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Philanthropie 2.0

von Johannes Krall (Band-Herausgeber:in) Richard Lernbass (Band-Herausgeber:in) Harald Mahrer (Band-Herausgeber:in) Christoph Neumayer (Band-Herausgeber:in) Oliver Stauber (Band-Herausgeber:in)
©2016 Sammelband 304 Seiten
Reihe: Finance and Ethics, Band 3

Zusammenfassung

Der soziale Kapitalmarkt ist im Wachstum begriffen. Neben der langen Tradition der Philanthropie im angloamerikanischen Raum haben europäische Staaten unterschiedliche Entwicklungsstufen erreicht. Philanthropisches Engagement privater Stiftungen und institutioneller Investoren generiert einen unverzichtbaren Impact für politische, wissenschaftliche, sozial-karitative und ökologische Aufgaben. Die private Förderung von Start-ups und Social Entrepreneurs kommt insbesondere den gesellschaftspolitisch relevanten Parametern Innovation und Beschäftigung zugute. Moderne Stiftungen begnügen sich nicht mit der Bereitstellung finanzieller Mittel. Komplexen Herausforderungen und Lösungsansätzen wird im Wege kollaborativen Wirkens begegnet. Zunächst geht es um den Aufbau einer Gemeinnützigkeitskultur und die Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen. Diese stehen unter dem Postulat der politischen Akzeptanz des gemeinnützigen Akteurs und der Anerkennung seines Beitrags zum Gemeinwohl der zivilen Gesellschaft. In diesem Kontext ist etwa die instrumentelle Funktion von Steuerbegünstigungen von hoher Effizienz gekennzeichnet. Schließlich ebnet diese den Boden für die erforderliche Entwicklung neuer Geschäftsmodelle und Finanzierungsformen. Im Idealfall impliziert philanthropisches Verhalten eine Win-win-Situation und bewirkt direkte Umverteilung hin zu mehr sozialer Gerechtigkeit.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Inhaltsverzeichnis
  • Vorwort der Herausgeber
  • Kapitel I: Innovation und Gemeinnützigkeit
  • Herausforderungen bei der Finanzierung sozialer Innovationen
  • Status Quo und Zukunftsperspektiven des gemeinnützigen Stiftungssektors in Österreich
  • Fundraising für die Wissenschaft – Chancen und Erfolgsfaktoren
  • Kapitel II: Impact Investments und Stiftungszweck
  • Österreich braucht Leister und Geber
  • Moderne Formen der Philanthropie
  • Gemeinnützige Stiftungen als Multiplikatoren von philanthropischem Kapital: Innovative Wege zur Finanzierung und Skalierung von Sozialunternehmen in Österreich
  • Impact Management
  • Wie Sie Ihrer Stiftung Flügel verleihen
  • „Frage nicht, was dein Land für dich tun kann,…“
  • Kapitel III: Start-ups und Industrie im regionalen Spannungsfeld
  • Stiftung & Familienvermögen als Standortvorteil für Österreich
  • Mit Forschung und Innovation aufblühen
  • Aus drei mach eins: Trilateraler Inkubator als wirtschaftliche Triebfeder für Kärnten
  • Kapitel IV: Neue Impulse für gemeinnützige Investoren
  • Impact Investment als Paradigmenwechsel
  • Eine Wirtschaft des Teilens und der Partizipation
  • Zum Zweck der bona temporalia und dem Anspruch vermögensrechtlicher Dispositionen am Beispiel ordensgenossenschaftlicher Rechtsträger
  • Die Rolle der Bank im Rahmen zeitgemäßer Philanthropie-Beratung, Start-up Initiative und des Social Entrepreneurship
  • Risikokontrolle als Grundlage für Kapitalerhalt
  • Social Impact-Anleihe als Wellenbrecher im ethischen Investment
  • Verzeichnis der Herausgeber
  • Verzeichnis der Autoren
  • Reihenübersicht

