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Diatopische Varietäten im Englischunterricht

Konzepte, Unterrichtspraxis und Perspektiven der Beteiligten in der Sekundarstufe II

von Silvie Kruse (Autor:in)
©2016 Dissertation XIV, 435 Seiten

Zusammenfassung

Beim Erlernen von Englisch als Fremdsprache begegnen Lerner innerhalb wie außerhalb des Unterrichts einer Vielzahl diatopischer Varietäten der Sprache. Dieser Band fokussiert die Ursachen und Folgen diatopisch heterogener Lehr-Lernkontexte sowie didaktische Potenziale und Ziele einer unterrichtlichen Reflexion über die diatopische Variation des Englischen. Basierend auf einer empirischen Untersuchung der Unterrichtspraxis und der Perspektiven der Beteiligten in zwei Englischkursen der Sekundarstufe II liefert der Band Anregungen für einen angemessenen Umgang mit der diatopischen Vielfalt der Zielsprache im Unterricht. Mithilfe der Ergebnisse zeigt die Autorin mögliche Konsequenzen für die Lehrerbildung und die Lehrwerkentwicklung auf.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Vorwort
  • Inhalt
  • Abbildungsverzeichnis
  • Abkürzungsverzeichnis
  • 1. Einleitung: Globalisierung des Englischen und Auswirkungen auf den Englischunterricht
  • 1.1 Zielsetzung dieser Arbeit
  • 1.2 Übersicht über die methodische Herangehensweise
  • 1.3 Gliederung dieser Arbeit
  • Teil I: Diatopische Varietäten im Englischunterricht: Konzepte
  • 2. Die diatopische Vielfalt des Englischen – Eine sprachwissenschaftliche Bestandsaufnahme
  • 2.1 Weltweite Verbreitung des Englischen: Plurizentrik und Pluriarealität
  • 2.2 Geopolitische Modelle zur Einordnung diatopischer Varietäten des Englischen
  • 2.3 Kategorisierungen aufgrund sprachlicher Merkmale
  • 2.4 Zusammenfassung
  • 3. Die diatopische Vielfalt des Englischen – Perspektiven von Sprachverwendern
  • 3.1 Sprachideologien
  • 3.2 Sprache und Identität
  • 3.3 Einstellungen zur diatopischen Vielfalt des Englischen
  • 3.4 Zusammenfassung
  • 4. Diatopische Vielfalt im Fremdsprachenunterricht – Eine sprachdidaktische Bestandsaufnahme
  • 4.1 Sprachliche Modelle und Zielvarietäten
  • 4.2 Potenziale und Ziele einer unterrichtlichen Reflexion über diatopische Vielfalt
  • 4.2.1 Diatopische Vielfalt als Unterrichtsinhalt
  • 4.2.2 Diatopische Vielfalt als Unterrichtsrealität und die Rolle sprachlicher Korrektheit
  • 4.3 Möglichkeiten der Umsetzung
  • 4.4 Zusammenfassung
  • Teil II: Diatopische Varietäten im Englischunterricht: Empirische Untersuchung
  • 5. Kontext des untersuchten Englischunterrichts
  • 5.1 Der Gemeinsame europäische Referenzrahmen
  • 5.2 Der Lehrplan Englisch für die Sekundarstufe II in Nordrhein-Westfalen
  • 5.3 Das in den untersuchten Kursen verwendete Lehrwerk
  • 5.4 Vergleichende Analyse
  • 6. Erkenntnisinteresse und Anlage der Studie
  • 6.1 Vorannahmen und Untersuchungsfragen
  • 6.2 Empirische Positionierung
  • 6.3 Forschungsdesign
  • 6.4 Zusammenfassung
  • 7. Datenerhebung und Datenauswertung
  • 7.1 Kontakt zum Forschungsfeld und Datenerhebung
  • 7.2 Fallauswahl
  • 7.3 Datenaufbereitung
  • 7.4 Datenauswertungsverfahren
  • Teil III: Diatopische Varietäten im Englischunterricht: Ergebnisse und Fazit
  • 8. Darstellung der Ergebnisse
  • 8.1 Forschungsfokus: Unterrichtspraxis
  • 8.1.1 Die beobachtete Unterrichtspraxis im Bonner Kurs
  • 8.1.2 Die beobachtete Unterrichtspraxis im Kölner Kurs
  • 8.1.3 Äußerungen über erlebte Unterrichtspraxis in den Interviews
  • 8.2 Forschungsfokus: Perspektiven der Beteiligten
  • 8.2.1 Einzelfallanalysen: die Lehrerinnen
  • 8.2.2 Einzelfallanalysen: ausgewählte Schüler
  • 8.2.3 Einbettung der Einzelfälle in das gesamte Interviewsample
  • 9. Zusammenfassung und Diskussion der Ergebnisse
  • 9.1 Forschungsfokus: Unterrichtspraxis
  • 9.1.1 Unterrichtliche Reflexion über die Thematik
  • 9.1.2 Aushandlung diatopischer Heterogenität innerhalb der Lerngruppen
  • 9.2 Forschungsfokus: Perspektiven der Beteiligten
  • 9.2.1 Spracheinstellungen und Einstellungen zum Lernen in diatopisch heterogenen Gruppen
  • 9.2.2 Bedürfnisse und Erwartungen bezüglich der Unterrichtspraxis
  • 10. Fazit und Ausblick
  • 10.1 Reichweite der Ergebnisse
  • 10.2 Forschungsdesiderate und forschungsmethodische Perspektiven
  • 10.3 Schlussbetrachtung: Didaktische und bildungspolitische Perspektiven
  • Quellenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

