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Morphologisch-semantische Modellierung internationaler Fachsprache

Die sicherheitsrelevante Ortungsterminologie der Landverkehrsfachsprache in Deutsch, Englisch und Türkisch

von Ayşe Yurdakul (Autor:in)
©2016 Dissertation 286 Seiten

Zusammenfassung

Ziel der Autorin ist die Entwicklung einer morphologisch-semantischen Modellierungsmethode zur Klärung semantischer Probleme in einer mehrsprachigen Terminologie (in der sicherheitsrelevanten Ortungsterminologie der Landverkehrsfachsprache in Deutsch, Englisch, Türkisch). Intralinguale Probleme (Synonymie, Polysemie, Homonymie) klärt sie durch einen morphologischen Ansatz und interlinguale Probleme (Äquivalenzprobleme) durch einen semantischen Ansatz (durch Klärung intralingualer Probleme). Folglich entsteht eine konsistente mehrsprachige Terminologie. Aus der Untersuchung resultiert, dass intralinguale Probleme interlinguale Probleme verursachen. Insofern führt ihre Behebung zur Behebung interlingualer Probleme. Ausgenommen von diesem Zusammenhang sind terminologische Lücken.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Zusammenfassung
  • Vorwort
  • Inhaltsverzeichnis
  • 1. Einleitung
  • 1.1 Gemeinsprache und Fachsprache
  • 1.2 Forschungsziele
  • 1.3 Struktur der Arbeit
  • 2. Morphologische Struktur der Lexik
  • 2.1 Lexikalisches Wort vs. syntaktisches Wort
  • 2.2 Das Morphem als lexikalische Einheit
  • 2.2.1 Freie Morpheme und gebundene Morpheme
  • 2.2.2 Lexembildungsmorpheme und Flexionsmorpheme
  • 2.2.3 Intermorpheme
  • 2.3 Lexembildung
  • 2.3.1 Komposition
  • 2.3.2 Derivation
  • 2.3.3 Konversion
  • 2.3.4 Lexikalische Entlehnung
  • 2.4 Lexemfamilie
  • 3. Grundlagen der Terminologielehre
  • 3.1 Terminologie
  • 3.1.1 Terminus
  • 3.1.2 Begriff
  • 3.1.3 Benennung und Bezeichnung
  • 3.1.4 Merkmal
  • 3.1.5 Definition
  • 3.2 Terminusbeziehungen
  • 3.2.1 Abstraktionsbeziehungen: Hyponymie und Hyperonymie
  • 3.2.2 Bestandsbeziehungen: Meronymie und Holonymie
  • 3.2.3 Nicht-hierarchische Beziehungen
  • 3.3 Probleme bei der Zuordnung von Benennung und Definition
  • 3.3.1 Synonymie
  • 3.3.2 Polysemie und Homonymie
  • 3.3.3 Autohyponymie
  • 4. Methodische Grundlagen der Terminologiearbeit
  • 4.1 Einsprachige und mehrsprachige Terminologiearbeit
  • 4.2 Arten systematischer Terminologiearbeit
  • 4.3 Ziele der Terminologiearbeit
  • 4.4 Erarbeitung eines Terminologiesystems – Terminologiemodellierung
  • 4.4.1 Bestimmung und Eingrenzung der Fachsprache
  • 4.4.2 Zusammenfassung der Terminologie
  • 4.4.3 Auswertung der Terminologie
  • 4.4.4 Systematisierung von Termini
  • 4.5 Benennungsbewertungskriterien für die Bestimmung von Vorzugsbenennungen