Vorwort der Herausgeber

Wirkungsoriertiertes Handeln erfordert gesellschaftliches Umdenken

Impact Investing wird zunehmend als Erfolgsfaktor mit einem positiven Bumerangeffekt erkannt. Der Aktionsradius von Stiftungen und institutionellen Investoren vergrößert sich kontinuierlich zugunsten Social Entrepreneurs und Start-ups. Hierbei wird an die im angloamerikanischen Raum bereits seit Langem etablierte Tradition der Philanthropie angeknüpft. Die Stärkung des Erfolgsfaktors Gemeinnützigkeit generiert einen unverzichtbaren Mehrwert für politische, wissenschaftliche und sozial-karitative Aufgaben. In diesem Kontext drängen sich vielfältige Fragestellungen auf. Wie steht es um die konkreten Rahmenbedingungen, Möglichkeiten und Auswirkungen? Die vorliegende Publikation möchte sich diesem Fragenkomplex stellen.

Die politischen Akteure haben mit dem Gemeinnützigkeitspaket angesichts der kontemporären, themenspezifischen Herausforderungen die Notwendigkeit erkannt und Taten gesetzt. Mit der grundlegenden Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen wird die Förderung gemeinnütziger Aktivitäten durch private Investoren respektive im Bereich des Stiftungswesens angeregt und forciert. Die Generierung zusätzlicher Ressourcen sowie die Erschließung neuer Finanzierungswege implizieren umfangreiche Wachstumsimpulse und bilden so die Basis für die Ausschöpfung zukunftsweisender Innovationspotentiale.

Ausgehend von den unterschiedlichen Aspekten und Formen philanthropischen Engagements sind die Perspektiven und Möglichkeiten auszuloten, woraus sich das Erfordernis und die Legitimation adäquater Rechtsgestaltung ableiten lässt. Ein gemeinnütziges Stiftungsrecht steht unter dem Postulat der politischen Akzeptanz des gemeinnützigen Akteurs im Kontext eines kollaborativen Wirkens für das Gemeinwohl der zivilen Gesellschaft. Ein wesentlicher Beitrag hierzu ist die Schaffung steuerlicher Anreize für gemeinnützige Privatstiftungen als Zeichen der staatlichen Anerkennung des mittels privater Initiative erwirkten und dem Sozialstaat zugute kommenden Social Impact. Dieser Ansatz begünstigt den Vollzug eines produktmäßigen Strukturwandels und trägt so dazu bei, das Potential der kontinuierlich ansteigenden, gemeinnützigen Ausgaben privater Stiftungen für philanthropische Zwecke fruchtbar zu machen. Neben sozialen, wissenschaftlichen, kulturellen und ökologischen Zielsetzungen gemeinnütziger ← 7 | 8 → Investitionen nimmt die Förderung der Verbesserung des gemeinschaftlichen Miteinanders einen zentralen Platz ein.

Vor dem Hintergrund des insgesamt im Wachstum begriffenen sozialen Kapitalmarkts haben die europäischen Länder unterschiedliche Entwicklungsstufen erreicht. Gemeinsam sind ihnen das zunehmende Bewusstsein und die Bereitschaft zur Lösung sozialer und ökologischer Herausforderungen durch private Akteure. Die Entdeckung von Potentialen und Ressourcen des Social Entrepreneurships führt zur Übertragung der Grundsätze des Venture Capital auf den Sozialsektor und trägt so zur Förderung philanthropischer Initiativen bei. Diese Situation erfordert in inhaltlicher Hinsicht innovative, auf die konkreten sozialen Problemlagen zugeschnittene und flexible Lösungsansätze. Im formellen Sinne, quasi als Vehikel bedarf es neuer, entsprechend den unterschiedlichen Herausforderungen differenziert gestalteter Geschäftsmodelle und Finanzierungsformen.

