Lade Inhalt...

Persönlichkeitsrechtsverletzungen bei Sportveranstaltungen als Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung

von Christian Herles (Autor:in)
©2016 Dissertation 306 Seiten

Zusammenfassung

Das Buch beschäftigt sich mit dem viel diskutierten Themenbereich des Fußballsicherheitsrechts. Während meistens der Schwerpunkt auf der Betrachtung von Gefahren für Leib und Leben liegt, widmet sich der Autor den psychischen Gewaltformen wie Beleidigungen und Diskriminierungen, die Gefahren für Persönlichkeitsrechte darstellen. Er stellt sich der Frage, ob und wie die Polizei im Rahmen ihrer Gefahrenabwehraufgabe gegen Persönlichkeitsrechtsverletzungen bei Sportgroßveranstaltungen vorgehen muss. Der Autor subsumiert die unterschiedlichen Erscheinungsformen von Fanausschreitungen unter den zentralen Begriff der Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung und untersucht die Handlungsmöglichkeiten der Polizei. Er geht dabei auch auf die geteilte Sicherheitsverantwortung zwischen Veranstalter und Polizei ein.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Vorwort
  • Inhaltsübersicht
  • Inhaltsverzeichnis
  • Abkürzungsverzeichnis
  • Einleitung
  • Erster Teil: Die Schutzbedürftigkeit von Persönlichkeitsrechten bei Sportveranstaltungen
  • § 1 Fanausschreitungen und Persönlichkeitsrechtsverletzungen
  • I. Fanausschreitungen als typische Gefahren
  • II. Persönlichkeitsrechtsverletzungen im Besonderen
  • 1. Ort und Zeit
  • 2. Handelnde Personen
  • 3. Akustische, optische und symbolische Handlungen
  • 4. Adressaten als Rechteinhaber
  • a) Ehrverletzende Schmähkritik gegen Spieler
  • b) Beschimpfungen und Bedrohungen von Dritten
  • c) Verunglimpfungen von Personenmehrheiten
  • 5. Rassismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit
  • III. Exkurs: Rechtsradikalismus und Persönlichkeitsrechtsverletzungen außerhalb von Sportveranstaltungen
  • 1. Rechtsextreme Demonstrationen
  • 2. Äußerungen in sozialen Netzwerken
  • § 2 Die Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit und Ordnung
  • I. Der Begriff der öffentlichen Sicherheit und Ordnung als Ausgangspunkt
  • II. Störung und Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung
  • III. Die öffentliche Sicherheit
  • 1. Objektive und subjektive Schutzrichtungen
  • a) Subjektive Rechte im polizeirechtlichen Sinn
  • b) Objektive Schutzrichtungen
  • 2. Strafrechtliche Handlungen
  • a) Die Bedeutung des materiellen Strafrechts im Polizeirecht
  • aa) Der strafrechtliche Prüfungsumfang
  • bb) Insbesondere: Die Bedeutung des Strafantrags
  • b) Straftaten gegen die persönliche Ehre
  • aa) Beleidigungen bei Sportveranstaltungen
  • bb) Personenmehrheiten und Personenvereinigungen
  • cc) Beleidigungen zwischen Sportlern
  • dd) Üble Nachrede und Verleumdung
  • c) Bedrohung
  • d) Nötigung
  • e) Volksverhetzung
  • f) §§ 86, 86 a StGB
  • g) Aufrührerische Straftaten
  • h) Hausfriedensbruch
  • 3. Grundrechtspositionen – Der staatliche Schutz vor Eingriffen durch Dritte
  • a) Das allgemeine Persönlichkeitsrecht
  • aa) Der Schutzbereich
  • bb) Der Eingriff im Lichte der Sphärentheorie – Das Problem der Massenveranstaltung
  • cc) Die Rechtfertigung durch grundrechtlich geschütztes Zuschauerverhalten
  • aaa) Die Meinungsfreiheit - Bedeutung und Tragweite bei öffentlichen Massenveranstaltungen
