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Verdeckte Gewinnausschüttung und freigebige Zuwendung einer GmbH

von Patrick Hoor (Autor:in)
©2016 Dissertation 290 Seiten

Zusammenfassung

Das Buch setzt sich vor dem Hintergrund der aktuellen Rechtsprechung mit der Frage auseinander, ob verdeckte Gewinnausschüttungen einer GmbH zugleich schenkungsteuerliche Folgen nach sich ziehen können. Besondere Probleme stellen sich, wenn mehrere Personen an der Vermögensverschiebung beteiligt sind. Es gelingt dem Autor, die vielschichtigen und rechtsgebietsübergreifenden Probleme im Zusammenhang mit Vermögensverschiebungen zwischen Kapitalgesellschaften und ihren Gesellschaftern sowie nahestehenden Personen in einer einheitlichen Darstellung zu erfassen. Unter kritischer Auseinandersetzung mit den in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Lösungsansätzen legt er dar, dass das Steuerrecht bei sachgerechter Auslegung bereits eine systematische Lösung zur Verfügung stellt.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Vorwort
  • Inhaltsverzeichnis
  • Abkürzungsverzeichnis
  • 1. Kapitel: Einführung
  • A. Hintergrund der Thematik
  • B. Ziel der Arbeit
  • C. Gang der Untersuchung
  • 2. Kapitel: Die verdeckte Gewinnausschüttung als Gegenstand der Untersuchung
  • A. Einleitung
  • B. Abgrenzungsfunktion und außerbetriebliche Sphäre einer Kapitalgesellschaft
  • I. Die außerbetriebliche Sphäre der Kapitalgesellschaft
  • 1. Steuerrechtlicher Ausgangspunkt
  • 2. Historische Entwicklung des Streitstands
  • a) Neuere Entwicklung
  • b) Grundsatzurteil und aktuelle Rechtsprechung
  • 3. Auslegung des § 8 Abs. 2 KStG
  • a) Wortlaut des § 8 Abs. 2 KStG
  • aa) Wortsinn „Einkünfte“
  • bb) Zwischenergebnis
  • b) Entstehungsgeschichte des § 8 Abs. 2 KStG
  • aa) Urteil des BFH vom 4. 3. 1970
  • bb) Stellungnahme
  • c) Systematische Analyse des § 8 Abs. 2 KStG
  • aa) Maßgeblichkeit der Handelsbilanz
  • bb) § 12 Nr. 1 EStG
  • cc) Zwischenergebnis
  • dd) Wertungswiderspruch zu § 2 Abs. 2 S. 1 GewStG
  • (1) Voraussetzung des § 2 Abs. 2 S. 1 GewStG
  • (a) BFH
  • (b) Stellungnahme
  • (2) Steuersystematische Erwägungen
  • (3) Ergebnis
  • ee) Vorschrift des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG
  • ff) Fehlende Regelungen zur Überführung von Wirtschaftsgütern
  • (1) Stellungnahme
  • (2) Ergebnis
  • gg) Der Wegfall des Anrechnungsverfahrens
  • d) Zwischenfazit hinsichtlich einer außerbetrieblichen Sphäre
  • e) Ablehnung einer außerbetrieblichen Sphäre
  • II. Fazit hinsichtlich der Abgrenzungsfunktion
  • C. Ergebnis und Konkretisierung des Untersuchungsgegenstands
  • 3. Kapitel: Entwicklung und derzeitiger Meinungsstand
  • A. Einleitung
  • B. Die Auffassung der Rechtsprechung
  • I. Die Entscheidung des FG Nürnberg vom 18. 11. 2004
  • II. Das BFH-Urteil vom 7. 11. 2007 – Die Kapitalgesellschaft als Zuwendende
  • III. Das BFH-Urteil vom 30. 1. 2013 – Keine freigebige Zuwendung zwischen Gesellschaft und Gesellschafter
  • IV. FG Münster und BFH-Urteil vom 27.8.2014 – II R 44/13
  • C. Die Auffassung der Finanzverwaltung
  • I. Alte Auffassung
  • 1. Leistungen an Gesellschafter
  • 2. Leistungen an nahestehende Person
  • II. Neue Auffassung – Die Ländererlasse vom 20. 10. 2010
  • 1. Leistungen an nahestehende Person
  • 2. Leistungen an Gesellschafter