Ein besonderes Spezifikum philanthropischen Engagements ist die persönliche Beziehung zwischen dem Geber und dem Leistungsempfänger. Diese impliziert das Bewusstsein gegen über dem sinnstiftenden Moment und wird so zum Medium wechselseitiger Impulse und Motivation. Darüber hinaus geht es nicht nur um die finanzielle Unterstützung per se. Die aktive, persönliche Mitgestaltung führt zur Identifikation mit Problemlagen und Lösungsansätzen sowie mitunter zur Entdeckung ungenutzter Ressourcen. In diesem Kontext ist die öffentliche Hand angehalten, Entfaltungsmöglichkeiten zu gewährleisten. Das entscheidende Postulat besteht in der Symbiose der Bereitstellung von Rahmenbedingungen, die eine optimale Nutzung von staatlicherseits nicht oder unzureichend verfügbaren Ressourcen und Möglichkeiten gewährleisten sowie deren hinsichtlich der Bedürfnisse der zivilen Gesellschaft unverzichtbaren Ausschöpfung. Hierbei kommt dem Staat eine entscheidende Steuerungsfunktion zu. Schließlich bewirkt philanthropisches Verhalten eine direkte Umverteilung hin zu mehr sozialer Gerechtigkeit.

Gegenwärtig hat der Gesetzgeber das Potential privater Stiftungen erkannt. Die Entwicklung gesetzlicher Rahmenbedingungen setzt einen Umdenkprozess voraus und erfordert einen Paradigmenwechsel. Ungeachtet der in Österreich vorhandenen, langen Tradition sozialen Engagements und privaten Spendentums ist die Fokussierung des Gemeinwohls von Seiten großer Investoren im Hinblick auf die Förderung einer nachhaltigen gesellschaftlichen Entwicklung unverzichtbar. Gekennzeichnet durch Individualität, Flexibilität und Unabhängigkeit von den Zwängen der Demokratie und des Marktes entwickelt sich kontinuierlich ein buntes Bild philanthropisch geförderter Projekte, wovon zahlreiche in dieser Publikation angeführte Beispiele ein aussagekräftiges Zeugnis geben.← 8 | 9 →

Moderne Stiftungen geben nicht nur Geld, sondern stellen auch andere Ressourcen etwa im Bereich von Forschung und Entwicklung zur Verfügung. Eine bestmögliche Ressourcennutzung setzt die umfassende Transparenz der Finanzierung einschließlich einer Wirkungsmessung voraus. Philanthropen erwarten sich heute hohe Professionalität, zumal sich der Stiftungszweck nicht mehr in der bloßen Intention einer Stabilisierung erschöpft, sondern sowohl hinsichtlich des angestrebten Impacts als auch betreffend die Zielerreichung wesentlich differenzierter ausgestaltet ist. Dies erfordert einerseits ein hohes Maß an Organisation als Voraussetzung für einen effizienten Mitteleinsatz, der andererseits vor allem dem Begünstigten zu Gute kommt. An die Begünstigung knüpft sich die Erwartung des Nachweises guten Wirtschaftens und der sozialen Rendite als Zeichen verantwortlichen Handelns. Hierin widerspiegelt sich die gegenseitige Ergänzung der nur scheinbar einander diametral entgegengesetzten Sektoren. In diesem Zusammenhang ist die Multiplikatorfunktion hybrider Investments besonders interessant. Schließlich erfüllen private Stiftungen eine wichtige Brückenfunktion als Anschubfinanzierer und zum Erreichen der Bankfähigkeit sowie etwa zur Vorbereitung eines Impact Investments, das erst in der Wachstumsphase einsetzt.

Die Effizienz philanthropischen Engagements setzt den Aufbau einer Gemeinnützigkeitskultur voraus. Dazu gehört die Entwicklung eines ausgedehnten privaten Stiftungswesens. Es ist der postulierte Wille des Gesetzgebers, entsprechende Anreize zu setzen. Somit stehen die Zeichen für eine positive, themenspezifische Entwicklung sehr gut, die vor allem die Prognose einer Win-win-Situation zulässt.

Die Herausgeber bedanken sich bei allen Autoren dieses Sammelbandes. Durch ihre Beiträge aus differenten fachlichen Perspektiven konnte es gelingen, das Themenfeld der Philanthropie und des Impact Investing mit seinen unterschiedlichen wirtschaftlichen, politischen, rechtlichen und sozialen Aspekten umfassend auszuleuchten. Schließlich danken die Herausgeber der Geschäftsführung von SEFO, Frau Dr. Jutta Krall, für die bewährte redaktionelle Betreuung der Publikation.