  • (1) Kritik und Schmähkritik
  • (2) Tatsachenbehauptungen und Werturteile
  • (3) Die zeitgeschichtliche Bedeutung der Sportveranstaltungen
  • (4) Das Verhältnis der Meinungsfreiheit zum Persönlichkeitsschutz nach EMRK und EGMR
  • bbb) Die Versammlungsfreiheit – Ansammlungen und Versammlungen
  • ccc) Die Kunstfreiheit
  • ddd) Die allgemeine Handlungsfreiheit
  • b) Die Menschenwürde
  • c) Der besondere Gleichheitssatz des Art. 3 III 1 GG
  • d) Der staatliche Schutz ungestörter Berufsausübung aus Art. 12 I GG
  • e) Grundrechte der Landesverfassungen
  • f) Internationaler Menschenrechtsschutz
  • III. Die öffentliche Ordnung
  • IV. Die verfassungskonforme Auslegung des Tatbestandsmerkmals der Gefahr
  • V. Fazit
  • Zweiter Teil: Die Sicherheitskonzeption von Sportveranstaltungen
  • § 3 Sportrechtliche Sicherheitsmechanismen im Profifußball
  • I. Die privaten Beteiligten bei der Organisation von Sportveranstaltungen
  • 1. Die Sportverbände
  • 2. Die Fußballvereine
  • 3. Der Stadionbetreiber
  • 4. Private Ordnungsdienste
  • 5. Die Spielleitung
  • 6. Zuschauerverbindungen
  • II. Sportorganisatorische Sicherheitsmechanismen
  • 1. Verbandsnormen, Richtlinien und Empfehlungen
  • 2. Sicherheitsrelevante Einschätzungen im Vorfeld
  • 3. Fanprojekte
  • 4. Öffentlichkeitsarbeit
  • 5. Die Ausübung des Hausrechts
  • a) Hausordnung und allgemeine Geschäftsbedingungen
  • b) Stadionverbote
  • aa) Rechtsnatur und Rechtsgrundlagen
  • bb) Die Wiederholungsgefahr von Fanausschreitungen
  • cc) Persönlichkeitsrechtsverletzungen als Anlass für Stadionverbote
  • aaa) Überörtliche (bundesweite) Stadionverbote
  • bbb) Örtliche Stadionverbote
  • ccc) Die Rechtfertigung des Stadionverbots im Einzelfall
  • 6. Sanktionen gegen die Fußballvereine - Die Zurechnung des Zuschauerverhaltens
  • a) Die Zurechnung von Fanausschreitungen im verbandsrechtlichen Sanktionssystem
  • aa) Tatbestände
  • bb) Rechtsfolgen
  • b) Der Regelungszweck der Verantwortlichkeit für das Fanverhalten
  • c) Anhänger und Zuschauer
  • d) Die Verschuldensproblematik am Beispiel des § 9 a DFB-RuVO
  • aa) Der strict-liability-Grundsatz
  • bb) Das Verschuldensprinzip
  • cc) Vermittelnde Ansätze
  • dd) Stellungnahme
  • III. Zivilrechtliche Haftung
  • 1. Die zivilrechtliche Haftung der handelnden Fans
  • a) Ansprüche des Verletzten gegen handelnde Fans
  • aa) Schadensersatzansprüche gegen Fans
  • bb) Abwehransprüche gegen Fans
  • b) Zivilrechtliche Regressansprüche des Vereins gegen Fans
  • 2. Die zivilrechtliche Haftung des Vereins
  • a) Schadensersatzansprüche gegen Vereine
  • b) Abwehransprüche gegen Vereine
  • § 4 Staatliche und private Sicherheit bei Sportveranstaltungen
  • I. Ausgangslage: Die Sicherheitsverantwortung des Veranstalters und des Staates
  • II. Kooperation zwischen Polizei und Veranstalter
  • 1. Praktischer Aspekt oder rechtliches Prinzip
  • 2. Die praktische Ausgestaltung der Kooperation
  • 3. Rechtliche Grenzen der Kooperation
  • a) Kooperation und hoheitliches Handeln am Beispiel von Alkoholverboten
  • b) Die Grenzen der Kooperation am Beispiel von Stadionverboten
  • aa) Die Datenschutzproblematik
  • bb) Die Rechtschutzproblematik
  • cc) Fazit: Stadionverbote als Flucht ins Privatrecht?
