Lade Inhalt...

Das Ehegattensplitting

Eine soziologische Analyse zur monetären Ressourcenverwaltung in der Ehe und zum Halbteilungsgrundsatz

von Petra Eden (Autor:in)
©2015 Dissertation 237 Seiten

Zusammenfassung

Im Buch wird der Frage nachgegangen, ob das im Jahr 1958 eingeführte Ehegattensplitting im Zuge des gesellschaftlichen Wandels heute noch zeitgemäß ist und den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts an den sog. Halbteilungsgrundsatz gerecht wird. Dazu zeigt die Autorin die rechtlichen Grundlagen und die historische Entwicklung der Ehegattenbesteuerung sowie die politischen und gesellschaftlichen Hintergründe bei Einführung des Ehegattensplittings auf. Sie exploriert 47 Einkommensteuerfälle von miteinander verheirateten Paaren, ergänzt diese durch standardisierte Nachfragen und kommt zu dem Ergebnis, dass das Ehegattensplitting nicht mehr der aktuellen gesellschaftlichen Realität entspricht. Dies wird auch durch die Analyse der Paartypen bei der Verwaltung ihrer monetären Ressourcen bestätigt. Auch der Halbteilungsgrundsatz lässt sich insbesondere bei der Verwaltung des Vermögens nicht bestätigen.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Inhalt
  • 1 Einleitung
  • 2 Die Besteuerung der Ehegatten im Einkommensteuerrecht
  • 2.1 Allgemeines zur Ehegattenbesteuerung
  • 2.2 Historische Entwicklung der Ehegattenbesteuerung ab 1945
  • 2.3 Gesellschaftlicher Hintergrund bei Einführung des Ehegattensplittings
  • 2.4 Politische Zielsetzungen bei Einführung des Ehegattensplittings und politische Entwicklung bis heute
  • 2.5 Kritik am Ehegattensplitting und verfassungsrechtliche Bedenken
  • 2.5.1 Kritik
  • 2.5.2 Verfassungsrechtliche Aspekte
  • 3 Die Entwicklung von Familie und Partnerschaften seit Einführung des Ehegattensplittings
  • 3.1 Ursachen und Kennzeichen für einen gesellschaftlichen Wandel
  • 3.2 Wandel von Lebens-, Familien- und Haushaltsformen
  • 3.2.1 Singles
  • 3.2.2 Nichteheliche Lebensgemeinschaften/Partnerhaushalte
  • 3.2.3 Wohngemeinschaften
  • 3.2.4 Getrennt Zusammenlebende
  • 3.2.5 Alleinerziehende/Ein-Eltern-Haushalte
  • 3.2.6 Patchwork-Familien
  • 3.3 Erwerbstätigkeit von Frauen und Verhältnis zur Hausarbeit
  • 3.4 Wandel von Leitbildern
  • 4 Theorien zu den ehelichen Machtverhältnissen
  • 4.1 Die Familienstrukturtypologie von Herbst (1952, 1954)
  • 4.2 Die Ressourcentheorie nach Blood und Wolfe (1960)
  • 4.3 Die Theorie der Ressourcen im kulturellen Kontext nach Rodman (1970)
  • 4.4 Die Austauschtheorie nach Heer (1963)
  • 4.5 Die Theorie der Liebe und Bedürfnisse nach Safilios-Rothschild (1976)
  • 4.6 Die Theorie der ehelichen Machtverhältnisse nach Held (1978)
  • 4.7 Die Ressourcentheorie nach Foa/Foa (1974/1980)
  • 4.8 „Familiy Decision-Making“ nach Scanzoni/Szinovacz (1980)
  • 5 Empirische Untersuchungen zum Thema Geld in Paarbeziehungen
  • 5.1 Blumstein/Schwartz (1983): American Couples: Money, Work, Sex.
  • 5.2 Geldverwaltung in Paarbeziehungen nach Pahl
  • 5.3 Kirchler et al. (2000): Liebe, Geld und Alltag
  • 5.4 Wimbauer (2003) zur symbolischen Bedeutung von Geld in Paarbeziehungen
