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Personengesellschaften in Steuerverfahren

Verfahrensklarheit trotz Einheit und Vielheit

von Nina Erm (Autor:in)
Dissertation 236 Seiten

Zusammenfassung

Schrifttum und Rechtsprechung befassen sich zumeist mit komplexen materiell-rechtlichen Problemen, die das Steuerrecht bei Personengesellschaften aufwirft. Verfahrensrechtliche Fragen werden hingegen selten erörtert. Dies entspricht einer allgemeinen Tendenz, das Verfahrensrecht im Verhältnis zum materiellen Recht als nachrangiges Recht anzusehen. Diese Arbeit untersucht für das Steuerrecht das Verhältnis von materiellem Recht und Verfahrensrecht bei Personengesellschaften und zeigt Abstimmungsbedarf auf. Die Arbeit legt dar, ob die aus der mangelnden Abstimmung herrührenden Konsequenzen mit höherrangigem Recht vereinbar sind und sucht nach steuerrechtlichen Lösungen sowohl im Wege der Auslegung als auch im Wege der gesetzlichen Kodifikation.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Inhaltsverzeichnis
  • Abkürzungsverzeichnis
  • Erster Teil : Einleitung
  • § 1 Gegenstand und Gang der Untersuchung
  • Zweiter Teil : Zum materiellen Recht der Personengesellschaft und ihrer Gesellschafter im einheitlichen und gesonderten Feststellungsverfahren: „Stand des Irrtums“
  • § 2 Das Wechselspiel von Einheits- und Vielheitsbetrachtung
  • I. Einführung
  • II. Zum Dualismus der Unternehmensbesteuerung. Die Rechtsnatur der Personengesellschaft als Problem
  • III. Die Entwicklung in der Rechtsprechung
  • 1. Die Bilanzbündeltheorie
  • a) Die Anfänge der Bilanzbündeltheorie
  • b) Die Übernahme der Bilanzbündeltheorie durch den Bundesfinanzhof
  • c) Die steuerlichen Konsequenzen der Bilanzbündeltheorie
  • d) Die Abkehr von der Bilanzbündeltheorie
  • 2. Die Einheitsbetrachtung
  • a) Die Entwicklung bis zum Beschluss des Großen Senats vom 25. Juni 1984
  • b) Der Beschluss des Großen Senats vom 25. Februar 1991
  • c) Der Beschluss des Großen Senats vom 3. Mai 1993
  • 3. Zwischen Einheit und Vielheit
  • a) Der Beschluss des Großen Senats vom 3. Juli 1995
  • b) Entscheidungen zur Übertragung von Wirtschaftsgütern bei Schwesterpersonengesellschaften
  • § 3 Zur Steuerrechtsfähigkeit der Personengesellschaft
  • I. Grundlegung: Die Rechtsfähigkeit
  • 1. Zivilrechtliche Rechtsfähigkeit
  • a) Definition und Umfang der Rechtsfähigkeit
  • b) Natürliche und juristische Personen als Rechtssubjekte
  • c) Personengesellschaft als Rechtssubjekte
  • 2. Öffentlich-rechtliche Rechtsfähigkeit
  • II. Grundlegung: Die Steuerrechtsfähigkeit
  • 1. Keine steuergesetzliche Regelung
  • 2. Definition und Reichweite der Steuerrechtsfähigkeit
  • III. Die Steuerrechtsfähigkeit von natürlichen und juristischen Personen
  • IV. Die Steuerrechtsfähigkeit von Personengesellschaften
  • 1. Zu den Betriebssteuern
  • a) Gewerbesteuer
  • b) Umsatzsteuer
  • c) Grunderwerbsteuer
  • 2. Zur Einkommensteuer
  • § 4 Beurteilung der Lage im materiellen Recht
  • I. Ausgangspunkt: Das Grundsatzurteil aus dem Jahr 1984
  • II. Mangelnde gesetzliche Grundlage
  • 1. Keine Begründung seitens des Gerichts
  • 2. Mögliche gesetzliche Grundlagen
  • 3. Ergebnis
  • III. Brüche im materiellen Recht: Zurechnung von Wirtschaftsgütern
  • IV. Ergebnis
  • Dritter Teil : Bestandsaufnahme verfahrensrechtlicher Probleme im einheitlichen und gesonderten Feststellungsverfahren bei Personengesellschaften und ihren Gesellschaftern
  • § 5 Zur verfahrensrechtlichen Einordnung im Veranlagungsverfahren und zum Rechtssubjekt