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Abkürzungsverzeichnis

AE/AmEUS-amerikanisches Englisch
AfrEafrikanische Varietäten des Englischen
AmBlEAmerican Black English
AusEaustralisches Englisch
BE/BrEbritisches Englisch
CamEkamerunisches Englisch
DaFDeutsch als Fremdsprache
DaZDeutsch als Zweitsprache
EFLEnglish as a Foreign Language
EILEnglish as an International Language
ELFEnglish as a Lingua Franca
ELTEnglish Language Teaching
EngEenglisches Englisch
ENLEnglish as a Native Language
ESLEnglish as a Second Language
FSUFremdsprachenunterricht
GAGeneral American
GeRGemeinsamer europäischer Referenzrahmen für Sprachen
GhaEghanaisches Englisch
IndEindisches Englisch
IPAInternationales Phonetisches Alphabet
IrEirisches Englisch
JamEjamaikanisches Englisch
KanEkanadisches Englisch
L1(s)Erst-/Herkunftssprache(n)
L2(s)Zweit-/Fremdsprache(n)
NigEnigerianisches Englisch
NZEneuseeländisches English
ÖsterrDösterreichisches Deutsch
PakEpakistanisches Englisch
RPReceived Pronunciation
SAEsüdafrikanisches Englisch
ScotEschottisches Englisch
WalEwalisisches Englisch

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1.  Einleitung: Globalisierung des Englischen und Auswirkungen auf den Englischunterricht

„No language has ever before been put to so many uses so massively by so many people in so many places“ (McArthur 1998: 30).

Im Verlauf der vergangenen Jahrhunderte hat sich das Englische von der Muttersprache einer vergleichsweise kleinen Sprechergruppe1 in nur wenigen Regionen innerhalb Europas zu einer – wenn nicht der – globalen Sprache entwickelt. Durch seine Ausbreitung im Zuge der Kolonisierung weiter Teile der Welt durch die britische Krone sowie, im weiteren Verlauf, auch durch die USA als ehemalige Kolonie des British Empire, wurde das Englische zur Erst- oder Zweitsprache von über einer Milliarde Sprechern weltweit.2 Zusätzlich kommt dem Englischen weltweit eine zentrale Rolle als Lingua Franca in unterschiedlichen sprachlichen Kontaktsituationen zu. Beides hat zwangsläufig Konsequenzen für den Unterricht des Englischen als Fremdsprache: „World English is at one and the same time the result of ELT [= English language teaching; Anm. SK] and yet also its context“ (Brutt-Griffler 2002: 182, Hervorhebungen im Original).