  • III. Die Gesetzesänderung durch das BeitrRLUmsG
  • IV. Die angepassten Ländererlasse vom 14. 3. 2012
  • 1. Leistungen an Gesellschafter
  • 2. Leistungen an nahestehende Person
  • 3. Bereicherungsabsicht
  • 4. Konzernsachverhalte
  • 5. Neuregelung des § 15 Abs. 4 ErbStG
  • D. Die Auffassung des Schrifttums
  • 4. Kapitel: Die unmittelbare verdeckte Gewinnausschüttung zwischen Gesellschaft und Gesellschafter
  • A. Einleitung
  • B. Rechtsgrundlagen der verdeckten Gewinnausschüttung
  • I. Gesellschaftsrecht
  • II. Ertragsteuerrecht
  • 1. Voraussetzungen einer verdeckten Gewinnausschüttung
  • 2. Rechtsfolgen einer verdeckten Gewinnausschüttung
  • a) Ebene der Kapitalgesellschaft
  • b) Ebene des Gesellschafters
  • 3. Rückabwicklung einer verdeckten Gewinnausschüttung
  • C. Die verdeckte Gewinnausschüttung im Schenkungsteuerrecht
  • I. Tatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG
  • 1. Subjektive Steuerpflicht
  • a) Kapitalgesellschaften als Steuersubjekte des ErbStG
  • b) Stellungnahme
  • aa) Zivilrecht
  • bb) Steuerrecht
  • cc) Erb- und Schenkungsteuerrecht
  • c) Einschränkung der Subjektfähigkeit erwerbswirtschaftlicher Kapitalgesellschaften
  • d) Stellungnahme
  • aa) Zivilrecht
  • bb) Gesellschaftsrecht
  • (1) Ultra-vires-Lehre
  • (2) Unentgeltliche Zuwendungen durch den Geschäftsführer
  • cc) Erb- und Schenkungsteuerrecht
  • e) Ergebnis zur subjektiven Steuerpflicht
  • 2. Bereicherung des Gesellschafters
  • a) Zuwendung und Zuwendungsgegenstand
  • aa) Wertabgaben auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage
  • (1) Offene Gewinnausschüttung
  • (2) Kapitalrückzahlungen
  • bb) Verdeckte Gewinnausschüttungen
  • b) Wertminderung der Beteiligung als Bereicherungsminderung
  • aa) Objektive Bereicherung bei quotaler Ausschüttung
  • bb) Einmann-GmbH
  • cc) Objektive Bereicherung bei disquotaler Ausschüttung
  • dd) Stellungnahme
  • (1) Mitgliedschaft der Gesellschafter
  • (2) Bewertungskriterien und Wertminderung
  • (3) Berücksichtigung von Wertminderungen des Geschäftsanteils
  • c) Bereicherung und Ausgleichsansprüche
  • aa) Ansprüche der Gesellschaft
  • (1) Gesellschaftsvertragliche Klausel
  • (2) Vorteilzuwendungen unter Verstoß gegen Kapitalerhaltungsnormen
  • (3) Vorteilszuwendungen aus dem freien Vermögen
  • bb) Ansprüche der Gesellschafter
  • cc) Zwischenergebnis hinsichtlich einer Bereicherung und Ausgleichsansprüchen
  • d) Zusammenfassung der Ergebnisse zur objektiven Bereicherung
  • 3. Entreicherung der GmbH
  • a) Vermögenshingabe
  • b) Freiwilligkeit
  • c) Kein Ausgleich durch korrespondierenden Vermögensvorteil
  • d) Ergebnisse zur Entreicherung der Gesellschaft
  • 4. Objektive Unentgeltlichkeit der Zuwendung
  • a) Freigebigkeit gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG
  • b) Gemischt freigebige Zuwendung
  • c) Formale verdeckte Gewinnausschüttung
  • d) Leistungen der Gesellschaft und Gemeinschaftszweck als Rechtsgrund
  • aa) BFH
  • bb) Literatur
  • cc) Stellungnahme
  • (1) Bürgerlich-rechtliche Schenkung
  • (2) Steuersystematische Erwägungen
  • (a) Abgrenzung der Steuerarten
  • (b) Neue Rechtsprechungstendenz
  • (c) Stellungnahme
  • dd) Ausnahme bei innergesellschaftlicher Unausgewogenheit der Leistungen?
  • (1) Finanzverwaltung
  • (2) BFH
  • (3) Literatur
  • (4) Stellungnahme
  • e) Zwischenergebnis zur objektiven Unentgeltlichkeit