  • 4.5.1 Eineindeutigkeit
  • 4.5.2 Normenkonformität vs. Gebräuchlichkeit
  • 4.5.3 Zielgruppengerechtheit
  • 4.5.4 Motiviertheit
  • 4.5.5 Einheitlichkeit
  • 4.5.6 Kürze und Sprechbarkeit
  • 4.5.7 Derivationsfreudigkeit und Flektierbarkeit
  • 4.5.8 Internationalität
  • 4.5.9 Probleme bei der Auswahl von Benennungsbewertungskriterien
  • 5. Übersetzungsorientierte Terminologiearbeit
  • 5.1 Übersetzen und Übersetzung
  • 5.2 Äquivalenz
  • 5.2.1 Äquivalenzarten nach Koller
  • 5.2.2 Terminologische Lücke
  • 5.3 Methoden des interlingualen Terminologievergleichs
  • 5.3.1 Terminologievergleich durch den onomasiologischen Ansatz
  • 5.3.2 Terminologievergleich durch den semasiologischen Ansatz
  • 5.4 Arten der Benennungsfindung und der Benennungsbildung
  • 5.4.1 Einwortbenennungen vs. Mehrwortbenennungen
  • 5.4.2 Semantische Entlehnung
  • 6. Die iglos-Terminologiearbeit
  • 6.1 Das trilaterale, varietätenbezogene iglos-Lexemmodell
  • 6.2 Die iglos-Relationslexeme
  • 6.3 Attributhierarchien
  • 6.4 Terminologiegebäude
  • 7. Forschungsstand über die bisherige Terminologiearbeit und die iglos-Terminologiearbeit und die sicherheitsrelevante Ortungsterminologie der Landverkehrsfachsprache
  • 7.1 Defizite der bisherigen Terminologiearbeit und der iglos-Terminologiearbeit
  • 7.2 Stand der Fachsprache des Landverkehrs
  • 7.2.1 Stand der Fachsprache des Schienenverkehrs
  • 7.2.2 Stand der Fachsprache des Straßenverkehrs
  • 7.3 Stand der Sicherheitsterminologie
  • 7.4 Stand der Ortungsterminologie
  • 8. Erarbeitung und konsistente Gestaltung eines dreisprachigen sicherheitsrelevanten Ortungsterminologiesystems der Landverkehrsfachsprache
  • 8.1 Deskriptive Erarbeitung des dreisprachigen Terminologiesystems
  • 8.1.1 Bestimmung und Eingrenzung der Fachsprache und der Gesamtsprachen
  • 8.1.2 Extraktion von Benennungen aus wissenschaftlichen Texten
  • 8.1.3 Modellierung und Zuordnung von Definitionen zu Benennungen: Bildung von Termini
  • 8.2 Bestimmung intralingualer und interlingualer Eins-zu-eins-Relationen zwischen Termini
  • 8.3 Bestimmung intralingualer semantischer Probleme
  • 8.4 Bestimmung interlingualer semantischer Probleme
  • 8.4.1 Bestimmung von Eins-zu-viele-Entsprechungen
  • 8.4.2 Bestimmung von Viele-zu-eins-Entsprechungen
  • 8.4.3 Bestimmung von Viele-zu-viele-Entsprechungen
  • 8.4.4 Bestimmung von Eins-zu-Teil-Entsprechungen
  • 8.4.5 Bestimmung von Eins-zu-Null-Entsprechungen
  • 8.5 Klärung intralingualer semantischer Probleme
  • 8.5.1 Klärung von Synonymie und von Homonymie
  • 8.5.2 Klärung von Polysemie
  • 8.6 Klärung interlingualer semantischer Probleme