  • 5.5 Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (2013) zum Beitrag von Frauen zum Haushaltseinkommen
  • 6 Methoden
  • 7 Empirische Ergebnisse
  • 7.1 Häufigkeitsauswertung
  • 7.1.1 Splittingvorteil durch Zusammenveranlagung
  • 7.1.2 Umfang der Berufstätigkeit
  • 7.1.3 Einkommen
  • 7.1.3.1 Einkünfte als Arbeitnehmer
  • 7.1.3.2 Einkünfte aus Gewerbebetrieb/selbständiger Arbeit und Betriebsvermögen
  • 7.1.3.3 Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und Anzahl der Objekte
  • 7.1.3.4 Einkünfte aus Kapitalvermögen
  • 7.1.3.5 Renten und sonstige Einkünfte
  • 7.1.3.6 Kindergeld
  • 7.1.4 Rechtlicher Zugriff auf das Einkommen und Vermögen
  • 7.1.5 Ort des Zuflusses der Einkünfte
  • 7.1.5.1 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit
  • 7.1.5.2 Einkünfte aus Gewerbebetrieb/selbständiger Arbeit
  • 7.1.5.3 Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
  • 7.1.5.4 Einkünfte aus Kapitalvermögen
  • 7.1.5.5 Einkünfte aus Renten und sonstige Einkünfte
  • 7.1.5.6 Kindergeld
  • 7.1.5.7 Einkommensteuererstattungen
  • 7.1.6 Verwendung des Familieneinkommens
  • 7.1.6.1 Kosten der laufenden Haushaltsführung
  • 7.1.6.2 Urlaube und größere Anschaffungen
  • 7.1.6.3 Kosten der Kinderbetreuung
  • 7.1.6.4 Private Altersvorsorge (Lebens-, Renten- und sonstige Vorsorgeversicherungen oder -verträge)
  • 7.1.6.5 Verbindlichkeiten (Zins- und Tilgungsleistungen)
  • 7.1.6.6 Einkommensteuerzahlungen (festgesetzte Steuervorauszahlungen und Steuernachzahlungen)
  • 7.1.6.7 Geplante Verwendung der Einkommensteuererstattung für 2008
  • 7.2 Themenzentrierte Auswertung
  • 7.2.1 Hypothesen
  • 7.2.2 Hypothese 1: Das Ehegattensplitting begünstigt das traditionelle Familienmodell
  • 7.2.3 Hypothese 2: Der Ehemann verfügt über höhere Einkünfte und ein höheres Vermögen als seine Ehefrau
  • 7.2.3.1 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit
  • 7.2.3.2 Einkünfte aus Gewerbebetrieb/selbständiger Arbeit
  • 7.2.3.3 Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
  • 7.2.3.4 Einkünfte aus Kapitalvermögen
  • 7.2.3.5 Einkünfte aus Renten und sonstigen Einkünften
  • 7.2.3.6 Betriebsvermögen
  • 7.2.3.7 Vermietete Immobilien
  • 7.2.3.8 Kapitalvermögen
  • 7.2.4 Hypothese 3: Der Ehemann hat einen größeren Zugriff auf die Ressourcen
  • 7.2.4.1 Zugriff auf Bankkonten/Kapitalvermögen
  • 7.2.4.2 Ort des Zuflusses der laufenden Einkünfte
  • 7.2.4.3 Zugriff auf sonstiges Vermögen
  • 7.2.5 Hypothese 4: Der Ehemann hat bei der Geldverwendung eine stärkere Position
  • 7.3 Paar-Muster
  • 7.3.1 Typ 1: Beide Ehepartner mit Ausbildungsberuf, Ehefrau nicht berufstätig und mit Kindern
  • 7.3.2 Typ 2: Beide Ehepartner mit Ausbildungsberuf, Ehefrau berufstätig und mit Kindern
  • 7.3.3 Typ 3: Beide Ehepartner mit Ausbildungsberuf, Ehefrau nicht berufstätig und ohne Kinder
  • 7.3.4 Typ 4: Beide Ehepartner mit Ausbildungsberuf, Ehefrau berufstätig und ohne Kinder
  • 7.3.5 Typ 5: Ehemann mit akademischer Ausbildung, berufstätige Ehefrau mit Ausbildungsberuf und mit Kindern
  • 7.3.6 Typ 6: Ehemann mit akademischer Ausbildung, berufstätige Ehefrau mit Ausbildungsberuf und ohne Kinder
  • 7.3.7 Typ 7: Beide Ehepartner mit akademischer Ausbildung, berufstätige Ehefrau und mit Kindern
