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Die Stiftung

Jahreshefte zum Stiftungswesen – 9. Jahrgang, 2015

von Bernd Andrick (Band-Herausgeber:in) Matthias Gantenbrink (Band-Herausgeber:in) Gerd Hellmig (Band-Herausgeber:in) Axel Janitzki (Band-Herausgeber:in) Karl-Heinz Muscheler (Band-Herausgeber:in) Markus Schewe (Band-Herausgeber:in)
©2016 Dissertation 162 Seiten
Reihe: Die Stiftung, Band 9

Zusammenfassung

Der Verein Fundare e.V., ein gemeinnütziger Verein zur Förderung des Stiftungswesens, hat es sich zum Ziel gesetzt, zu einer aufblühenden Stiftungskultur in Deutschland beizutragen. Dazu sollen insbesondere die wissenschaftlichen und praktischen Grundlagen des Stiftens erforscht werden. Der Erfüllung dieser Aufgabe dient die Zeitschrift Die Stiftung – Jahreshefte zum Stiftungswesen. Sie beinhaltet in ihrer neunten Ausgabe vor allem die Vorträge, die auf dem von Fundare e.V. veranstalteten 9. Stiftungsrechtstag an der Ruhr-Universität Bochum gehalten wurden. Darüber hinaus haben noch weitere Beiträge Aufnahme gefunden. Es werden nicht nur eingehend zivilrechtliche, sondern auch verwaltungs- und steuerrechtliche Problematiken des Stiftungsrechts beleuchtet. Der Schwerpunkt liegt hierbei auf dem in der Praxis viel diskutierten Thema «Compliance», wobei die aktuellen Themen im Stiftungs- und Stiftungssteuerrecht nicht vernachlässigt werden.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Inhalt
  • Editorial
  • Warum und wie Stifter bauen
  • Compliance – (K)ein Thema für Stiftungen?
  • Mittelverwendung und deren Nachweis bei gemeinnützigen Stiftungen
  • Die Richtlinien des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen
  • Beteiligungsrechte und -pflichten im Stiftungsrecht
  • Aktuelle Entscheidungen des BFH zum Gemeinnützigkeitsrecht
  • Compliance – alter Wein in neuen Schläuchen?
  • Stiftungen in Deutschland und der EU: Ein Überblick über die Stiftungslandschaft unter besonderer Berücksichtigung aktueller Entwicklungen bei gemeinnützigen Stiftungen
  • Laudatio

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Editorial

Der Wind wird rauer!

Dass Stiftungen – rechtlich gesehen – nichts Außergewöhnliches sind und richtigerweise auch nicht sein sollten, sondern etwas Normales, zeigt sich mit zunehmender Aktualität exemplarisch daran, dass die in der sonstigen „Welt“ seit einigen Jahren aufkommende und für viele Unternehmen zu einem zentralen Punkt gewordene Compliance-Debatte nun auch die bislang „ruhige See“ der Stiftungswelt erreicht hat. Konnten früher Stiftungsorgane weitgehend schalten und walten wie sie wollten, solange sie nur die steuerrechtlichen Vorschriften und die wenigen Genehmigungsvorbehalte der Landesstiftungsgesetze beachteten, zeigen nicht nur die jüngsten (und ersten) Beispiele aus der Rechtsprechung, sondern auch das zentrale Thema des diesjährigen Stiftungsrechtstages, dass sich Stiftungsorgane heute einem größeren Rechtfertigungsdruck ausgesetzt sehen und – insbesondere gegenüber Aufsichtsgremien und ihren Nachfolgern im Amt – ihr Handeln für die Stiftung rechtfertigen müssen. Dieser Prozess ist in Gang gesetzt und wird sich auch nicht mehr umkehren lassen. Das bedeutet, Organe müssen sich heute und zukünftig stärker als in der Vergangenheit im Vorfeld einer Entscheidung kritisch fragen, warum sie etwas tun oder etwas unterlassen, sie müssen ihre Handlungen an äußeren Maßstäben messen und auch dokumentieren, was und warum sie etwas getan haben. Nur so werden sie im Nachhinein, wenn etwas schief gegangen ist, erklären können, dass sie im Vorfeld alles getan haben, um einen Schadensfall zu vermeiden, und eine persönliche Haftung vermeiden können.