  • II. Zusammenfassung der Ergebnisse des 4. Kapitels
  • 1. Subjektive Steuerpflicht / Steuersubjekt i.S.d. ErbStG
  • 2. Objektive Bereicherung
  • 3. Entreicherung
  • 4. Objektive Unentgeltlichkeit
  • 5. Kapitel: Die mittelbare verdeckte Gewinnausschüttung an nahestehende Personen
  • A. Einleitung
  • B. Die mittelbare verdeckte Gewinnausschüttung im Ertragsteuerrecht
  • I. Grundfall einer verdeckten Gewinnausschüttung an nahestehende Personen
  • II. Gesellschafter als nahestehende Person
  • III. Beziehungen zu mehreren Gesellschaftern
  • IV. Zwischenergebnis
  • C. Die mittelbare verdeckte Gewinnausschüttung im Schenkungsteuerrecht
  • I. Feststellung der Beteiligten des Zuwendungsvorgangs
  • 1. Analyse und Einordnung der Rechtsprechung des BFH
  • a) Keine Zuwendung im Verhältnis der Gesellschaft zu ihren Gesellschaftern
  • b) Keine mittelbare Zuwendung auf Gesellschafterebene
  • aa) Keine mittelbare Zuwendung bei Einlage
  • bb) Zuwendungen im Rahmen von Gründungsvorgängen und Kapitalerhöhungen
  • cc) Übertragung der Grundsätze auf verdeckte Gewinnausschüttung
  • c) Zuwendung an nahestehende Dritten oder Gesellschafter
  • 2. Ansicht der Finanzverwaltung
  • 3. Bisherige Lösungsansätze der Literatur
  • a) Keine freigebige Zuwendung der Gesellschaft
  • b) Freigebige Zuwendung der Kapitalgesellschaft an nahestehende Person
  • c) Mittelbare freigebige Zuwendung des Gesellschafters an nahestehende Person
  • aa) Kenntnis und Veranlassung
  • bb) Keine unmittelbare Vermögenszuwendung notwendig
  • cc) Entnahmeanspruch
  • d) Keine mittelbare freigebige Zuwendung
  • II. Stellungnahme und Ausgangspunkt der Feststellung der Beteiligten
  • 1. Bereicherungsrechtliche Leistungsbeziehungen
  • a) Leistung zwischen Gesellschaft und Gesellschafter
  • b) Mittelbare Leistungsbeziehungen
  • aa) Offene Gewinnausschüttung
  • bb) Verdeckte Gewinnausschüttungen
  • (1) Allgemeines Entnahmerecht
  • (2) Wertung der gesellschaftsvertraglichen Sonderverbindung
  • (3) Vorliegen einer mittelbaren Leistungsbeziehung
  • (a) Verzicht der Gesellschaft auf Ansprüche
  • (b) Sonderkonstellationen
  • (4) Keine mittelbaren Leistungsbeziehungen
  • 2. Wertung der Kapitalerhaltungsnormen
  • 3. Zwischenergebnis
  • III. Ertragsteuerliche Konsequenzen
  • 1. Mittelbare Leistungsbeziehungen im Ertragsteuerrecht
  • a) Gesellschafter als Zuwendungsempfänger
  • b) Verzicht auf Ansprüche der Gesellschaft
  • c) Sonderkonstellationen
  • d) Zwischenfazit
  • 2. Keine mittelbaren Leistungsbeziehungen
  • a) Annahme der Angemessenheit
  • aa) Stellungnahme
  • bb) Anwendung auf Fallgestaltungen
  • b) Keine Kenntnis des Gesellschafters
  • aa) Urteil des VIII. Senats vom 19. 6. 2007 – VIII R 54/05
  • bb) Stellungnahme
  • (1) Nichtgesellschafter als Zuwendungsempfänger
  • (2) Gesellschafter als Zuwendungsempfänger
  • (3) Verzicht als verdeckte Gewinnausschüttung
  • (a) Gesellschafter als Zuwendungsempfänger
  • (aa) Verzicht keine verdeckte Gewinnausschüttung
  • (bb) Verzicht als verdeckte Gewinnausschüttung
  • (b) Nichtgesellschafter als Zuwendungsempfänger
  • (aa) Fremd-Geschäftsführer als Zuwendungsempfänger
  • (bb) Vorteilszuwendungen durch Eingriffe in das Gesellschaftsvermögen
  • 3. Zwischenergebnis
  • IV. Schenkungsteuerrecht
  • 1. Mittelbare Leistungsbeziehungen
  • a) Freigebige Zuwendung der Kapitalgesellschaft
