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Werkwohnungen

Rechtsfragen

von Alexander Rech (Autor:in)
©2016 Dissertation 222 Seiten

Zusammenfassung

Der Autor befasst sich mit rechtlichen Fragen des Werkwohnungswesens. Dabei stehen zunächst die jeweiligen Werkwohnungsarten im Mittelpunkt. Der Autor klärt bei Werkmietwohnungen Fragen nach den Anforderungen an das Dienstverhältnis, nach dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates sowie nach der Beendigung des Mietverhältnisses. Bei Werkdienstwohnungen geht der Autor auf die Gestaltungsmöglichkeiten der Wohnraumüberlassung ein und präsentiert eine Lösung für die rechtliche Einordnung der fortgeführten Wohnraumüberlassung nach Beendigung des Dienstverhältnisses. Er untersucht zudem Sonderfragen, die sich aus der Verknüpfung von Wohnraumüberlassung und Dienstverhältnis ergeben: unter anderem die Auswirkungen eines Betriebsüberganges und des Todes des Dienstberechtigten.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Vorwort
  • Inhaltsübersicht
  • Inhaltsverzeichnis
  • Einleitung
  • 1. Kapitel: Historie, Gegenwart und Zukunft
  • § 1 Historie
  • § 2 Gegenwart und Zukunft
  • I. Gesellschaftliche Aspekte
  • II. Unternehmerische Aspekte
  • 2. Kapitel: Werkmietwohnungen
  • § 3 Wesen einer Werkmietwohnung
  • I. Vermietung mit Rücksicht auf das Bestehen eines Dienstverhältnisses
  • 1. Die Vermietung mit Rücksicht auf das Bestehen eines Dienstverhältnisses in Literatur und Rechtsprechung
  • 2. Bewertung und eigene Einordnung
  • a) Dienstverhältnis als Anlass
  • b) Wirtschaftliche Verbindung nicht ausreichend
  • c) Notwendigkeit einer intensiveren Verknüpfung
  • (1) Keine betriebliche Notwendigkeit erforderlich
  • (2) Keine Abhängigkeit des Mietverhältnisses vom Dienstverhältnis
  • (3) Dienstverhältnis nicht zwingend alleiniger Anlass der Vermietung
  • (4) Eigener Ansatz: Betrieblicher Zusammenhang
  • (5) Das Dienstverhältnis als Grundlage i.S.d. § 313 BGB
  • 3. Ergebnis
  • II. Vertragsnatur der Verknüpfung
  • 1. Kein einheitliches Rechtsgeschäft
  • 2. Vertragsverbindung
  • III. Besonderheiten der funktionsbedingten Werkmietwohnung
  • 1. Wesen einer funktionsbedingten Werkmietwohnung
  • a) Betriebliches Erfordernis der Vermietung
  • b) Unmittelbare Beziehung oder Nähe zur Arbeitsstätte
  • 2. Vertragsnatur der funktionsbedingten Werkmietwohnung
  • 3. Ergebnis
  • § 4 Formerfordernisse
  • § 5 Dienst- und Mietverhältnis
  • I. Das Dienstverhältnis
  • 1. Erfasste Tätigkeiten
  • 2. Umfang der Tätigkeiten
  • 3. Privatrechtliche und öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse
  • II. Das Mietverhältnis
  • 1. Ausgestaltung des Mietverhältnisses
  • 2. Mietzins und Mieterhöhung
  • III. Möglicher Zeitpunkt der Verknüpfung
  • § 6 Gestaltungsmöglichkeiten
  • I. Werkeigene Werkmietwohnungen
  • II. Werkfremde Werkmietwohnungen
  • 1. Vermietung durch rechtlich selbständige Wohnungsgesellschaft
  • 2. Werkförderungsverträge
  • § 7 Beendigung des Mietverhältnisses
  • I. Außerordentliche fristlose Kündigung, §§ 543, 569 BGB
  • II. Beendigung durch Befristung, § 575 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BGB
  • III. Ordentliche Kündigung vor Beendigung des Dienstverhältnisses
  • 1. Ausschluss der ordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses während des Dienstverhältnisses
  • a) Ausschluss durch Parteivereinbarung
  • b) Einfluss dienstvertraglicher Vereinbarungen
  • c) Stillschweigender Ausschluss einer ordentlichen Kündigung