Die Herausgabe dieses Bandes unter dem Reihentitel FINANCE & ETHICS wurde mit Unterstützung zahlreicher Förderer ermöglicht. Wir freuen uns über dieses die Anerkennung der themenspezifischen Forschungsarbeit implizierende Zeichen der Wertschätzung.

Johannes Krall, Richard Lernbass, Harald Mahrer
Christoph Neumayer, Oliver Stauber

Wien, Juni 2016 ← 9 | 10 → ← 10 | 11 →

Kapitel I
Innovation und Gemeinnützigkeit

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Wolfgang Spiess-Knafl

Herausforderungen bei der Finanzierung sozialer Innovationen

Abstract: New funding sources often combine financial and social return requirements and have helped to establish a social capital market. This article discusses the drivers of this development, the financing of social enterprises as well as the emerging social capital market including an outlook for governmental initiatives in Austria and Europe.

1.   Einleitung

Unternehmen brauchen für die Entwicklung von Innovationen zu tragfähigen Geschäftsmodellen Zugang zu finanziellen Ressourcen. Für die Finanzierung von technologischen Innovationen stehen unter anderem Business Angels, Venture-Capital-Fonds, Förderbanken oder Börsen zur Verfügung. Der Grund hinter der Finanzierung dieser technologischen Innovationen ist in der Regel eine hohe Renditeerwartung.

Obwohl sich bei sozialen Innovationen nur geringe oder gar keine finanzielle Renditen erzielen lassen, entwickelt sich derzeit ein sozialer Kapitalmarkt in Europa. Diese erstaunliche Entwicklung kann durch drei sich gegenseitig verstärkende Gründe erklärt werden.

Im Zentrum des sozialen Kapitalmarkts stehen Sozialunternehmen, die Geschäftsmodelle entwickeln, deren Zweck Inklusion, Integration oder die Bereitstellung einer Dienstleistung oder eines Produktes mit sozialem Mehrwert sind (Europäische Kommission, 2011). Ihre Ursprünge liegen in der Kommerzialisierung des Sozialsektors und der Notwendigkeit, weitere Einkommensströme zu erschließen (Weisbrod, 1998). In den letzten Jahren erfuhr der Sektor durch den Nobelpreis für Muhammad Yunus, die sichtbaren Erfolge von Sozialunternehmen, die veränderte Zahlungsbereitschaft von Kunden oder auch das große Interesse einer beruflich anders orientierten Absolventengeneration einen neuen Schub.

Verstärkt wurde diese Entwicklung durch die Unterstützung von Kapitalgebern, die neben einer finanziellen Rendite zunehmend eine soziale Rendite erzielen wollen. Der erste Schritt war die Übertragung der Venture-Capital-Prinzipien in den Sozialsektor, deren Resultat sog. Venture-Philanthropy-Fonds sind (Letts, Ryan & Grossman, 1997). Aus dieser Keimzelle hat sich ein sozialer Kapitalmarkt entwickelt, der heute viele verschiedene Nischen bedient.← 13 | 14 →

Flankierend setzen Regierungen weltweit Initiativen, um die Rahmenbedingungen für die private Finanzierung sozialer Lösungen zu verbessern. Dahinter steckt oft die Hoffnung, dass man durch die Einbeziehung von Sozialunternehmen, die oftmals innovative Ansätze für die Lösung sozialer Probleme verfolgen, und privaten Kapitalgebern, den Druck auf die nationale Budgetsituation reduzieren kann. Außerdem steigt die Wahrnehmung dafür, dass soziale Probleme zunehmend intersektoral gelöst werden müssen und es neben der öffentlichen Problemlösungskompetenz die Mitwirkung des Sozialsektors, der Unternehmen und der Zivilgesellschaft benötigt.