  • 7.3.8 Typ 8: Beide Ehepartner mit akademischer Ausbildung, berufstätige Ehefrau und ohne Kinder
  • 8 Geldverwaltung während der Ehe und der Halbteilungsgrundsatz
  • 8.1 Zufluss der Einkünfte und Zugang zu den Ressourcen
  • 8.1.1 Bankkonten und Kapitalvermögen
  • 8.1.2 Einkünfte
  • 8.1.3 Vermögen
  • 8.2 Geldverwendung
  • 8.3 Paar-Typen und der Halbteilungsgrundsatz
  • 8.3.1 Typ 1: Beide Ehepartner mit Ausbildungsberuf, Ehefrau nicht berufstätig und mit Kindern
  • 8.3.2 Typ 2: Beide Ehepartner mit Ausbildungsberuf, Ehefrau berufstätig und mit Kindern
  • 8.3.3 Typ 3: Beide Ehepartner mit Ausbildungsberuf, Ehefrau nicht berufstätig und ohne Kinder
  • 8.3.4 Typ 4: Beide Ehepartner mit Ausbildungsberuf, Ehefrau berufstätig und ohne Kinder
  • 8.3.5 Typ 5: Ehemann mit akademischer Ausbildung, berufstätige Ehefrau mit Ausbildungsberuf und mit Kindern
  • 8.3.6 Typ 6: Ehemann mit akademischer Ausbildung, berufstätige Ehefrau mit Ausbildungsberuf und ohne Kinder
  • 8.3.7 Typ 7: Beide Ehepartner mit akademischer Ausbildung, berufstätige Ehefrau und mit Kindern
  • 8.3.8 Typ 8: Beide Ehepartner mit akademischer Ausbildung, berufstätige Ehefrau und ohne Kinder
  • 9 Zusammenfassung
  • 10 Ausblick
  • 11 Literaturverzeichnis
  • 12 Anlage 1: Erhebungsbogen
  • 13 Anlage 2: Fragebogen mit Auswertungen
  • A. Zu rechnerischem Steuervorteil des Ehegattensplittings
  • B. zu den wirtschaftlichen Ressourcen der Ehegatten (Einkommen und das dahinter stehende Vermögen)
  • I. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit
  • a) Einkünfte als Arbeitnehmer
  • b) Einkünfte aus Versorgungsbezügen als Arbeitnehmer (Pensionen, Ruhegelder, Zusatzversorgungen aus dem Dienst-/Arbeitsverhältnis)
  • c) Wahl der Lohnsteuerklassen (III/V oder IV/IV)
  • II. Einkünfte aus Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit
  • III. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
  • IV. Einkünfte aus Kapitalvermögen
  • V. Renten und sonstige steuerpflichtigen Einkünfte (insbesondere staatliche oder private Renten)
  • VI. Kindergeld und andere staatliche Leistungen (soweit in den Fällen bezogen)
  • C. Verfügungsmacht über die Ressourcen
  • I. Rechtlicher Zugriff auf das Einkommen und das Vermögen
  • II. Ort des Zuflusses der Einkünfte
  • a) Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit
  • b) Einkünfte aus Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit
  • c) Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
  • d) Einkünfte aus Kapitalvermögen
  • e) Einkünfte aus Renten und sonstige steuerpflichtige Einkünfte
  • f) Kindergeld und andere staatliche Leistungen
  • g) Einkommensteuererstattungen
  • III. Verwendung des Familieneinkommens
  • a) Kosten der laufenden Haushaltsführung
  • b) Urlaube, größere Anschaffungen
  • c) Kosten der Kinderbetreuung
  • d) Private Altersvorsorge (Lebens-, Renten- und sonstige Vorsorgeversicherungen und -verträge)
  • e) Verbindlichkeiten (Zins- und Tilgungsleistungen)
  • f) Einkommensteuerzahlungen (festgesetzte Steuervorauszahlungen, Steuernachzahlungen)
  • g) Geplante Verwendung der Einkommensteuererstattung für 2008