  • (1) Gewöhnliche Werkmietwohnungen
  • (2) Funktionsbedingte Werkmietwohnungen
  • 2. Berechtigtes Interesse des Vermieters, § 573 BGB
  • a) Kündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB
  • b) Kündigung wegen Betriebsbedarf
  • (1) Ausschluss des Betriebsbedarfes
  • (2) Betriebsbedarf während des Dienstverhältnisses
  • (3) Begründetheit des Betriebsbedarfes
  • (4) Einschub: Betriebsbedarfskündigung bei betriebsfremder Vermietung
  • c) Angabe im Kündigungsschreiben, § 573 Abs. 3 BGB
  • 3. Besonderheiten des Widerspruchsrechtes, § 576a Abs. 1 BGB
  • IV. Ordentliche Kündigung nach Beendigung des Dienstverhältnisses
  • 1. Notwendigkeit eines berechtigten Interesses
  • 2. Fristen der ordentlichen Kündigung, § 576 Abs. 1 Nr. 1 BGB
  • a) Benötigen des Wohnraums für einen anderen Dienstverpflichteten
  • b) Beendigung des Dienstverhältnisses
  • c) Zeitlicher Zusammenhang zwischen den Kündigungen
  • d) Erläuterungen im Kündigungsschreiben
  • e) Rechtsfolge
  • 3. Fristen der ordentlichen Kündigung bei funktionsbedingten Werkmietwohnungen, § 576 Abs. 1 Nr. 2 BGB
  • 4. Berücksichtigung der Belange des Dienstberechtigten, § 576a Abs. 1 BGB
  • 5. Ausschluss des Widerspruchsrechtes, § 576a Abs. 2 BGB
  • a) Kündigung nach § 576a Abs. 2 Nr. 1 BGB (Funktionsbedingte Werkmietwohnungen)
  • b) Lösung des Dienstverhältnisses durch den Mieter
  • c) Lösung des Dienstverhältnisses durch den Dienstherrn
  • V. Übergangsregelungen
  • § 8 Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates
  • I. Allgemeines
  • 1. Abgrenzung zur Sozialeinrichtung
  • 2. Sachlicher Anwendungsbereich
  • 3. Personeller Anwendungsbereich
  • II. Inhalt des Mitbestimmungsrechtes
  • 1. Widmung, Entwidmung und Dotierungsrahmen
  • 2. Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen
  • a) Zuweisung von Wohnräumen
  • b) Kündigung von Wohnräumen
  • 3. Festlegung der Nutzungsbedingungen
  • III. Besonderheiten bei den funktionsbedingten Werkmietwohnungen
  • 3. Kapitel: Werkdienstwohnungen
  • § 9 Wesen einer Werkdienstwohnung
  • I. Vorliegen lediglich eines Vertrages (formelles Kriterium)
  • 1. Wortlaut des § 576b BGB
  • a) „Im Rahmen“ des Dienstverhältnisses überlassen
  • b) Überlassen des Wohnraums
  • c) Rechtsverhältnis
  • d) § 576b Abs. 2 BGB
  • 2. Systematik und Rechtsfolge von § 576b BGB
  • a) Systematik
  • b) Rechtsfolge
  • 3. Ergebnis und Formulierungsvorschlag
  • II. Vertragsnatur des Dienstvertrages
  • III. Notwendigkeit eines materiellen Kriteriums?
  • 1. Vertragsgestaltung als geeignetes Abgrenzungskriterium zu den Werkmietwohnungen
  • 2. Wortlaut des § 576b BGB
  • 3. Notwendigkeit eines materiellen Kriteriums bei Existenz eines Betriebsrates?
  • a) Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates bei Werkdienstwohnungen
  • b) Analoge Anwendung von § 87 Abs. 1 Nr. 9 BetrVG auf Wohnraumüberlassung ohne betriebliche Notwendigkeit?
  • 4. Notwendigkeit eines materiellen Kriteriums aus Mieterschutzgründen?
  • 5. Ergebnis
  • § 10 Wohnraumüberlassung während des Dienstverhältnisses
  • I. Anwendbares Recht
  • 1. Die Rechtsanwendung bei gemischten Verträgen
  • 2. Anwendbare Vorschriften bei den Werkdienstwohnungen
  • a) Keine (direkte) Anwendung mietrechtlicher Vorschriften
  • b) Parteivereinbarungen und deren Grenzen
  • (1) Einzeln ausgehandelte Nutzungsbedingungen
  • (2) Vom Dienstherrn für eine Vielzahl von Fällen gestellte Nutzungsbedingungen
  • (3) Verweis auf mietrechtliche Vorschriften