Der Artikel wird dieser Struktur folgen und nach einer Einführung in Social Entrepreneurship und den Finanzierungsformen den sozialen Kapitalmarkt vorstellen, um abschließend einen Blick auf die aktuellen öffentlichen Initiativen in Europa zu werfen und einen Ausblick für Österreich zu wagen.

2.   Social Entrepreneurship

Sozialunternehmen beschäftigen blinde Frauen, um sie im Rahmen der Brustkrebsvorsorgeuntersuchung einzusetzen. Erst ihr besonders geübter Tastsinn ermöglichte es Discovering Hands, ein tragfähiges Geschäftsmodell zu entwickeln. Das dänische Sozialunternehmen Specialisterne wiederum schafft weltweit Arbeitsplätze für Autisten, indem es deren besonderen Fähigkeiten wie logisches Denken oder lange Konzentrationsfähigkeit für den Einsatz als Softwaretester nutzt. Neben diesem Fokus auf die besonderen Stärken von Menschen sind Sozialunternehmen oftmals auch innovativ bei der Entwicklung neuer Methoden. Apopo hat eine Methode entwickelt, um den Geruchsinn von Ratten sowohl bei der Landminensuche als auch bei der TBC-Diagnose einzusetzen. Diese Methode ist nicht nur wesentlich schneller und kostengünstiger, sondern insbesondere in Entwicklungsländern einfacher durchzuführen.

Auch wenn diese Sozialunternehmen in den letzten Jahren entstanden sind, ist Social Entrepreneurship ein altes Phänomen, das schon seit Jahrhunderten zu finden ist (Achleitner, 2007). Es hat allerdings in den letzten Jahren verstärkt Aufmerksamkeit erfahren. Für diese verstärkte Aufmerksamkeit kann man einige Gründe festmachen.

So stellt die aktuelle Absolventengeneration andere Ansprüche an die Sinnhaftigkeit der Tätigkeiten und kann schon im universitären Umfeld Seminare und Zertifikatsveranstaltungen in diesem Themenbereich besuchen. Manche argumentieren, dass die Verwerfungen der Finanzkrise dazu führten, dass verstärkt sozial-ökologische Anlagemöglichkeiten nachgefragt werden. Dazu kommt ein gewisses Verständnis, dass nicht nur die Politik und die öffentliche Hand für ← 14 | 15 → die Lösung sozialer Probleme zuständig sind, sondern auch die Zivilgesellschaft selber. Von Kundenseite gibt es eine wahrnehmbare Zahlungsbereitschaft, die soziale Zielsetzung eines Sozialunternehmens zu unterstützen.

Im Bereich der Forschung kann man im Wesentlichen von zwei Denkschulen sprechen (Dees & Anderson, 2006). Die eine Denkschule fokussiert sich auf die Innovationsfähigkeit und die Lösungsfähigkeit sozialer Problemlagen, wohingegen die andere Denkschule stärker auf die Entwicklung von Geschäftsmodellen abzielt.

In der Definition der Europäische Kommission (2011) sind Sozialunternehmen solche Unternehmen, die entweder eine soziale Dienstleistung oder Produkt mit sozialem Mehrwert zur Verfügung stellen oder in der Produktion selber den sozialen Mehrwert schaffen. Das kann dadurch passieren, dass behinderte Menschen beschäftigt werden oder Langzeitsarbeitslosen eine Perspektive geboten wird. Dazu kommt, dass sie transparent und unternehmerisch geführt werden und es in den Governance-Strukturen Regelungen gibt, die die Profitausschüttung begrenzen. Die Schaffung sozialen Mehrwerts wird dabei als primäres Ziel des Unternehmens verfolgt.