  • III. Polizei und private Ordnungsdienste
  • 1. Sicherheit innerhalb und außerhalb des Stadions
  • 2. Private und öffentliche Interessenlage
  • 3. Befugnisse und Fähigkeiten
  • 4. Polizeiliche Zurückhaltung und Wirksamkeit der Gefahrenabwehr
  • Dritter Teil: Polizeiliche Gefahrenabwehr
  • § 5 Die polizeiliche Aufgabeneröffnung und Zuständigkeit
  • I. Die Gefahrenabwehr
  • 1. Die Gefahrenprognose bei Sportveranstaltungen
  • a) Die allgemeine Gefahrenlage bei Sportveranstaltungen
  • b) Die Prognose in Bezug auf Persönlichkeitsrechtsverletzungen
  • aa) Die abstrakte Gefahrenlage für Persönlichkeitsrechte
  • bb) Die konkrete Gefahrenlage für Persönlichkeitsrechte
  • c) Fehlerhafte Einschätzungen des Inhalts von Fanäußerungen
  • 2. Die Zuständigkeit der Polizei für die Gefahrenabwehr
  • a) Das Verhältnis zu anderen Sicherheitsbehörden
  • b) Das Verhältnis der Polizeibehörden untereinander
  • c) Internationale Zusammenarbeit
  • d) Polizeiliche Gefahrenabwehr und Verfassungsschutz
  • II. Abgrenzung zum subsidiären Schutz privater Rechte
  • 1. Das Verhältnis zum Schutz der öffentlichen Sicherheit
  • 2. Polizeiliche Hilfe bei der Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche
  • 3. Der Schutz der Veranstalterrechte
  • III. Abgrenzung zur Strafverfolgung durch die Polizei
  • 1. Die Abgrenzungsproblematik zwischen präventivem und repressivem Polizeihandeln
  • 2. Der Schwerpunkt von Maßnahmen bei Sportveranstaltungen
  • § 6 Maßnahmen der Polizei
  • I. Die Deanonymisierung der Fans im Vorfeld der Sportveranstaltungen
  • 1. Dateien und ihre Auswertung
  • 2. Die Gefährderansprache
  • a) Die Eingriffsqualität
  • b) Die Rechtsgrundlage
  • c) Die Rechtsnatur
  • II. Gefahrenabwehrmaßnahmen gegen an- und abreisende Fans
  • 1. Sicherheit auf den Verkehrswegen
  • 2. Das Begleiten der Fans auf dem Weg zum und vom Stadion
  • 3. Reisebeschränkungen gegen Fans bei Auslandsspielen
  • III. Polizeiliche Überwachung
  • 1. Die Anfertigung von Bild- und Tonaufnahmen
  • 2. Die Observation von Fans
  • 3. Verdeckte Ermittler und nicht offen ermittelnde Polizeibeamte
  • IV. Polizeiliche Kontrollen
  • 1. Kontrollstellen
  • 2. Identitätsfeststellungen
  • a) Die Identitätsfeststellung zur Abwehr einer Gefahr
  • b) Die Identitätsfeststellung an einem gefährlichen Ort
  • c) Die Identitätsfeststellung zum Schutz privater Rechte
  • d) Die Abgrenzung zu strafprozessualen Maßnahmen
  • 3. Durchsuchungen
  • V. Die Gefahren- und Störungsbeseitigung
  • 1. Die Unterlassungsanordnung
  • a) Die Unterlassungsanordnung gegen Handlungen der Fans
  • b) Das Verbot des Verkaufs von Eintrittskarten an den Veranstalter
  • 2. Platzverweis und Aufenthaltsverbot
  • a) Der vorübergehende Platzverweis
  • b) Das Aufenthaltsverbot
  • c) Flankierende Meldeauflagen
  • 3. Die Gewahrsamnahme von Fans
  • a) Der Präventivgewahrsam zur Verhinderung von Straftaten
  • aa) Die Prognose der Straftatbegehung
  • bb) Die Vereinbarkeit mit Art. 5 I EMRK
  • b) Die Gewahrsamnahme zur Durchsetzung von Platzverweisen
  • c) Die Gewahrsamnahme zum Schutz privater Rechte
  • d) Die Abgrenzung zur strafprozessualen Festnahme
  • 4. Die Sicherstellung verkörperter Äußerungen
  • VI. Die Vollstreckung der Grundverfügungen
  • 1. Die Ersatzvornahme
  • 2. Der unmittelbare Zwang gegen Fans
