Dr. Mabuse und seine Zeit
Eine deutsche Chronologie
Series:
Sven Safarow
Phantasmagorien der Moderne
Extract
Auch wenn Mabuse nicht einem Werk der Schauerliteratur oder Weird Fiction entsprungen ist, so vereint Jacques in Der Spieler, und bis zu einem gewissen Grad auch Lang in seiner Verfilmung, Schauermotive, Anklänge des Mysteriösen und Horrorelemente, ohne diese jedoch gänzlich auszuspielen. Die makabren Elemente dienen vor allem der Dämonisierung und des Hervorhebens der geheimnisumwitterten Persona Mabuses. Jacques nennt ihn in Der Spieler häufig einen Werwolf. Der Doktor charakterisiert sich vor der Gräfin Told, der Frau, die er begehrt, folgendermaßen: „Ich bin ein Werwolf. Ich sauge Menschenblut in mich! Jeden Tag brennt der Haß alles Blut auf, das mir in den Adern läuft, und jede Nacht sauge ich sie mit einem neuen Menschenblut voll.“73 Der Werwolf mag auf das Doppelleben des Doktors verweisen, ist er doch tagsüber Psychologe und befehligt nachts eine florierende Verbrecherorganisation. Das erinnert wiederum an die Dualität von Robert Louis Stevensons Dr. Jekyll, der sich nachts in seinen finsteren Doppelgänger Mr. Hyde verwandelt. Mabuse jedoch ist sein eigener Doppelgänger, weil seine bürgerliche Existenz als Arzt lediglich eine Fassade darstellt. Sein Selbstbild als Werwolf scheint in diesem Fall mehr sein antagonistisches Verhältnis zu den Menschen zu beschreiben als ihn selbst.
Seine Formulierungen evozieren hingegen eher das Bild des Vampirs. Tatsächlich gibt es einige Gemeinsamkeiten Mabuses mit Bram Stokers Grafen Dracula. Beide eint ihre Fähigkeit zur Suggestion oder Gedankenkontrolle, die sie durch diffuse mesmeristische Praktiken gewinnen. So erinnert die...
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