  • (4) Tarifvertragliche Regelungen oder Betriebs- und Dienstvereinbarungen
  • c) Fehlende Regelungen
  • 3. Sonderfall Nutzungsentgelt
  • a) Ausgestaltung des Entgeltes
  • b) Erhöhung des Nutzungsentgeltes
  • II. Beendigung der Wohnraumüberlassung
  • 1. Anwendbare Vorschriften
  • 2. Teilkündigung
  • 3. Widerrufsvorbehalt, Änderungskündigung und Aufhebungsvertrag
  • III. Fazit
  • § 11 Beendigung und Fortführung der Wohnraumüberlassung
  • I. Beendigung der Wohnraumüberlassung
  • 1. Unbefristetes Dienstverhältnis
  • 2. Befristetes Dienstverhältnis
  • II. Rechtsverhältnis der fortgeführten Wohnraumüberlassung in der Literatur
  • 1. Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses
  • a) Gesetzliches Schuldverhältnis
  • b) Vorliegen eines Mietverhältnisses
  • 2. Nutzungsentgelt
  • 3. Stellungnahme
  • a) Fortgesetzte Wohnraumüberlassung durch Vorenthaltung
  • b) Fortgesetzte Wohnraumüberlassung ohne Beendigung
  • (1) Kein Abwicklungsverhältnis
  • (2) Kein Gesetzliches Schuldverhältnis mit Rechten und Pflichten nach § 242 BGB
  • (3) Kein Mietverhältnis
  • (4) Eigener Ansatz: Vertragliches Nutzungsverhältnis eigener Art
  • (a) Rechtsverhältnis
  • (b) Nutzungsentgelt
  • c) Wohnraumüberlassung zwischen dem Ende des Dienstverhältnisses und dem Ablauf der Kündigungsfrist
  • III. Ergebnis
  • 4. Kapitel: Sonderfragen
  • § 12 Behandlung und Auswirkungen von Pflichtverletzungen des Dienstverpflichteten
  • I. Werkmietwohnungen
  • 1. Dienstrechtliche Pflichtverletzung
  • 2. Mietrechtliche Pflichtverletzung
  • II. Werkdienstwohnungen
  • 1. Verletzung von Dienstpflichten (ausgenommen Wohnraum)
  • 2. Verletzung von Pflichten hinsichtlich der Wohnraumüberlassung
  • III. Sonderfall: Fehlverhalten Dritter in der Werkwohnung
  • 1. Werkmietwohnungen
  • a) Zurechnung von Fehlverhalten vertragsfremder Personen im Mietrecht
  • b) Auswirkungen auf das Dienstverhältnis
  • 2. Werkdienstwohnungen
  • § 13 Betriebsübergang
  • I. Werkmietwohnungen
  • II. Werkdienstwohnungen
  • § 14 Rechtswegfragen
  • I. Werkmietwohnungen
  • 1. Generelle Zuständigkeit
  • 2. Auswirkungen einer Aufrechnung auf den Rechtsweg
  • a) Vorab: Behandlung einer Aufrechnung mit einer rechtswegfremden Forderung
  • b) Rechtswegzuständigkeit
  • II. Werkdienstwohnungen
  • 1. Vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses
  • 2. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses
  • § 15 Wohnungszuweisung bei Scheidung, § 1568a BGB
  • I. Sachlicher Anwendungsbereich
  • 1. Erfasste Werkwohnungen
  • 2. Wohnraumüberlassung der Ehegatten im Innenverhältnis
  • II. Persönlicher Anwendungsbereich
  • 1. Anspruchsinhaber, Anspruchsgegner und Zustimmungsberechtigter
  • 2. Beide Ehegatten sind Dienstverpflichtete
  • 3. Beide Ehegatten sind Mieter
  • III. Anwendungszeitraum
  • IV. Anspruchsvoraussetzungen
  • V. Rechtsfolge
  • § 16 Der Tod des Dienstverpflichteten und seine Folgen nach §§ 563 f. BGB
  • I. Beendigung des Mietverhältnisses mit nach § 563 BGB eingetretener Person
  • 1. Werkmietwohnungen
  • a) Gewöhnliche Werkmietwohnungen
  • (1) Anwendbarkeit der §§ 576, 576a BGB
  • (2) Sonderkündigungsrecht nach § 563 Abs. 4 BGB
  • (a) Der wichtige Grund i.S.v. § 563 Abs. 4 BGB
  • (b) Betriebsfremdheit als wichtiger Grund
  • b) Funktionsbedingte Werkmietwohnungen
  • 2. Werkdienstwohnungen
  • II. Beendigung des Mietverhältnisses bei Fortsetzung mit überlebendem Mieter, § 563a BGB
  • Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse
  • Schrifttumsverzeichnis