Auf den ersten Blick scheint das für Stiftungen selbst eine positive Entwicklung zu sein, da dies zwangsläufig zu einem höheren Maß an Professionalität in der Stiftungsverwaltung führen dürfte. Aber ist das wirklich für alle Stiftungen gleichermaßen gut? Großstiftungen, die einen professionalen Verwaltungsapparat unterhalten, werden sicherlich mit all diesen Vorgaben gut umgehen können, wenn sie das nicht schon längst umgesetzt haben. Kleinere Stiftungen dagegen, die von einem ehrenamtlichen Engagement leben und oft eher von Idealisten als von Wirtschaftsprüfern und Anwälten geführt werden, werden sich dagegen – und nicht nur wegen des erhöhten Verwaltungsaufwandes – schwer damit tun. Wird sich angesichts solcher Risiken, die ein mögliches Organ vielleicht wegen seines Ausbildungsgrades gar nicht alle überblicken kann und will, in Zukunft überhaupt noch jemand finden lassen, der bereit ist, ein Vorstandsamt und die damit ← 7 | 8 → einhergehenden persönlichen Risiken (möglicherweise auch noch unentgeltlich) zu übernehmen? Sicherlich ist es notwendig, Selbstbedienungsmentalitäten im Zaum zu halten. Auf der anderen Seite sollten wir – und auch die Rechtsprechung – uns davor hüten, einfach die Maßstäbe, die für multinationale DAX-Konzerne entwickelt wurden, gemeinnützigen, ehrenamtlich strukturierten Stiftungen überstülpen zu wollen. Das kann nur schief gehen und ist der Sache sicherlich nicht förderlich. Am Ende könnten Stiftungen dadurch letztlich doch die Verlierer dieser Entwicklung sein; Gewinner wären dagegen allein D&O-Versicherungen. Compliance Ja, aber mit Augenmaß.

Dr. Markus Schewe

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Dr. Ursula Muscheler*

Warum und wie Stifter bauen

  1. Das Hôtel-Dieu in Beaune
  2. Die Fuggerei in Augsburg
  3. Kröller-Müller-Museum in Arnheim
  4. Das Guggenheim Museum in New York
  5. Das Opernhaus in Kopenhagen
  6. Resumé

Googelt man die Begriffe »Stifter« und »Bauen«, erfährt man, dass der Bund eine Stiftung Baukultur gegründet hat und die Adalbert-Stifter-Apotheke in Wien umgebaut worden ist. Nichts von Bedeutung, so scheint es, und das verwundert, denn wir alle verbinden gerade mit Stiftern und Stiftungen einige beeindruckende Bauten. Wir denken an die Amphitheater, Tempel und Ehrenmonumente reicher Römer, die Moscheen, Basare und Brunnenhäuser Istanbuls, die Medressen und Karawansereien Isfahans. Wir denken auch an die Beginenhöfe in den Niederlanden, an die Wohnstifte hanseatischer Kaufleute, die bis heute vom stolzen Bürgersinn ihrer Stifter Zeugnis geben. Allein in Hamburg gab es Ende des 19. Jahrhunderts etwa 80 Häuser mit 3 800 Wohnungen für alte, kranke und mittellose Mitbürger.

Als Synonyme für „stiften“ nennt der Duden „gründen, errichten, einrichten“ und damit Begriffe, die wesentlich dem Bauen zugehören. Stiften und Bauen scheinen viel miteinander zu tun zu haben, obwohl Bauten ja nie selbst Stiftungszweck sind, sondern nur notwendige Bedingung für die Erreichung der eigentlichen kulturellen oder sozialen Ziele. Sie sind die Gehäuse, in denen Gebete zu Gott, Versenkung in das Kunstwerk, Pflege der Armen und Kranken sich ereignen. Doch in nicht wenigen Fällen zeigt sich, dass bisweilen die Mittel wichtiger werden als der Zweck und dem Bauen selbst von Stiftern immer wieder mehr Aufmerksamkeit gewidmet wird als der mildtätigen Nutzung. Warum das so ist und wie das geschieht, wollen wir anhand einiger Beispiele ergründen.

I. Das Hôtel-Dieu in Beaune

Nicolas Rolin, Jurist, aus bescheidenen Verhältnissen stammend, wurde 1423 Kanzler des Herzogs Philipp von Burgund. Er blieb es vierzig Jahre lang und brachte es zu ungewöhnlichem Reichtum. Am Ende seines Lebens angekommen, ← 9 | 10 → beschloss er unter dem Einfluss seiner dritten Ehefrau, der frommen Guigone de Salins, pro remedio et salute animae, für sein Seelenheil, ein Hospital für die Armen zu errichten. Er kaufte in Beaune einige Häuser und Grundstücke und stiftete aus seinem Vermögen Tausend Tourrainer Pfund jährlicher Rente zur Unterhaltung eines Hospitals und zur Speisung der Armen. Das Geld floss aus den Einkünften der Großen Saline von Salins, der Mitgift von Rolins Frau. Für Bau und Erstausstattung stellte das Stifterpaar zusätzliche Gelder bereit.