Diese Arbeit fokussiert die Konsequenzen der weltweiten Verbreitung des Englischen und seiner diatopischen Variation für das Englischlernen. Mit diatopischer Variation ist sprachliche Variation in ihrer räumlichen Dimension gemeint. Die Varietäten einer Sprache bilden ein komplexes System von ← 1 | 2 → Subsystemen (vgl. Weinreich 1954), in dem auch unter die diatopischen Varietäten einer Sprache unterschiedlich eng oder breit gefasste Varietäten und Varietätengruppen gezählt werden können. Die Varietäten einer Sprache bilden dabei keineswegs trennscharfe Kategorien – im Falle der diatopischen Varietäten etwa weder geographisch noch linguistisch. Ihre Varietätengrenzen (Isoglossen) werden zwar auf sogenannten Dialekt- bzw. Sprachenkarten häufig durch Linien dargestellt, jedoch gibt etwa Bauer (2002: 7) richtig zu bedenken: „[A] single line on the map represents a great oversimplification of what is happening linguistically“. Bei den Varietäten einer Sprache muss man sich daher, so Knöbl (2012: 37) „vom Konzept eines konfliktfreien, geschlossenen Systems verabschieden. […] In der Sprechrealität sind weniger kategorische Strukturen […] zu erwarten und zu suchen, als vielmehr tendenzielle, systemoide“. Wandruszka (1981: 314) spricht daher bei Sprachgemeinschaften von „sich unablässig in alle Richtungen überschneidenden, durchkreuzenden, durchdringenden, vermischenden Lebenskreise[n] des Verstehens und Verwendens einer gemeinsamen Sprache“. Bauer (2002: 7) weist in diesem Zusammenhang zudem auf das Phänomen des Dialect Mixing hin, das als soziale Strategie dienen kann: „[W]e find speakers adapting their speech to the speech of their interlocutors, making choices to align themselves socially with one group or another, and using varieties which are not necessarily consistent“.

Der Begriff der diatopischen Variation bzw. der diatopischen Varietät ist in der germanistischen sowie in der romanistischen Sprachwissenschaft und auch Sprachdidaktik bereits stark etabliert;3 in der Anglistik wird in der Regel jedoch von regionaler Variation (regional variation) bzw. regionalen Varietäten (regional varieties) gesprochen. Aufgrund seiner höheren Präzision wird in dieser Arbeit dennoch der Begriff der diatopischen Variation bzw. Varietät verwendet: Streng genommen handelt es sich bei ‚regionalen‘ Varietäten lediglich um einen Subtypus diatopischer Varietäten, nämlich um in geographisch relativ limitierten Gebieten verwendete und in ihrer kommunikativen Reichweite ebenfalls recht eingeschränkte Nonstandardvarietäten einer Sprache. In dieser Arbeit sollen jedoch sowohl regionale Nonstandardvarietäten als auch nationale Standardvarietäten des Englischen berücksichtigt werden und die internationale Verbreitung ← 2 | 3 → des Englischen damit sowohl hinsichtlich ihrer Pluriarealität wie auch hinsichtlich ihrer Plurizentrik Beachtung finden.