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Einleitung

Unterhält man sich über Werkwohnungen1, so fällt schnell der Begriff der Hausmeisterwohnung. Diese beiden Begriffe scheinen für die Allgemeinheit deckungsgleich zu sein. Damit hat es dann aber schon sein Bewenden.

Jedoch wird dem Werkwohnungswesen eine solche rudimentäre Behandlung nicht gerecht. Der Begriff Werkwohnung stellt lediglich einen Oberbegriff dar.2 Im Unterkapitel 4 des zweiten Buches des BGB mit der Überschrift „Werkwohnungen“ unterscheidet der Gesetzgeber in den amtlichen Überschriften zwischen Werkmietwohnungen (§§ 576 und 576a BGB) und Werkdienstwohnungen (§ 576b BGB).3 Werkwohnungen zeichnen sich dadurch aus, dass ein Dienstverpflichteter aufgrund eines Dienstverhältnisses Wohnraum von seinem Dienstherrn überlassen bekommt. Eine Werkwohnung steht folglich im Zentrum zweier Interessensphären: Für den Dienstherrn als Unternehmer ist die Wohnraumüberlassung ein betriebspolitisches Instrument, für den Dienstverpflichteten hingegen dessen privater Lebensmittelpunkt.4 Schon die Besonderheit des den Werkwohnungen immanenten Zusammenspiels zweier sonst weitestgehend voneinander unabhängiger Rechtsgebiete – Dienst- und Mietrecht – ist ebenso reizvoll wie herausfordernd. Hinzu kommt die sowohl dem Dienst- wie auch dem Mietrecht innewohnende ungleiche Machtlage zwischen den Parteien. Deshalb hat der Gesetzgeber die Privatautonomie in diesen Bereichen überwiegend eingeschränkt und nahezu ausschließlich zwingende Regelungen zum Schutz des Dienstverpflichteten bzw. des Mieters geschaffen. Mietrechtliche Regelungen betreffend die Werkwohnungen existieren hingegen lediglich in §§ 576–576b BGB. Diese gewähren dem Vermieter nach Beendigung des Dienstverhältnisses erleichterte Kündigungsmöglichkeiten bezüglich des Wohnraums. Besteht zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis, so wird nach § 87 Abs. 1 Nr. 9 BetrVG dem Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht hinsichtlich der Zuweisung, Kündigung und der Festlegung allgemeiner Nutzungsbedingungen des Wohnraums gewährt. Aufgrund dieser geringen Regelungsdichte bleibt es größtenteils dem Rechtsanwender überlassen, ← 19 | 20 → das Werkwohnungswesen rechtlich zu erfassen. Dies führt, wie sich zeigen wird, zu (teilweise ungelösten) Problemen, welche einer rechtlichen Analyse bedürfen.

