auf die Frage, wie die Vergütungen von Auslandsmitarbeitern anderer Organisationen und Unternehmen in der Entwicklungszusammenarbeit steuerlich zu behandeln sind, erstreckte sich die Diskussion nicht. Auch existiert bis heute keine höchstrichterliche Rechtsprechung, die diese Auffassung der Finanzverwaltung bestätigt.

Ziel der vorliegenden Arbeit ist deshalb, die Besteuerung von Auslandsmitarbeitern in der Entwicklungszusammenarbeit aus nationaler und internationaler Sicht zu analysieren. Dabei soll vor allem geklärt werden, inwiefern die Kassenstaatsregelungen des nationalen und Internationalen Steuerrechts auf die Mitarbeiter in der aus öffentlichen Mitteln finanzierten Entwicklungszusammenarbeit Anwendung finden.

B. Gang der Untersuchung

Die Arbeit gibt überhaupt zunächst einen kurzen Überblick über die deutsche Entwicklungszusammenarbeit. Dazu werden zum einen die verschiedenen Formen der Entwicklungszusammenarbeit dargestellt sowie die Akteure in der Entwicklungszusammenarbeit und ihr Betätigungsfeld vorgestellt. Daneben werden Begrifflichkeiten erläutert.

In Kapitel 2 wird untersucht, wann Mitarbeiter in der Entwicklungszusammenarbeit in Deutschland überhaupt persönlich einkommensteuerpflichtig sind. Dabei wird vor allem erörtert, was unter dem Begriff der öffentlichen Kasse i.S.d. der nationalen Vorschriften zum Kassenstaatsprinzip zu verstehen ist und inwiefern bundeseigene privatrechtlich organisierte Durchführungsgesellschaften und Organisationen, deren Projekte mit staatlichen Mitteln unterstützt werden, selbst Träger einer solchen Kasse sein können. In diesem Zusammenhang wird weitergehend ausgeführt, inwiefern „mittelbare Leistungen“ aus öffentlichen Kassen für die Erfüllung des Tatbestandes der erweiterten unbeschränkten Steuerpflicht gem. § 1 Abs. 2 EStG sowie der beschränkten Steuerpflicht gem. § 1 Abs. 4 i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG ausreichend sind.

Anschließend werden in Kapitel 3 die Steuerbefreiungen für Mitarbeiter in der Entwicklungszusammenarbeit und in Kapitel 4 die unilateralen Möglichkeiten zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung untersucht. Besonders der ← 2 | 3 → Auslandstätigkeitserlass6 wird dann in Kapitel 5 auf seine Anwendbarkeit auf Auslandsmitarbeiter in der Entwicklungszusammenarbeit – auch unter Berücksichtigung unionsrechtlicher Probleme – geprüft.

In Kapitel 6 wird die Anwendung der Regelungen in DBA auf Auslandsmitarbeiter in der Entwicklungszusammenarbeit erörtert. In diesem Zusammenhang werden insbesondere die Sonderregelungen für Mitarbeiter von Entwicklungshilfeprogrammen in den Kassenstaats- und Studentenartikel der deutschen DBA mit Entwicklungsländern genauer beleuchtet.

Anschließend setzt sich die Arbeit in Kapitel 7 mit Steuerklauseln in bilateralen Abkommen über Technische Zusammenarbeit (Rahmenabkommen über Technische Zusammenarbeit) zwischen den Entwicklungsländern und der Bundesrepublik Deutschland auseinander und befasst sich mit dem Verhältnis dieser Regelungen zu den DBA.

Zum Abschluss wird in Kapitel 8 die Relevanz von Rückfallklauseln im Einkommensteuergesetz sowie in den DBA für die Mitarbeiter in der Entwicklungszusammenarbeit untersucht. ← 3 | 4 →


1 Der im Folgenden verwendete Ausdruck „Auslandsmitarbeiter“ ist eine Bezeichnung für sowohl angestellte als auch freie Mitarbeiter deutscher Nichtregierungsorganisationen und Unternehmen in der Entwicklungszusammenarbeit, die im Ausland tätig werden.

2 Gosch, IWB 2013, 179, 182.

3 Häring, Handelsblatt v. 12.04.2013, S. 12.

4 Fischer, Wirtschaftswoche v. 15.04.2013, S. 8.

5 Schreiben des BMF an das BMZ v. 05.12.2013, veröffentlicht in der Anlage der BT-Drs. 18/692. Seit Januar 2014 führte die GIZ deshalb Lohnsteuer für ihre im Ausland tätigen Mitarbeiter ab (vgl. BT-Drs. 18/692, Vorbemerkung der Fragesteller, S. 2).

6 BMF-Schreiben v. 31. 10.1983 – IV B 6 – S 2293 – 50/83, BStBl. I 1983, 470.

← 4 | 5 →

Kapitel 1:  Deutsche Entwicklungszusammenarbeit

A. Überblick über die deutsche Entwicklungspolitik

Details

Seiten
XXIV, 239
Jahr
2016
ISBN (PDF)
9783653066128
ISBN (ePUB)
9783653960501
ISBN (MOBI)
9783653960495
ISBN (Hardcover)
9783631673591
DOI
10.3726/978-3-653-06612-8
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2016 (Februar)
Schlagworte
Entwicklungshelfer Rahmenabkommen Entsandte Fachkraft Kassenstaatsklauseln Doppelbesteuerung Doppelbesteuerungsabkommen
Erschienen
Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien, 2016. XXIV, 239 S.

Biographische Angaben

Sarah Anna Dreher (Autor:in)

Sarah Anna Dreher studierte Rechtswissenschaft mit dem Schwerpunkt Steuerrecht an der Universität Trier. Sie war als Rechtsanwältin bei einer steuerrechtlich und wirtschaftsrechtlich spezialisierten Sozietät in Berlin tätig, bevor sie in den höheren Justizdienst des Landes Berlin wechselte.

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Titel: Die Besteuerung von Auslandsmitarbeitern in der Entwicklungszusammenarbeit
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