Den Zweck des Unternehmens benannte Rolin in der Stiftungsurkunde wie folgt: „Ich, Nicolas Rolin, Ritter, Bürger der Stadt Autun, Lehensherr von Authume, Kanzler von Burgund, lasse an diesem Tage (…) alle menschlichen Überlegungen beiseite und denke nur an das Heil meiner Seele. In dem Bestreben, die (…) irdischen Güter gegen himmlische Schätze zu vertauschen und zwar durch eine glückliche Transaktion, gründe, errichte und erbaue ich (…) ein Hospital.“1

Rolins Stiftung wurde von Ludwig XI. recht sarkastisch kommentiert: Der Kanzler – er galt unter Zeitgenossen als rücksichtslos und habgierig – habe so viele Menschen arm gemacht, dass er nur recht daran tue, vor seinem Tod für diese ein Asyl zu errichten. Doch Ludwig opferte dem Bonmot einen Teil der historischen Wahrheit. Denn es waren vor allem die Auswirkungen des 100-jährigen Krieges, die Burgund und seine Einwohner so arm gemacht hatten.

Auch beim Motiv irrte sich Ludwig. Rolins Stiftung war keineswegs als Wiedergutmachung an den Armen gedacht, sondern als eine, wie er es nennt, Transaktion, ein Geschäft auf Gegenseitigkeit. Indem er einen Teil der irdischen Güter, die Gott ihm in seiner himmlischen Weisheit so großzügig zugeteilt hatte, für die Armen und Kranken verausgabte, verpflichtete er diese, für seine Seele zu beten, und Gott, ihm das ewige Seelenheil zu gewähren. Rolins Stiftung war ein stolzer Akt des Gebens und Nehmens, der das Licht der Öffentlichkeit keineswegs scheute. Die caritas wurde nicht in stiller Demut geleistet, sondern selbstbewusst, dem Rang und der Würde des Stifters gemäß, demonstriert. Und so wurde sein Werk der Nächstenliebe unversehens zu einem Akt der Selbstdarstellung, bei dem die Pracht der Präsentation den Gestus der Mildtätigkeit weit überflügelte.

Nicolas Rolin wollte mit dem Hôtel-Dieu in Beaune, inspiriert von flandrischen Beispielen, das schönste Hospital Europas errichten und betrieb einen baulichen Aufwand über Sinn und Zweck hinaus, bedenkt man die gerade einmal 30 bis 60 Alten und Kranken, die in diesem Hospital Aufnahme finden sollten. Die Gesamtanlage misst 80 auf 53 Meter. Der Eingang wird markiert durch ein Portal, über dem sich das Wappen Rolins, drei goldene Schlüssel, und das Gründungsdatum ← 10 | 11 → 1443 befinden. Tritt man durch das Portal des Eingangsgebäudes ändert sich das bis dahin relativ schlichte Bild aus grauem Stein und Schieferdach dramatisch. Der Innenhof erstaunt durch einen reich skulpturierten Kreuzgang mit einer darüber liegenden Galerie aus Fachwerk. Die Dächer erheben sich steil und hoch über den Außenwänden und sind mit bunt glasierten, rautenförmig verlegten Ziegeln gedeckt.

Details

Seiten
162
Jahr
2016
ISBN (PDF)
9783653063592
ISBN (ePUB)
9783653959307
ISBN (MOBI)
9783653959291
ISBN (Paperback)
9783631667385
DOI
10.3726/978-3-653-06359-2
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2015 (November)
Schlagworte
Compliance bei Stiftungen Steuerrecht Stiftungsaufsicht Stiftungsrecht Gemeinnützigkeit
Erschienen
Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien, 2015. 162 S., 1 farb. Abb., 1 Tab., 1 Graf.

Biographische Angaben

Bernd Andrick (Band-Herausgeber:in) Matthias Gantenbrink (Band-Herausgeber:in) Gerd Hellmig (Band-Herausgeber:in) Axel Janitzki (Band-Herausgeber:in) Karl-Heinz Muscheler (Band-Herausgeber:in) Markus Schewe (Band-Herausgeber:in)

Die Herausgeber bilden den Vorstand von Fundare e.V.: Prof. Dr. Bernd Andrick ist Vorsitzender Richter am VG Gelsenkirchen. Dr. Matthias Gantenbrink ist Rechtsanwalt in Essen. Gerd Hellmig ist Rechtsanwalt und Steuerberater in Essen. Axel Janitzki ist Rechtsanwalt und Notar in Bochum. Prof. Dr. Karlheinz Muscheler ist Inhaber eines zivilrechtlichen Lehrstuhls an der Ruhr-Universität Bochum. Dr. Markus Schewe ist Rechtsanwalt und Notar in Essen.

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