  • b) Freigebige Zuwendung „auf Kosten“ des Gesellschafters?
  • aa) Bürgerlich-rechtliche Vorfrage
  • (1) Verhältnis zwischen Steuerrecht und Zivilrecht
  • (a) Stellungnahme
  • (b) Zwischenergebnis
  • (2) Verhältnis des ErbStG zum Zivilrecht
  • (a) Verkehrsteuer
  • (aa) Stellungnahme
  • (bb) Zwischenergebnis
  • (b) Auslegung des ErbStG
  • (3) Verhältnis der „freigebigen Zuwendung“ zum Zivilrecht
  • (a) Auslegung Wortlaut
  • (b) Historische Entwicklung
  • (c) Systematik und Teleologie der Vorschrift
  • (d) Ergebnis
  • bb) Auslegung des Merkmals „auf Kosten“
  • (1) Schenkung nach §§ 516 ff. BGB
  • (a) Zwischenergebnis zu §§ 516 ff. BGB
  • (b) Mittelbare verdeckte Gewinnausschüttung
  • (c) Zwischenergebnis
  • (2) Freigebige Zuwendung nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG
  • (3) Wertung des § 15 Abs. 4 ErbStG
  • 2. Keine mittelbaren Leistungsbeziehungen
  • a) Gesellschafter als Zuwendungsempfänger
  • aa) Keine Rückgewähransprüche
  • bb) Bestehende Ansprüche und Verzicht
  • b) Nichtgesellschafter als Zuwendungsempfänger
  • aa) Keine freigebige Zuwendung in unmittelbarem Verhältnis zur Gesellschaft
  • bb) Freigebige Zuwendung bei gesellschaftlich veranlasstem Verzicht
  • V. Zusammenfassung der Ergebnisse des 5. Kapitels
  • 1. Mittelbare Leistungsbeziehungen
  • 2. Keine mittelbaren Leistungsbeziehungen
  • 6. Kapitel: Subjektiver Tatbestand der freigebigen Zuwendung
  • A. Einleitung
  • B. Herleitung eines subjektiven Tatbestands
  • C. Inhaltliche Anforderungen
  • I. Rechtsprechung
  • 1. Grundsätzliche Anforderungen
  • 2. Besonderheiten im geschäftlichen Verkehr
  • II. Finanzverwaltung
  • III. Literatur
  • IV. Stellungnahme
  • 1. Ergänzungen des Willens zur Unentgeltlichkeit
  • 2. Feststellungslast und verfahrensrechtliche Aspekte
  • a) Widerlegliche Vermutung
  • b) Geschäftliche Beziehungen
  • c) Nahestehende Personen
  • D. Folgen für verdeckte Gewinnausschüttungen
  • I. Unmittelbare verdeckte Gewinnausschüttungen unter fremden Dritten
  • II. Verdeckte Gewinnausschüttungen an nahestehende Personen
  • E. Zusammenfassung der Ergebnisse des 6. Kapitels
  • 7. Kapitel: Konzernsachverhalte und § 7 Abs. 8 ErbStG
  • A. Einleitung
  • B. § 7 Abs. 8 S. 1 ErbStG
  • C. § 7 Abs. 8 S. 2 ErbStG
  • I. Regelungszweck
  • 1. Beispielsfall 1
  • a) Ertragsteuerliche Einordnung
  • b) Schenkungsteuerliche Einordnung durch den Gesetzgeber
  • 2. Beispielsfall 2
  • a) Ertragsteuerliche Einordnung
  • b) Schenkungsteuerliche Einordnung durch den Gesetzgeber
  • 3. Stellungnahme
  • a) Steuerbegründender Tatbestand
  • b) Steuereinschränkende Funktion
  • II. Auswirkungen auf den schenkungsteuerlichen Grundtatbestand
  • 1. Leistungsbeziehungen maßgebend
  • a) Beispielsfall 1
  • b) Beispielsfall 2
  • 2. Keine mittelbaren Leistungsbeziehungen
  • D. Zusammenfassung der Ergebnisse des 7. Kapitels
  • 8. Kapitel: Ergebnisse der Arbeit
  • A. Ergebnisse in Fällen
  • B. Zusammenfassung in Thesen
  • I. Verdeckte Gewinnausschüttung als Gegenstand der Untersuchung
  • II. Die unmittelbare verdeckte Gewinnausschüttung an Gesellschafter
  • III. Die mittelbare verdeckte Gewinnausschüttung an nahestehende Personen
  • IV. Subjektiver Tatbestand der freigebigen Zuwendung
  • V. Konzernsachverhalte und § 7 Abs. 8 ErbStG
  • C. Ausblick
  • Literaturverzeichnis