Die international unterschiedlichen Entwicklungen, die das Englische aufgrund von Globalisierung und Migration sowie basierend auf seiner Kolonialgeschichte durchlaufen hat, haben zu den aktuellen Formen und Ausprägungen dieser Sprache beigetragen und werden sie auch weiterhin beeinflussen.4 Gnutzmann & Intemann (2008: 10) kommen daher zu dem Schluss: „English is not only the language of globalisation, but it is itself deeply affected by it“. Ob Globalisierung dabei eher eine sprachliche und kulturelle Homogenisierung bewirkt (vgl. z. B. Ritzer 1998), zu einer Hybridisierung führt (vgl. z. B. Nederveen Pieterse 1995), oder zu einer Glokalisierung, also einer unhierarchischen Ergänzung von Globalem und Lokalem (vgl. z. B. Robertson 1995), bleibt umstritten. Fest verbunden mit dem Begriff der Globalisierung ist jedoch in jedem Fall die Macht- und Dominanzfrage:

„While some see globalization as hegemonically Western, and above all as an extension of American imperialism (e.g. Ritzer 1998, Schiller 1985), others make the point that the process is more dispersed than this argument implies (Friedman 1994, Robertson 1992) and that it is unhelpful to frame the discussion in terms of Western dominance over ‘the rest’“ (Block & Cameron 2002: 3).

Die Globalisierung des Englischen und deren Auswirkungen auf den Englischunterricht sollen in dieser Arbeit nicht wertend betrachtet, sondern (etwa im Sinne Giddens’ 2000) als nicht zu ignorierende Lebensrealität angenommen werden. Dabei gilt es, Wege zu finden, um den sprachlichen und kulturellen Implikationen dieser Realität angemessen zu begegnen. Englischunterricht sollte deshalb vor dem Hintergrund der Globalisierung des Englischen geplant und ← 3 | 4 → durchgeführt werden und dabei die Pluralität der englischen Sprache5 und der Kontexte ihrer Verwendung berücksichtigen, um die Lerner angemessen auf unterschiedliche englischsprachige Kommunikationskontexte und Kommunikationspartner vorzubereiten. Kachru fordert daher bereits 1992 einen Paradigmenwechsel in Forschung und Lehre:

„What is needed is a […] paradigm shift in research and teaching, and an understanding of the sociolinguistic reality of uses and users of English. We must also cease to view English within the framework appropriate for monolingual societies. We must recognize the linguistic, cultural, and pragmatic implications of various types of pluralism; that pluralism has now become an integral part of the English language and the literatures written in English in various parts of the non-Western world. The traditional presuppositions and ethnocentric approaches need reevaluation“ (Kachru 1992: 362).

Die Pluralität des Englischen erfordert also Lehrpläne, Lehrwerke und Lehr-Lernmaterialien sowie eine Unterrichtspraxis, die die Lerner auf die interkulturelle Kommunikation mit Sprechern unterschiedlicher (nicht nur) diatopischer Varietäten des Englischen in verschiedenen Sprachkontaktsituationen vorbereiten (vgl. etwa Lee 2012). Dies erfordert wiederum Lehrer, die dazu ausgebildet und bereit sind. Ferner sollte nicht nur bei der Planung und Durchführung von Englischunterricht die diatopische Variation der Zielsprache berücksichtigt werden; die Globalisierung des Englischen sollte zudem bei der Wahl von Methoden, Inhalten und Maßstäben zur Überprüfung der Kompetenzen von Englischlernern Berücksichtigung finden (vgl. etwa Canagarajah 2006; Davies 2009; Davies, Hamp-Lyons & Kemp 2003; Hu 2012; Taylor 2006).

Bei all dem gilt zu beachten, dass Lernergruppen, vor allem auf fortgeschrittenem Niveau (etwa in der gymnasialen Oberstufe), hinsichtlich der diatopischen Varietäten des Englischen, mit denen sie in Kontakt kommen und die sie verwenden, vielfach sehr heterogen sind: Sowohl die schulischen als auch die ← 4 | 5 → außerschulischen Sprachkontaktbiographien von Schülern und Lehrern sind häufig in unterschiedlichem Ausmaß durch verschiedene Varietäten der Zielsprache beeinflusst. Die Gründe hierfür können im außerschulischen Bereich sowohl auf Lehrer- als auch auf Schülerseite in einem englisch-muttersprachlichen Familienhintergrund oder etwa in längeren Auslandsaufenthalten in einem englischsprachigen Land liegen.6 Im schulischen Bereich kann die diatopische Heterogenität innerhalb einer Lerngruppe etwa in Lehrer- oder Lehrwerkwechseln sowie in Schul- bzw. Kurswechseln in der bereits zurückgelegten Schullaufbahn begründet sein, wenn der erlebte Englischunterricht jeweils unterschiedliche diatopische Varietäten der Zielsprache fokussiert hat bzw. unterschiedliche sprachliche Modelle verwendet wurden. Es zeigt sich also, dass eine unterrichtliche Berücksichtigung von sowie eine Vorbereitung auf die sprachliche Realität der internationalen Verbreitung und diatopischen Vielfalt des Englischen von einer Vielzahl von Faktoren beeinflusst werden und zudem auf mehreren Ebenen ansetzen können. Dieser Thematik widmet sich die vorliegende Arbeit.

