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Der Wiener Frieden from 1864

Wahrnehmungen durch die Zeitgenossen in den Herzogtümern Schleswig und Holstein bis 1871

von Caroline Weber (Autor:in)
©2015 Dissertation 164 Seiten
Reihe: Kieler Werkstücke, Band 41

Zusammenfassung

Der Wiener Frieden von 1864 wird besonders in der dänischen Geschichtsschreibung als Zäsur bewertet. Wie jedoch die Zeitgenossen aus Schleswig und Holstein die Geschehnisse erlebten, verdeutlicht dieses Buch. Anhand von deutsch- und dänischsprachigen Tagebüchern, Briefen und Erinnerungen werden Meinungen und Einschätzungen des Friedensschlusses von 1864 untersucht. Ausgehend von den raschen politischen Veränderungen analysiert die Autorin die Quellen bis zum Jahr 1871, als das Deutsche Reich gegründet und der Status der Herzogtümer erst einmal stabil wurde. Der Fokus liegt somit nicht allein auf den Ereignissen des Jahres 1864, sondern bezieht von den Zeitgenossen als mindestens genauso wichtig empfundene Folgeentwicklungen für die deutsch-dänische Grenzregion mit ein.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Inhalt
  • 1. Einleitung und Themenvorstellung
  • 1.1 Forschungsstand
  • 1.2 Methodik und Vorgehensweise
  • 1.3 Die Quellen
  • 1.4 Kurze Erläuterung zum Gebrauch von Begrifflichkeiten
  • 2. Historischer Kontext mit Schwerpunkt auf die 1840er und 1850er Jahre
  • 2.1 Die Herzogtümer bis zum Schleswig-Holsteinischen Krieg
  • 2.2 Die Auswirkungen des Schleswig-Holsteinischen Krieges bis 1864
  • 3. Die Wahrnehmungen durch die Zeitgenossen: Quellenanalyse
  • 3.1 Die Präliminarien und der Frieden von Wien
  • 3.1.1 August 1864: Der Präliminarfrieden als Vorbote
  • 3.1.1.1 Wahrnehmungen in Nordschleswig
  • 3.1.1.2 Wahrnehmungen an der Universität und in Holstein
  • 3.1.1.3 Wahrnehmungen in Südschleswig
  • 3.1.2 Der Wiener Frieden vom 30. Oktober 1864
  • 3.1.2.1 Wahrnehmungen in Nordschleswig
  • 3.1.2.2 Wahrnehmungen in Südschleswig und Holstein
  • 3.2 Die Gasteiner Konvention 1865
  • 3.2.1 1865: Österreich, Preußen und ein herausgezögerter Krieg
  • 3.2.1.1 Wahrnehmungen in Nordschleswig
  • 3.2.1.2 Wahrnehmungen in Südschleswig und Holstein
  • 3.2.2 Das Verhältnis der Alliierten und die Konvention von Gastein
  • 3.2.2.1 Wahrnehmungen in Nordschleswig
  • 3.2.2.2 Wahrnehmungen in Südschleswig und Holstein
  • 3.3 Krieg und Prager Frieden 1866
  • 3.3.1 1866: Kann ein Krieg neue Hoffnung wecken?
  • 3.3.1.1 Sichtweisen zum Krieg in Nordschleswig
  • 3.3.1.2 Sichtweisen zum Krieg an der Universität
  • 3.3.2 Paragraph fünf des Prager Friedens und seine Bedeutung für Nordschleswig
  • 3.4 Zwischenfazit
  • 3.5 Die Herzogtümer sind preußisch – Die Jahre 1867 und 1868
  • 3.5.1 Flucht vor der Annexion und erste Annäherungen an Preußen
  • 3.5.2 Die Universität wird borussifiziert
  • 3.5.3 Der Königsbesuch 1868 – Eine geglückte Inszenierung?
  • 3.5.3.1 In Flensburg
  • 3.5.3.2 In Sonderburg
  • 3.5.3.3 In Apenrade
  • 3.6 Der Deutsch-Französische Krieg 1870 und die Gründung des Kaiserreiches 1871
  • 3.6.1 Wahrnehmungen in Nordschleswig
  • 3.6.2 Wahrnehmungen in Holstein
  • 4. Schlussbemerkungen
  • 5. Quellen-und Literaturverzeichnis
  • 5.1 Ungedruckte Quellen und Zeitungen
  • 5.2 Gedruckte Quellen
  • 5.3 Literatur
  • 5.4 Wörterbücher und Internet

← 10 | 11 → 1. Einleitung und Themenvorstellung

Am 30. Oktober 2014 war es genau 150 Jahre her, dass im von Schleswig-Holstein doch recht weit entfernten Wien ein Frieden unterzeichnet wurde, welcher in mehrfacher Hinsicht eine Zäsur in der Geschichte der Herzogtümer markiert. Zum einen wurde durch den Frieden die Verbindung Schleswigs und Holsteins mit dem dänischen Gesamtstaat beendet. Zum anderen begann mit dem 30. Oktober 1864 die preußische Geschichte Nordelbiens. Und drittens wurde letztlich die Idee eines eigenständigen Staates von Altona bis Apenrade und darüber hinaus verworfen, für die bereits wenige Jahre zuvor ein dreijähriger Bürgerkrieg in den Herzogtümern ausgetragen worden war.