| 9 →

1 Einleitung

Das Ehegattensplitting regelt eine besondere Form der gemeinsamen Besteuerung von Ehegatten (§§ 26, 26b EStG) und wird seit seiner Einführung im Jahr 1958 unter verschiedenen Aspekten immer wieder diskutiert. Es wird u.a. kritisiert, dass das Leitbild der Hausfrauenehe, das bei Einführung des Ehegattensplittings vorherrschend war, im Zuge des gesellschaftlichen Wandels nicht mehr der sozialen Wirklichkeit entsprechen würde. Vielmehr wirke das Ehegattensplitting durch den Verlust von Steuervorteilen hemmend auf die Berufstätigkeit der Ehefrauen und stelle insoweit eine Benachteiligung für diese dar. Durch die Anknüpfung des Ehegattensplittings allein an die formal bestehende Ehe würden zudem kinderlose Ehen bevorzugt.

Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 03.11.1982 (BVerfGE 61, 319) das Ehegattensplitting als verfassungsgemäß beurteilt und festgestellt, „dass zusammenlebende Ehegatten eine Gemeinschaft des Erwerbs und Verbrauchs bilden, in der ein Ehegatte an den Einkünften und Lasten des anderen wirtschaftlich jeweils zur Hälfte teilhat“ (sog. Halbteilungsgrundsatz). Anhand von Praxisfällen soll untersucht werden, ob es in der Realität tatsächlich wirtschaftlich eine hälftige Teilhabe an den Einkünften und dem Vermögen des anderen Ehegatten gibt oder ob das Ehegattensplitting dazu führt, dass eine bestimmte Verteilung der Ressourcen in der Ehe bestärkt wird. Dazu wird geprüft, ob jeder Ehegatte einen gleichberechtigten Zugang zum Erwerbseinkommen und Vermögen des anderen Ehegatten hat und wie die Geldverwaltung in der Paarbeziehung geregelt ist. In diesem Zusammenhang soll auch geklärt werden, ob das Ehegattensplitting im Zuge des gesellschaftlichen Wandels noch zeitgemäß ist.

Dazu wird zunächst ein Überblick zur Besteuerung der Ehegatten gegeben. Neben der historischen Entwicklung der Ehegattenbesteuerung ab 1945 werden die gesellschaftlichen Vorstellungen von der Ehe und insbesondere der bürgerlichen Familie sowie wie die politischen Zielsetzungen, die Hintergrund bei Einführung des Ehegattensplittings waren, dargestellt. Auch die politische Entwicklung der Ehegattenbesteuerung bis heute wird aufgezeigt. Weitere Ausführungen zu der am Ehegattensplitting geübten Kritik und den an diesem Rechtsinstitut geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken runden den Überblick ab. ← 9 | 10 →

Da die Kritik am Ehegattensplitting insbesondere auch daran anknüpft, das Ehegattensplitting werde dem zwischenzeitlichen Wandel nicht gerecht, wird beschrieben, wie sich Familien und Partnerschaften seit Einführung des Ehegattensplittings im Jahr 1958 entwickelt haben. Ferner werden die Ursachen und Kennzeichen für einen gesellschaftlichen Wandel sowie der damit verbundene Wandel von Lebens-, Familien- und Haushaltsformen beleuchtet. Von besonderer Bedeutung sind die Zunahme der Erwerbstätigkeit von Frauen und das Verhältnis zur Hausarbeit und der mit dem gesellschaftlichen Wandel ebenfalls einhergehende Wandel von Leitbildern.

Mit den unterschiedlichen Leitbildvorstellungen in der Paarbeziehung sind auch unterschiedliche Machtverhältnisse verbunden (Wimbauer 2003; Stalb 2000). So wird das bürgerliche Modell der Hausfrauenehe insbesondere wegen der ökonomischen Abhängigkeit der Ehefrau von ihrem Ehemann kritisiert (u.a.: Wimbauer 2006; Pfau-Effinger 1998; Eckert 1979). Da das Ehegattensplitting mit seiner Einführung das Leitbild der Hausfrauenehe als familiales Erwerbsmuster fördern sollte (u.a.: Spangenberg 2005: 24; Dingeldey 2000: 15), werden die grundlegenden Theorien zu den ehelichen Machtverhältnissen beschrieben.

Nach den Theorien über die ehelichen Machtverhältnisse stellt das Einkommen als sozio-ökonomische Ressource eine wesentliche Machtgrundlage dar. Es werden daher im Folgenden empirische Untersuchungen zum Thema Geld in Paarbeziehungen vorgestellt.

Danach folgt der empirische Teil der Arbeit. Dazu wird das Datenmaterial von miteinander verheirateten Paaren, bestehend aus Aktenauswertungen sowie ergänzenden standardisierten Nachfragen bzw. narrativer Interviews anhand eines Erhebungsbogens erfasst. Mit Hilfe eines Fragenkatalogs werden systematisch alle für die empirische Untersuchung relevanten Daten, wie z. B. die Höhe des Splittingvorteils, die Höhe der Einkünfte, das Alter und Beruf der Ehepartner, die Zahl der Kinder, die (rechtlichen) Zugriffsmöglichkeiten auf das Einkommen und das Vermögen sowie die Kostentragung fallweise aus den Erhebungsbögen abgefragt.