1.1  Zielsetzung dieser Arbeit

Trotz der kommunikativen Konsequenzen sprachlicher Variation und der inzwischen verstärkten wissenschaftlichen Auseinandersetzung hiermit durch die Sprachwissenschaft wird der Thematik laut Görlach (1999: 3) im Kontext des Sprachenlernens und -lehrens noch immer nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt: „Language variation is a universal feature of communication, and yet it has found sufficient interest among linguists only in the past twenty years or so, and has had surprisingly little attention from language teachers“. Auch Bieswanger (2008: 28) stellt fast zehn Jahre später fest, dass der diatopischen Variation des Englischen in Lehrplänen und -materialien noch immer nur eine untergeordnete Rolle zukommt: „The increasing importance of different Englishes […] appears to be still only marginally reflected in ELT curricula and teaching ← 5 | 6 → material“. Hammer (2012: 60) kritisiert zudem, dass eine Berücksichtigung der internationalen Verbreitung und diatopischen Vielfalt des Englischen sowie eine Vorbereitung auf diese sprachliche Realität bisher nicht auf allen Ebenen des Englischunterrichts stattfinden: „In den Englischunterricht scheint die Globalisierung bisher allein als Unterrichtsthema Eingang gefunden zu haben“.7 Dieser Problematik widmet sich daher die vorliegende Arbeit. Dabei werden die Potenziale und Ziele einer unterrichtlichen Reflexion über die diatopische Vielfalt des Englischen für einen modernen Fremdsprachenunterricht herausgearbeitet, der auf die Entwicklung kommunikativer Kompetenzen durch und für authentische Kommunikationssituationen in der Zielsprache abzielt. Hierunter fällt auch eine Diskussion der Ursachen diatopisch heterogener Lehr-Lernkontexte, ihrer Folgen für das Englischlernen sowie eines angemessenen Umgangs hiermit in der Unterrichtspraxis. Diese theoretischen Überlegungen werden auf Grundlage einer empirischen Studie in zwei ausgewählten Englischkursen der Sekundarstufe II an nordrhein-westfälischen Gymnasien mit der Unterrichtspraxis und den Perspektiven der Beteiligten abgeglichen.

Eine solche empirische Untersuchung der Unterrichtspraxis, die weiterhin die Perspektiven von Schülern und Lehrern berücksichtigt, stand bisher noch aus. Es lagen zwar bereits Untersuchungen vor, die sich mit Einstellungen von Lernern und Lehrern bezüglich diatopischer Varietäten des Englischen befassen. Diese Studien ließen jedoch die Unterrichtspraxis außer Acht und fokussierten zudem meist Englischlerner und (angehende) Englischlehrer in internationalen Hochschulkontexten. In der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit diatopischen Varietäten im Englischunterricht sind für den deutschen Schulkontext hingegen vor allem die theoretischen Arbeiten Görlachs (z. B. 1999) und Gnutzmanns (z. B. 2007 sowie Gnutzmann & Intemann 2008) zu nennen. Bieswanger (2008) stellt außerdem eine aufschlussreiche Analyse der bayerischen Lehrpläne sowie zweier Englischlehrwerke für den Unterricht an Realschulen und Gymnasien vor. Hammer (2012) widmet der Thematik ein Kapitel ihrer Dissertation, in der sie ebenfalls Lehrwerke analysiert. Auf dieser Grundlage aufbauend möchte die vorliegende Arbeit einen Beitrag dazu leisten, die Forschungslücke im Bereich der empirischen Untersuchung von Unterrichtspraxis und Perspektiven der ← 6 | 7 → Beteiligten bezüglich der Globalisierung des Englischen im deutschen Schulkontext zu schließen.