← 18 | 19 →

Abkürzungsverzeichnis

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1. Kapitel:  Einführung

Die GmbH als Altruist in einer Welt der Egoisten?1

A.  Hintergrund der Thematik

Verdeckte Gewinnausschüttungen bilden nach wie vor einen Schwerpunkt steuerrechtlicher Streitigkeiten. Mit Recht werden sie als das streitanfälligste Institut des Körperschaftsteuerrechts bezeichnet.2 Doch beschränkten sich die Probleme bisher auf das Ertragsteuerrecht, kam jüngst ein weiterer Streitpunkt hinzu – das Schenkungsteuerrecht.3

Auf den ersten Blick haben Kapitalgesellschaften und freigebige Zuwendungen jedoch wenig gemein. Daher wurden Vermögenszuwendungen zwischen einer Gesellschaft und ihren Gesellschaftern von der Finanzverwaltung in schenkungsteuerlicher Hinsicht jahrzehntelang nicht aufgegriffen und bildeten weder in Wissenschaft noch Praxis einen Schwerpunkt der Erörterung. Dies änderte sich jedoch Mitte der 90er Jahre, angestoßen durch mehrere Entscheidungen des BFH zur Schenkungsteuerpflicht von Leistungen der Gesellschafter an eine GmbH, wonach jedenfalls eine steuerbare Zuwendung zwischen den Gesellschaftern ausgeschlossen wurde.4 Die Finanzverwaltung bildete sich daraufhin erstmals eine Meinung und erließ 1997 entsprechende Verwaltungsanweisungen, die jedoch bei Leistungen eines Gesellschafters an die Gesellschaft auch eine steuerbare Zuwendung an einen Mitgesellschafter für möglich erachteten.5 In der Folgezeit wurde es dennoch wieder ruhig um das Thema, weil die restriktive Auffassung der Verwaltung dazu führte, dass die Schenkungsteuerfinanzämter sich der Materie nicht ernsthaft widmeten. ← 25 | 26 → 6

Erst im Jahr 2007 lebte die Diskussion erneut auf, als der II. Senat des BFH im Falle einer mittelbaren verdeckten Gewinnausschüttung der bisherigen Praxis entgegentrat und eine freigebige Zuwendung auf Gesellschafterebene ausschloss.7 Hierbei beließ er es jedoch nicht, sondern deutete an, dass stattdessen eine freigebige Zuwendung der Kapitalgesellschaft an den nahestehenden Dritten vorliegen könnte. Die Ausführungen des II. Senats führten in der Folgezeit zu erheblicher Rechtsunsicherheit. Die Finanzverwaltung griff diese Rechtsprechung daraufhin in einem neuen Erlass auf und sah die Kapitalgesellschaft als Zuwendende an.8 Nunmehr konnten sowohl unmittelbare verdeckte Gewinnausschüttungen an die Anteilseigner als auch mittelbare verdeckte Gewinnausschüttungen der Schenkungsteuer unterliegen. Um die sich hieraus ergebende steuerliche Mehrbelastung in Grenzen zu halten, schuf der Gesetzgeber die §§ 7 Abs. 8 und 15 Abs. 4 ErbStG.9

Schließlich bekam der II. Senat im Jahr 2013 die Gelegenheit, sich zur Schenkungsteuerpflicht unmittelbarer verdeckter Gewinnausschüttungen zu äußern. Er schloss jedenfalls im Verhältnis der Kapitalgesellschaft zum Gesellschafter eine freigebige Zuwendung aus und betonte, dass allein eine ertragsteuerliche Erfassung erfolgen könne.10 Ob dies auch für die Fälle mittelbarer verdeckter Gewinnausschüttungen gilt, konnte dem Urteil indes nicht entnommen werden. Daher ist nach wie vor fraglich, wie sich die gesellschaftliche Veranlassung – als dogmatischer Ausgangspunkt verdeckter Gewinnausschüttungen – zum schenkungsteuerlichen Tatbestand der freigebigen Zuwendung nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG verhält.