  • a) Die Durchsetzung einer Gefahrenabwehrmaßnahme
  • b) Das Verhältnis zu anderen Zwangsmitteln
  • c) Die Androhung gegenüber einer Menschenmenge
  • d) Die Abgrenzung zur Notwehr von Polizeibeamten
  • VII. Ausblick: Verbot und „Abbruch“ der Sportveranstaltung
  • 1. Die Abgrenzung zum Verbot von Sportveranstaltungen
  • a) Persönlichkeitsrechtsverletzungen als Teil der Gefahrenlage
  • b) Der Ausschluss von Fans als milderes Mittel
  • 2. Der Spielabbruch als sportorganisatorisches und polizeiliches Instrument
  • a) Rechtsgrundlage der Maßnahme
  • b) Sicherheitsbesprechung mit dem Veranstalter und Anhörung
  • c) Verhältnismäßigkeitserwägungen
  • § 7 Die polizeirechtliche Verantwortlichkeit
  • I. Die unmittelbaren Handlungsstörer
  • 1. Die personenbezogene Prognose
  • 2. Störer und Nichtstörer in der Menschenmasse
  • II. Die Veranstalter als Störer
  • 1. Das Veranstalten als Verursachungsbeitrag
  • a) Die Zurechnung über die Kausalverursachung
  • b) Die Rechtsfigur des Zweckveranlassers
  • aa) Kritik an der Rechtsfigur
  • bb) Inhalt und Varianten der Rechtsfigur
  • aaa) Subjektive, objektive und kombinierte Theorien
  • bbb) Anforderungen an den objektiven Wahrscheinlichkeitszusammenhang
  • c) Das Veranstalten von Sportveranstaltungen als Zweckveranlassung von Fanausschreitungen
  • aa) Meinungsstand
  • bb) Stellungnahme
  • 2. Das Unterlassen von Sicherheitsmaßnahmen als Verursachungsbeitrag
  • 3. Abgrenzung zum Zustandsstörer
  • 4. Abgrenzung zum Zusatzverantwortlichen
  • 5. Die Inanspruchnahme des Veranstalters auf der Sekundärebene
  • a) Rechtsgrundlagen
  • b) Die Rechtfertigung einer Kostenpflicht für Vereine
  • c) Das Bremer Kostenmodell
  • III. Die mittelbare Handlungsstörung von Fans durch das Provozieren von Fangewalt
  • IV. Die Reihenfolge der Störerauswahl
  • § 8 Die Ermessensausübung bei der polizeilichen Abwehr drohender Persönlichkeitsrechtsverletzungen
  • I. Grundlagen für das polizeiliche Ermessen beim Schutz von Individualrechtsgütern
  • 1. Die Justiziabilität der polizeilichen Ermessensausübung
  • a) Ermessensfehler und Zweckmäßigkeit
  • b) Zwischen Untermaßverbot und Übermaßverbot
  • 2. Die subjektivrechtliche Dimension der Ermessensausübung
  • a) Der Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung
  • b) Die Ermessensreduzierung auf Null
  • II. Einzelne Ermessensgesichtspunkte
  • 1. Die Nichtberücksichtigung in der Gefahrensituation der Sportveranstaltung
  • 2. Differenzierung nach der Art von Persönlichkeitsrechtsverletzungen
  • 3. Die Abwägungsunfähigkeit der Menschenwürde
  • 4. Das faktische Ausmaß der Persönlichkeitsrechtsverletzungen
  • 5. Die Verwendung der Einsatzkapazitäten
  • 6. Die physische Eskalationsgefahr als Ermessensgesichtspunkt
  • a) Die Eskalationsgefahr durch das Einschreiten gegen persönlichkeitsrechtsverletzende Handlungen
  • b) Die Eskalationsgefahr durch reaktive Gewalt gegnerischer Fans
  • 7. Die subjektive Willensrichtung des Rechtsgutsinhabers
  • III. Verhältnismäßigkeit der ausgewählten Maßnahme
  • 1. Geeignetheit
  • 2. Erforderlichkeit
  • 3. Angemessenheit
  • Fazit und Ausblick
  • Schlussbemerkung
  • Literatur- und Quellenverzeichnis
  • Literatur
  • Internetquellen
  • Pressetexte
  • Auszüge aus den Verbandsstatuten des DFB, UEFA und FIFA