Nach einem Überblick über den wissenschaftlichen Diskurs und Stand der Forschung zur internationalen Verbreitung des Englischen und seiner diatopischen Variation sowie zu didaktischen Konsequenzen, die sich hieraus ergeben, widmet sich diese Arbeit daher einer empirischen Untersuchung (a) der Unterrichtspraxis bezüglich der Reflexion über die internationale Verbreitung und diatopische Vielfalt des Englischen sowie bezüglich der Aushandlung diatopischer Heterogenität innerhalb von Lerngruppen und (b) der diesbezüglichen Einstellungen, Erwartungen und Bedürfnisse der Protagonisten des Englischunterrichts (also sowohl Lerner als auch Lehrer). Das zentrale Erkenntnisinteresse dieser Arbeit beinhaltet dabei die folgenden Aspekte:

Die aufgeführten Aspekte werden mit einer multiperspektivischen Untersuchung wechselseitiger Einflussfaktoren zwischen Unterrichtspraxis und Perspektiven von beteiligten Schülern und Lehrern untersucht. Die hierdurch erlangten Erkenntnisse über den Ist-Zustand in den untersuchten Kursen werden dann zu Desideraten für einen potentiellen Soll-Zustand im Englischunterricht weitergedacht. Ebenso dienen sie einer kritischen Reflexion über und Weiterentwicklung von theoretischen Annahmen. Im Sinne Hus (2003: 126) können „[d]idaktische Konzeptionen, Lehrmaterialentwicklung wie auch Aspekte der Lehrerausbildung […] durch diese Perspektive in einem neuen Licht gesehen und weiterentwickelt werden“. ← 7 | 8 →

1.2  Übersicht über die methodische Herangehensweise

Aufgrund der oben beschriebenen lückenhaften bzw. gänzlich fehlenden empirischen Basis und der Komplexität des Untersuchungsgegenstandes wurde für die Beantwortung der Untersuchungsfragen ein qualitatives, explorativ-interpretatives Vorgehen gewählt. Dieses Forschungsdesign erlaubt es der Forscherin, ein umfassendes Bild zu skizzieren von den gegenseitigen Einflussfaktoren zwischen der Unterrichtspraxis und den dieser zugrundeliegenden und sich hieraus ergebenden Einstellungen, Bedürfnissen und Erwartungen bezüglich diatopischer Variation und ihrer Reflexion und Aushandlung im Englischunterricht. Zur Erstellung eines solchen umfassenden Bildes bedarf es einer Triangulation von Daten und Methoden. Untersucht werden zwei Englischkurse in der Sekundarstufe II an nordrhein-westfälischen Gymnasien im Regierungsbezirk Köln. Die verwendeten Untersuchungsmethoden umfassen

Details

Seiten
XIV, 435
Jahr
2016
ISBN (PDF)
9783653068245
ISBN (ePUB)
9783653961867
ISBN (MOBI)
9783653961850
ISBN (Hardcover)
9783631672600
DOI
10.3726/978-3-653-06824-5
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2016 (April)
Schlagworte
Globalisierung Plurizentrik World Englishes Varietätenlinguistik
Erschienen
Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien, 2016. XIV, 435 S., 20 s/w Abb.

Biographische Angaben

Silvie Kruse (Autor:in)

Silvie Kruse studierte Englisch und Spanisch für das Lehramt an Gymnasien sowie Deutsch als Fremd- und Zweitsprache an den Universitäten Siegen und Southampton. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für die Didaktik der englischen Sprache an der Universität Siegen.

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