Es folgt eine Häufigkeitsauswertung der empirischen Daten, in der insbesondere die Höhe des Splittingvorteils durch die Zusammenveranlagung, der Umfang der Berufstätigkeit der Ehegatten, Art und Höhe des Einkommens, der rechtliche Zugriff auf das Einkommen und Vermögen, ← 10 | 11 → der Ort des Zuflusses der Einkünfte und die Verwendung des Paareinkommens betrachtet werden.

In der anschließenden, themenzentrierten Auswertung werden die Aktenfälle den vier Haupthypothesen der Arbeit zugeordnet und anhand der Häufigkeiten geprüft, ob sich diese Hypothesen bestätigen lassen. Diese vier Haupthypothesen sind:

1. Das Ehegattensplitting begünstigt das traditionelle Familienmodell.

2. Der Ehemann verfügt über höhere Einkünfte und ein höheres Vermögen als seine Ehefrau.

3. Der Ehemann hat einen größeren Zugriff auf die Ressourcen.

4. Der Ehemann hat bei der Geldverwendung eine stärkere Position.

Im Folgenden werden die Aktenfälle daraufhin untersucht, ob sich Paar-Muster erkennen lassen. Anhand der Paar-Muster soll festgestellt werden, ob das Ehegattensplitting mit dem Leitbild des bürgerlichen Familienmodells bei seiner Einführung 1958 im Zuge des dargestellten gesellschaftlichen Wandels noch zeitgemäß ist.

Anhand des Datenmaterials wird anschließend die Geldverwaltung während der Ehe noch einmal im Zusammenhang mit dem Halbteilungsgrundsatz des Bundesverfassungsgerichts analysiert. Es wird überprüft, ob sich eine hälftige Teilhabe an den Einkünften und Lasten des anderen Ehegatten tatsächlich empirisch nachweisen lässt.

Abschließend wird nach Zusammenfassung der Ergebnisse ein Ausblick gegeben auf mögliche Änderungen im Einkommensteuerrecht für die Besteuerung von Ehegatten sowie für eine Verbesserung der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen für die Erwerbstätigkeit der Ehefrau.

| 13 →

2 Die Besteuerung der Ehegatten im Einkommensteuerrecht

2.1 Allgemeines zur Ehegattenbesteuerung

Gegenstand der Arbeit ist die Untersuchung des den zusammenlebenden Ehegatten nach Zahlung ihrer Einkommensteuer zur Verfügung stehenden Nettoeinkommens und seine Verwendung im Kalenderjahr 2008. Rechtsstand der vorliegenden Arbeit ist daher das Einkommensteuergesetz (EStG) in der für den Veranlagungszeitraum 2008 gültigen Fassung. Es sollen die ökonomischen Strukturen und die Geldverwaltung in der Ehe betrachtet und geprüft werden, ob durch das Ehegattensplitting eine bestimmte Verteilung der Ressourcen gefördert wird.

Die Höhe der Einkommensteuer, die die Eheleute für ein Kalenderjahr insgesamt zu zahlen hat, bestimmt sich nach dem Einkommensteuertarif gemäß § 32a EStG und hängt davon ab, welche Form der Einkommensteuerveranlagung diese wählen. Gemäß § 26 Absatz 1 EStG können Ehegatten, die beide unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind und nicht dauernd getrennt leben und bei denen diese Voraussetzungen zu Beginn des Veranlagungszeitraumes vorgelegen haben oder im Laufe des Veranlagungszeitraumes eingetreten sind, zwischen der getrennten Veranlagung nach § 26a EStG und der Zusammenveranlagung nach § 26b EStG wählen. Die Ausübung dieses Wahlrechts wird regelmäßig davon abhängen, welche Veranlagungsform zu einer betragsmäßig niedrigeren Einkommensteuerbelastung für die Eheleute und ihre gesamten Einkünfte führt. Im Jahr der Eheschließung können sie auch die besondere Veranlagung nach § 26c EStG wählen. Das Wahlrecht für die Ehegatten knüpft somit an die zivilrechtlich gültige Ehe an, wie der Bundesfinanzhof (BFH) in seiner Entscheidung vom 17.04.1998 (VI R 16/97, Bundessteuerblatt (BStBl.) II 1998, 473) bestätigt hat. Wie in Kapitel 2.2 näher ausgeführt wird, sollten mit der Einführung eines Veranlagungswahlrechtes ursprünglich steuerliche Schlechterstellungen von gemeinsam veranlagten Ehegatten zur Einzelveranlagung beseitigt werden. Mit dem 1958 eingeführten Ehegattensplitting sollte aber bereits ein Jahr später explizit das Hausfrauenmodell gefördert werden (Kapitel 2.4).