← 18 | 19 →

Abkürzungsverzeichnis

← 22 | 23 →

Einleitung

Sportereignisse leben von den Emotionen ihrer Zuschauer. Sie sind ein wesentlicher Teil des Unterhaltungswerts, der letztlich die wirtschaftliche Grundlage und den Hauptzweck des Profisports ausmacht. Ganz besonders gilt dies für den Profifußballsport, dessen Spiele mitunter gesellschaftlich bedeutende Großveranstaltungen sind. Der Fußballsport birgt – jedenfalls in unserem Kulturkreis – ein enormes Identifikationspotential, das alle gesellschaftlichen Gruppen erreicht. Hieraus erwächst eine regelrechte Fankultur, die das Stimmungsbild bei Fußballspielen entscheidend prägt.

Als Schattenseite der kollektiv erlebten Emotionen lassen sich aber auch Fanausschreitungen feststellen, da auch Aggressionen zur Bandbreite jener Emotionen gehören.1 Wenngleich die Fankultur im Fußballsport ein überwiegend friedliches Phänomen ist, ist Gewalt durch Zuschauer ein fast alltägliches Standardproblem von Sportveranstaltungen.

Gewalt ist indes nicht die einzige Erscheinungsform von Fanausschreitungen, die in tatsächlicher und juristischer Hinsicht gehandhabt werden muss. Auch Beschimpfungen und Beleidigungen gegen Personen sind regelmäßig zu beobachten. Es handelt sich um die negative Kehrseite einer spezifischen Situation, die Formen hemmungsloser Kommunikation in Menschenmassen zulässt.

Wenngleich Sportveranstaltungen als „raues Pflaster“ empfunden werden, handelt es sich nicht um einen rechtsfreien Raum. Die Persönlichkeitsrechte einzelner oder mehrerer Personen sind im Rahmen von Sportveranstaltungen daher unverändert schutzwürdig, und deshalb besonders schutzbedürftig. In der vorliegenden Abhandlung geht es also um den Schutz individueller Rechte in einer besonderen Situation.

Während sich der wissenschaftliche Diskurs ebenso wie die polizeiliche Praxis überwiegend auf die Problematik der physischen Gewalt bei Fanausschreitungen konzentriert, soll hier auf das spezifische Problem der Persönlichkeitsrechtsverletzungen eingegangen werden.

Wo grundrechtlich geschützte Individualrechte durch das Verhalten Dritter gefährdet sind, ist der Staat aufgrund seiner grundrechtlichen Schutzpflichten zum Handeln angehalten. Was den Schutz der Persönlichkeitsrechte bei Sportveranstaltungen angeht, konkretisiert sich hieraus die Frage nach polizeilichen ← 23 | 24 → Handlungspflichten- und Optionen. Eine Aufgabeneröffnung der Polizei kann hier in vielfältiger Weise gegeben sein. Neben dem Schutz privater Rechte und der strafprozessualen Handhabung von entsprechenden Delikten kommt dabei insbesondere die Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung gem. § 1 I PolG NRW, Art. 2 I BayPAG in Betracht, was letztlich als Kernaufgabe der Polizei als Sicherheitsbehörde gesehen werden kann.

Im ersten Teil dieser Arbeit sollen daher die denkbaren Situationen der Persönlichkeitsrechtsverletzungen dargestellt werden und unter die Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit und Ordnung eingeordnet werden.

Da es sich bei Sportveranstaltungen meist – jedenfalls im Fußballbereich – um privat organisierte Ereignisse handelt, obliegt der Umgang mit Rechtsverletzungen keinesfalls nur dem Staat. Vielmehr wird der Fußballsport durch große und einflussreiche Verbände geprägt. Sicherheitsfragen sind daher stets im Gesamtzusammenhang mit sport- und zivilrechtlichen Mechanismen zu sehen. Dieser Gesamtkontext und das Verhältnis zwischen privaten und staatlichen Beteiligten soll im zweiten Teil der Abhandlung dargestellt werden. Im dritten Teil geht es schließlich um die Umsetzung der polizeilichen Gefahrenabwehr in Bezug auf Persönlichkeitsrechtsverletzungen.