Am 30. Oktober 1864 war der Deutsch-Dänische Krieg zwischen Österreich und Preußen als Vertreter des Deutschen Bundes auf der einen und Dänemark auf der anderen Seite offiziell durch einen Friedensschluss beendet worden. Dänemark musste die Herzogtümer Schleswig, Holstein und Lauenburg6 abtreten, welche anschließend von Österreich und Preußen verwaltet wurden. Dennoch wurde der rechtliche Status der Herzogtümer nicht durch den Wiener Frieden festgesetzt. Im Jahr 1866 folgte ein weiterer Krieg, diesmal zwischen Preußen und dem Deutschen Bund, in dem Schleswig und Holstein ebenfalls eine Rolle spielten. Erst mit der Inkorporation in den preußischen Staat 1867 wurde das politische Interim beendet und mit der Gründung des Deutschen Kaiserreiches vier Jahre später die Herzogtümer für die weitere Zukunft eindeutig in ein politisches System eingegliedert.

Anlässlich des 125. Jahrestages des Wiener Friedens am 30. Oktober 1989 betonte der dänische Historiker Johan Peter Noack in seiner Rede über die Bedeutung von 1864: „Es gibt in der Geschichte keine Substanz, sei es ideeller oder materieller Art. […] Im nachhinein existiert die Geschichte nur in der Erzählung, deren Schöpfer nicht nur Quellen darstellen, sondern Perspektiven anbieten.“7

← 11 | 12 → Wenn wir uns mit Wahrnehmungen8 über den Wiener Frieden auseinandersetzen, behandeln wir die Sichtweisen und Standpunkte einzelner Menschen. Diese Facetten wiederum bilden Teile von Geschichte. Aus heutiger Sicht liegt der Fokus der Wahrnehmung von 1864 auf dem Erinnern der Schlacht von Düppel. Dabei hat sich in den letzten Jahren ein Wandel vollzogen, weg von der Konzentration auf die Kriegsniederlage und hin zur Stärkung des Ereignisses als letztlich den Nationalstaat Dänemark hervorbringendes Datum. Um diese Schlacht hat sich eine kohärente Erzählung gebildet, die die Geschehnisse in einen sinnvollen Gegenwartszusammenhang einordnet. Heute markiert „Düppel“ den Beginn einer teleologischen Erzählung, welche die innere Stärke Dänemarks als Nationalstaat und die seit der Mitte des 20. Jahrhunderts, nach Volksabstimmung und Minderheitenregelung, friedliche und Grenzregion Sønderjylland-Schleswig als Erfolgsprodukt hervorhebt.9

Zur Begründung der Vorgehensweise dieser Arbeit seien nochmals Noacks Formulierungen bemüht:

„Wenn wir Deutschland oder Dänemark sagen, sollten wir uns heute jedenfalls darüber im klaren sein, daß damit nicht irgendwelche Substanzen gemeint sind, sondern kompliziert strukturierte, im Wandeln begriffene Verhaltensmuster, die wir eben Gesellschaften nennen. Man kann nicht einmal sagen, daß, was ← 12 | 13 → eine Sache eigentlich ist, zeigte sich in ihrer Geschichte. Sie ist einfach mit ihrer Geschichte identisch, wie sie auch immer erzählt wird. Eben deshalb ist es von überragender Bedeutung, die Perspektiven zu setzen.“10

Schlüsselbegriffe dieser und der vorangegangenen Äußerung sind „Geschichte“, „Erzählung“ und „Perspektive“. Bei der Untersuchung der Wahrnehmung des Wiener Friedens durch die Zeitgenossen muss es also um die zeitgenössische Perspektive einerseits und um die Art der erzählten Geschichte andererseits gehen.