Die nachfolgende Untersuchung wird in zwei Abschnitte unterteilt: Im ersten Abschnitt werden die Werkwohnungen analysiert. In erster Linie gilt es, das Wesen von einer Werkmiet- bzw. Werkdienstwohnung herauszuarbeiten, da der Gesetzgeber diesbezüglich von einer Definition abgesehen hat.5 Mithin treten in der Praxis häufig Probleme bei der Beurteilung der Werkwohnungseigenschaft auf.6 Dies ist deshalb prekär, da in §§ 576–576a BGB eine Einschränkung des Kündigungsschutzes zulasten des Mieters in Form von verkürzten Kündigungsfristen (§ 576 Abs. 1 Nr. 1 und insbesondere Nr. 2 BGB) vorgenommen wird bzw. unter bestimmten Voraussetzungen die Berufung auf das Widerspruchsrecht aus §§ 574–574c BGB (§ 576a Abs. 2 Nr. 2 BGB) versagt wird.7 Auch das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates nach § 87 Abs. 1 Nr. 9 BetrVG führt zu deutlichen Einschränkung der Autonomie des Vermieters.8 Ungeachtet dieser Problemstellungen ist die Abgrenzung von Werkmiet- und Werkdienstwohnungen nicht hinreichend geklärt. Von hohem Interesse ist zudem die Möglichkeit der Beendigung des Mietverhältnisses – insbesondere nach Beendigung des Dienstverhältnisses.

Der zweite Abschnitt hat die Aufgabe, Sonderprobleme darzustellen, welche sich aus der Verknüpfung von Dienst- und Mietverhältnis ergeben. Untersucht werden die Auswirkungen von Pflichtverletzungen auf das jeweils andere Rechtsverhältnis sowie die Folge eines Betriebsüberganges (§ 613a BGB) und des Todes des Dienstverpflichteten im Hinblick auf § 563 BGB. Durch das Zusammenspiel der beiden Rechtsverhältnisse wird auch die Frage nach der gerichtlichen Zuständigkeit tangiert. Ein weiterer Punkt beschäftigt sich mit der Behandlung der Ehewohnung im Falle der Scheidung (§ 1568a BGB).


1 Uneinigkeit herrscht bezüglich der Orthographie. Diese Arbeit folgt der vom Gesetzgeber in §§ 576–576b BGB verwendeten Schreibweise, nämlich Werkwohnung anstelle von Werkswohnung (so verwendet von Röder, Betriebliches Wohnungswesen).

2 BT-Drucks. 14/4553, S. 71.

3 Siehe auch BT-Drucks. 14/4553, S. 71.

4 Vgl. Fuchs, Arten der Werkwohnung, S. 3.

5 Vgl. Bruns, NZM 2014, 535.

6 Bruns, NZM 2014, 535; dies schon vor der Einführung der heutigen Regelungen feststellend Beßler, Das Recht der Werkwohnungen, S. 8.

7 Einzelheiten zu den Vorschriften siehe unter § 7 IV, S. 83 (Die Seitenzahl bezieht sich auf die erste Seite des jeweiligen Gliederungspunktes).

8 Ausführlich hierzu unter § 8, S. 96.

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1. Kapitel: Historie, Gegenwart und Zukunft