B.  Ziel der Arbeit

Ziel der Arbeit ist, die vielschichtigen und rechtsgebietsübergreifenden Probleme im Zusammenhang mit Vermögensverschiebungen zwischen Kapitalgesellschaften und ihren Gesellschaftern sowie nahestehenden Personen in einer einheitlichen Darstellung zu erfassen. Zwar nahm sich insbesondere die Aufsatzliteratur in einem kaum noch zu überblickenden Umfang der Thematik an. Dennoch erschöpfen sie die Ausführungen oftmals in der Darstellung von Einzelfragen oder einer bloßen Wiedergabe der Rechtsprechung. Hierunter leidet nicht nur die steuerliche Systematik, sondern auch die Nachvollziehbarkeit der jeweiligen Argumentation. Vor dem Hintergrund ihrer zahlreichen ertragsteuerlichen, zivilrechtlichen und gesellschaftsrechtlichen Querbezüge bedarf die Thematik jedoch einer strukturellen Gesamtdarstellung. Sie liegt an der Schnittstelle zu mehreren Rechtsgebieten, sodass deren Einflüsse nicht nur punktuell, sondern umfassend zu berücksichtigen sind. Diesem Anliegen versucht die Untersuchung gerecht zu werden. Sie soll darlegen, ← 26 | 27 → dass die scheinbar unentgeltlich vorgenommene Wertabgabe in Form einer verdeckten Gewinnausschüttung keine schenkungsteuerpflichtigen Folgen nach sich zieht.

Angesichts der einerseits sehr grundsätzlichen These und der andererseits existierenden Vielzahl an Erscheinungsformen verdeckter Gewinnausschüttungen gilt es, den Untersuchungsgegenstand einzuschränken. Daher betrachtet die Untersuchung nur die GmbH. Sofern von Kapitalgesellschaften gesprochen wird, sind hiermit Gesellschaften mit beschränkter Haftung gemeint.11 Zudem werden nur die weit überwiegenden Erscheinungsformen verdeckter Gewinnausschüttungen zugrunde gelegt, wie etwa überhöhte Gehaltszahlungen oder vergünstigte Veräußerungen von Wirtschaftsgütern. Dies ist einer übersichtlichen Darstellung zuträglich und vermeidet, wesentliche Gesichtspunkte aus den Augen zu verlieren.

C.  Gang der Untersuchung

Die Arbeit gliedert sich in sieben Teile. Der erste Teil der Untersuchung (2. Kapitel) stellt zunächst den dogmatischen Ausgangspunkt heraus. Es wird aufgezeigt, weshalb die Frage der Schenkungsteuerpflicht gerade bei gesellschaftlichen Vorgängen aufzuwerfen ist, sich im Ergebnis aber auch hierauf beschränkt. Im Vordergrund werden die verschiedenen steuerlichen Sphären der Gesellschaft stehen, um die Funktion der verdeckten Gewinnausschüttung im Steuerrecht herauszuarbeiten. Sodann wird im zweiten Teil der Arbeit (Kapitel 3) ein Überblick über die bisherige Rechtsprechung gegeben und die hiermit zusammenhängenden Reaktionen des Gesetzgebers und der Finanzverwaltung aufgezeigt. Dies erleichtert dem Leser, die bisherige Entwicklung zu überblicken, und vermeidet Wiederholungen. In den anschließenden Teilen widmet sich die Arbeit der Untersuchung und Einordnung verdeckter Gewinnausschüttungen anhand des Tatbestands der freigebigen Zuwendung. Hierbei beschäftigen sich sowohl der dritte Teil (4. Kapitel) als auch der vierte Teil (5. Kapitel) mit dem objektiven Tatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Der Darstellung vom Grundlegenden zum Besonderen folgend beschäftigt sich das 4. Kapitel zunächst mit der Frage, ob eine unmittelbare verdeckte Gewinnausschüttung an einen Gesellschafter zugleich schenkungsteuerlich relevant ist. Dabei orientiert sich die Arbeit an den einzelnen Tatbestandsmerkmalen des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Im 5. Kapitel wird auf den bisherigen Ergebnissen aufbauend die mittelbare verdeckte Gewinnausschüttung untersucht. Da hier jedoch Mehr-Personen-Konstellation zu betrachten sind, ist die Frage nach den Beteiligten des Zuwendungsvorgangs von grundlegender Bedeutung. Der Aufbau folgt daher nicht den einzelnen tatbestandlichen Voraussetzungen, sondern den Beziehungen der verschiedenen Personen zueinander. Im 6. Kapitel steht dagegen der subjektive Tatbestand im Fokus. Dieser ist zunächst herzuleiten und in einem zweiten Schritt auf beide zuvor behandelten Erscheinungsformen der verdeckten Gewinnausschüttung anzuwenden. Dem ← 27 | 28 → schließt sich im 7. Kapitel die Betrachtung konzernrechtlicher Sachverhalte unter besonderer Berücksichtigung des 2011 neu eingeführten § 7 Abs. 8 ErbStG an. Einerseits werden die unmittelbaren Auswirkungen der Gesetzesänderungen in Konzernsachverhalten dargestellt. Andererseits zeigt die Arbeit auf, dass den Normen über ihren Anwendungsbereich hinaus keine Bedeutung für die Grundkonstellationen verdeckter Gewinnausschüttungen zukommt. Die Arbeit schließt mit dem 8. Kapitel, in dem die wesentlichen Ergebnisse kurz zusammengefasst werden.


