Dr. Mabuse und seine Zeit
Eine deutsche Chronologie
Series:
Sven Safarow
Die dunklen Mechanismen der Macht
Extract
Auch Siegfried Kracauer scheint von der Spiegelung von Staat und Unterwelt, die Lang vornimmt, überzeugt zu sein. In Von Caligari zu Hitler bezeichnet er Wenk als „eine Art legale[n] Gangster mit der Polizei als seiner Bande.“154 Kracauer sieht ihn als moralisch unbeteiligt an: er tut seine Pflicht, aber er bleibt blass, weswegen „sein Triumph zur Bedeutungslosigkeit herabsinkt.“155 Doch auch das ist Teil von Mabuses Figurenkonzeption. Hätte er einen ebenbürtigen Gegner, der ebenfalls durch eine einnehmende Persönlichkeit glänzte, würde die Faszination, die man für Mabuse empfindet, gleichmäßiger verteilt werden. Der Schwerpunkt würde auf ein Duell zweier gleichstarker Kontrahenten verlagert werden, was Langs Intentionen verwässert hätte. Kracauer verweist hier also auf einen Nebeneffekt dieser Figurenkonzeption. Tatsächlich erscheint Wenk in Jacques’ Roman viel engagierter und moralisch motivierter als im Film.
Da Siegfried Kracauer nicht erwähnt, ob er die Romanvorlage gelesen hat, muss angenommen werden, dass seine Bewertung der Mabuse-Figur ausschließlich auf Langs Film basiert.
Kracauer stellt Mabuse in eine Reihe mit sogenannten Tyrannenfiguren des deutschen Films, wozu er unter anderem Dr. Caligari und Nosferatu zählt. Vor allem stellt er jedoch Mabuse als einen Vorläufer Hitlers dar, wofür ihm hauptsächlich Langs zweiter Mabuse-Film Indizien liefert, dessen Erscheinen 1933 mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten symbolisch zusammenfiel.
Eine (zumindest zugeschriebene) Fähigkeit, die Hitler und Mabuse verbindet, ist die zur Hypnose. Die Ansicht, Hitler hätte, zumindest im...
You are not authenticated to view the full text of this chapter or article.
This site requires a subscription or purchase to access the full text of books or journals.
Do you have any questions? Contact us.
Or login to access all content.