§ 1 Historie

Werkwohnungen haben in der deutschen Geschichte eine lange Tradition. Mit Beginn der industriellen Revolution um das Jahr 1835 veränderte sich die Struktur des Arbeitsmarktes grundlegend.9 Die Industrialisierung führte zu einer Ablösung der Handarbeit hin zur maschinellen Arbeit. Dadurch stieg die Anzahl an unselbständigen Arbeitern, was unter anderem eine Trennung von Arbeits- und Wohnstätte mit sich brachte.10 Mit der fortschreitenden Industrialisierung ging ein Wachstum der Werke einher, das zu erhöhtem Personalbedarf führte. Die Unternehmer sahen sich deshalb gezwungen, Personal von außerhalb zu rekrutieren, weshalb der Bedarf an Wohnungen anstieg11 und die Nachfrage an (Werk-)Wohnungen das vorhandene Angebot um ein Vielfaches überstieg.12 Die immer größer werdende Wohnungsnot und der damit einhergehende Anstieg der Mietpreise war zugleich der wesentliche Auslöser der „sozialen Frage“13. Dass diese sozialen Missstände auch die Unternehmen jener Zeit beschäftigten, zeigt exemplarisch eine Stellungnahme der Essener Handelskammer aus dem Jahre 1870, in welcher der Mangel an Wohnungen als „wahre Kriminalität“ bezeichnet wurde.14 Die Unternehmer mussten sich in der Folgezeit eingestehen, dass die Wohnungsnot nur dann bewältigt werden kann, wenn sie selbst den Wohnungsbau fördern.15 Dieses Umdenken der Unternehmer spiegelt sich in der Entwicklung der Anzahl ← 21 | 22 → neu errichteter Werkwohnungen wider: Im Jahr 1873 wurden im Rahmen des privaten Werkwohnungsbaus 6.772 Wohnungen errichtet.16 Diese Zahl stieg im Jahr 1914 auf 94.02717 Einheiten an. Neben dem unmittelbaren Werkwohnungsbau etablierte sich nach dem Ende des Ersten Weltkrieges der werkgeförderte Werkwohnungsbau.18 Bei dieser Art der Werkwohnung ist der Unternehmer nicht zugleich der Vermieter, sondern er fördert einen Dritten bei dessen Wohnungsbauvorhaben; im Gegenzug erhält er in der Regel ein Belegungsrecht.19 Positiver Nebeneffekt der Wohnraumversorgung für die Unternehmer war die Bindung der Mitarbeiter an das Unternehmen, was eine erhöhte Arbeitsmoral durch gesteigerte Identifizierung mit dem Unternehmen zur Folge hatte.20 Dieser Entwicklung der Wohnungssituation – insbesondere dem rasanten Anstieg von Werkwohnungen – trug der Gesetzgeber durch spezielle Regelungen im Mieterschutzgesetz (MSchG) vom 1. Juni 1923 über Werkwohnungen (§ 20 ff. MSchG) Rechnung.21 Zudem wurde dem Betriebsrat ein Mitwirkungsrecht bei der Verwaltung von Werkwohnungen eingeräumt.22 Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg erlebte der Werkwohnungsbau abermals einen Aufschwung und leistete einen erheblichen Beitrag zur Bekämpfung der Wohnungsnot.23 Auch in den 1960er-Jahren konnte die Knappheit an Wohnungen dank der erheblichen Anzahl von Werkwohnungen weiter gemildert werden.24

In den 1970er- und 1980er-Jahren wandelte sich das Bild: Die Unternehmer zogen sich stetig aus dem Werkwohnungsbau zurück und begannen, ihren Wohnungsbestand zu veräußern.25 Die Gründe hierfür waren unterschiedlicher Natur. Mitverantwortlich waren die steigenden Boden- und Baupreise, welche den ← 22 | 23 → Unternehmen einen Wohnungsbau in einem preislich annehmbaren Rahmen erschwerten. Zudem begann der Staat den sozialen Wohnungsbau als Politikum zu betrachten.26 Auch die vermehrten Zechenschließungen und der Abbau der Schwerindustrie veränderten die Wohnungsstruktur in den betroffenen Gebieten maßgeblich und führten zu Verkäufen von Werkwohnungen.27 Aufgrund steigender Wohnungsnachfrage versuchte der Gesetzgeber diesem Trend entgegenzuwirken, indem er die Bedingungen für den Werkwohnungsbau – hauptsächlich durch modifizierte Kündigungsmöglichkeiten zugunsten des Dienstberechtigten – verbesserte.28