  • 8.6.1 Klärung von Eins-zu-viele-Entsprechungen
  • 8.6.2 Klärung von Viele-zu-eins-Entsprechungen
  • 8.6.3 Klärung von Viele-zu-viele-Entsprechungen
  • 8.6.4 Klärung von Eins-zu-Teil-Entsprechungen
  • 8.6.5 Klärung von Eins-zu-Null-Entsprechungen durch Benennungsfindung
  • 8.7 Ergebnis: Konsistente dreisprachige Terminologie
  • 9. Verallgemeinerung des terminologischen Modellierungsprozesses
  • 9.1 Deskriptive Methode
  • 9.2 Präskriptive Methode
  • 10. Fazit
  • 11. Ausblick
  • 11.1 Erweiterung des fachterminologischen Horizonts
  • 11.2 Erweiterung des methodischen Horizonts
  • 11.3 Optimierungsvorschläge zur automatisierten Visualisierung eines Terminologiegebäudes im iglos-Terminologiemanagementsystem
  • Literaturverzeichnis
  • A. Wissenschaftliche Texte und Lexika
  • B. Internetquellen
  • C. Normen
  • Anhang
  • Anhang 1: Modellierte Definitionen von deutschen sicherheitsrelevanten Ortungstermini der Landverkehrsfachsprache
  • Anhang 2: Modellierte Definitionen von englischen sicherheitsrelevanten Ortungstermini der Landverkehrsfachsprache
  • Anhang 3: Modellierte Definitionen von türkischen sicherheitsrelevanten Ortungstermini der Landverkehrsfachsprache
  • Anhang 4: Relationen zwischen deutschen sicherheitsrelevanten Ortungstermini der Fachsprache des Landverkehrs
  • Anhang 5: Relationen zwischen englischen sicherheitsrelevanten Ortungstermini der Fachsprache des Landverkehrs
  • Anhang 6: Relationen zwischen türkischen sicherheitsrelevanten Ortungstermini der Fachsprache des Landverkehrs
  • Anhang 7: Relationen zwischen deutschen Subjektlexemen und englischen und türkischen Objektlexemen durch das Relationslexem HasTranslation
  • Anhang 8: Relationen zwischen englischen Subjektlexemen und deutschen und türkischen Objektlexemen durch das Relationslexem HasTranslation
  • Anhang 9: Relationen zwischen türkischen Subjektlexemen und deutschen und englischen Objektlexemen durch das Relationslexem HasTranslation
  • Anhang 10: Anzahl verschiedener Lexembildungsprodukte der Synonyme Hasar und Zarar
  • Anhang 11: Anzahl verschiedener Lexembildungsprodukte der Synonyme Konum und Pozisyon
  • Anhang 12: Eineindeutige Relationen zwischen deutschen, englischen und türkischen sicherheitsrelevanten Ortungstermini der Landverkehrsfachsprache
  • Anhang 13: Visualisierung einer konsistenten deutschen sicherheitsrelevanten Ortungsterminologie im iglos-Terminologiemanagementsystem
  • Anhang 14: Visualisierung einer konsistenten englischen sicherheitsrelevanten Ortungsterminologie im iglos-Terminologiemanagementsystem
  • Anhang 15: Visualisierung einer konsistenten türkischen sicherheitsrelevanten Ortungsterminologie im iglos-Terminologiemanagementsystem