  • I. Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten
  • 1. Zur gewerblich tätigen Personengesellschaft
  • 2. Zur vermögensverwaltenden Personengesellschaft
  • II. Erklärungspflichten
  • 1. Keine eindeutige Regelung bis zum Jahr 1986
  • 2. Einführung einer gesetzlichen Regelung
  • 3. Besonderheit: Die Personengesellschaft in Insolvenz
  • 4. Bedenken gegenüber der Vorschrift
  • III. Adressierung eines Feststellungsbescheides
  • 1. Meinungsstand in der Rechtsprechung und zu den Bedenken
  • 2. Besonderheit: Ausländische Personengesellschaften
  • a) Rechtsprechungsänderung im Jahr 2007
  • b) Bedenken gegenüber der Rechtsprechung
  • c) Neuere Entwicklungen in der Rechtsprechung
  • d) Stellungnahme
  • 3. Zur Praxisrelevanz einer richtigen Adressierung
  • IV. Bekanntgabe eines Feststellungsbescheides
  • 1. Regelungsgehalt des § 183 AO
  • 2. Fehlerfolgen einer Bekanntgabe
  • § 6 Zur verfahrensrechtlichen Einordnung in der Außenprüfung und zum Rechtssubjekt
  • I. Erlass einer Prüfungsanordnung
  • 1. Gewerblich tätige Personengesellschaft
  • 2. Vermögensverwaltende Personengesellschaft
  • 3. Fehlerfolgen
  • II. Rechtsschutz gegen eine Prüfungsanordnung
  • 1. Gewerblich tätige Personengesellschaft
  • 2. Vermögensverwaltende Personengesellschaft
  • § 7 Zur verfahrensrechtlichen Einordnung im Einspruchs- und Klageverfahren – zum Rechtssubjekt
  • I. Grundlegung: Zulässiger Rechtsbehelf
  • II. Einspruchs- und Klagebefugnis
  • 1. Ausgangslage
  • 2. Skizzierung der rechtsbehelfsbefugten Personen
  • 3. Rechtsentwicklung der Vorschriften
  • 4. Ausländische Personengesellschaften
  • a) Anwendungsbereich des Feststellungsverfahrens
  • b) Folgewirkungen
  • c) Bedenken gegenüber der jüngeren Rechtsprechung
  • 5. Gesetzliche Prozessstandschaft
  • a) Das Grundsatzurteil aus dem Jahre 1972
  • b) Zum Meinungsstand in aktueller Rechtsprechung und Schrifttum
  • c) Zwischenergebnis
  • 6. Zum Empfangsbevollmächtigten
  • 7. Vollbeendete Personengesellschaften
  • a) Ausgangslage
  • b) Einheitliche und gesonderte Feststellung
  • c) Betriebssteuern
  • d) Zur Vermengung der steuerrechtlichen Beendigungszeitpunkte
  • e) Zur Insolvenz einer Personengesellschaft
  • 8. Negative Feststellungsbescheide
  • III. Beteiligtenfähigkeit
  • IV. Hinzuziehung zum Verfahren und prozessuale Beiladung
  • 1. Hintergrund
  • 2. Pflicht zur notwendigen Beiladung
  • 3. Wirkungsweise der notwendigen Beiladung und Hinzuziehung
  • 4. Folgen einer unterlassenen notwendigen Hinzuziehung und Beiladung
  • 5. Das Wechselspiel zwischen Beiladung und Klagebefugnis
  • V. Besonderheit: Verfassungsbeschwerde einer Personengesellschaft – Zum Wechselspiel zwischen Rechtsfähigkeit und Grundrechtsfähigkeit
  • § 8 Abgleich zwischen den Rechtssubjekten im Verfahrensrecht und im materiellen Recht
  • I. Erklärungspflicht versus materielles Recht
  • II. Adressierung versus materielles Recht
  • III. Außenprüfung versus materielles Recht
  • IV. Einspruchs- und Klagebefugnis versus materielles Recht
  • V. Ergebnis
  • § 9 Das Positiv-Beispiel: Die Gewerbesteuer bei Personengesellschaften
  • I. Zum materiellen Recht der Personengesellschaft
  • II. Zum Verfahrensrecht der Personengesellschaft
  • 1. Erklärungspflichten
  • 2. Adressierung und Bekanntgabe
  • 3. Außenprüfung
  • 4. Einspruchs- und Klagebefugnis
  • III. Abgleich Verfahrensrecht und materielles Recht
  • § 10 Verfassungsrechtlicher Maßstab: Konsequenzen aus dem Spannungsverhältnis Einheit der Gesellschaft und Vielheit der Gesellschafter