Bezugspunkt dieser Arbeit sollen stets die individuellen Rechtspositionen der Persönlichkeitsrechtsinhaber sein. Vor allem die Problematik rassistischer Ausschreitungen zeigt jedoch, dass Persönlichkeitsrechtsverletzungen bei Sportveranstaltungen auch eine politische Dimension aufweisen. Auf diese politische Dimension soll nur insoweit eingegangen werden, als sie Einfluss auf die juristische Handhabung der betroffenen Individualrechte hat. Gesellschaftspolitische Fragen und Auswirkungen sollen dagegen nicht erörtert werden.

Diese Arbeit ist eine rein juristische Abhandlung. Kriminologische oder soziologische Erkenntnisse werden dagegen nicht vertieft. Die gruppenpsychologischen und gesellschaftlichen Phänomene der Fanausschreitungen, Hooligans und Ultras bedürfen zweifelsohne einer genaueren Untersuchung durch die sozialwissenschaftlichen Disziplinen. Sie befinden sich im stetigen Prozess des Wandels und lassen gewiss Rückschlüsse auf generelle gesellschaftliche Situationen zu. Empirische oder wertende Aussagen sind im Rahmen dieser Arbeit jedoch nicht zu gewinnen. Ausgeführt werden allein rechtliche (insbesondere polizeirechtliche) Gesichtspunkte bekannter Phänomene oder aus ihnen abgeleiteter hypothetischer Fallkonstellationen. ← 24 | 25 →

Die Erörterung der Problematik soll ferner auf Fußballveranstaltungen in Deutschland eingegrenzt werden. Für die polizeirechtlichen Erwägungen habe ich aus praktischen Gründen die Polizeigesetze der Länder NRW und Bayern zu Grunde gelegt.2 Die Ausführungen lassen sich aber dem Grunde nach auch auf andere Bundesländer übertragen. ← 25 | 26 →


1 Zu den „Arenen als Konflikträumen“ vgl. Zick/Winands, in: Feltes (Hrsg.), Polizei und Fußball, S. 148 ff.

2 Namentlich das PolG NRW sowie das BayPAG. Für den praktisch relevanten Bereich der Bahnsicherheit ist ferner das BPolG anzuwenden.

← 26 | 27 →

Erster Teil:  Die Schutzbedürftigkeit von Persönlichkeitsrechten bei Sportveranstaltungen

← 27 | 28 →

← 28 | 29 →

§ 1  Fanausschreitungen und Persönlichkeitsrechtsverletzungen

Details

Seiten
306
Jahr
2016
ISBN (PDF)
9783653060522
ISBN (ePUB)
9783653954975
ISBN (MOBI)
9783653954968
ISBN (Paperback)
9783631669501
DOI
10.3726/978-3-653-06052-2
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2016 (Mai)
Schlagworte
Sportgroßveranstaltungen Hooligans Persönlichkeitsrechte Polizei
Erschienen
Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien, 2016. 306 S.

Biographische Angaben

Christian Herles (Autor:in)

Christian Herles studierte Rechtswissenschaften an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Er promovierte an der Universität Bielefeld und ist als Rechtsanwalt zugelassen.

Zurück

Titel: Persönlichkeitsrechtsverletzungen bei Sportveranstaltungen als Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung
book preview page numper 1
book preview page numper 2
book preview page numper 3
book preview page numper 4
book preview page numper 5
book preview page numper 6
book preview page numper 7
book preview page numper 8
book preview page numper 9
book preview page numper 10
book preview page numper 11
book preview page numper 12
book preview page numper 13
book preview page numper 14
book preview page numper 15
book preview page numper 16
book preview page numper 17
book preview page numper 18
book preview page numper 19
book preview page numper 20
book preview page numper 21
book preview page numper 22
book preview page numper 23
book preview page numper 24
book preview page numper 25
book preview page numper 26
book preview page numper 27
book preview page numper 28
book preview page numper 29
book preview page numper 30
book preview page numper 31
book preview page numper 32
book preview page numper 33
book preview page numper 34
book preview page numper 35
book preview page numper 36
book preview page numper 37
book preview page numper 38
book preview page numper 39
book preview page numper 40
308 Seiten