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1. Einleitung

Sprache fungiert im weitesten Sinne als Kommunikationsmittel, mit dem Menschen ihre Handlungen vollziehen, ihre Gedanken und ihre Gefühle zum Ausdruck bringen und Informationen austauschen (vgl. Glück 2010: 635). Die menschliche Kommunikation und die Weitergabe von Wissen sind in erster Linie sprachabhängig. Die Wissensvermittlung und die Kommunikation beziehen sich dabei auf eine bestimmte Zielgruppe, sodass wiederum der Gebrauch von Sprache kontextbezogen bzw. zielgruppenorientiert ist. Folglich kann sie auf den alltäglichen Ablauf zivilisierter Menschen, aber auch auf einen fachlichen bzw. einen beruflichen Bereich bezogen sein.

Im weiten Sinne wird zwischen einer Gemeinsprache und einer Fachsprache strikt unterschieden. Glück (2010: 227) definiert die Gemeinsprache als Sprachvariante, die allen Sprachteilnehmern eines Sprachgebietes zugänglich ist. Im Unterschied zu dieser stellt die Fachsprache nach ihm [Glück (2010: 194)] die Menge der in einer spezifischen Fachdisziplin verwendeten sprachlichen Mittel dar. Als Beispiele sind die Fachsprache der Medizin und die Fachsprache des Maschinenbaus zu nennen. Die Gemeinsprache und die Fachsprachen (und andere Varietäten1) bilden zusammen die sogenannte Gesamtsprache (vgl. Hahn 1980: 395). Beispielsweise besteht die deutsche Gesamtsprache aus einer Gemeinsprache und aus beliebig vielen Fachsprachen.

Zwischen der Gemeinsprache und der Fachsprache bestehen jedoch im engeren Sinne Abgrenzungsprobleme. In der Fachsprachenforschung wird kontrovers darüber diskutiert, ob die Fachsprache eine von der Gemeinsprache autonome Varietät oder ob sie ein spezifisches Subsystem der Gemeinsprache darstellt. Demzufolge haben sich in der fachsprachlichen Forschung zum Verhältnis der Fachsprache zur Gemeinsprache zwei verschiedene Hypothesen entwickelt. Im folgenden Unterkapitel präsentiere ich diese beiden Auffassungen.

1.1 Gemeinsprache und Fachsprache

Zu den Linguisten, die die Fachsprache als von der Gemeinsprache abgrenzbares Sprachsystem definieren, zählt z.B. Glück (2010: 194). ← 17 | 18 →

Für Möhn & Pelka (1984: 26–27) stellen die unterschiedlichen Lexiken beider Sprachvarianten ein entscheidendes Kriterium für ihre Unabhängigkeit dar. Bußmann (2008: 186) ist ein weiterer Vetreter der Zweiteilung der Gesamtsprache in die Fachsprache und die Gemeinsprache. Diese beschreiben die Fachsprache als „sprachliche Varietät mit der Funktion einer präzisen, effektiven Kommunikation über meist berufsspezifische Sachbereiche und Tätigkeitsfelder.“

Im Unterschied zu diesen Linguisten betonen Möpert (2014: 70), Fluck (1996: 175), Arntz, Picht & Schmitz (2014: 21ff.) und Niederhauser (1999: 59ff.) die Abhängigkeit zwischen der Gemeinsprache und der Fachsprache. Nach diesen basieren beide Sprachvarianten auf demselben systemlinguistischen Inventar, sodass sie sich durch bestimmte Merkmale auf diversen linguistischen (z.B. phonologischen, morphologischen, syntaktischen, semantischen etc.) Ebenen überschneiden. Für die vorliegende Arbeit sind z.B. insbesondere die morphologische und die semantische Ebene von Bedeutung (siehe Unterkapitel 1.2 und Kapitel 2–3).

Obwohl Sprachforscher wie beispielsweise Glück (2010: 194), Bußmann (2008: 186) etc. die Terminologie als Differenzierungskriterium der Fachsprache von der Gemeinsprache ansehen, besteht umgekehrt aufgrund der Phänomene der Terminologisierung und der Determinologisierung ein permanenter Austausch zwischen den Lexiken beider Sprachvarianten (vgl. Arntz, Picht & Schmitz 2014: 21ff.). Die lexikalische Überlappung der Fachsprache und der Gemeinsprache widerspricht daher der Dichotomie der Gesamtsprache.

Jedes gemeinsprachliche Lexem kann terminologisiert werden (vgl. Albrecht 1998: 1694), sodass dieses in einer spezifischen Fachsprache eine bestimmte Bedeutung bekommt. Beispielsweise wird in der Gemeinsprache unter dem Lexem MAUS2 ein „kleines […] Nagetier mit spitzer Schnauze, das [als Schädling] […] in Wäldern lebt“ (Duden Online 2013) verstanden, wohingegen der Terminus MAUS3 in der Fachsprache der Informatik „ein Eingabegerät für einen Computer“ (Winkler 2005: 503) ist. Aufgrund der Ähnlichkeit in der Form des Nagetiers mit der Form des Computereingabegerätes wird das Lexem MAUS auf eine fachspezifische Bedeutung – in diesem Fall auf die Bedeutung in der Computersprache – übertragen und spezifiziert. ← 18 | 19 →