  • I. Rechtsweggarantie und Gebot des effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG
  • II. Einschränkung des Rechtsschutzes durch § 352 AO und § 48 FGO
  • 1. Einschränkung der Rechtsbehelfsbefugnis bei Vorhandensein eines zur Vertretung berufenen Geschäftsführers
  • 2. Einschränkung der Rechtsbehelfsbefugnis bei Vorhandensein eines Empfangsbevollmächtigten
  • 3. Ergebnis
  • III. Einschränkung des Rechtsschutzes durch eine fehlerhafte Beurteilung der Einspruchs- und Klagebefugnis durch die Finanzgerichte
  • IV. Praktische Schwierigkeit: Das Erkennen eines Verfahrensmangels durch den Betroffenen
  • 1. Grundsätze der Normenbestimmtheit und Normenklarheit
  • 2. Die Anwendung des Prüfmaßstabs auf die Vorschriften der § 352 AO und § 48 FGO
  • 3. Die Anwendung des Prüfmaßstabs auf die Vorschriften der § 360 AO und § 60 FGO
  • V. Keine Rechtsschutzvereitelung trotz Nicht-Erkennens eines Verfahrensmangels
  • VI. Der Rettungsanker: Das Rechtsmittel der Revision
  • 1. Zulassungsbedürftigkeit
  • 2. Zweck einer Verfahrensrevision
  • 3. Die Revision als Rettungsanker im Rahmen der § 352 AO und § 48 FGO
  • VII. Ergebnis
  • Vierter Teil : Lösungsansätze zur besseren Abstimmung von materiellem Recht und Steuerverfahrensrecht bei Personengesellschaften
  • § 11 Grundlegung: Verhältnis materielles Recht und Verfahrensrecht
  • I. Das Verhältnis von Verfahrensrecht und materiellem Recht im allgemeinen Verwaltungsrecht – zum Stellenwert des Verwaltungsverfahrens
  • 1. Zur traditionellen Vorstellung einer dienenden Funktion
  • 2. Qualifikation, Funktion und Wirkung
  • a) Zur Sichtweise im Schrifttum
  • b) Zur Sichtweise des Gesetzgebers
  • aa) Das Musterbeispiel § 46 VwVfG
  • bb) Kritik an der gesetzgeberischen Sichtweise
  • II. Das Verhältnis von Verfahrensrecht und materiellem Recht im Steuerrecht
  • 1. Zur Vorschrift § 127 AO
  • 2. Zum Stellenwert des Verfahrensrechts im Schrifttum
  • 3. Zum Stellenwert des Verfahrensrechts in der Rechtsprechung
  • 4. Zwischenergebnis
  • III. Ergebnis
  • § 12 Möglichkeiten und Grenzen interpretativer Abstimmung
  • I. Allgemeine Auslegung von Steuergesetzen
  • 1. Traditionelle Methoden zur Gesetzesauslegung
  • 2. Verfassungskonforme Auslegung
  • II. Auslegung der materiell-rechtlichen Vorschriften für Personengesellschaften
  • 1. Das materielle Recht als Auslegungsmaßstab
  • 2. Zurückschneiden des materiellen Rechts - Die Aufgabe der Vorstellung von einer partiellen Steuerrechtsfähigkeit der Personengesellschaft
  • III. Auslegung der verfahrensrechtlichen Vorschriften für Personengesellschaften
  • 1. Auslegung der Verfahrensnormen
  • 2. Auslegung der Einspruchs- und Klageschriften
  • a) Zur Auslegung der Klagebefugnis bei ausländischen Personengesellschaften
  • b) Zur Auslegung der Klagebefugnis bei vollbeendeten Personengesellschaften
  • IV. Ergebnis
  • § 13 Notwendigkeit und Möglichkeiten einer gesetzlichen Neuregelung
  • I. Gesetzliche Lösungen im materiellen Recht
  • 1. Freiwillige Einbeziehung der Personengesellschaft in das System der Körperschaftsteuer
  • 2. Verpflichtende Einbeziehung der Personengesellschaft in das System der Körperschaftsteuer
  • 3. Verpflichtende Einbeziehung der Personengesellschaft in eine allgemeine Unternehmensteuer
  • 4. Zur Personengesellschaft als steuerjuristische Person
  • 5. Zwischenergebnis
  • II. Gesetzliche Lösungen im Verfahrensrecht
  • III. Ergebnis
  • Fünfter Teil : Schluss
  • § 14 Wesentliche Ergebnisse und Ausblick
  • Literaturverzeichnis