Bei der getrennten Veranlagung von Ehegatten gemäß §§ 26, 26a EStG sind jedem Ehegatten die von ihm bezogenen Einkünfte zuzurechnen ← 13 | 14 → (­Absatz 1). In Absatz 2 wird geregelt, in welchem Verhältnis zwischen den Eheleuten Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen, Pauschbeträge usw. steuerlich mindernd berücksichtigt werden können. Auf das zu versteuernde Einkommen wird jeweils die tarifliche Einkommensteuer gemäß § 32a Absatz 1 EStG nach dem sog. Grundtarif erhoben.

Das Einkommensteuerrecht beruht auf dem Grundsatz der Individualbesteuerung (Bundesverfassungsgericht v. 03.11.1982, 1 BvR 620/78, 1 BvR 1335/78, 1 BvR 1104/79, 1 BvR 363/80, BVerfGE 61, 319). Steuersubjekt ist die einzelne Person mit dem von ihr erzielten Einkommen (BFH v. 23.08.1999 – GrS 2/97, BStBl. II 1999, 782). Bei dieser Individualbesteuerung bleibt es, wenn die Ehegatten die getrennte (§§ 26, 26a EStG) oder die besondere Veranlagung (§§ 26, 26c EStG) wählen. Dies wird regelmäßig bei einer niedrigeren Steuerbelastung der Fall sein oder aus außersteuerlichen Gründen, z. B. bei einem Interesse an der Geheimhaltung der eigenen Einkünfte (Pflüger in Herrmann/Heuer/Raupach, § 26 EStG, Anm. 5).

Demgegenüber werden bei der Zusammenveranlagung der Ehegatten gemäß §§ 26, 26b EStG die Einkünfte, die die Ehegatten erzielt haben, ­zusammengerechnet, den Ehegatten gemeinsam zugerechnet und, soweit gesetzlich nichts anderes vorgeschrieben, ist, wie z. B. Beschränkungen beim Verlustausgleich (Pflüger in Herrmann/Heuer/Raupach, § 26b EStG, Anm. 30) die Ehegatten sodann gemeinsam als Steuerpflichtiger behandelt. Die tarifliche Einkommensteuer auf das gemeinsam zu versteuernde Einkommen beträgt gemäß § 32a Absatz 2 EStG vorbehaltlich einiger Sondervorschriften das Zweifache des Steuerbetrages, der der sich für die Hälfte ihres gemeinsam zu versteuernden Einkommens nach Absatz 1 ergibt (Splitting-Verfahren).

Details

Seiten
237
Jahr
2015
ISBN (PDF)
9783653055450
ISBN (ePUB)
9783653970562
ISBN (MOBI)
9783653970555
ISBN (Hardcover)
9783631660997
DOI
10.3726/978-3-653-05545-0
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2015 (März)
Schlagworte
Einkommensbesteuerung Geldverwaltung Eheleute familiales Leitbild
Erschienen
Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien, 2015. 237 S.

Biographische Angaben

Petra Eden (Autor:in)

Petra Eden studierte Rechtswissenschaften und ist als Rechtsanwältin und Steuerberaterin in Oldenburg selbstständig tätig. Sie ist auch Fachanwältin für Steuerrecht, Fachberaterin für Unternehmensnachfolge (DStBV e.V.) sowie Zertifizierte Testamentsvollstreckerin (AGT).

Zurück

Titel: Das Ehegattensplitting
book preview page numper 1
book preview page numper 2
book preview page numper 3
book preview page numper 4
book preview page numper 5
book preview page numper 6
book preview page numper 7
book preview page numper 8
book preview page numper 9
book preview page numper 10
book preview page numper 11
book preview page numper 12
book preview page numper 13
book preview page numper 14
book preview page numper 15
book preview page numper 16
book preview page numper 17
book preview page numper 18
book preview page numper 19
book preview page numper 20
book preview page numper 21
book preview page numper 22
book preview page numper 23
book preview page numper 24
book preview page numper 25
book preview page numper 26
book preview page numper 27
book preview page numper 28
book preview page numper 29
book preview page numper 30
book preview page numper 31
book preview page numper 32
book preview page numper 33
book preview page numper 34
book preview page numper 35
book preview page numper 36
book preview page numper 37
book preview page numper 38
book preview page numper 39
book preview page numper 40
240 Seiten