Bei der Terminologisierung eines (gemeinsprachlichen) Lexems werden Ähnlichkeiten der Funktion, der Form, der Lage etc. mit dem gleich benannten Terminus festgestellt. Hieraus ist abzuleiten, dass Fachsprachen aufgrund der Verarbeitung von neuem Fachwissen auf vorhandene, ähnliche Konzepte zurückgreifen, die mit den neu zu benennenden Konzepten als komparabel erscheinen. Es wird nämlich vorausgesetzt, dass Alltagskonzepte für den Rezipienten trivial, aber auch meistens durch ihre Bildhaftigkeit verständlich sind (vgl. Fraas 1997: 436). Ein weiterer Grund für die Terminologisierung eines gemeinsprachlichen Lexems liegt nach Arntz & Arranz (1998: 1517) in der „Deckung des Benennungsbedarfs von Fachsprachen“, ohne neue Benennungen zu schöpfen.

Vor allem in den Ingenieurwissenschaften kommen Fraas (1997: 436) zufolge des Öfteren Metaphorisierungen von menschlichen Körperteilen als Termini wie z.B. DRUCKKOPF in der Fertigungstechnik (vgl. Fritz & Schulze 2012: 112) und ZAHNRAD in der Antriebstechnik (vgl. Hesse 2004: 192) vor. Nicht nur Termini der Technik und der Ingenieurwissenschaften, sondern auch Termini der Naturwissenschaften wie z.B. RAUM, ZEIT, ORT, GESCHWINDIGKEIT, GESETZ in der Physik (vgl. Marbach & Cornelius 1854: 1, 10, 14, 16) sind nach Fraas (1997: 436) durch die Terminologisierung gemeinsprachlicher Lexeme entstanden.

Umgekehrt können auch Termini determinologisiert, d.h. auf die Gemeinsprache übertragen werden (vgl. Szép 2013: 92). Nach Strauss & Zifonun (1985: 345) wird die Determinologisierung daher als Rücktransfer der Terminologisierung aufgefasst. Beispielsweise wird der Terminus LOGISTIK in den Verkehrswissenschaften wie folgt definiert:

Bekannt ist das Lexem LOGISTIK auch dem Laien der Verkehrswissenschaften, der diesen allerdings im Unterschied zum Verkehrswissenschaftler folgendermaßen versteht:

Aufgrund des Wechselspiels zwischen der Terminologisierung und der Determinologisierung wird auch eine Grenzziehung zwischen der Gemeinsprache und der Fachsprache erschwert. In dieser Arbeit befasse ich mich insbesondere mit der Abhängigkeit der fachsprachlichen Lexik von der gemeinsprachlichen Lexik auf ← 19 | 20 → morphologischer Ebene4. Bevor ich die morphologische Struktur der Lexik tiefgründiger erläutere, gebe ich in den anschließenden Unterkapiteln einen Überblick über die Forschungsziele und die Struktur der vorliegenden Arbeit.

1.2 Forschungsziele

Durch die technische sowie die wissenschaftliche Entwicklung sind in den letzten Jahrzehnten immer mehr Fachdisziplinen und diesbezüglich auch verschiedene Fachsprachen auf nationaler und auf internationaler Ebene entstanden. Da jede Fachsprache sich durch eine spezifische Terminologie auszeichnet, entstehen systembedingte Quellen für potentielle Missverständnisse zwischen den Nutzern von Fachsprachen in einer Gesamtsprache sowie in mehreren Gesamtsprachen. Allerdings treten diese Quellen auch im Gebrauch einer Fachsprache auf. Missverständnisse entstehen beispielsweise durch eine Nicht-Eineindeutigkeit zwischen einer Benennung und einer Definition in einer Gesamtsprache (siehe Unterkapitel 3.3). Diese bezeichne ich als intralinguales semantisches Problem, unter dem ich Synonymie, Polysemie, Homonymie und Autohyponymie zusammenfasse.