1 Vgl. Herrmann, in: Erman, § 516 Rz. 1 in Anlehnung an Heck, Das Prinzip Egoismus, passim.

2 Frotscher, FR 2002, 859. Schätzungen zu Folge befassen sich mindestens die Hälfte aller streitig geführten Verfahren vor den Finanzgerichten mit der Frage der Vermögenszuwendungen zwischen Kapitalgesellschaft und ihren Gesellschaftern oder Dritten, vgl. Buciek, Stbg 2005, 60.

3 Der Erste Senat des BVerfG hat die erbschaft- und schenkungsteuerrechtlichen Begünstigungen für Unternehmensvermögen der §§ 13a, 13b i.V.m. § 19 ErbStG für unvereinbar mit dem GG erklärt, BVerfG, Urteil v. 17.12.2014, 1 BvL 21/12, BStBl. II 2015, 50 ff. Das derzeitige Recht ist jedoch bis zu einer verfassungsgemäßen Neuregelung durch den Gesetzgeber, die bis zum 30.6.2016 zu erfolgen hat, weiterhin anwendbar.

4 BFH, Urteil 25.10.1995, II R 67/93, DStR 1996, 379 ff.; BFH, Urteil v. 19.6.1996, II R 83/92, DStR 1996, 1563 ff.

5 Gleichlautende Ländererlasse vom 15.3.1997, BStBl. I 1997, 350 ff., DStR 1997, 540 ff., Tz. 5.1 verweist auf Tz. 2.2.3.

6 Hartmann, GmbH-StB 2008, 203.

7 BFH, Urteil v. 7.11.2007, II R 28/06, DStR 2008, 346 ff.

8 Gleichlautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 20.10.2010, 3-S 3806/75, BStBl. I 2010, S. 1207 ff.

9 BGBl. I 2011, S. 2592 (2614).

10 BFH, Urteil v. 30.1.2013, II R 6/12; DStR 2013, 649 (650 ff.).

11 Dies gilt jedenfalls, soweit in zivilrechtlichem Kontext nicht allgemein juristische Personen gemeint sind.

← 28 | 29 →

2. Kapitel:  Die verdeckte Gewinnausschüttung als Gegenstand der Untersuchung

A.  Einleitung

Details

Seiten
290
Jahr
2016
ISBN (PDF)
9783653067262
ISBN (ePUB)
9783653950557
ISBN (MOBI)
9783653950540
ISBN (Hardcover)
9783631672136
DOI
10.3726/978-3-653-06726-2
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2016 (April)
Schlagworte
Erbschaftsteuer Schenkungsteuer Außerbetriebliche Sphäre Vermögensverschiebung
Erschienen
Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien, 2016. 290 S.

Biographische Angaben

Patrick Hoor (Autor:in)

Patrick Hoor studierte Rechtswissenschaften an der Universität Trier und promovierte an der Universität Konstanz. Seine Schwerpunkte sind das Bürgerliche Recht sowie das nationale und internationale Personen- und Unternehmenssteuerrecht.

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Titel: Verdeckte Gewinnausschüttung und freigebige Zuwendung einer GmbH
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