§ 2 Gegenwart und Zukunft

Da das Statistische Bundesamt Werkwohnungen nicht als eigene Kategorie ausweist, gibt es keine aktuellen aussagekräftigen Daten bezüglich des Werkwohnungsbestandes in Deutschland.29 Der Trend von Unternehmen, sich von Immobilien zu trennen, setzt sich jedoch erkennbar bis in die heutige Zeit fort.30 So haben die Konzerne Siemens und MAN ihren Bestand an Werkwohnungen in Bayern in den vergangenen Jahren veräußert. Während sich Siemens zumindest umfassende Belegrechte an den veräußerten Wohnungen sicherte, verabschiedete sich MAN vollkommen aus dem Wohnungsmarkt.31 Eine markante Begründung für den Abbau des Wohnungsbestandes fand der MAN-Konzernsprecher mit den Worten: „Wir sind Maschinenbauer, keine Immobilienleute.“32 ← 23 | 24 →

I. Gesellschaftliche Aspekte

Betrachtet man die gesellschaftliche Entwicklung in Deutschland, so wird dieser Trend – insbesondere von der Politik – durchaus kritisch bewertet. Familien können sich selbst mit mittlerem Einkommen in weiten Teilen Deutschlands, insbesondere in den Ballungszentren, kaum mehr eine Wohnung leisten. In vielen Großstädten sind die Preise völlig überhöht, da das Angebot an Wohnungen die Nachfrage in keiner Weise sättigen kann.33 Nach dem Willen der Politik müssen auch die Unternehmen ihren Teil zur Bekämpfung der Wohnungsnot beitragen. So machte sich schon Münchens ehemaliger Oberbürgermeister Christian Ude dafür stark, dass große Unternehmen wieder günstige Wohnungen für ihre Mitarbeiter bauen sollen. Ude wendete sich mit der Bitte, künftig wieder in Werkwohnungen zu investieren, an die Vorstandsvorsitzenden und Geschäftsführer von 14 Unternehmen, darunter BMW, MTU oder Rohde & Schwarz. Auch Udes Nachfolger Dieter Reiter legt den Unternehmen den Bau von Werkwohnungen nahe und zieht gar eine Quote für den Bau von Werkwohnungen in Betracht.34 Leitbild für andere Unternehmen können dabei die Stadtwerke München sein, deren Ziel, bis zum Jahre 2022 weitere 500 Werkwohnungen zu bauen, gegenwärtig realisiert wird.35

Richtigerweise kann das Werkwohnungswesen zur Entspannung des Wohnungsmarktes beitragen,36 gelöst werden kann die Wohnungsnot allein dadurch jedoch nicht. Die Bekämpfung der Wohnungsnot ist primär Aufgabe eines Sozialstaates, weshalb diese nicht vollumfänglich auf Unternehmen abgewälzt werden kann. Aus diesem Grund ist auch die von Reiter erwähnte Quote der falsche Ansatzpunkt. Vielmehr muss zwischen der Politik und den Unternehmen eine gemeinsame Strategie entwickelt werden, welche auch die Interessen der Unternehmen berücksichtigt. Hier werden insbesondere die von den Unternehmen zu tragenden Kosten im Mittelpunkt stehen. Sollen Unternehmen zu Investitionen angeregt werden, so müssen diesbezüglich entsprechende Anreize geschaffen werden. Denn ungeachtet der den Unternehmen von der Politik zugewiesenen ← 24 | 25 → gesellschaftlichen Verantwortung ist die Entscheidung für oder gegen Werkwohnung stets eine unternehmerische.

II. Unternehmerische Aspekte

Details

Seiten
222
Jahr
2016
ISBN (PDF)
9783653068405
ISBN (ePUB)
9783653961805
ISBN (MOBI)
9783653961799
ISBN (Paperback)
9783631672679
DOI
10.3726/978-3-653-06840-5
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2016 (April)
Schlagworte
Werkmietwohnung Werkdienstwohnung Vertragsverbindung Gemischter Vertrag
Erschienen
Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien, 2016. 222 S.

Biographische Angaben

Alexander Rech (Autor:in)

Alexander Rech studierte Rechtswissenschaften an der Universität Passau und wurde dort promoviert. Er war während der Promotion als Wissenschaftlicher Mitarbeiter in einer Wirtschaftskanzlei tätig.

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Titel: Werkwohnungen
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