Generell kann man die Geschäftsmodelle von Sozialunternehmen in sechs Kategorien einteilen (Spiess-Knafl, Mast & Jansen, in Druck). Viele Sozialunternehmen haben sich darauf spezialisiert, günstige Ressourcen zu identifizieren, die sie anschließend höherwertigen Zwecken zuzuführen. Das können untergenutzte Immobilien sein oder altes IT-Equipment, mit dessen Recycling sie neue Arbeitsplätze schaffen. Wie in den oben genannten Beispielen ausgeführt sind Sozialunternehmen auch gut darin, inklusive Produktionsmethoden zu entwickeln und somit Arbeitsplätze zu schaffen. In Entwicklungsländern entwickeln Sozialunternehmen oft innovative Distributionsnetzwerke, mit denen sie ihre Zielgruppe erreichen. Ein bekanntes Beispiel ist ColaLife, das die Infrastruktur von Coca-Cola nutzt, um Medikamente zu transportieren.

Sozialunternehmen haben durch ihre gemeinwohlorientierte Ausrichtung die Möglichkeit, unterschiedliche Preise zu verlangen. So können etwa wohlhabendere Kunden durch einen höheren Preis den Konsum von ärmeren Kunden subventionieren. Es gibt auch Sozialunternehmen, die sich darauf spezialisieren, anderen Personen oder Unternehmen zusätzliche Einkommensmöglichkeiten oder Verkaufskanäle zu eröffnen. So werden für afrikanische Bauern, europäische Absatzmärkte eröffnet oder flexible Einkommensmöglichkeiten durch Mikrojobs ermöglicht. Die letzte Gruppe von Geschäftsmodellen betrifft die ökosystem-orientierten Sozialunternehmen. Analog zu Sportligen oder Skiressorts entwickeln sie Ökosysteme, in denen Kooperation zu einem stärkeren Wachstum führt.← 15 | 16 →

3.   Die Finanzierung von Sozialunternehmen

Ähnlich breit wie die Geschäftsmodelle sind auch die Finanzierungsmöglichkeiten von Sozialunternehmen (Spiess-Knafl, 2012). Im Rahmen der Außenfinanzierung können Sozialunternehmen ähnlich wie traditionelle profitorientierte Unternehmen auf Eigen-, Fremd und Mezzaninkapital zurückgreifen. Sie haben aber ebenso die Möglichkeit, Spenden und Hybridkapital zu nutzen. Die folgende Abbildung zeigt eine Einteilung der Finanzierungsinstrumente nach der Fähigkeit, Dividenden und Zinszahlungen leisten zu können.

Eine Übersicht der Charakteristika mit einer kurzen Beschreibung der Laufzeiten, Rückzahlungsverpflichtungen und Implikationen der verschiedenen Finanzierungsinstrumente ist in der folgenden Tabelle dargestellt. Die Strukturierung des Hybridkapitals bedarf aber einiger zusätzlicher Ausführungen.

Hybridkapital kann in verschiedenen Formen auftreten. Kann man nicht davon ausgehen, dass eine Rückzahlung möglich ist, kann man mit recoverable grants arbeiten. Dabei wird zunächst ein unbesicherter Kredit vergeben, der im Fall, dass eine Rückzahlung nicht möglich ist, in eine Spende umgewandelt wird. Convertible grants werden inzwischen z. B. von US-amerikanischen Erdölkonzernen geprüft, weil sie eine einfache Form der Beteiligung darstellen. Dabei wird zunächst eine Spende oder ein Zuschuss vergeben, der ausschließlich im Erfolgsfall in Eigenkapital umgewandelt wird. Das ist insbesondere für solche Industrien interessant, deren Marktentwicklung Jahrzehnte in Anspruch nehmen kann.

Details

Seiten
304
Jahr
2016
ISBN (PDF)
9783653064773
ISBN (ePUB)
9783653952513
ISBN (MOBI)
9783653952506
ISBN (Hardcover)
9783631671221
DOI
10.3726/978-3-653-06477-3
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2016 (Juni)
Schlagworte
Impact Investing Fundraising sozialer Kapitalmarkt Stiftungssektor Österreich Privatstiftungen
Erschienen
Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien, 2016. 304 S.

Biographische Angaben

Johannes Krall (Band-Herausgeber:in) Richard Lernbass (Band-Herausgeber:in) Harald Mahrer (Band-Herausgeber:in) Christoph Neumayer (Band-Herausgeber:in) Oliver Stauber (Band-Herausgeber:in)

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