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Abkürzungsverzeichnis

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Erster Teil

Einleitung

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§ 1 Gegenstand und Gang der Untersuchung

Die richtige Erfassung des Verhältnisses zwischen dem Verfahrensrecht und dem materiellen Recht ist in allen Rechtsgebieten seit jeher problematisch1. Zöllner hat bereits für das Zivilrecht festgestellt, dass das materielle Recht stets „nur die halbe Wahrheit“ sei2.

Der überwiegende Teil der steuerrechtlichen Literatur und auch die Finanzrechtsprechung befassen sich zumeist mit komplexen materiell-rechtlichen Problemen, die Personengesellschaften aufwerfen, während verfahrensrechtliche Fragen eher selten erörtert werden3. Dies entspricht einer allgemeinen Tendenz das Verfahrensrecht, dem gerne nur eine „dienende Funktion“4 zugesprochen wird, im Verhältnis zum materiellen Recht als nachrangiges Recht anzusehen5.

Gleichwohl fällt auf, dass zurzeit vermehrt rein verfahrensrechtlich geprägte Streitfälle bis an das höchste Steuergericht – den Bundesfinanzhof – gelangen6. Anhand der neueren Entscheidungen des Bundesfinanzhofs wird deutlich, dass im Hinblick auf Personengesellschaften in Steuerverfahren enorme Probleme bestehen7. Nicht zu Unrecht wurde die Personengesellschaft im Ertragsteuerrecht daher bereits vor über 25 Jahren als eine „persona mystica“ bezeichnet8. ← 23 | 24 →

Ein Abgleich zwischen dem materiellem Recht und dem Verfahrensrecht der Personengesellschaft ist in der Literatur – soweit ersichtlich – kaum erfolgt9. Indes ist bei genauerer Betrachtung festzustellen, dass das steuerliche Verfahrensrecht für die Personengesellschaft und ihre Gesellschafter mit der materiell-rechtlichen Lage nicht optimal abgestimmt ist10. Während die Personengesellschaft von der Rechtsprechung im Einkommensteuerrecht als begrenztes Steuerrechtssubjekt angesehen wird11, wird verfahrensrechtlich entweder auf die Gesellschaft als Rechtssubjekt oder auf die Gesellschafter als Rechtssubjekt abgestellt. Sowohl auf der materiell-rechtlichen Ebene als auch auf der verfahrensrechtlichen Ebene ist keine klare Linie zu erkennen.

Das Grundproblem der Behandlung von Personengesellschaften im Ertragsteuerrecht resultiert daraus, dass es eine Einkommensbesteuerung der Personengesellschaft als solcher nicht gibt12. Während die Kapitalgesellschaft als juristische Person13 selbst Steuerrechtssubjekt ist und daher der Körperschaftsteuer unterliegt, ist die Personengesellschaft mangels der Eigenschaft als natürlicher oder juristischer Person, weder Einkommen- noch Körperschaftsteuerrechtssubjekt14. Darum können nur die Gesellschafter als Rechtssubjekte einer Besteuerung im Einkommensteuerrecht unterliegen.

Details

Seiten
236
ISBN (PDF)
9783653071405
ISBN (ePUB)
9783653955750
ISBN (MOBI)
9783653955743
ISBN (Hardcover)
9783631679319
DOI
10.3726/978-3-653-07140-5
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2016 (Juni)
Schlagworte
Steuerrechtsfähigkeit Verfahrensrecht Spannungsverhältnis Klagebefugnis
Erschienen
Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien, 2016. 236 S.

Biographische Angaben

Nina Erm (Autor:in)

Nina Erm studierte nach der Ausbildung zur Dipl.-Finanzwirtin (FH) an der FHF Nordkirchen Rechtswissenschaften an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, wo sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Unternehmenssteuerrecht, Bilanzrecht und Öffentliches Recht tätig war.

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