Darüber hinaus kann ein semantisches Problem auch zwischen Gesamtsprachen auftreten. Dieses ist ein Äquivalenzproblem, d.h. eine Nicht-Eins-zu-Eins-Entsprechung zwischen Termini verschiedener Gesamtsprachen. Komplementär zum intralingualen semantischen Problem bezeichne ich dieses als interlinguales semantisches Problem, das Koller (2011: 232ff.) in Eins-zu-viele-Entsprechung, Viele-zu-eins-Entsprechung, Eins-zu-Teil-Entsprechung und Eins-zu-Null-Entsprechung (terminologische Lücke) (siehe Unterkapitel 5.2.1) unterteilt.

Um eine Eineindeutigkeit zwischen einer Benennung und einer Definition in einer Gesamtsprache bzw. eine Eins-zu-eins-Entsprechung zwischen Termini verschiedener Gesamtsprachen herzustellen, ist die Behebung der genannten semantischen Probleme erforderlich. In Anlehnung an die Norm ISO 704 (2009–10) bezeichne ich diese Vorgehensweise als konsistente Gestaltung einer Terminologie. Demzufolge liegt das Ziel der vorliegenden Arbeit in der morphologisch-semantischen Modellierung einer inkonsistenten mehrsprachigen ← 20 | 21 → Terminologie5. Dies ist eine Erweiterung des bisherigen Terminologiemodellierungsprozesses (z.B. nach Bauer et al. 2014: M2 und nach Arntz, Picht & Schmitz 2014: 211ff.). Zusammenfassend konkretisiere ich in Abbildung 1 potentielle semantische Probleme in einer Fachsprache und die Ziele der vorliegenden Arbeit als Gegenüberstellung.

Abbildung 1: Probleme und Ziele der vorliegenden Arbeit (eigenhändige Darstellung)

Illustration

Um semantische Probleme bestimmen zu können, füge ich im Rahmen der iglos-Terminologiearbeit des Instituts für Verkehrssicherheit und Automatisierungstechnik der Technischen Universität Braunschweig den Schritten der Benennungsextraktion und der Definitionsbestimmung (in den einzelnen Gesamtsprachen) des bisherigen Modellierungsprozesses (z.B. nach Arntz, Picht & Schmitz 2014: 211ff.) als erstes den Schritt der Terminusrelationierung durch entsprechende iglos-Relationslexeme (siehe Unterkapitel 6.2) hinzu. Die Relationierung erfolgt durch einen Vergleich von modellierten Definitionen der Termini sowohl in den einzelnen Gesamtsprachen als auch zwischen mehreren Gesamtsprachen. Durch eine Terminusrelationierung entsteht in jeder Gesamtsprache ein Terminologiesystem, aus dem semantische Probleme konstatiert werden können (siehe Unterkapitel 3.2–3.3). Diese Schritte bilden den deskriptiven Teil des zu entwickelnden Terminologiemodellierungsprozesses.

Details

Seiten
286
Jahr
2016
ISBN (PDF)
9783653065220
ISBN (ePUB)
9783653961485
ISBN (MOBI)
9783653961478
ISBN (Hardcover)
9783631673058
DOI
10.3726/978-3-653-06522-0
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2016 (Januar)
Schlagworte
Synonymie Polysemie Homonymie Lexembildungsproduktivität Benennungsbildung Äquivalenzprobleme
Erschienen
Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien, 2016. 286 S., 54 Tab., 24 Graf.

Biographische Angaben

Ayşe Yurdakul (Autor:in)

Ayşe Yurdakul ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Germanistik der TU Braunschweig. Vorher war sie Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Verkehrssicherheit und Automatisierungstechnik der TU Braunschweig.

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