Verbinden lassen sich Noacks Ausführungen mit der Einschätzung Martin Kriegers über die Bedeutung von Grenzen. Nach Krieger stellt eine Grenze

„nicht allein physische Realität dar, sondern sie entsteht in vielleicht noch größerem Maße in den Köpfen der Menschen. Sie schafft Strukturen im Raum und bedingt gleichzeitig die Interaktionen zwischen verschiedenen Staaten, Kulturen, Sprach- oder Konfessionsräumen.“11

Mit dem Wiener Frieden von 1864 wurde die deutsch-dänische Grenze für einen Zeitraum von 56 Jahren festgelegt, bis sie mit der Volksabstimmung von 1920 den Wünschen eines Großteils der Bevölkerung in Nordschleswig angepasst wurde und so bis heute besteht.

Es soll in der vorliegenden Arbeit also untersucht werden, wie die Zeitgenossen in den Herzogtümern den Wiener Frieden von 1864 und die damit verbundene Trennung von Dänemark bis zur Gründung des Deutschen Reiches 1871 wahrgenommen haben. Hierbei geht es darum, die unterschiedlichen Perspektiven und Einordnungen ein und desselben Ereignisses anhand der Aussagen von Zeitzeugen zu ergründen.

Der Wiener Frieden als solcher kann dabei nicht für sich alleine, sondern nur im Zusammenhang mit anderen Ereignissen und Begebenheiten betrachtet werden, die ebenso ihren Niederschlag in den Auseinandersetzungen der Zeitgenossen gefunden haben und deren Bewertungen erst zu einem Gesamtbild der Wahrnehmung führen. Steht zu Beginn die übergeordnete Frage nach der Wahrnehmung des Wiener Friedens bis 1871, so lauten weitere Fragen: Wie wurde die Kondominiumsregierung durch die Siegermächte Preußen und Österreich empfunden? Wie wurde das Verhältnis dieser Alliierten bis zum Krieg von 1866 wahrgenommen? Welchen Stellenwert hatte das Verhältnis der Herzogtümer zu Dänemark und zu Preußen für die Zeitgenossen? Es soll herausgearbeitet werden, inwiefern sich Meinungen und Selbstpositionierungen ← 13 | 14 → der entsprechenden Personen innerhalb des Untersuchungszeitraums entwickelt haben. In diesem Zusammenhang wird auch auf das Zusammenleben von dänisch und deutsch gesinnter Bevölkerung in der Grenzregion geachtet. Zur Beantwortung der Fragen wurden Tagebücher, Briefe und Erinnerungen von Zeitgenossen aus den Herzogtümern Schleswig und Holstein für den Zeitraum 1864 bis 1871 ausgewählt und entlang der aus dem Material abgeleiteten Räume Nordschleswig, Südschleswig und Holstein gruppiert.

Die Untersuchung von Einzelmeinungen anhand von zeitgenössischen Ego-Dokumenten bietet einen Zugriff auf die Vorstellungswelt von Individuen. Durch die gleichzeitige Analyse sowohl zeitlich unmittelbar entstandener Quellen wie Briefe und Tagebücher und zudem mit einigem Abstand verfasster Lebenserinnerungen sind Änderungen in der Meinung Einzelner, aber auch Perspektivenwechsel auf die Bedeutung des Erlebten greifbar. Durch die so bisher noch nicht vorliegende, Einbeziehung deutsch- wie dänischsprachiger Quellen kann zudem das Entstehen von Gruppenzugehörigkeit und die Neuorientierung einzelner Personen innerhalb des veränderten Sprach-, Kultur-, und somit Grenzraumes beobachtet werden. In der Zusammenschau mit vorliegender Literatur können die Erkenntnisse aus der Quellenanalyse zu einem konkreteren Verständnis der Vergangenheit und zur Sichtbarmachung von Geschichte in der Region führen. So soll nicht die politische Geschichte der Herzogtümer neu erzählt, sondern vielmehr versucht werden, den einzelnen Menschen und seine individuelle Wahrnehmung des Zeitgeschehens greifbar zu machen und somit die Geschichte des Wiener Friedens als ein vielschichtiges Phänomen zu erfassen.

1.1 Forschungsstand

Details

Seiten
164
Jahr
2015
ISBN (PDF)
9783653054446
ISBN (ePUB)
9783653959369
ISBN (MOBI)
9783653959352
ISBN (Hardcover)
9783631667293
DOI
10.3726/978-3-653-05444-6
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2015 (März)
Schlagworte
Regionalgeschichte Nationalisierung Selbstzeugnisse Wahrnehmungsgeschichte
Erschienen
Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien, 2015. 164 S.

Biographische Angaben

Caroline Weber (Autor:in)

Caroline Elisabeth Weber studierte Geschichte und Skandinavistik an den Universitäten Göttingen, Kiel und Aarhus (Dänemark) und arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für schleswig-holsteinische Zeit- und Regionalgeschichte der Europa-Universität Flensburg.

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Titel: Der Wiener Frieden from 1864
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